BT-Drucksache 18/13273

Die asylpolitischen Libyen-Pläne der EU-Innenminister im Kontext der humanitären Lage vor Ort

Vom 31. Juli 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13273
18. Wahlperiode 31.07.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Jan van Aken, Annette Groth,
Inge Höger, Andrej Hunko, Niema Movassat, Kathrin Vogler und der Fraktion
DIE LINKE.

Die asylpolitischen Libyen-Pläne der EU-Innenminister im Kontext der
humanitären Lage vor Ort

Auf der Innenministerkonferenz in Tallin am 7. Juli 2017 wurde eine migrations-
politische Ausweitung der Zusammenarbeit u. a. mit der sogenannten libyschen
Küstenwache zur Einrichtung von sogenannten Seenotrettungszentren und ande-
ren Formen der Unterbringung Geflüchteter wie auch die Aufstockung der Un-
terstützung für diese Küstenwache besprochen. Die Ausweitung der Zusammen-
arbeit mit Kräften in Libyen wirft insbesondere vor dem Hintergrund der men-
schenrechtlichen Lage Fragen auf.
In einer Reportage des Journalisten Michael Obert ist von schweren Übergriffen
auf Frauen im Surman-Flüchtlingslager bei Zawiya in Libyen die Rede: „Und erst
als die Wächter dann mal kurz rausgegangen sind, hat dann eine junge Nigeria-
nerin all ihren ganzen Mut zusammen genommen und kam dann zu mir und hat
geflüstert: ‚Helft uns, helft uns, helft uns!‘ Sie hatte einen Trainingsanzug an und
drüber so ein Tuch und dann hat sie das auf die Seite gemacht und ihr ganzer
Unterleib, da war alles verblutet bis runter an die Knie und sie hat immer wieder
gesagt: ‚Sie vergewaltigen uns, sie vergewaltigen uns.‘ Ich habe sie dann gefragt:
‚Wer hat das getan?‘ Und dann hat sie gesagt: ‚Alle ... nacheinander‘“ (www.daserste.
de/information/wissen-kultur/ttt/sendung/sendung-vom-09072017-102.html). Der
ehemalige VN-Sonderbeauftragte in Libyen, Michael Kobler, hatte dieses Lager
auf die Berichte von Michael Obert hin besucht und berichtet, dass sein Konvoy
auf der Rückfahrt mit Granaten beschossen worden sei und sich die Delegation
einige Zeit in den Händen der Milizen befunden hätte. Er habe selbst die Frauen,
von denen Obert berichtete, gesehen (www.daserste.de/information/wissen-
kultur/ttt/sendung/sendung-vom-09072017-102.html). Das genannte Lager un-
tersteht offiziell dem Innenministerium der libyschen Einheitsregierung, mit der
die EU zusammenarbeitet (www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/wp-content/
uploads/2017/06/SZ_8JUNI17_Die_Menschenfaenger.pdf).
Am 8. Juni 2017 hatte der Bundesminister des Auswärtigen, Sigmar Gabriel, im
Rahmen seiner Libyenreise auch das Lager Trik Al Sikka besucht (Wirtschafts-
Forum Nah- und Mittelost, No. 4 July/August 2017, S. 8). Dieses Lager hat Mi-
chael Obert ebenfalls besucht und die Lage dort intensiv dokumentiert. Im Ver-
gleich scheinen die Zustände im Lager, die Michael Obert vorgefunden hat, noch
weitaus schlechter zu sein als die, die Bundesaußenminister Sigmar Gabriel bei
seinem Besuch vorgefunden hatte und die ihn zu der Aussage kommen ließen, die
Lager seien „finstere Gefängnisse“ mit „fürchterlichen Zuständen“ (www.moz.
de/artikel-ansicht/dg/0/1/1579779).

