BT-Drucksache 18/13414

Planungen zur Erweiterung des Elbe-Lübeck-Kanals

Vom 21. August 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13414
18. Wahlperiode 21.08.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg,
Matthias Gastel, Oliver Krischer, Stephan Kühn (Dresden),
Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Peter Meiwald und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Planungen zur Erweiterung des Elbe-Lübeck-Kanals

Der Elbe-Lübeck-Kanal (ELK) verbindet die Hafenstadt Lübeck mit der Elbe und
bietet über den Anschluss zum Elbe-Seiten-Kanal auch die Möglichkeit, Güter
per Binnenschiff Richtung Mittellandkanal weiter ins Hinterland zu transportie-
ren. Allerdings sind seit Längerem vor allem aufgrund rückläufiger Umschlags-
zahlen im Hafen Lübeck und sich verändernder Güterarten sowie alternativer
Transportwege auch die Transporte auf dem Binnenschiff über den ELK stark
zurückgegangen. Demgegenüber hat entlang des ELK der Regional- und Tages-
tourismus an Bedeutung gewonnen.
Diesen Entwicklungen zum Trotz plant die Bundesregierung den Ausbau des
ELK. Verkehrlich wird der geplante Ausbau nachgewiesenermaßen keine Wir-
kung entfalten und gleichzeitig direkte Kosten in Höhe von mindestens 838 Mio.
Euro verursachen sowie Eingriffe für Natur, Anrainer und Wassertourismus mit
sich bringen (vgl. www.bvwp-projekte.de/wasserstrasse/w33/w33.html).
Die Erweiterung wurde 2016 im Rahmen des neuen Bundesverkehrswegeplans
(BVWP) 2030 beschlossen. Aus Sicht der Fragesteller zeichnete sich ab, dass
dieser Beschluss jedoch ausschließlich als ein „Geschenk“ an bestimmte Haus-
haltspolitiker zu werten ist, da sich sowohl Fachabgeordnete der Koalitionsfrak-
tionen der CDU/CSU und SPD als auch die Binnenschifffahrtsverbände in Anhö-
rungen gegen das Projekt aussprachen und sich Vertreter des Bundesministeriums
für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) öffentlich von dem Ausbaube-
schluss auf Betreiben des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages dis-
tanzierten (www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Umstritten-Ausbau-des-
Elbe-Luebeck-Kanals,elbeluebeckkanal140.html).
Zukünftiges Wachstum des Verkehrs in der Ostsee wird fast ausschließlich über
Containerverkehre zu erwarten sein. Doch in Lübeck werden aktuell und wahr-
scheinlich auch zukünftig kaum Container umgeschlagen. An dem für Container-
verkehr in der Ostsee vorhergesagten Wachstum werden Lübeck und der ELK
nach Auffassung der Fragesteller demnach nicht teilhaben können. Ebenfalls un-
realistisch erscheinen vor diesem Hintergrund eigene Untersuchungen der Indust-
rie- und Handelskammer zu Lübeck, die von einer Verfünf- oder gar Verzehnfa-
chung der Verkehre spricht.

Drucksache 18/13414 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Was sind die Gründe für einen Ausbau des ELK nach Auffassung der Bun-
desregierung?

b) Welche Alternativen wurden geprüft, und mit welchem jeweiligen Ergeb-
nis?

c) Welche Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Verkehrsträgern
spielen beim Projekt ELK zukünftig eine Rolle, um auf prognostizierte
transportierte Tonnen zu gelangen, und wie wird sich das auf die jeweili-
gen Transportrouten ab Lübeck auswirken?

d) Von welchen Planungszielen (Jahresfracht bzw. Verkehrsaufkommen)
geht die Bundesregierung bei der Ausbauplanung auf je welcher Daten-
grundlage aus?

2. Welche Baumaßnahmen sind nach Planungen der Bundesregierung entlang
der Gesamtstrecke des ELK vorgesehen, und mit welchen jeweiligen Kosten
(bitte tabellarisch auflisten)?
a) Bis zu welcher Wassertiefe soll der Ausbau erfolgen, und welche Vertie-

fungsmaßnahmen sind dafür an je welchen Abschnitten in welchem Um-
fang erforderlich?

b) Bis zu welcher Kanalbreite soll der Ausbau erfolgen, und welche Verbrei-
terungsmaßnahmen bzw. ggf. Begradigungsmaßnahmen sind dafür an je
welchen Abschnitten in welchem Umfang erforderlich?

c) Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des Wasser- und Schiff-
fahrtsamts (WSA) Lauenburg, dass die Verbreiterung bei entsprechender
Profilwahl (R- und KRT-Profil) geringer ausfällt (http://www.ln-online.
de/Lokales/Lauenburg/Der-grosse-Faktencheck-zum-Kanalausbau)?
In welchem Umfang an welchen Abschnitten würde nach Erkenntnis der
Bundesregierung die Verbreiterung entsprechend erfolgen (bitte näher be-
gründen)?

d) Inwiefern müssten bei einem Ausbau die Spundwände im südlichen Ka-
nalbereich, wo der Kanalwasserspiegel über dem Umland liegt, aufgrund
dann unzureichender Gründungstiefe erneuert werden?

e) Welche Schleusen sollen für je welche Schleusenkammerlänge ausgebaut
werden?

f) Mit welchen Auswirkungen auf Natur und Anrainer rechnet die Bundes-
regierung bei entsprechenden Begradigungsszenarien jeweils?

