BT-Drucksache 18/1301

Engagement der Bundesregierung für mehr Rechte von Klimaflüchtlingen

Vom 30. April 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1301
18. Wahlperiode 30.04.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Karin Binder, Annette Groth, Heike
Hänsel, Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Kerstin Kassner, Sabine Leidig, Niema
Movassat, Dr. Kirsten Tackmann, Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

Engagement der Bundesregierung für mehr Rechte von Klimaflüchtlingen

Der Klimawandel sorgt weltweit für einen Anstieg von Extremwetterereignissen
und Naturkatastrophen. Eine soziale Folge sind durch globale Erwärmung ver-
ursachte Migrations- und Flüchtlingsbewegungen. Schätzungen gehen von bis
zu 200 Millionen Klimaflüchtlingen bis zum Jahr 2050 aus. Bereits heute sind
Millionen Menschen unmittelbar von klimawandelbedingten Überschwemmun-
gen, Stürmen, Waldbränden und Fluten in ihren existentiellen Lebensgrundlagen
bedroht und gezwungen Haus und Hof aufzugeben, im eigenen Land als Binnen-
flüchtling zu leben oder ihre Heimat ins Klimaexil zu verlassen. Ganze Nationen
sind vom Anstieg des Meeresspiegels bedroht, Inselstaaten versinken im Ozean,
Küstenregionen werden unbewohnbar oder versalzen. Der Verlust von Biodiver-
sität nimmt Fischern den Fang und Jägern die Beute. Das Abschmelzen von
Gletscherformationen, in 20 Jahren sind etwa die natürlichen Wasserreservoirs
in den südamerikanischen Anden zu 100 Prozent abgetaut, stellt die Trink-
wasserversorgung und Landwirtschaft ganzer Regionen vor weitreichende
Herausforderungen. Ressourcenkonflikte um klimabedingt knapper werdende
Güter (Wasser, fruchtbares Land, Wald, Biodiversität) und exportorientierte
Konkurrenznutzungen (fossile Brennstoffgewinnung, Bergbau, Monokulturen)
können Auslöser interner Konflikte, Bürgerkriege und zwischenstaatlicher
Kriege sein.
Die Lasten des Klimawandels sind ungleich verteilt. Den größten Schaden tragen
Staaten und Bevölkerungen im globalen Süden. Diese trifft zumeist annähernd
so gut wie keine Klimaschuld. Aufgrund ihres historisch geringen Pro-Kopf-
Ausstoßes klimaschädlicher Emissionen haben sie im Vergleich zu Deutschland
und anderen Industriestaaten einen kleinen Klimafußabdruck. Doch sind die
Folgen des Klimawandels für Mensch und Umwelt gerade in diesen Weltregionen
besonders unverhältnismäßig, ihre Gesellschaften können die ungewöhnliche
Last zumeist nicht aus eigener Kraft bewältigen. Auch der Fünfte Sachstandsbe-
richt des Weltklimarates (IPCC) verweist erneut auf den Zusammenhang von
Klimawandel und Migration und mahnt zugleich die fehlende Forschung und
Datenlage zu Klimawandelfolgen im globalen Süden an.
Klimaflüchtlinge sind auf Hilfe und Solidarität der internationalen Staatenwelt
angewiesen. Die Verantwortung des Handelns liegt bei den Industriestaaten, die
im Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über die Klimaveränderun-
gen (UNFCCC) erklären, dass sie „bei der Bekämpfung der Klimaveränderun-
gen und ihrer nachteiligen Auswirkungen die Führung übernehmen“ (vgl. Arti-
kel 3 UNFCCC).