Drucksache 18/13273 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Michael Obert beschreibt verheerende Zustände. So gäbe es eine Mahlzeit am
Morgen und eine kleine Flasche mit Wasser, die, nachdem sie ausgetrunken
wurde, als Urinbehälter benutzt werden muss, da es keinen anderen Zugang zur
Toilette gibt. Auch ihren Stuhlgang müssten die Insassen in Plastiktüten verrich-
ten, die erst nach Stunden abgegeben werden könnten. Weiterhin teilten Flücht-
linge dem Reporter mit: „Sie schlagen uns, sie behandeln uns wie Vieh. Hier gibt
es keine Menschenrechte. Niemand sieht uns hier“ (www.daserste.de/information/
wissen-kultur/ttt/sendung/sendung-vom-09072017-102.html).
Auch ist in einem der „WELT am SONTAG“ vorliegenden Schreiben der Deut-
schen Botschaft Niamey (Niger) von „KZ-ähnlichen Verhältnissen in den soge-
nannten Privatgefängnissen“ die Rede. Der Bericht an das Bundeskanzleramt
spricht weiter von „allerschwersten, systematischen Menschenrechtsverletzungen
in Libyen: „Augenzeugen sprachen von exakt fünf Erschießungen wöchentlich in
einem Gefängnis – mit Ankündigung und jeweils freitags, um Raum für Neuan-
kömmlinge zu schaffen, d. h. den menschlichen ‚Durchsatz‘ und damit den Profit
der Betreiber zu erhöhen“ (www.welt.de/politik/deutschland/article161611324/
Auswaertiges-Amt-kritisiert-KZ-aehnliche-Verhaeltnisse.html).
Das libysche Migrationssystem wird im Moment mit 100 Mio. Euro aus EU-Gel-
dern unterstützt, dabei trägt Deutschland nach Angaben von Sigmar Gabriel den
Löwenanteil mit 48 Mio. Euro. Der Bundesaußenminister versprach nach dem
Besuch des Lagers Trik Al Sikka weitere 3,5 Mio. Euro (WirtschaftsForum Nah-
und Mittelost, No. 4 July/August 2017, S. 8). Michael Obert berichtet, dass nach
seinem Eindruck die katastrophale Situation in den Lagern auch bewusst herbei-
geführt würde, um die eigene Verhandlungsposition gegenüber der EU zu stär-
ken. Hier stellt sich die Frage, ob angesichts der systemischen Mängel Zahlungen
an die Betreiber der Lager überhaupt dazu führen können, die Situation der dort
Internierten zu verbessern.
Laut der Tageszeitung „taz“ vorliegenden Dokumenten prüft die EU unter Betei-
ligung der Polizeimission EUBAM die Einrichtung von als „Legalitätsinseln“ be-
zeichneten Flüchtlingslagern in Libyen, in denen die Polizei gut ausgestattet
werde und „die für Rückführungen genutzt werden können“ (www.taz.
de/%215401663/).
Im April 2015 begann die Europäische Union mit der Militärmission EUNAVFOR
MED Operation Sophia im Mittelmeer mit dem Schwerpunkt der Aufklärung
von sogenannten Schleusernetzwerken. Eine weitere wichtige Aufgabe von
EUNAVFOR MED besteht „im Fähigkeitsaufbau der sog. libyschen Küstenwa-
che, um das Waffenembargo der Vereinten Nationen gegenüber Libyen auf hoher
See durchzusetzen“ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/11102). In der Erklärung von
Valletta vom 3. Februar 2017 bekräftigten die Mitglieder des Europäischen Rates,
dass die Zusammenarbeit mit Libyen und den Nachbarstaaten Libyens als Tran-
sitländer vertieft werden würde. Der Aufbau von Kapazitäten zur Kontrolle der
libyschen Grenzen sei prioritär zu handhaben, dabei gehe es insbesondere um die
Finanzierung der Operation Sophia. Darüber hinaus sollten Aufnahmekapazitäten
für Libyen aufgebaut werden. Diese Maßnahmen sollen mit 200 Mio. Euro zu-
sätzlich aus dem „Afrika-Fonds“ als „erster Schritt“ finanziert werden
(www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2017/01/03-malta-declara-
tion/). Im 22. Bi-weekly Analytical Report der Europäischen Agentur für die
Grenz- und Küstenwache Frontex vom 9. Dezember 2016 ist die Rede von der
Verwicklung libyscher Autoritäten in Schmuggel. Laut Presseberichten sind der
Bundesregierung Vorfälle bekannt, bei denen einzelne Angehörige der sog. liby-
schen Küstenwache mit Schleusernetzwerken zusammengearbeitet hätten, indem
sie zum Beispiel das für die Schleusung zu nutzende Gebiet aufgeklärt, Boote mit
Flüchtlingen begleitetet und bereits genutzte Boote zur Wiederverwendung ge-
borgen hätten (www.goettinger-tageblatt.de/Welt/Politik/Deutschland-Welt/
Libysche-Kuestenwache-unterstuetzt-Schleuserbanden). Diese Praxis ähnelt der
Beschreibung eines durch die Flüchtlingsrettungsorganisation Sea-Watch e. V. –

