BT-Drucksache 18/1399

Proteste gegen und Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte

Vom 8. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1399
18. Wahlperiode 08.05.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan van Aken, Annette Groth, Dr. André Hahn,
Inge Höger, Andrej Hunko, Katrin Kunert, Martina Renner, Frank Tempel,
Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Proteste gegen und Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte

Rassistische Hetze gegen Flüchtlinge und Asylsuchende sind seit Jahren ein
zentrales Thema der extremen Rechten und namentlich der NPD. Immer wieder
versuchen diese, Ressentiments und Vorurteile gegen Flüchtlinge zu schüren,
Proteste gegen geplante Unterkünfte zu initiieren oder vorhandene Proteste in
ihrem Sinne zu instrumentalisieren. Die NPD knüpft damit an vorhandene ras-
sistische Einstellungen in Teilen der Bevölkerung an, wie sie u. a. in der Lang-
zeitstudie Deutsche Zustände (Heitmeyer u. a.) nachgewiesen wurden.
Bürgerproteste gegen die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften, gegen die
Belegung der Heime mit Flüchtlingen werden von der NPD oder anderen neo-
faschistischen oder rechtspopulistischen Zusammenschlüssen und Parteien zum
Teil selbst initiiert und koordiniert, zum Teil versuchen sie sich an bereits beste-
hende Bürgerinitiativen anzuschließen. Ziel ist es, sich so den Bürgerinnen und
Bürgern als Vertreter der wahren Volksinteressen zu empfehlen. Durch die
Aktivitäten der extremen Rechten haben die Proteste gegen Flüchtlingsunter-
künfte massiv zugenommen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. An welchen Orten hat es nach Kenntnis der Bundesregierung im ersten Quar-

tal 2014 Proteste gegen die Unterbringung von Flüchtlingen vor geplanten
oder schon bestehenden Flüchtlingsunterkünften sowie vor Wohnungen, in
denen Flüchtlinge untergebracht wurden, gegeben (bitte nach Bundeslän-
dern, Orten und Datum sowie Anzahl der Teilnehmer auflisten)?

2. In welchen der in Frage 1 genannten Fälle geht die Bundesregierung davon
aus, dass die Proteste maßgeblich von der NPD bzw. von Kameradschaften
oder anderen rechtsextremen Organisationen (bitte angeben, um welche es
sich handelte) initiiert und gesteuert wurden?

3. An welchen Orten hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die NPD, eine
ihrer Unterorganisationen oder andere rechtsextreme oder rechtspopulis-
tische Gruppierungen (welche) im ersten Quartal 2014 an Protesten gegen
geplante oder vorhandene Flüchtlingsunterkünfte beteiligt?

4. Zu wie vielen Straftaten kam es nach Kenntnis der Bundesregierung im Zu-
sammenhang mit diesen Protesten, und wie viele davon fallen nach Einschät-
zung der Sicherheitsbehörden in den Bereich der PMK-rechts (bitte nach
Deliktgruppen angeben)?

Drucksache 18/1399 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Zu wie vielen Überfällen, Anschlägen, Sachbeschädigungen und tätlichen
Angriffen auf
a) Flüchtlingsunterkünfte oder von Flüchtlingen bewohnte Wohnungen,
b) geplante bzw. im Bau befindliche Flüchtlingsunterkünfte
kam es nach Kenntnis der Bundesregierung im ersten Quartal 2014 (bitte
nach Bundesländern, Orten und Datum auflisten)?
Wie viele davon fallen nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden in den
Bereich der PMK-rechts?

6. Welche Delikte wurden dabei jeweils begangen (bitte möglichst genau unter
der Angabe verwendeter Waffen oder Gegenstände bzw. direkter körper-
licher Tätlichkeiten oder verbaler Bedrohungen angeben)?

7. Welche Angaben kann die Bundesregierung jeweils zur Zahl der beteiligten
mutmaßlichen Täterinnen und Täter machen?

8. Welche Angaben kann die Bundesregierung jeweils zur Zahl der dabei ver-
letzten Personen (bitte zumindest nach Flüchtlingen und anderen unterglie-
dern) sowie zur Art der Verletzungen machen?

9. Mit wie vielen der in den Fragen 4 und 5 aufgeführten Fällen hat sich das
Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR) im ersten
Quartal 2014 befasst (bitte konkrete Fälle benennen)?

10. Mit wie vielen der in den Fragen 4 und 5 aufgeführten Fällen hat sich das
Referat Rechtsextremismus beim Generalbundesanwalt beim Bundesge-
richtshof (GBA) befasst, und zu welchen Ergebnissen hat die Befassung
beim GBA geführt?

11. Welche Erkenntnisse kann die Bundesregierung für die Monate November
und Dezember 2013 nachmelden (bitte möglichst nach dem Schema der hier
vorangegangenen Fragen beantworten)?

12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Anschläge im Sinne der
in den Fragen 5 bis 9 genannten Kriterien in den Jahren 2008 bis 2011?

13. Inwiefern führen nach Kenntnis der Bundesregierung einige Bundesländer
eigene Statistiken in Bezug auf Anschläge bzw. Angriffe auf Flüchtlings-
unterkünfte, und welche Länder sind dies derzeit (bitte ggf. angeben, seit
wann die Statistiken geführt werden)?

14. Inwiefern haben Bund und Länder die statistische Erfassung rückwirkend
zum 1. Januar 2014 „trennschärfer gefasst“ (Bundesminister des Innern
Dr. Thomas de Maizière in einer Pressemitteilung vom 29. April 2014), und
wie genau gestaltet sich die neue Erfassungsmethodik?

15. Was genau ist die Aufgabe der beim Bundeskriminalamt eingerichteten
Clearingstelle?
a) Wie viele Personen sind bei dieser Clearingstelle beschäftigt?
b) Wie ist der Informationszufluss zur Clearingstelle geregelt?
c) Inwiefern kann die Clearingstelle selbst initiativ agieren?
d) Welche Kompetenzen hat die Clearingstelle gegenüber den Landeskri-

minalämtern?
e) Inwiefern koordiniert sich die Clearingstelle mit den Landeskriminaläm-

tern, mit der Bundesanwaltschaft und dem Gemeinsamen Extremismus-
und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ)?

f) Inwiefern beschäftigt sich das GETZ künftig noch mit Anschlägen auf
Flüchtlingsunterkünfte?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1399
g) Welches Budget ist für die Einrichtung und den Betrieb der Clearing-
stelle veranschlagt, und wer trägt dieses?

h) Inwieweit hält die Bundesregierung es für sinnvoll, eine solche Statistik
auch auf Bundesebene zu führen, und welche Maßnahmen will sie dies-
bezüglich ergreifen?

i) Inwiefern ist durch die Clearingstelle künftig eine zeitnahe Erfassung
aller Anschläge auf bestehende oder geplante Flüchtlingsunterkünfte und
von Flüchtlingen genutzte Wohnungen gewährleistet?

Berlin, den 7. Mai 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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