BT-Drucksache 18/12738

Geplante Bewaffnung der in Israel stationierten deutschen Kampfdrohnen

Vom 14. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12738
18. Wahlperiode 14.06.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Christine Buchholz, Annette Groth,
Heike Hänsel, Inge Höger, Ulla Jelpke, Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu,
Kersten Steinke, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Geplante Bewaffnung der in Israel stationierten deutschen Kampfdrohnen

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat am 31. Mai 2017 eine weitere
Hürde bei der Beschaffung von Kampfdrohnen des Typs HERON TP durch die
Bundeswehr aus dem Weg geräumt. Das Gericht entschied, dass der Auftrag
des Bundesministeriums der Verteidigung an den Airbus-Konzern rechtmäßig er-
folgte (http://gleft.de/1JM). Die im Dienstleistungsvertrag vorgesehenen bewaff-
nungsfähigen Drohnen stammen vom israelischen Hersteller Israel Aerospace
Industries (IAI). Geklagt hatte der US-Konkurrent General Atomics, der seine
Drohnen REAPER an die Bundeswehr verkaufen wollte (http://gleft.de/1JN).
Nach derzeitigem Stand will die Bundeswehr fünf Drohnen anschaffen, die einen
Betrieb in maximal zwei Einsatzgebieten ermöglichen. Sie werden auf der israe-
lischen Luftwaffenbasis Tel Nof nahe Tel Aviv stationiert (Bundestagsdrucksa-
che 18/9857, Antwort zu Frage 9). Aus Sicht der Fragesteller wird die parlamen-
tarische Kontrolle des neuen Waffensystems dadurch ausgehebelt, denn die Re-
gierung in Israel kann den Besuch deutscher Abgeordneter auf der Drohnenbasis
jederzeit untersagen.
Die Bewaffnung der HERON TP soll laut einem Bundeswehrbericht von April
2017 eine „hochpräzise, skalierbare und reaktionsschnelle Wirkung“ gegen stati-
onäre und bewegliche Ziele ermöglichen (http://gleft.de/1JO). Dem Bundesver-
teidigungsministerium zufolge wird Munition verwendet, die auch in die israeli-
schen HERON TP eingerüstet ist (Bundestagsdrucksache 18/9431, Antwort zu
Frage 10a). Das Unternehmen IAI produziert beispielsweise lasergesteuerte Luft-
Boden-Raketen in Eigenregie. Noch Anfang des Jahres hatte die Bundesregierung
erklärt, nicht einmal Details über Aufhängepunkte zur Bewaffnung der HERON
TP zu kennen (Bundestagsdrucksache 18/7725, Antwort zu Frage 20). Der Her-
steller IAI hat gegenüber der Bundesregierung eine Prognose für eine „risikoarme
Integration der Bewaffnung“ vorgelegt, der zufolge „das technische Risiko für
die Qualifikation der ausgewählten Munitionssorte (Sicherheit der Munition
selbst) nach derzeitigem Kenntnisstand gering ist. Weitere Studien oder Markt-
sichtungen zur möglichen Bewaffnung der HERON TP hat das Bundesverteidi-
gungsministerium deshalb nicht beauftragt (Bundestagsdrucksache 18/9431, Ant-
wort zu Frage 10).
Die Drohnen sollen neben Lenkbomben und Raketen auch hochauflösende elek-
trooptische Sensoren und ein synthetisches Radar befördern, das Bewegungen am
Boden erkennen und mithilfe einer Software analysieren kann. Auf diese Weise
will die Bundeswehr gegnerische Fahrzeuge aufspüren und von denen verbünde-
ter Kräfte unterscheiden. Die Aufklärungssensorik soll laut dem Bundesverteidi-