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13273

Büro Berlin berichteten Angriffs der sog. libyschen Küstenwache auf Flüchtlings-
boote, bei dem bis zu 30 Flüchtlinge ums Leben kamen und die Angehörigen der
Küstenwache versucht hatten, gewaltsam den Motor des Boots zu stehlen
(www.spiegel.de/panorama/justiz/fluechtlinge-getoetet-unbekannte-attackieren-
offenbar-boot-vor-libyen-a-1117743.html). Nach Angaben der Bundesregierung
auf Bundestagsdrucksache 18/11344 wurde die Untersuchung der Vorfälle aus-
gerechnet der libyschen Küstenwache übertragen, der im Bericht der Unterstüt-
zungsmission der Vereinten Nationen in Libyen (UNSMIL) schwerste Men-
schenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. So heißt es, dass die libysche Küs-
tenwache vor der libyschen Küste abgefangene Flüchtlinge in Lager des Direkto-
rats zur Bekämpfung illegaler Migration (DCIM) bringt, wo sie Vergewaltigung
und Folter ausgesetzt sind. UNSMIL beschreibt, dass aufgegriffene Flüchtlinge
von der libyschen Küstenwache an Farmen und Privathaushalte zur Zwangsarbeit
übergeben werden (www.ohchr.org/Documents/Countries/LY/DetainedAnd
Dehumanised_en.pdf). Michael Obert berichtet, dass die libysche Küstenwache
bisher 37 000 Flüchtlinge nach Libyen zurückgebracht habe.
Weiterhin heißt es, die libysche Küstenwache in Zawiya werde von Commander
Al Bija angeführt, seine Miliz, die nun als libysche Küstenwache operiert, habe
vor zwei Jahren die Macht über den Hafen in der Stadt an sich gerissen
(www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/sendung/sendung-vom-0907201
7-102.html).
In diesem Zusammenhang stellen sich nach Ansicht der Fragestellerinnen und
Fragesteller nicht nur Fragen der Verwicklung der sogenannten libyschen Ein-
heitsregierung in diese Praktiken, sondern auch hinsichtlich der auf EU-Ebene
wie auch auf nationaler Ebene immer wieder diskutierten Einrichtung von „Hot
Spots“ in Libyen und der Zusammenarbeit mit der libyschen Einheitsregierung.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das von Michael Obert be-

suchte Flüchtlingslager für Frauen in der Nähe der libyschen Stadt Zawiya?
a) Welche Miliz kontrolliert dieses Lager?
b) In welchem Rahmen hat der ehemalige UN-Sonderbeauftragte für Li-

byen, Martin Kobler, das in der Reportage benannte Lager besucht, und
welche Berichte aus diesem oder anderen Besuchen in diesem Lager in
Libyen liegen der Bundesregierung vor bzw. können von ihr angefordert
werden, was ist deren Inhalt hinsichtlich der Lage der Flüchtlinge in Li-
byen, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?

