BT-Drucksache 18/13271

Cyberübungen der EU und der NATO und ihr mögliches Überschreiten der Schwelle eines bewaffneten Angriffs

Vom 31. Juli 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13271
18. Wahlperiode 31.07.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan van Aken, Annette Groth, Inge Höger,
Ulla Jelpke, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Cyberübungen der EU und der NATO und ihr mögliches Überschreiten der
Schwelle eines bewaffneten Angriffs

Am 7. September 2017 will der informelle EU-Verteidigungsministerrat in
Tallinn (Estland) die Cyberübung „EU CYBRID 2017“ abhalten (http://gleft.
de/1NL). Damit will die Europäische Union die gemeinsame strategische Krisen-
reaktion auf einen großen Cyberangriff proben (http://gleft.de/1NM). Die Übung
steht unter der Verantwortung des Europäischen Auswärtigen Dienstes und soll
das Bewusstsein für „Cybereffekte“ auf politischer und ministerieller Ebene
schärfen. Zu probende Szenarien sind bislang nicht bekannt. Die Fragesteller ge-
hen aber davon aus, dass es um die Kooperation der zuständigen operationellen
Hauptquartiere in den EU-Mitgliedstaaten geht. Ebenfalls unklar ist, ob sich die
Cyberübung auch oberhalb der Schwelle eines bewaffneten Angriffs bewegt.
Dies würde bedeuten, dass der Cyberraum zum Austragungsort eines Konfliktes
wird, der durch einen konventionellen Angriff auf einen Mitgliedstaat begann.
Für die Vorbereitung der Cyberübung hat die estnische Regierung jetzt eine Aus-
schreibung veröffentlicht (http://gleft.de/1NN). „EU CYBRID 2017“ findet unter
estnischer Präsidentschaft statt. Womöglich aus diesem Grund wird die Übung
möglicherweise gemeinsam mit dem NATO Cooperative Cyber Defence Centre
of Excellence (CCDCoE) organisiert, das sich ebenfalls in Tallinn befindet. Erste
Gespräche des estnischen Verteidigungsministeriums mit der NATO hierzu ha-
ben bereits stattgefunden. Ebenfalls im September 2017 will die Europäische
Union die fünfwöchige „Krisenmanagementübung 2017 – EU PACE17“ starten
(http://gleft.de/1Og). Sie verfolgt sie ähnliche Ziele und Szenarien wie „EU
CYBRID 2017“ und findet in einem Setting regelmäßiger Cyberangriffe sowie
zunehmender „Fake News“ mit fünf „Bedrohungen“ statt. Hierzu gehören die Be-
kämpfung von „Migrantenschmuggel“; die Politik gegenüber einem Staat der
wirtschaftlich und militärisch mächtiger wird, aber der westlichen Welt zuwider-
laufende Interessen vertritt und hierzu gut ausgebildete Hacker sowie staatliche
Medien in Stellung bringt; eine terroristische religiöse Sekte, die ein weltweites
Kalifat errichten will; eine globalisierungskritische Gruppe die gut in Sozialen
Medien vertreten ist und militante Proteste organisiert und hierzu finanzielle Mit-
tel von Ländern erhält, die der Europäischen Union feindlich gegenüberstehen;
sowie zwei Akteure im Cyberraum mit dem Kürzel „APT“, die militärische Ein-
richtungen und Ölkonzerne als Hacker angreifen und dabei mit dem Staat in Ver-
bindung stehen, der der westlichen Welt zuwiderlaufende Interessen vertritt.
Mit „Locked Shields“ hält die NATO selbst Cyberübungen ab. Zuletzt wurde die
jährliche Übung vom 24. bis zum 28. April 2017 in Tallinn durchgeführt (http://
gleft.de/1NP). Beteiligt waren mehrere europäische Verteidigungsministerien so-
wie das Europa-Kommando der USA. In Schlussfolgerungen fordert der Rat der

Drucksache 18/13271 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

EU eine engere Zusammenarbeit der NATO und der Europäischen Union gegen
Cyberangriffe und „hybride Bedrohungen“ (http://gleft.de/1NO). Zu den Koope-
rationen gehören außerdem Trainingskurse und Cyberübungen. Zu den Abwehr
„hybrider Bedrohungen“ haben die Europäische Union und die NATO außerdem
ein „Zentrum gegen hybride Bedrohungen“ („Hybrid-Kompetenzzentrum“) in
Helsinki eingerichtet.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Was ist der Bundesregierung über die Teilnehmenden und Durchführenden

der Cyberübung „EU CYBRID 2017“ sowie etwaiger Vorübungen bekannt,
und wann genau finden diese statt?

2. Was ist der Bundesregierung über die Teilnehmenden und Durchführenden
der Krisenmanagementübung „EU PACE17“ sowie etwaiger Vorübungen
bekannt, und wann genau finden diese statt?

3. Mit welchen Abteilungen nehmen die Verteidigungsministerien der EU- und
NATO-Mitgliedstaaten an den beiden Übungen teil, und welche Teile der
Übungen finden gemeinsam statt?

4. Welche „Bedrohungen“ werden für die beiden Übungen angenommen und
inwiefern trifft es zu, dass diese in einer Umgebung regelmäßiger Cyberan-
griffe sowie zunehmender „Fake News“ stattfinden?