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Klimaflüchtlinge können sich mangels rechtlicher Regeln jedoch weder auf
internationales Flüchtlingsrecht noch auf internationales Menschenrecht be-
rufen. Bietet die Binnenflüchtlingskonvention der Vereinten Nationen (UN)
Flüchtlingen im eigenen Land einen rechtlichen Schutzstatus, so besteht beson-
ders eine „ernsthafte Lücke bezüglich katastrophenbedingter, grenzüberschrei-
tender Bewegungen“ (vgl. Nansen-Initiative 2014). Statusfragen zu Aufnahme,
Aufenthalt und Grundrechte bleiben in diesem rechtlichen Vakuum zum Nach-
teil der Klimaflüchtlinge ungeklärt. Die Türen des Nordens bleiben verschlos-
sen. Wem die Flucht gelingt, droht Abschiebung. Internationalen Behörden und
Organisationen fehlt bei grenzüberschreitenden Klimafolgeerscheinungen zu-
dem ein Mandat für Hilfeleistungen an Klimaflüchtlinge, sowohl bei Binnen-
flüchtlingen als auch über nationale Grenzen hinweg. Cross-Border-Mechanis-
men zur Bereitstellung von Hilfeleistungen zwischen nationalen und internatio-
nalen Akteuren sind nicht gegeben, so dass die Hilfe erschwert wird, etwa in sol-
chen Fällen, wenn die Notlage auf beiden Seiten eines Grenzgebietes akut ist,
etwa nach einem Unwetter, und sich Klimaflüchtlinge ins Nachbarland geflüch-
tet haben. Ungeklärt bleibt bis heute eine einheitliche, internationale Definition
des Begriffs Klimaflüchtling, wobei der Gesandte der Präsidentschaft der Nan-
sen-Initiative, Walter Kälin, beklagt, dass „es zu viel Widerstand in der interna-
tionalen Gemeinschaft gibt, die sich gegen eine Erneuerung rechtlicher Abkom-
men auf diesem Gebiet stellen“ (vgl. Interview Deutsche Welle, 29. Januar 2013),
weil diese einen verstärkten Zustrom in ihre Gesellschaften befürchten würden.
Die Politik muss ihrer globalen Verantwortung gerecht werden. Die Bundes-
regierung erklärt im Koalitionsvertrag, sich verstärkt „für die Entwicklung inter-
nationaler Instrumente bei dem zunehmend wichtigen Thema der Klimaflücht-
linge“ zu engagieren (vgl. Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag
zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, 2013). In einem Antrag
zu Menschenrechten und Klimaflüchtlingen forderte die damalige SPD-Opposi-
tionsfraktion von der schwarz-gelben Bundesregierung „sich für Maßnahmen
und geeignete Instrumente zum menschenrechtskonformen Umgang mit klima-
bedingter Flucht und Migration einzusetzen“ sowie sich „stärker als zuvor in
die Nansen-Initiative einzubringen“ (Bundestagsdrucksache 17/13755, 2013).
Auch wurde gefordert, die „Auslegungsspielräume der bestehenden Regelungen
für eine Aufnahme von Menschen, die aufgrund von Klimaveränderungen flie-
hen müssen, auszuschöpfen und gemeinsam mit den Partnern in der Europäi-
schen Union (EU) zu prüfen, ob umweltspezifische Schutznormen des nationa-
len Rechts einzelner EU-Mitgliedsstaaten (wie Finnland und Schweden) Vorbild
für europäische Regelungen sein könnten“ (ebd., S. 3).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des IPCC, derzufolge Migrations-

bewegungen als die bedeutendste Einzelfolge des Klimawandels gelten (vgl.
IPCC 1990)?

2. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des IPCC, derzufolge die durch
Klimawandel verursachten Extremwetterereignisse und damit die Schäden
für Mensch, Natur und Wirtschaft in Zukunft weiter zunehmen (vgl. IPCC
2014)?

3. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Internationalen Roten Kreuzes
und der Rothalbmond-Bewegung, derzufolge durch Umwelt- und Klima-
katastrophen mehr Menschen gezwungen sind ihre Heimat zu verlassen als
durch Krieg (vgl. Internationales Rotes Kreuz 2001)?

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4. Besteht laut Kenntnis der Bundesregierung ein wissenschaftlich belegter
Nexus zwischen anthropologischem Klimawandel, Migration und Flucht,
und wenn ja:
● Welche direkten Zusammenhänge zwischen Klimawandel, Migration und

Flucht sind der Bundesregierung bekannt?
● Auf welche Studien beruft sie sich dabei?
● Wie hoch ist der CO2-Emmisionsausstoß (in Tonnen CO2 pro Kopf)

in Deutschland aktuell?
● Welche besondere Verantwortung erwächst aus der deutschen Klima-

schuld für die Bundesregierung bezüglich ihres Regierungshandelns für
die Verbesserung der Lebenslage der vom Klimawandel betroffenen Ge-
sellschaften und Rechte von Klimaflüchtlingen in anderen Weltregionen?

