Vom 17. August 2017
Deutscher Bundestag Drucksache 18/13376
18. Wahlperiode 17.08.2017
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette Groth,
Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Katrin Kunert, Niema Movassat,
Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.
Export von Kleinwaffen
Für Kleinwaffen gibt es international keine einheitliche Definition. Die Vereinten
Nationen (UN), die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
(OSZE) und die Europäische Union (EU) legen jeweils eigene Begriffsbestim-
mungen von Kleinwaffen zugrunde. Entsprechend unterschiedlich gestaltet sich
der Radius restriktiver Maßnahmen gegen ihre unkontrollierte Verbreitung wie
auch die veröffentlichten Exportzahlen. Die UN-Definition umfasst alle von einer
Person tragbaren, tödlichen Kleinen Waffen, die ein Geschoss abgeben können,
und ist damit die vollumfänglichste. Die OSZE-Definition schränkt den Begriff
dahingehend ein, dass die Waffen „nach militärischen Anforderungen […] her-
gestellt oder umgebaut wurden“, schließt aber Revolver und Pistolen mit ein.
Deutschland verwendet die Kleinwaffendefinition der EU aus der Gemeinsamen
Aktion des Rates vom 12. Juli 2002 betreffend den Beitrag der Europäischen
Union zur Bekämpfung der destabilisierenden Anhäufung und Verbreitung von
Kleinwaffen und Leichten Waffen (2002/589/GASP). Diese enthält keine Gegen-
standsbeschreibung, sondern benennt Kategorien von Waffen, die als Kleinwaf-
fen begriffen werden, und schränkt diese wie die OSZE-Definition auf Waffen
ein, die explizit für militärische Zwecke bestimmt sind. Dadurch „nicht einge-
schlossen sind sonstige Handfeuerwaffen: Gewehre ohne KWL-Nummer
(KWL – Kriegswaffenlisten), Revolver, Pistolen, Scharfschützengewehre, funk-
tionsunfähige Waffen, Jagdgewehre, Sport-Pistolen und -Revolver, Sportge-
wehre, halbautomatische Jagd- und Sportgewehre und sonstige Flinten“ (Rüs-
tungsexportbericht 2016, S. 30).
Im Rahmen dieser Definition hat die Bundesregierung im Jahr 2016 den Export
von Kleinwaffen im Wert von rund 46,89 Mio. Euro genehmigt. Die Bundesre-
gierung stellt in ihrem Rüstungsexportbericht 2016 fest, „[d]er Gesamtwert
der Einzelgenehmigungen für Kleinwaffen ist deutlich geringer als der Ge-
samtwert der Ausfuhrgenehmigungen für Handfeuerwaffen insgesamt […]
(178,53 Mio. €). Dies liegt daran, dass der für die AL-Position [(AL – Ausfuhr-
listen)] 0001 verwendete Begriff der Handfeuerwaffe auch die zivilen Selbstver-
teidigungswaffen (Revolver, Pistolen) und Jagd- und Sportwaffen umfasst und
somit weit über den Begriff der Kleinwaffe, wie er international für die Proble-
matik der destabilisierenden Anhäufungen von Kleinen und Leichten Waffen ver-
wendet wird, hinausgeht“ (S. 31). Dass die UN-Definition alle Handfeuerwaffen
einschließt und keine Unterscheidung zwischen zivilen und militärischen Waffen
macht, wird dabei ebenso verschwiegen wie die Tatsache, dass die Bundesregie-
rung selbst erklärt hat, zwischen zivilen und militärischen Pistolen gebe es „[i]n
der Praxis […] kaum solche Unterschiede in der Konstruktion“ (Bundestags-
drucksache 17/8835, S. 9).
Drucksache 18/13376 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Mit welcher Begründung hat die Bundesregierung in die sog. Kleinwaffen-
grundsätze aus dem Jahr 2015 über die Kleinwaffendefinition der EU hin-
ausgehend Scharfschützengewehre und Vorderschaftrepetierflinten („Pump-
Guns“) und in die „Eckpunkte für die Einführung von Post-Shipment-Kon-
trollen bei deutschen Rüstungsexporten“ Pistolen, Revolver, Scharfschützen-
gewehre mit aufgenommen?