c) Arbeitet nach Kenntnis der Bundesregierung die libysche Küstenwache
mit den Betreibern dieses Lagers zusammen?

d) Für wie repräsentativ hält die Bundesregierung die im oben genannten
Lager gemachten Beobachtungen durch Michael Olbert für die generelle
Situation in libyschen Flüchtlingslagern, und welche weiteren Berichte
liegen der Bundesregierung insbesondere zur Situation von Frauen in li-
byschen Flüchtlingslagern vor?

e) In welcher Verbindung steht Commander Al Bija mit diesem Lager, und
liefern er bzw. Untergebene von ihm dort Flüchtlinge ab?

2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Schicksal der bis zu
37 000 von der libyschen Küstenwache zurückverbrachten Flüchtlinge?
a) An wen werden diese Flüchtlinge übergeben?
b) Inwiefern verfolgen die EU oder die Bundesregierung das Schicksal die-

ser Flüchtlinge?

Drucksache 18/13273 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das von Siegmar Gabriel
besuchte Lager Trik al Sikka?
a) Von wem wird das Lager nach Kenntnis der Bundesregierung betrieben?
b) Arbeitet nach Kenntnis der Bundesregierung die libysche Küstenwache

mit den Betreibern dieses Lagers zusammen?
c) Welche Gespräche mit offiziellen oder inoffiziellen Vertretern der Betrei-

ber des Lagers Trik al Sikka bzw. Vertretern libyscher Behörden, der Re-
gierung oder Milizen hat es im Vorfeld des Besuches Sigmar Gabriels am
8. Juni 2017 gegeben?

d) Wurde das Lager zuvor von deutschen Sicherheitskräften oder Vertretern
des Auswärtigen Amts bzw. anderer Behörden besucht, um den Besuch
von Sigmar Gabriel vorzubereiten?
Falls ja, inwiefern wurde der Besuch vorbereitet, inwieweit gab es An-
weisungen an die Betreiber, und wurden Berichte über das Lager gefer-
tigt?

4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Surman Camp
bei Zawiya (www.sueddeutsche.de/panorama/fluechtlinge-in-libyen-die-
menschenfaenger-1.3537527?reduced=true)?
a) Von wem wird dieses Camp nach Erkenntnissen der Bundesregierung be-

trieben?
b) Wird das Surman Camp von internationalen Organisationen, der EU oder

den VN nach Kenntnis der Bundesregierung kontrolliert, und hat die Bun-
desregierung Kenntnis über Berichte der VN aus dem Surman Camp?

c) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Direktor des
Camps, Colonel Ibrahim Ali Abduselam?

d) Gab es Gespräche zwischen der Bundesregierung oder nach Kenntnis der
Bundesregierung der EU oder den VN bzw. ihrer Vertreterinnen oder Ver-
treter mit Ibrahim Ali Abduselam, und was war ihr Inhalt?

e) Gab es bezüglich der Zustände im Surman Camp Gespräche mit der liby-
schen Einheitsregierung bzw. mit ihrem Innenminister durch Vertreter der
Bundesregierung oder nach Kenntnis der Bundesregierung der EU oder
der VN?

f) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über das im Surman Camp ein-
gesetzte Personal?

g) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Angriff auf die
Delegation des damaligen VN-Sondergesandten Martin Kobler nach ei-
nem Besuch des Surman Camps, und welche Erkenntnisse hat die Bun-
desregierung über diesen Angriff (www.daserste.de/information/wissen-
kultur/ttt/sendung/sendung-vom-09072017-102.html)?

5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Annasser Camp
bei Zawiya (www.sueddeutsche.de/panorama/fluechtlinge-in-libyen-die-
menschenfaenger-1.3537527?reduced=true)?
a) Von wem wird dieses Camp nach Erkenntnissen der Bundesregierung be-

trieben?
b) Wird das Annassar Camp nach Kenntnis der Bundesregierung von inter-

nationalen Organisationen, der EU oder den VN kontrolliert, und verfügt
die Bundesregierung über Berichte der VN aus dem Annassar Camp?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13273
c) Gab es bezüglich der Zustände im Annassar Camp Gespräche mit der li-
byschen Einheitsregierung bzw. mit dem libyschen Innenminister durch
Vertreter der Bundesregierung oder nach Kenntnis der Bundesregierung
der EU oder der VN?

d) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über das im Annassar Camp
eingesetzte Personal?