5. Welche Szenarien werden (auch in Kombination) in „EU CYBRID 2017“
und „EU PACE17“ bzw. etwaigen Vorübungen durchgespielt (bitte so de-
tailliert wie möglich schildern)?
a) Inwiefern sollen sich die Übungen bzw. etwaige Vorübungen auch mit

einem Eingreifen oberhalb der Schwelle eines bewaffneten Angriffs be-
fassen, und welche Haltung vertritt die Bundesregierung hierzu?

b) Welche Reaktionen (auch im Cyberraum) sollen auf einen solchen An-
griff durchgespielt werden (bitte möglichst die simulierten Angriffe und
Gegenangriffe schildern)?

c) Sofern die Bundesregierung zu den Szenarien noch keine Informationen
erhalten hat, wann sollen diese vorliegen?

6. Wann sollen welche „Injektionen” (etwa zur Eskalation der geübten „Krisen“
und „Bedrohungen“) im Rahmen von „EU CYBRID 2017“ und „EU
PACE17“ erfolgen?

7. Inwiefern sollen auch die Verteidigungsminister selbst an „EU CYBRID
2017“ oder „EU PACE17“ beteiligt werden, und nach welchem Verfahren
sollen diese auf die Szenarien reagieren?

8. Welche Aufgaben werden das NATO Cooperative Cyber Defence Centre of
Excellence (CCDCoE), die „EU Hybrid Fusion Cell” sowie das Kommuni-
kationszentrum „EU STRATCOM EAST“ im Rahmen der Übungen über-
nehmen?

9. Welche „Injektionen” (etwa zur Eskalation der geübten „Krisen“ und „Be-
drohungen“) wird die NATO im Rahmen der Übungen „EU CYBRID 2017”
und „EU PACE17” vornehmen, und inwiefern stehen diese im Kontext der
NATO-Übung „NATO CMX 17“?

10. Wann beginnt und endet die Übung „NATO CMX 17“, und wer nimmt daran
teil?

11. Welche Szenarien hat das NATO-CCDCoE nach Kenntnis der Bundesregie-
rung auf der jüngsten Cyberübung „Locked Shields“ durchgespielt (bitte
möglichst die simulierten Angriffe und Gegenangriffe schildern)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13271

12. Welche weiteren Cyberübungen sind auf Ebene der NATO und der Europä-

ischen Union nach Kenntnis der Bundesregierung in Planung?
13. Welche weiteren Anstrengungen unternehmen die Europäische Union und

die NATO nach Kenntnis der Bundesregierung 2017 hinsichtlich gemeinsa-
mer Trainings oder der Durchführung von Cyberoperationen?

14. Was ist der Bundesregierung über den Stand der Einrichtung eines „Zent-
rums gegen hybride Bedrohungen“ („Hybrid-Kompetenzzentrum“) in Hel-
sinki bekannt, wer arbeitet dort mit, und welche Aufgaben werden dort über-
nommen?

15. Inwieweit liegen der Bundesregierung mittlerweile neuere belastbare Er-
kenntnisse zur Urheberschaft des Angriffswerkzeugs „Stuxnet“ vor, den sie
als „Cyber-Sabotage auf Kritische Infrastrukturen“ bezeichnet, und mit wel-
chem Ergebnis sind die vorliegenden Erkenntnisse durch das Bundesamt für
Verfassungsschutz „hinsichtlich einer möglichen nachrichtendienstlichen
Urheberschaft bewertet worden“ (Bundestagsdrucksache 18/164, Frage 42)?

16. Was ist der Bundesregierung über Planungen der US-Übung „Cyber Storm
2018“ des Heimatschutzministeriums bekannt, und inwiefern erwägt sie wie-
der eine Teilnahme (Bundestagsdrucksache 18/4286)?

17. An welchen Übungen oder Trainings hat das Bundeswehrkommando „Com-
puter-Netzwerk-Operationen“ (CNO) seit seiner Gründung teilgenommen
(Bundestagsdrucksache 18/4286, Frage 1)?

18. Inwiefern hat das CNO in der Vergangenheit auch geübt, „in gegnerische
Netzwerke einzudringen, dort aufzuklären, einzelne Funktionen zu stören
und zeitweise außer Betrieb zu setzen oder dauerhaft zu schädigen“ (Bun-
destagsdrucksache 18/4286, Frage 13)?

19. Wie oft ist das deutsche „Netzwerk gegen hybride Bedrohungen“ seit der
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE
LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/11543 (Frage 22) bereits zusammen-
gekommen, und welche Themen standen dabei auf der Tagesordnung?
a) Welche einzelnen Arbeiten werden im Netzwerk von den Bundesministe-

rien, dem Bundeskanzleramt, der Beauftragten der Bundesregierung für
Kultur und Medien sowie dem Bundespresseamt übernommen?

b) Inwiefern wurden im Netzwerk auch Leitungs-oder Sekretariatsaufgaben
vergeben, und von wem werden diese übernommen?

20. Welche neueren Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob bzw. wo
es bis heute einen versuchten oder erfolgreich ausgeführten „cyberterroristi-
schen Anschlag“ gegeben hat, bzw. liegen ihr hierzu nach wie vor keine In-
formationen darüber vor, dass es eine derartige, nicht von Staaten ausgeübte
versuchte oder erfolgreich ausgeführte Attacke jemals gegeben hat (Bundes-
tagsdrucksachen 17/7578, 18/164, 18/10759)?

Berlin, den 31. Juli 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.