● Auf Grundlage welcher völkerrechtlicher Rechtsvorschriften und/oder
Rahmenabkommen leitet sich die globale Verantwortung Deutschlands für
die Vermeidung, Bekämpfung und Anpassung an den Klimawandel ab?

● In welche nationalen Rechtsvorschriften hat die globale Verantwortung
Deutschlands für die Vermeidung, Bekämpfung und Anpassung an den
Klimawandel bisher Eingang gefunden (Auflistung der Bundesgesetze
seit dem Jahr 1990)?

● In welche nationalen Rechtsvorschriften hat der Schutz von Umwelt- und
Klimaflüchtlingen bisher Eingang gefunden (Auflistung der Bundes-
gesetze seit dem Jahr 1990)?

5. Schließt sich die Bundesregierung der Bewertung des Gesandten der Präsi-
dentschaft der Nansen-Initiative Walter Kälin an, demzufolge „es zu viel Wi-
derstand in der internationalen Gemeinschaft gibt, welche sich gegen eine Er-
neuerung rechtlicher Abkommen auf diesem Gebiet stellt“ (vgl. Interview
Deutsche Welle, 29. Januar 2013), was dieser mit der Sorge der Industriestaa-
ten vor einem verstärkten Zuzug von Migrantinnen und Migranten erklärt?
Worauf gründet sich aus Sicht der Bundesregierung dieser Widerstand und
welche Staaten der internationalen Gemeinschaft stellen sich laut Kenntnis
der Bundesregierung auf der Ebene der Vereinten Nationen (UN) gegen die
rechtliche Erneuerung zum Schutz von Klimaflüchtlingen?
Welche Staaten sind die stärksten Unterstützer einer solchen Initiative?

6. Was waren laut Kenntnis der Bundesregierung Anlass und Entscheidungs-
gründe für den Schritt der schwarz-gelben Bundesregierung im Mai 2013 der
Nansen-Initiative beizutreten, nachdem der damalige Staatsminister Michael
Link (FDP) in einer Antwort auf eine Schriftliche Frage im Deutschen Bundes-
tag am 10. Dezember 2012 noch geantwortet hatte, es sei aus Sicht der Bundes-
regierung „nicht angebracht, dass Deutschland als weiteres westeuropäisches
Land“ eine Position im Gremium anstrebe (vergleiche Antwort der Bundes-
regierung auf die Schriftliche Frage 6 auf Bundestagsdrucksache 17/11906)?

7. Beteiligt sich die Bundesregierung personell und finanziell an der Nansen-
Initiative, und wenn ja, in welcher Höhe (bitte nach Haushaltsjahren, Titelnum-
mer, Geschäftsbereich, Zahl der Planstellen ab dem Jahr 2007 aufschlüsseln)?

8. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Auffassung nach der Notwendigkeit,
verbindliche Klimaschutzziele zur Erreichung der Reduktionsziele in
Deutschland rechtlich zu kodifizieren, um die globale Erderwärmung zu
bremsen und Klimaflucht zu vermeiden?
Wenn ja, wäre ein derartiges nationales Klimaschutzgesetz geeignet, um die
globale Verantwortung Deutschlands stärker zu berücksichtigen und Rege-
lungen zu formulieren, um Klimaflüchtlingen mittelfristig einen Anspruch
auf Klimaasyl zu gewährleisten?