2. Auf welcher Grundlage unterscheidet die Bundesregierung Kleinwaffen in
militärische bzw. für militärische Zwecke konstruierte und zivile Waffen,
und welche Unterschiede hinsichtlich der technischen Ausführungen und des
Wirkungsgrades gibt es (bitte nach Waffenart und Unternummer der AL-Po-
sition aufschlüsseln)?
3. Welche Handfeuerwaffen zählt die Bundesregierung unter den Begriff der
Kleinwaffen, die sie zur Berechnung der Kleinwaffenexporte heranzieht
(bitte nach genauer Bezeichnung und der entsprechenden Unternummer der
Ausfuhrlistenposition auflisten)?
4. Welche Unternummern der AL-Positionen haben die Handfeuerwaffen, die
nicht als Kleinwaffen im Sinne der Kleinwaffendefinition der EU aus der
Gemeinsamen Aktion des Rates vom 12. Juli 2002 betreffend den Beitrag
der Europäischen Union zur Bekämpfung der destabilisierenden Anhäufung
und Verbreitung von Handfeuerwaffen und Leichten Waffen (2002/589/
GASP) gelten?
5. Welche Unternummern der AL-Positionen haben die Munitionstypen für
Handfeuerwaffen, die nicht als Kleinwaffen im Sinne der Kleinwaffendefi-
nition der EU aus der Gemeinsamen Aktion des Rates vom 12. Juli 2002
betreffend den Beitrag der Europäischen Union zur Bekämpfung der desta-
bilisierenden Anhäufung und Verbreitung von Handfeuerwaffen und Leich-
ten Waffen (2002/589/GASP) gelten?
6. Wann, wo und wie setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass auf inter-
nationaler Ebene eine einheitliche Kleinwaffendefinition angewendet bzw.
erarbeitet wird, um eine internationale Vergleichbarkeit bei der Bekämpfung
der unkontrollierten Weitergabe von Kleinwaffen zu ermöglichen, und wenn
nein, warum nicht?
7. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung wann und wo ergriffen, um die
Markierung von Kleinwaffen national wie international zu verbessern, und
inwiefern wurde die Markierung von Kleinwaffen in Deutschland verbes-
sert?
8. Welche Unternummern der AL-Positionen haben welche Arten von Hand-
granaten?
9. Welche Unternehmen in Deutschland besitzen eine aktuell gültige KWKG-
Genehmigung für die Herstellung von welchen Handgranaten (bitte unter ge-
nauer Angabe von Typbezeichnung, wie z. B. „Splittergranate“, Unternum-
mer der AL-Position)?
10. Der Export welcher Handgranaten wurde bisher im Jahr 2017 von der Bun-
desregierung genehmigt (bitte unter genauer Angabe von Typbezeichnung,
wie z. B. „Splittergranate“, Unternummer der AL-Position, Empfängerland
und Wert)?
11. Der Export welcher Kleinwaffen, Kleinwaffenteile und -munition sowie
Herstellungsausrüstung dafür wurde bisher im Jahr 2017 von der Bundesre-
gierung genehmigt (bitte nach genauer Güterbeschreibung, Unternummer
der AL-Position, Genehmigungsdatum, Empfängerland, Wert und Anzahl
auflisten)?
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13376
12. In welches der Länder, die laut den jährlichen UN-Länderberichten zu Kin-
dern und bewaffneten Konflikten Kindersoldaten in Militär, Polizei und ver-
bündete Milizen einsetzen, wurde seit 2006 der Export von Kleinwaffen im
Sinne der UN-Definition für Kleine und Leichte Waffen und dazugehörige
Munition von der Bundesregierung genehmigt (bitte nach genauer Güterbe-
schreibung, Unternummer der AL-Position, Jahr, Empfängerland, Wert und
Anzahl auflisten)?
13. In welches der Länder, die laut jährlichen UN-Länderberichten zu Kindern
und bewaffneten Konflikten Kindersoldaten in Militär, Polizei und verbün-
deten Milizen einsetzen, wurde seit 2006 der Export von Zusatzausstattung,
wie Schalldämpfer, Zielfernrohre, Aufsätze für Nachtsichtgeräte etc., für
Kleinwaffen im Sinne der UN-Definition für Kleine und Leichte Waffen von
der Bundesregierung genehmigt (bitte nach genauer Güterbeschreibung, Un-
ternummer der AL-Position, Jahr, Empfängerland, Wert und Anzahl auflis-
ten)?