6. Welche Lager werden von internationalen Organisation, der EU oder den VN
nach Kenntnis der Bundesregierung kontrolliert, verfügt die Bundesregie-
rung über Berichte der VN über diese Lager, was ist deren Inhalt, und welche
Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?

7. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung vor bezüglich der Gesamt-
zahl der Angehörigen der libyschen Küstenwache, über welche Boote (bitte,
wenn möglich, auch Typ und Namen der Boote benennen) und welche tech-
nische Ausrüstung welcher Herkunft verfügt sie?

8. Wie viele Mitglieder der libyschen Küstenwache oder des DCIM sind weib-
lich (bitte in absoluten und relativen Zahlen angeben), und wie wird nach
Kenntnis der Bundesregierung der spezifischen Lage von geflüchteten
Frauen und Mädchen in Libyen Rechnung getragen?

9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Commander Al Bija
(Abdularahman Salem Ibrahim Milad), und welche Rolle spielt er bei der
libyschen Küstenwache?
a) Hat Al Bija an einer der Schulungen von EUNAVFOR MED Operation

Sofia teilgenommen?
b) Sind der Bundesregierung Berichte bekannt, wonach Al Bija Folter und

Misshandlung von Flüchtlingen durch ihm unterstellte Einheiten der liby-
schen Küstenwache zumindest billigend in Kauf nimmt, „um die Flücht-
linge ruhig zu halten,“ und was ist ihre Konsequenz daraus (www.
washingtonpost.com/world/middle_east/libyas-coast-guard-abuses-
desperate-migrants-despite-eu-funding-and-training/2017/07/10/f9bfe95
2-7362-4e57-8b42-40ae5ede1e26_story.html?utm_term=.d54f1f030cdf)?

c) In welcher Miliz kämpfte Al Bija nach Kenntnis der Bundesregierung im
libyschen Bürgerkrieg, und wie ordnet die Bundesregierung diese Miliz
ein?

d) Fand während der drei Jahre, in denen Al Bija nach eigenen Angaben in
Berlin lebte, eine offizielle oder inoffizielle Kontaktaufnahme durch Ver-
treter der Bundesregierung oder von Bundesbehörden statt, und falls ja,
was war Inhalt der Kontaktaufnahme?

e) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Aktivitäten von
Al Bija in Deutschland?

f) Sind der Bundesregierung Vorwürfe bekannt, wonach Al Bija mit Schleu-
sern zusammenarbeitet, und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

g) Welche Kenntnisse, auch geheimdienstliche, hat die Bundesregierung
über die Einnahmequellen von Al Bija, und inwieweit sind EU-Mittel
oder Bundesmittel direkt an Al Bija geflossen?

h) Haben Gespräche oder Schriftwechsel zwischen Al Bija und offiziellen
oder inoffiziellen Vertreterinnen oder Vertretern der Bundesregierung
oder nach ihrer Kenntnis der EU bzw. einzelner EU-Staaten stattgefun-
den, und falls ja, was war deren Inhalt (www.sueddeutsche.de/panorama/
fluechtlinge-in-libyen-die-menschenfaenger-1.3537527?reduced=true)?

i) Ist Al Bija nach Kenntnis der Bundesregierung in Menschenschmuggel,
organisierte Kriminalität oder andere kriminelle Aktivitäten verwickelt?