3. Welches Nutzen-Kosten-Verhältnis wurde für den ELK im Zuge des
BVWP 2030 auf welcher Datengrundlage berechnet?
Welche weiteren geplanten Infrastrukturprojekte im örtlichen Umfeld des
ELK spielten im Zuge der Berechnung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses des
ELK eine Rolle, und wie floss dies in die Berechnungen ein?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des Parlamentarischen
Staatssekretärs beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur,
Enak Ferlemann, er sei „überrascht“ vom Ausbaubeschluss des Haushalts-
ausschusses des Deutschen Bundestages und dass dieses Projekt keine be-
sondere Dringlichkeit für das BMVI, sondern maßgeblich auf Betreiben „aus
der Mitte des Haushaltsausschusses“ des Deutschen Bundestages darstelle
(vgl. NDR-Sendung vom 13. Juni 2017, www.ndr.de/nachrichten/schleswig-
holstein/Umstritten-Ausbau-des-Elbe-Luebeck-Kanals,elbeluebeckkanal14
0.html)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13414
5. a) Welche Güterarten werden aktuell maßgeblich auf dem ELK befördert?
b) Welche Güterarten wurden in den letzten 20 Jahren maßgeblich auf dem

ELK befördert (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?
c) Welche Güterarten werden nach Kenntnis der Bundesregierung nach Fer-

tigstellung des ELK maßgeblich auf diesem befördert werden?
6. Wie viele Arbeitsplätze hängen nach Erkenntnis der Bundesregierung unmit-

telbar mit dem Güterschifffahrtstransport auf dem ELK
a) aktuell,
b) in den vergangenen 20 Jahren (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren)
zusammen, und wie schätzt die Bundesregierung die künftige Entwicklung
ein?

7. Welche Kosten sind bereits für den Ausbau des ELK angefallen (bitte jewei-
lige Kosten tabellarisch auflisten)?

8. a) Welcher Einsatz an Planungspersonal (Stellenanzahl) ist bis zum geplan-
ten Abschluss des Ausbauprojekts ELK für welche Teile des Projekts vor-
gesehen?

b) Wie viele Stellen sind aktuell bereits für den geplanten Ausbau des ELK
im Einsatz?

c) Von wo aus (WSV-Standort) arbeiten diese Mitarbeiter bzw. sind diese
zukünftig jeweils vorgesehen?

d) Welche Gesamtpersonalkosten fallen für das Planungspersonal (ELK) für
die Jahre 2017, 2018, 2019 und 2020 jeweils an?

e) Von wo aus (WSV-Standort) werden diese jeweils arbeiten?
f) Unter welchen Voraussetzungen können diese Planungsingenieure auch

für andere (Planungs-)Tätigkeiten im gesamten Bundesgebiet eingesetzt
werden?

g) Falls dies möglich ist, für welche Projekte ist dies vorgesehen, falls nicht,
was spricht aus Sicht der Bundesregierung dagegen?

9. a) Bei welchen laufenden Projekten besteht derzeit nach Auffassung der
Bundesregierung ein Defizit an Planungsingenieuren?

b) Durch welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung, diesem Defizit
an Planungsingenieuren bei laufenden oder in Vorplanung befindlichen
Projekten entgegenzuwirken?

10. Welchen Stand haben die Überlegungen des BMVI, für eine stetigere Pla-
nung und Umsetzung von Wasserstraßenprojekten eine Wasserstraßenpla-
nungsgesellschaft zu gründen, und wie und bis wann plant man, diese Ge-
sellschaft umzusetzen?

11. Inwiefern plant oder erörtert die Bundesregierung eine Öffentlich-Private
Partnerschaft (ÖPP), um den ELK-Ausbau zu realisieren (vgl. Schreiben des
Leiters der Abteilung Wasserstraßen, Schifffahrt im BMVI, Bergedorfer Zei-
tung, 6. Juli 2017), und mit welchem bisherigen Ergebnis?