14. In welches der Länder, die laut jährlichen UN-Länderberichten zu Kindern
und bewaffneten Konflikten Kindersoldaten in Militär, Polizei und verbün-
deten Milizen einsetzen, wurde seit 2006 der Export von Handgranaten von
der Bundesregierung genehmigt (bitte nach genauer Güterbeschreibung, Un-
ternummer der AL-Position, Jahr, Empfängerland, Wert und Anzahl auflis-
ten)?
15. Wie viele Anträge für den Export von Kleinwaffen im Sinne der UN-Defini-
tion für Kleine und Leichte Waffen wurden seit 2006 von der Bundesregie-
rung mit der Begründung abgelehnt, dass das Empfängerland auch Kinder-
soldaten rekrutiert (wenn ja, bitte Anzahl der abgelehnten Anträge, Jahr, ge-
naue Güterbezeichnung und Empfängerland angeben)?
16. Der Export welcher Handfeuerwaffen, die keine Kleinwaffen im Sinne der
Kleinwaffendefinition der EU aus der Gemeinsamen Aktion des Rates vom
12. Juli 2002 betreffend den Beitrag der Europäischen Union zur Bekämp-
fung der destabilisierenden Anhäufung und Verbreitung von Handfeuerwaf-
fen und Leichten Waffen (2002/589/GASP) sind, wurden seit 2006 an wel-
che staatlichen Sicherheitskräfte von der Bundesregierung genehmigt (bitte
nach Jahr, genauer Güterbeschreibung und Unternummer der AL-Position,
Land, Wert und genauer Angabe der Endempfänger, wie Militär, Paramilitär,
Polizei, andere staatliche Sicherheitskräfte auflisten)?
17. Welche der Jagd- und Sportgewehre, deren Export seit 2006 von der Bun-
desregierung genehmigt wurde, können nach Kenntnis der Bundesregierung
für einen Einsatz als Scharfschützengewehre verwendet werden (bitte nach
genauer Güterbeschreibung und Unternummer der AL-Position auflisten)?
18. Welche der Jagd- und Sportgewehre, deren Export seit 2006 von der Bun-
desregierung genehmigt wurde, werden nach Kenntnis der Bundesregierung
innerhalb welcher Länder von Militär, Paramilitär, Polizei und anderen Si-
cherheitskräften auch als Scharfschützengewehr verwendet (bitte nach Land,
Endempfänger, genauer Güterbeschreibung und Unternummer der AL-Posi-
tion auflisten)?
19. Welche der Pistolen, Revolver und Scharfschützengewehre, deren Export
seit 2006 von der Bundesregierung genehmigt wurde, werden nach Kenntnis
der Bundesregierung in welchen Ländern auch von militärischen oder para-
militärischen Sicherheitskräften (z. B. Gendarmerie, Jendarma in der Türkei)
verwendet (bitte nach Land, Bezeichnung der Sicherheitskräfte und genauer
Typbezeichnung und Unternummer der AL-Position auflisten)?
20. Der Export welcher Sturmgewehre wurde seit 2013 von der Bundesregierung
genehmigt (bitte nach Jahr, Unternummer der Al-Position, Empfängerland,
Stückzahl, Wert auflisten)?
Drucksache 18/13376 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
21. Der Export welcher Granatwerfer und Granatpistolen wurde seit 2013 von
der Bundesregierung genehmigt (bitte nach Jahr, Unternummer der AL-Po-
sition, Empfängerland, Stückzahl, Wert auflisten)?
22. Der Export welcher Flugabwehrraketensysteme/tragbaren Luftabwehrsys-
teme (MANPADs) wurde seit 2013 von der Bundesregierung genehmigt
(bitte nach Jahr, Unternummer der AL-Position, Empfängerland, Stückzahl,
Wert auflisten)?