Drucksache 18/13273 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
j) Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass die von Mi-
chael Obert bezüglich Al Bija vorgenommene Titulierung als „gefürchte-
ter Warlord“ zutrifft, und welche Konsequenzen zieht sie gegebenenfalls
aus einer solchen Einschätzung?

k) Inwieweit, auf welchem Wege und mit welchen Ergebnissen hat die Bun-
desregierung Informationen über Al Bija eingeholt, bzw. inwieweit und
auf welchem Wege gedenkt sie dies noch zu tun?

l) Aus den Händen welcher Miliz und in wessen Auftrag eroberte Al Bija
nach Kenntnis der Bundesregierung wann den Hafen von Zawiya?

m) Inwieweit bewertet die Bundesregierung die libysche Küstenwache als
staatlichen Akteur?

n) Ist der Bundesregierung bekannt, dass sich Al Bijas Miliz auch durch
das Kapern von Fischerbooten und den anschließenden Verkauf der
Ladung finanziert, und falls ja, welche Konsequenzen zieht die Bundes-
regierung daraus (www.sueddeutsche.de/panorama/fluechtlinge-in-
libyen-die-menschenfaenger-1.3537527?reduced=true)?

o) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Agieren und die
Beziehungen des Stammes von Al Bija Awlad Bu Hmeira?

p) Welche Verbindungen hat Al Bija nach Kenntnis der Bundesregierung
zur zum Stamm Awlad Bu Hmeira gehörigen Al-Nasr-Kompanie?

q) Was sind die Konsequenzen der Bundesregierung daraus, dass Al Bijas
Miliz nach Angaben der „The Washington Post“ aufgegriffene Flücht-
linge an Zentren übergibt, in denen Sklavenhandel betrieben wird, die
Flüchtlinge geschlagen und ausgehungert werden und Frauen und Mäd-
chen auf lokalen Märkten als „Sex-Sklavinnen“ verkauft werden (www.
washingtonpost.com/world/middle_east/libyas-coast-guard-abuses-
desperate-migrants-despite-eu-funding-and-training/2017/07/10/f9bfe9
52-7362-4e57-8b42-40ae5ede1e26_story.html?utm_term=.d54f1f030cdf)?

r) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, dass Al Bija
nach VN-Angaben direkt in das Versenken von Flüchtlingsbooten mit
Hilfe von Schusswaffen verwickelt sein soll (www.washingtonpost.
com/world/middle_east/libyas-coast-guard-abuses-desperate-migrants-
despite-eu-funding-and-training/2017/07/10/f9bfe952-7362-4e57-8b42-
40ae5ede1e26_story.html?utm_term=.d54f1f030cdf)?

10. Hat die Bundesregierung oder haben nach ihrer Kenntnis EU-Vertreter Kon-
takt mit der „Support Company of Coast Security“, „Al-Nasr-Kompanie“,
„Naval Support Unit“, „Nawasi Brigade“ oder mit Milizen aus Misratah?

11. Wem unterstehen nach Kenntnis der Bundesregierung oben genannte Mili-
zen, welche Kontakte haben diese zur libyschen Küstenwache, erhalten diese
Gruppen Unterstützung durch die EU, und falls ja, in welchem Umfang?

12. Inwieweit ist vorgesehen, dass alle Mitglieder der libyschen Küstenwache
vollständig an Schulungen im Rahmen von EUNAVFOR MED teilnehmen,
welchen zeitlichen Umfang haben diese, und wie viele Mitglieder der liby-
schen Küstenwache wurden bisher erreicht?

13. Wie werden nach Kenntnis der Bundesregierung Mitglieder für die libysche
Küstenwache rekrutiert, und inwieweit gibt es Überprüfungen auf Verbin-
dungen der Rekruten zum Terrorismus oder der organisierten Kriminalität?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13273

14. Inwiefern haben die EU bzw. die Bundesregierung Kenntnis über die Perso-

nalien der Mitglieder der libyschen Küstenwache, und gibt es bezüglich die-
ser Personen im Einzelnen Hinweise auf Verbindungen zum Terrorismus
oder zur organisierten Kriminalität (falls ja, bitte spezifizieren und Anzahl
der Personen nennen)?

15. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die libysche Küsten-
wache aufgegriffene Flüchtlinge nach UN-Recherchen auch an Privathaus-
halte gegen Entgelt übergibt, wo sie zur Sklavenarbeit gezwungen werden
und sexualisierter Gewalt ausgesetzt sind, welche Anstrengungen hat die
Bundesregierung unternommen, um diese Vorfälle zu untersuchen, und wel-
che Konsequenzen zieht sie daraus (www.ohchr.org/Documents/Countries/
LY/DetainedAndDehumanised_en.pdf)?

16. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die libysche Küsten-
wache oder Teile von ihr Geld von Schleppern verlangen, um ihnen die Über-
fahrt zu erlauben (www.migazin.de/2017/07/12/berichte-augenzeugen-
was-fluechtlinge-fluchtroute/?utm_source=wysija&utm_medium=email&ut
m_campaign=MiGAZIN+Newsletter)?

17. Sind der Bundesregierung extralegale Hinrichtungen von vermeintlichen
Schleusern oder Flüchtlingen durch die libysche Küstenwache bekannt, und
wenn ja, wann, wo, und an wie vielen Personen (www.migazin.de/2017/
07/12/berichte-augenzeugen-was-fluechtlinge-fluchtroute/?utm_source=wy
sija&utm_medium=email&utm_campaign=MiGAZIN+Newsletter)?

18. Welche Mittel sind aus Deutschland an die libysche Küstenwache geflossen
(bitte nach Quartal ab Januar 2016 aufschlüsseln)?

19. Welche Mittel sind nach Kenntnis der Bundesregierung aus der EU an die
libysche Küstenwache geflossen (bitte nach Quartal ab Januar 2016 auf-
schlüsseln)?

20. Welche Vereinbarungen gibt es zwischen libyscher Küstenwache und Bun-
desregierung oder nach ihrer Kenntnis zwischen der EU und libyscher Küs-
tenwache, und welche weiteren Vereinbarungen sind vorgesehen?

21. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die EU plant, einen
Lohn für die libysche Küstenwache zu zahlen und deren Angehörigen Erho-
lungsurlaub auf EU-Territorium zu gewährleisten?

22. Wofür sind die 3,5 Mio. Euro konkret bestimmt, die Sigmar Gabriel im Juni
2017 Libyen versprochen hatte (bitte aufschlüsseln, an wen das Geld für wel-
chen Zweck gezahlt werden soll)?

23. Wie kontrollieren die EU und die Bundesregierung die Verwendung der für
die libysche Küstenwache bereitgestellten Gelder, und welche Erkenntnisse
gibt es über die Verwendung dieser Gelder?

24. Welche Gelder aus VN-Mitteln gehen nach Kenntnis der Bundesregierung
an die libysche Küstenwache?

25. Welche Hilfsmittel, Waffen, Fahrzeuge oder Boote wurden nach Kenntnis
der Bundesregierung aus welchen EU-Staaten an die libysche Küstenwache
übergeben?

26. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Italien 200 Mio. Euro
und die Europäische Kommission ebenfalls 200 Mio. Euro der libyschen
Küstenwache bereitgestellt haben?

27. In welchen der 24 bekannten Lager in Libyen herrschen nach Kenntnis der
Bundesregierung „tragbare Bedingungen“?

Drucksache 18/13273 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

28. Welche Schritte haben die EU bzw. die Bundesregierung bereits unternom-

men, um „Legalitätsinseln“ für Flüchtlinge in Libyen zu schaffen, bzw. wie
ist der aktuelle Stand der Diskussion auf nationaler wie auf EU-Ebene dazu,
wie dieser Plan umgesetzt werden soll (www.taz.de/%215401663/), und was
versteht die Bundesregierung unter dem Begriff in Bezug auf die Situation
in Libyen?