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9. Wie bewertet die Bundesregierung die Definition für Klima- bzw. Umwelt-
flüchtlinge als Menschen, die „aufgrund von menschlicher natürlich beding-
ter oder durch menschliche Aktivität verursachte Umweltzerstörung, die
ihre Existenz gefährdet und/oder ernsthaft ihre Lebensqualität beeinträch-
tigt, gezwungen sind, zeitweilig oder dauerhaft ihren Lebensraum zu ver-
lassen“ (vgl. El-Hinnawi 1985), legt sie diese Definition ihrem nationalem
und internationalen Regierungshandeln zugrunde, und wenn nein, warum
nicht?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die Definition für Klima- bzw. Umwelt-
flüchtlinge als Menschen, die „ihr angestammtes Milieu verlassen, weil ihr
Leben aufgrund von natürlichen und anthropogenen – das heißt durch
menschliche Aktivitäten verursachte – Umweltschäden sowie aufgrund von
ökologischer Überlastung durch Überbevölkerung erheblich beeinträchtigt
oder gefährdet wurde“ (vgl. Wöhlcke 1992), legt sie diese Definition ihrem
nationalen und internationalen Regierungshandeln zugrunde, und wenn
nein, warum nicht?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die Definition für Klima- bzw. Umwelt-
flüchtlinge als Menschen, welche „aufgrund von Trockenheit, Boden-
erosion, Desertifikation, Entwaldung und anderen Umweltproblemen (zu-
sammen mit verknüpften Problemen wie Bevölkerungsdruck und schwerer
Armut) in ihren Heimatländern keine Möglichkeit mehr haben für einen ge-
sicherten Lebensunterhalt zu sorgen“ (vgl. Myers 1993, 2003), legt sie
diese Definition ihrem nationalen und internationalen Regierungshandeln
zugrunde, und wenn nein, warum nicht?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Definition für Klimaflüchtlinge als
„Gruppen von Menschen, deren gewöhnliche Heimat, unter Anlegung eines
Wahrscheinlichkeitsmaßstabes, als Effekt des Klimawandels zeitweilig
oder dauerhaft unbewohnbar geworden ist“ (vgl. Hodgkinson), wobei als
Wahrscheinlichkeitsmaßstab eine Umweltveränderung angelegt wird, die
zu 90 Prozent auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen
ist, legt sie diese Definition der Climate Change Displaced Persons
(CCDPs) ihrem nationalen und internationalen Regierungshandeln zu-
grunde, und wenn nein, warum nicht?

13. Mit welcher konkreten Definition von Klima- bzw. Umweltflüchtlingen hat
die Bundesregierung in der Vergangenheit gearbeitet, und mit welcher
Definition gedenkt die Bundesregierung im nationalen und internationalen
Regierungshandeln zu arbeiten, und auf welcher wissenschaftlichen Grund-
lage beruht diese, unter Auflistung entsprechender Studien?

14. Auf Grundlage welcher folgender Berechnungen und Prognosen zur Zahl
der vom Klimawandel bedingten Klimaflüchtlinge- und Migrantinnen und
Migranten richtet die Bundesregierung ihre Bemühungen für einen besseren
Schutz für Klimaflüchtlinge aus, welche der Studien hält sie für zutreffend,
mit einzelnen erläuternden Bewertungen zu den im Folgenden aufgeführten
Studien und Prognosen,
● Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Ver-

einten Nationen Bonn: mindestens 50 Millionen Umweltflüchtlinge im
Jahr 2010 (vgl. UNO-EHS 2006),

● Weltmigrationsbericht: 42 Millionen vertriebene Menschen wegen Na-
turkatastrophen, davon 38 Millionen aus klimatischen Gründen im Jahr
2010 (IOM 2011),

● Stern-Report: rund 200 Millionen klimabedingte Migranten bis 2050
(vgl. 2006),

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1301
● Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüsten-
bildung in den von Dürre und/oder Wüstenbildung schwer betroffenen
Ländern: weltweite Abwanderung von 135 Millionen Menschen wegen
Desertifikation bis 2030, davon 60 Millionen Menschen aus der afrikani-
schen Sub-Sahara nach Nordafrika und Europa (vgl. UNCCD 2011),

● Nicholls et al.: Abwanderung von bis zu 187 Millionen Menschen bis
Ende des Jahrhunderts infolge ansteigender Meeresspiegel (vgl. 2011),

15. Wie bewertet die Bundesregierung die Auffassung einiger Wissenschaftle-
rinnen und Wissenschaftler (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge,
Working Paper 45, 2012), derzufolge es bisherigen Schätzungen über die
Zahl von Klimaflüchtlingen an empirischer Grundlage mangeln würde und
diese nur veröffentlicht wurden, um mediale Aufmerksamkeit für das
Thema Klimawandel zu erlangen?

16. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der weltweit
Vertriebenen aufgrund von Naturkatastrophen (2008 bis 2014), aufge-
schlüsselt nach Anzahl der Vertriebenen (in Millionen) und Grund der
Vertreibung (klimabezogene Katastrophen wie Überschwemmungen und
Fluten, geophysikalische Ereignisse wie Erdbeben, Vulkanausbrüche)?

17. Welche Weltregionen sind laut Kenntnis der Bundesregierung am stärksten
von Extremwetterereignissen, die durch den Klimawandel hervorgerufen
sind, betroffen?
Und welche Gebietstypen sind der Bundesregierung bekannt, auf die der
Klimawandel die negativsten Auswirkungen hat?