23. Der Export welcher Panzerabwehrraketensysteme und Abschussgeräte, die
nach der Gemeinsamen Aktion der EU vom 12. Juli 2002 als Leichte Waffen
gelten, wurde seit 2013 von der Bundesregierung genehmigt (bitte nach Jahr,
Unternummer der AL-Position, Empfängerland, Stückzahl, Wert auflisten)?
24. Welche Reexportgenehmigungen für welche Waffen der AL-Positionsnum-
mern A0001, A0002, A0003 und A0004 wurden durch wen seit 2013 ge-
stellt, welche wurden durch die Bundesregierung genehmigt und welche ver-
weigert (bitte nach Land, das Reexport beantragt hat, Jahr, Wert und genauer
Güterbezeichnung je Unternummer der AL-Position, Stückzahl und End-
empfänger aufschlüsseln auflisten)?
25. Welcher Typ von halbautomatischen Kurzwaffen wird mit der AL-Positions-
nummer A0001A-03 bezeichnet?
26. Welcher Typ von halbautomatischen Kurzwaffen wird mit der AL-Positions-
nummer A0001A-09 bezeichnet?
27. Welcher Typ von halbautomatischen Kurzwaffen wird mit der AL-Positions-
nummer XFW001 bezeichnet?
28. Welcher Typ von halbautomatischen Kurzwaffen wird mit der Al-Positions-
nummer XFW0007 bezeichnet?
29. Welcher Typ von Sturmgewehren wird mit der AL-Positionsnummer
A0001A-02 bezeichnet?
30. Welcher Typ von Maschinenpistolen wird mit der AL-Positionsnummer
0001A-05 bezeichnet?
31. Welcher Typ von Maschinengewehr wird mit der AL-Positionsnummer
0001A-06 bezeichnet?
32. Welche Typen von Granatwerfern und Granatpistolen werden mit den AL-
Positionsnummern A0002A-06, A0002A-11, A0002A-12, A0002A-13,
A0002A-14 bezeichnet?
33. Welche Typen von Flugabwehrraketensystemen/tragbaren Luftabwehrsyste-
men (MANPADs), Panzerabwehrraketensystemen und Abschussgeräten
werden mit den AL-Positionsnummern A0002A-05, A0002A-08, A0004A-
05, A0004A-07, A0004B-01, und A0004B-10 bezeichnet?
34. Werden Übungs-, Leucht-, Signal-, Farbrauch-, Nebel-, Reizgasmunition nur
unter der AL-Positionsnummer „A0003A-15 – nicht Kriegswaffenliste“ sub-
sumiert oder in weitere Unternummern unterteilt, und wenn ja, in jeweils
welche, und mit welcher Bezeichnung?
35. Wird Spreng- und Splittermunition nur unter der AL-Positionsnummer
„A0003A-15 – Kriegswaffenliste“ subsumiert oder in weitere Unternum-
mern unterteilt, und wenn ja, in jeweils welche, und mit welcher Bezeich-
nung?
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13376
36. Der Export welcher Software, Technologie und Herstellungsausrüstung zur
Produktion von Rüstungsgütern wurde bisher im Jahr 2017 von der Bundes-
regierung genehmigt (bitte nach genauer Güterbezeichnung, Genehmigungs-
datum, Unternummer der AL-Position, Empfängerland, exportierendem Un-
ternehmen, Stückzahl, Wert auflisten)?
37. Für die Herstellung von Munition welchen Kalibers hat die Bundesregierung
in diesem Jahr Ausfuhrgenehmigungen für Spezialmaschinen, Herstellungs-
ausrüstung und Teile hierfür u. Ä. nach Saudi-Arabien erteilt (bitte nach Ge-
nehmigungsdatum und unter Angabe des Genehmigungswertes aufschlüs-
seln)?
38. Für welche Kaliber hat die Bundesregierung im Jahr 2016 Ausfuhrgenehmi-
gungen von Munition und Munitionsteilen in die Vereinigten Staaten erteilt?
39. In welche Länder hat die Bundesregierung für die in Frage 38 genannten Ex-
porte von Munition und Munitionsteilen Reexportgenehmigungen erteilt
(bitte nach Güterbeschreibung, Unternummer der Al-Position und Endemp-
fänger aufschlüsseln)?
Berlin, den 17. August 2017
Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion
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