29. Ist der Bundesregierung ein Video, von dem „The Washington Post“ berich-
tet, bekannt, in dem Mitglieder der libyschen Küstenwache Flüchtlinge mit
Peitschen misshandeln?
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Video bzw. den
Berichten darüber, was hat sie zur Untersuchung dieser Vorfälle unternom-
men, und inwiefern gedenkt sie, diesbezüglich auf EU-Ebene tätig zu wer-
den (www.washingtonpost.com/world/middle_east/libyas-coast-guard-abuses-
desperate-migrants-despite-eu-funding-and-training/2017/07/10/f9bfe952-
7362-4e57-8b42-40ae5ede1e26_story.html?utm_term=.7d97663df63c)?

30. Inwiefern werfen die oben zitierten Berichte über kriminelle Aktivitäten und
Menschenrechtsverletzungen durch die sog. libysche Küstenwache für die
Bundesregierung oder die EU nach Kenntnis der Bundesregierung Fragen
bezüglich der weiteren Förderung dieser Miliz auf?

31. Welche Konsequenzen wurden von der Bundesregierung bzw. nach Kennt-
nis der Bundesregierung auf EU-Ebene aus den Anschuldigungen gegen die
libysche Küstenwache gezogen, insbesondere vor dem Hintergrund der Äu-
ßerung der EU-Sprecherin Catherine Ray, die EU nehme diese Anschuldi-
gungen sehr ernst (www.washingtonpost.com/world/middle_east/libyas-coast-
guard-abuses-desperate-migrants-despite-eu-funding-and-training/2017/07/
10/f9bfe952-7362-4e57-8b42-40ae5ede1e26_story.html?utm_term=.7d97663
df63c)?
Inwieweit ist die Bundesregierung der Auffassung, dass mangelnde Ausbil-
dung die Ursache des Vorgehens der libyschen Küstenwache ist?

32. Welche Bemühungen haben die Bundesregierung oder nach ihrer Kenntnis
Vertreter der EU zur Ermittlung und Verfolgung von Angriffen der sog. li-
byschen Küstenwache auf zivile Rettungsinitiativen unternommen, und ha-
ben die Bundesregierung oder nach ihrer Kenntnis die Europäische Kommis-
sion Berichte dazu von der libyschen Einheitsregierung oder der sog. liby-
schen Küstenwache angefordert?
Falls ja, was war das Ergebnis dieser Berichtsanforderungen?
Falls nein, warum nicht (vgl. Bundestagsdrucksache 18/11739, Antwort zu
Frage 4b)?

33. Mit welchen Vertretern welchen Ranges der sog. libyschen Küstenwache hat
die deutsche Botschaft Tripolis (z. Z. in Tunis) Kontakt (vgl. Bundestags-
drucksache 18/11739, Antwort zu Frage 4b)?

34. Welche Strafverfolgungsbehörden sind nach Kenntnis der Bundesregierung
für die Untersuchung der Behinderung von Rettungseinsätzen zuständig, ins-
besondere der Behinderung des Rettungseinsatzes deutscher Helfer vom
21. Oktober 2016, durch die der Tod von 30 Bootsinsassen verursacht wurde
(vgl. Antwort zu Frage 10 auf Bundestagsdrucksache 18/13153), und findet
nach Erkenntnissen der Bundesregierung eine entsprechende Strafverfol-
gung statt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/13273

35. Über welche belastbaren Informationen aus welcher Quelle verfügt die

Bundesregierung, die belegen, dass, wie der Bundesminister des Innern
Dr. Thomas de Maizière gegenüber der FUNKE MEDIENGRUPPE GmbH
& Co. KGaA äußerte, von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) betrie-
bene Seenotrettungsschiffe „in libysche Gewässer fahren und vor dem
Strand einen Scheinwerfer einschalten, um den Rettungsschiffen der
Schlepper schon mal ein Ziel vorzugeben“, und falls ja, um welche Vorfälle,
mit welcher NGO zu welchem Zeitpunkt geht es dabei (www.spiegel.de/
politik/ausland/seenotretter-empoerung-ueber-de-maizieres-kritik-a-11585
85.html)?

Berlin, den 31. Juli 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.