18. Mit welchen konkreten Instrumenten des internationalen Rechts auf UN-
Ebene und ihrer Verbesserung gedenkt die Bundesregierung die rechtliche
Position von Flüchtlingen und Binnenflüchtlingen in den von klimawandel-
bedingten Extremwetterereignissen betroffenen Staaten zu stärken, und
welche bestehenden internationalen Abkommen hält sie für geeignet?

19. Sollte der Status Umwelt- bzw. Klimaflüchtling nach Einschätzung der
Bundesregierung Eingang in die UN-Flüchtlingskonvention finden?
Wenn ja, welche Schritte unternimmt die Bundesregierung auf UN-Ebene,
um einer rechtlichen Verankerung im Völkerrecht einen Schritt näherzu-
kommen?
Wenn nein, warum nicht?

20. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass Klima- bzw. Umweltflüchtlinge
nicht in ihre Heimatländer abgeschoben werden sollten?
Wenn ja, was hat sie veranlasst, um diese Verbesserung für Klima- bzw.
Umweltflüchtlinge in laufenden und künftigen Asylverfahren zu stärken?
Wenn nein, warum nicht?

21. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass das australische
Zuwanderungsgesetz Vorbildcharakter hat bezüglich der Möglichkeit für
Einwanderungsbehörden, Menschen Aufenthalt zu gewähren, wenn eine
Bestätigung vorliegt, dass sie Vertriebene aufgrund einer klimabedingten
Katastrophe sind?
Wenn ja, was unternimmt sie in Richtung derartiger Stärkung der Rechte
von Klimaflüchtlingen in deutschen Bestimmungen, oder plant sie derartige
Änderungen?
Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 18/1301 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
22. Welche bestehenden rechtlichen Regelungen eignen sich für eine mögliche
Aufnahme und als Hinderungsgrund für Abschiebungen von Menschen, die
aufgrund von Umwelt- bzw. Klimaveränderungen fliehen müssen, mit der
Nennung der Rechtsgrundlage im deutschen Recht, EU-Recht und Völker-
recht?

23. Von welchen Weisungen von Bundesbehörden (Bundesministerium des
Innern, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) und/oder Entscheidungen
von Bundesgerichten hat die Bundesregierung Kenntnis, bei denen die Aus-
legungsspielräume der in vorgestellter Antwort genannten, bestehenden
Regelungen zu Ungunsten von Umwelt- bzw. Klimaflüchtlingen ausgelegt
worden sind (bitte nach Behörde, Gericht, Urteil bzw. Jahr auflisten)?
Inwiefern können bestehende Auslegungsspielräume für mehr Schutz für
Umwelt- und Klimaflüchtlinge – wie in der Einleitung der Anfrage er-
wähnt – nach Ansicht der Bundesregierung weiter ausgeschöpft werden?

24. Welche umweltspezifischen Schutznormen des nationalen Rechts einzelner
Mitgliedstaaten der Europäischen Union wie Finnland und Schweden für
Flüchtlinge (mit Nennung der Gesetzesstellen in englischer Sprache) sind
der Bundesregierung bekannt, und welche dieser Schutznormen betrachtet
die Bundesregierung als vorbildhaft und geeignet, in nationales Recht, EU-
Recht oder Völkerrecht übernommen zu werden?

25. Welche Bundesministerien, Ressorts und andere Bundesbehörden haben
den Themenbereich Umwelt- und Klimaflüchtlinge bisher bearbeitet, und
welche sind es künftig?
Wie hoch ist die Finanz- und Personalausstattung der genannten Bundes-
behörden (bitte nach Haushaltsjahr, Titelnummer, Geschäftsbereich, Zahl
der Planstellen ab dem Jahr 1992 aufschlüsseln)?

26. Mit welchen Mitteln gedenkt die Bundesregierung die öffentliche Wahr-
nehmung über globale Folgen des Klimawandels, insbesondere auf klima-
bedingte Migration und Flucht aufmerksam zu machen, zu stärken, und wel-
che Maßnahmen wurden bereits getroffen (bitte Auflistung der Maßnahmen
mit jeweiliger Zuweisung im Bundeshaushalt ab dem Jahr 2007)?

