BT-Drucksache 18/1330

Henry-Kissinger-Stiftungsprofessur an der Universität Bonn verhindern

Vom 6. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1330
18. Wahlperiode 06.05.2014

Antrag
der Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken,
atthias W. Birk ald, hristine Buchhol , Sevi Da delen, Dr. Diether

Dehm, Nicole Gohlke, Annette Groth, Heike Hänsel, Dr. Rosemarie Hein,
Inge Höger, Andrej Hunko, Katrin Kunert, Ralph Lenkert, Stefan Liebich,
Niema Movassat, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Henry-Kissinger-Stiftungsprofessur an der Universität Bonn verhindern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Im Mai 2013 wurden anlässlich des 90. Geburtstags von Henry Kissinger Plä-
ne zur Einrichtung einer „Henry-Kissinger-Professur für Internationale Bezie-
hungen und Völkerrechtsordnung unter besonderer Berücksichtigung sicher-
heitspolitischer Aspekte“ an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
Bonn in die Öffentlichkeit getragen. Beabsichtigt ist, mit der Einrichtung einer
solchen Professur den ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater und US-
Außenminister Henry Kissinger zu ehren. Nach den bisher bekannt geworde-
nen Planungen soll die Einrichtung der Professur vom Auswärtigen Amt und
dem Bundesministerium der Verteidigung fünf Jahre lang gemeinsam getragen
werden. Die Professur soll nach den Worten des Rektors der Universität Bonn
„einen neuen Akzent auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik“ setzen. Die mit
der offiziellen Vorstellung des Projekts verbundene Aussage des ehemaligen
Verteidigungsministers de Maizière, mit der Professur solle sichergestellt wer-
den, „dass die außerordentlichen Leistungen Henry Kissingers auf den Gebie-
ten der Diplomatie, Strategie und der transatlantischen internationalen Bezie-
hungen die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte dauerhaft beflü-
geln“, ist von einer beängstigenden Dimension: Die gegen Henry Kissinger er-
hobenen Vorwürfe schwerster Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen
konnten bis heute nicht ausgeräumt werden. Der US-Politiker Henry Kissinger
ist als Identifikationsfigur für eine an rechtsstaatlichen Grundsätzen und dem
Völkerrecht ausgerichtete akademische Einrichtung nicht geeignet.

2. Der Name Kissinger steht maßgeblich für eine geostrategisch motivierte ag-
gressive Außenpolitik, Destabilisierung politisch missliebiger Staaten, expan-
sive exterritoriale Aktivitäten des US-Geheimdienstes CIA, Unterstützung ge-
waltsamer Regime Changes, menschenrechtsverletzender Diktaturen und völ-
kerrechtswidrige Invasionen: Als Nationaler Sicherheitsberater des US-
Präsidenten Richard Nixon koordinierte Henry Kissinger Aktivitäten, die auf
einen gewaltsamen Umsturz in Chile abzielten und den Militärputsch vorberei-
teten, durch den Präsident Allende 1973 gestürzt wurde sowie in dessen Kon-
text er ums Leben kam. In Kissingers Zeit als Nationaler Sicherheitsberater fal-
Drucksache 18/1330 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

len auch die Bombardierung der neutralen Staaten Laos und Kambodscha wäh-
rend des Vietnamkriegs. Kissinger plante und überwachte die Operationen.
Heute wird angenommen, dass 350 000 Laoten und 600 000 Kambodschaner
bei diesen Angriffen getötet wurden. Kissinger autorisierte die Invasion Indo-
nesiens in Osttimor 1975. Seit Mitte der 70er-Jahre waren und sind in mehre-
ren Staaten Gerichtsverfahren gegen Kissinger anhängig. Henry Kissinger hat
sich niemals einem Verfahren gestellt.

3. Der Allgemeine Studierendenausschuss sowie das Studierendenparlament der
Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn wenden sich ebenso gegen
die Pläne zur Einrichtung der Professur wie zahlreiche Vertreter der Zivilge-
sellschaft, die Gewerkschaft ver.di, Friedensinitiativen, Bürger- und Men-
schenrechtsorganisationen.

4. Die Unterstützung der Einrichtung einer „Henry-Kissinger-Professur für Inter-
nationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung“ durch das Auswärtige Amt
und das Bundesministerium der Verteidigung bedeutete die Anerkennung einer
Politik, die für regionale Destabilisierung, Völkerrechtsverletzungen und den
Primat der Gewalt in den internationalen Beziehungen steht.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

Pläne zur Unterstützung der Einrichtung einer Henry-Kissinger-Stiftungsprofessur
nicht weiter voranzutreiben, jegliche Beteiligung an dem Vorhaben einzustellen
und die Einrichtung einer solchen Professur auch nicht auf sonstige Weise zu för-
dern.

Berlin, den 6. Mai 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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