Drucksache 18/13414 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

12. a) Wie bewertet die Bundesregierung unter anderem durch die Industrie- und

Handelskammer zu Lübeck öffentlich zitierte Prognosen (z. B. HTC –
Hanseatic Transport Consultency Dr. Ninnemann & Dr. Rössler GbR),
die von einer Verfünf- oder gar Verzehnfachung der aktuell jährlich
beförderten Gütermenge von aktuell rund 650 000 Tonnen auf dem
ELK auf bis zu 6 Millionen Tonnen ausgehen?

b) Durch welche Maßnahmen sind diese Werte nach Auffassung der Bun-
desregierung zu erreichen, und auf welche Quell- und Zielverkehre sowie
zu transportierenden Hauptgüterarten stützen sich diese Prognosen?

c) Auf welchen Umschlagszahlen des Hafens Lübeck basieren diese Pro-
gnosen?

13. Kosten in welcher Höhe sind für die Anhebung bzw. Modernisierung der
Eisenbahnbrücke über den ELK in Lübeck eingeplant, sind diese Kosten be-
reits in den veröffentlichten 838 Mio. Euro enthalten, und wenn nicht, wer
trägt diese Kosten?
Sind im Zuge des ELK-Ausbaus nach Kenntnis der Bundesregierung Bau-
maßnahmen an weiteren Eisenbahnanlagen erforderlich, und wenn ja, je-
weils in welchem Umfang, und zu wessen Lasten?

14. Welchen Nutzen für Tourismus bzw. Naherholung hat der ELK nach Auf-
fassung der Bundesregierung aktuell, und wie wird sich dies in den folgenden
Jahren entwickeln?
a) Wie schätzt die Bundesregierung die Auswirkungen eines Ausbaus auf

den Tourismus und seinen volkswirtschaftlichen Nutzen während der
Baumaßnahmen bzw. nach einem Ausbau in den unterschiedlichen
Wachstumsszenarien ein?

b) Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung in Bezug auf den
Fahrradtourismus im Zuge des geplanten ELK-Ausbaus?

c) Sind der Bundesregierung Pläne zur Neugründung oder zum Ausbau von
Lösch- und Ladeplätzen bekannt, bzw. rechnet sie mit entsprechenden
Vorhaben, und welche Auswirkungen sieht sie hierbei auf den Fernrad-
wanderweg entlang des ELK?

d) Mit welchen Auswirkungen auf die Schleusungszeiten ist während der
Baumaßnahmen bzw. im Ausbauzustand in den unterschiedlichen Wachs-
tumsszenarien nach Einschätzung der Bundesregierung zu rechnen?

15. Welche Auswirkungen hätte ein Ausbau auf kultur- und bauhistorisch wert-
volle und/oder denkmalgeschützte Objekte, insbesondere

 die Hubbrücke Lübeck,
 die Seilfähre Siebeneichen
 die wasser- und luftdruckbetriebenen Hotopp-Schleusen,
und inwiefern können während und nach den Ausbaumaßnahmen der ent-
sprechende Denkmalschutz sowie deren touristische und anderweitige Nut-
zung sichergestellt werden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13414

16. Welche Rolle spielt der ELK im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie zur

Erhaltung des guten Zustands der Gewässer, und welche Veränderungen sind
nach Auffassung der Bundesregierung durch die geplanten Maßnahmen am
ELK zu erwarten?
a) Inwiefern verändert sich das Gesamtwasservolumen des ELK durch einen

Ausbau, insbesondere hinsichtlich der Wasserknappheit in Sommermo-
naten, und welche Auswirkungen hätte ein entsprechend größerer Zu-
strom aus Zuflüssen und Grundwasser im Zuge des Ausbaus auf diese
sowie damit zusammenhängende Feucht- und Moorgebiete?

17. Mit welchen Auswirkungen auf die Natur, insbesondere geschützte Arten,
Biotopverbünde etc. rechnet die Bundesregierung während bzw. nach einem
Ausbau, und wie will sie dabei die entsprechenden Schutzbestimmungen je-
weils einhalten?
b) Inwiefern würden eine Begradigung oder sonstige Ausbaumaßnahmen

der S-Kurve zwischen Güster und Siebeneichen die in der Biodiversitäts-
strategie der Bundesregierung ausgewiesene Hauptverbundachse ge-
schützter Arten entlang der landschaftsprägenden Niedermoor-Niederung
am heutigen ELK-Verlauf durchschneiden, und welche Maßnahmen plant
die Bundesregierung, um die entsprechenden naturschutzrechtlichen Vor-
gaben einzuhalten?

b) In welchem Umfang und an welchen Abschnitten verursacht ein Ausbau
Flächenverbrauch welcher Flächen?

18. Welchen Zeitplan gibt es hinsichtlich eines Beteiligungsverfahrens, und
plant die Bundesregierung über die rechtlich vorgeschriebenen Verfahren
hinaus Maßnahmen wie eine Begleitgruppe o. Ä., und wenn ja, welche, und
wann?

Berlin, den 21. August 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.