27. Welche Studien haben die Bundesregierung und die ihr angegliederten
Bundesministerien zur Analyse von Migration und Flucht durch Klimawan-
del, Klimawandelvulnerabilität und Entwicklung von Anpassungsstrategien
in Auftrag gegeben, und welche Studien sind in diesen Bereichen in Planung
(bitte tabellarisch aufgeschlüsselt mit Nennung der Auftraggeber, Auftrag-
nehmer, geordnet nach regionalem Schwerpunkt der Untersuchung in Afrika,
Asien, Australien, Europa, Lateinamerika und Karibik, Nordamerika, Polar-
gebiete ab dem Jahr 2007 angeben)?

28. Wie hoch sind die durch die Bundesregierung aufgewendeten Finanzmittel
für die in vorgestellter Antwort genannten Studien (bitte tabellarisch auf-
geschlüsselt nach Nennung der Auftraggeber, Auftragnehmer, geordnet
nach regionalem Schwerpunkt der Untersuchung in Afrika, Asien, Austra-
lien, Europa, Lateinamerika und Karibik, Nordamerika, Polargebiete ab dem
Jahr 2007 angeben)?

29. Welche Strategien entwickelt die Bundesregierung auf UN-Ebene mit und
stößt diese aktiv an, um Menschen zu helfen, die gezwungen sind, aufgrund
der Zunahme extremer Wetterereignisse ihre Heimat zu verlassen?

30. Welche finanziellen und personellen Verbesserungen für den Schutz von
Klima- bzw. Umweltflüchtlingen plant die Bundesregierung im Rahmen der
humanitären Katastrophenvorsorge des Auswärtigen Amts (bitte nach den
drei Hauptelementen Risikoanalyse, Katastrophenvorbeugung und Vorberei-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1301
tung auf den Katastrophenfall – Preparedness – aufschlüsseln), und welche
Haushaltsmittel sind dafür eingeplant (bitte aufgeschlüsselt nach Haushalts-
jahr, Titelnummer, Geschäftsbereich, Zahl der Planstellen ab dem Jahr 1992
angeben)?

31. Werden laut Kenntnis der Bundesregierung finanzielle Mittel aus dem inter-
nationalen Green Climate Fonds (GCF) für die im Jahr 2013 auf der Welt-
klimakonferenz COP 19 in Warschau vereinbarte Loss and Damage Vulne-
rable Countries Initiative zur Bekämpfung der Folgen des Klimawandels in
betroffenen Staaten für spezielle Programme bereitgestellt, die Klima- bzw.
Umweltflüchtlingen in ihren Heimatländern und in Flüchtlinge aufnehmen-
den Staaten direkte, kurz und langfristige Hilfe ermöglichen?
Wenn ja,
● um was für Programme handelt es sich dabei,
● wie hoch sind die finanziellen Mittel für derartige Programme,
● wie hoch ist der vereinbarte Finanzierungsanteil Deutschlands am GCF

insgesamt,
● wie viel wurde von Deutschland bereits in den GCF eingezahlt (bitte um

Auflistung nach Betrag und Jahr, Zeitraum 2012 bis heute), und
● wie viel wird Deutschland künftig einzahlen (bitte um Auflistung nach

Betrag/Jahren)?
Wenn nein,
● setzt sich die Bundesregierung für derartige spezielle Programme für die

Klima- bzw. Umweltflüchtlingshilfe durch den GCF ein, und
● welche Programme hält die Bundesregierung für geeignet?

32. Schließt sich die Bundesregierung dem Vorschlag zahlreicher Länder des
Südens an, Risikogruppen von Klimakatastrophen und Extremwetterereig-
nissen in Entwicklungsländern über den GCF bzw. die Loss and Damage
Vulnerable Countries Initiative zu versichern, so dass diese die Möglichkeit
haben, für durch den Klimawandel verursachte Schäden (Sachschäden an
Privateigentum, landwirtschaftliche Schäden, Einnahmeausfälle) finanzi-
elle Entschädigungen zu erhalten?
Wenn nein, warum nicht?

33. Hat die Bundesregierung Kenntnis von der Forderung von Ländern wie
Bolivien zur Schaffung eines Internationalen Gerichtshofes für Klima- und
Umweltfragen auf UN-Ebene, und wenn ja, wie bewertet sie den Vorschlag,
Staaten, Unternehmen und Privatpersonen für Schäden an Klima und
Umwelt nach dem Vorbild des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC)
völkerrechtlich belangen zu können?

Berlin, den 30. April 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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