Drucksache 18/12738 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gungsministerium von israelischen Firmen stammen, die zum Teil zum Drohnen-
hersteller IAI gehören (Bundestagsdrucksache 18/9857, Antwort zu Frage 15b).
Hierzu gehören beispielsweise die Firmen ELTA Systems Ltd und Elbit Systems
Ltd.
Hauptauftragnehmer für das Komplettpaket der bewaffnungsfähigen HERON TP
ist der Rüstungskonzern Airbus. Alle Informationen zur Bewaffnung der HERON
TP waren während der Verhandlungen mit dem Bundesverteidigungsministerium
von der israelischen Regierung „ohne Ausnahme“ mit der Einstufung „Geheim“
versehen worden. So sollte verhindert werden, dass Details über die auch von der
israelischen Luftwaffe geflogenen Kampfdrohnen bekannt werden. Die Bundes-
regierung hatte sich deshalb geweigert, den Deutschen Bundestag über die ge-
plante Bewaffnung zu informieren. Die parlamentarische Kontrolle wird durch
die Geheimhaltung der geplanten Bewaffnung aus Sicht der Fragesteller weiter
erschwert.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwiefern hat es auch nach der Auswahlentscheidung des Generalinspekteurs

der Bundeswehr vom 12. Januar 2016 zugunsten der HERON TP als MALE-
UAS-Überbrückungslösung Kontakte der Bundeswehr oder des Bundesver-
teidigungsministeriums mit dem US-Konkurrenten General Atomics gege-
ben, der seine Drohne des Typs Certifiable PREDATOR B an die Bundes-
wehr verkaufen wollte (Plenarprotokoll 18/175, Anlage 26)?

2. Wann genau wurden die letzten Verhandlungen bzw. Gespräche zu einer
möglichen Vergabe mit General Atomics geführt?

3. Welche Änderungen haben sich gegenüber den Bundestagsdrucksachen
18/9857, 18/9431 und 18/7725 hinsichtlich der zu beschaffenden Stückzahl
von Kampfdrohnen sowie zu deren Betrieb im Stationierungs- und Einsatz-
land ergeben?

4. Wann soll der Dienstleistungsvertrag mit dem Rüstungskonzern Airbus nach
derzeitigem Stand geschlossen werden?
a) Inwiefern haben sich für die geplante Beschaffung Änderungen zu dem

auf Bundestagsdrucksache 18/7725 (Antwort zu Frage 3) genannten Mus-
ter „Block 2“ ergeben?

b) Wann soll der Zulauf der ersten Luftfahrzeuge beginnen, und wann könn-
ten die Folgesysteme bereitstehen?

c) Über welchen Nutzungszeitraum soll sich der geplante Dienstleistungs-
vertrag erstrecken?

d) Wie viele Flugstunden der Drohnen fordert die Bundesregierung von Air-
bus als Auftragnehmer im Stationierungsland?

e) Welche Angaben enthält der geplante Dienstleistungsvertrag für eine
technisch-logistische Betreuung in einem eventuellen Einsatz?

5. Welche Ergebnisse zeitigte die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Ange-
bots von Airbus durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik
und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), und wann wurde diese vorge-
legt?
a) Welche „Quality Gates“ wurden für die HERON TP skizziert, und wie

wurden diese bewertet?
b) Welche Angaben zum Musterprüfrahmenprogramm für die Zulassung der

HERON TP will die Bundesregierung im Dienstleistungsvertrag festle-
gen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12738
c) Welches Unternehmen soll als Musterprüfleitstelle fungieren, und wann
wurde die luftfahrtrechtliche Zulassung beantragt bzw. genehmigt?

d) Worin bestehen die „nach Firmenangaben“ zu ca. 10 Prozent nicht erfüll-
ten Forderungen des NATO Standardized Agreements STANAG 4671,
und wie könnten diese Defizite behoben werden?

e) Mit welchen Vorstellungen geht die Bundesregierung hierzu in Verhand-
lungen mit den Herstellern IAI und Airbus, bzw. wann soll dies präzisiert
werden (Bundestagsdrucksache 18/7725, Antwort zu Frage 22b)?

6. Welche Regierungsvereinbarungen (MoU) wurden bereits mit dem Staat
Israel festgelegt, und welche weiteren werden verhandelt?

7. Welche konkretisierenden Programmabsprachen sind zu den MoU getroffen
worden, und welche weiteren werden verhandelt?

8. Welche Angaben enthält die Regierungsvereinbarung bzw. die Konkretisie-
rung zur Frage, ob für den Betrieb im Stationierungsland Israel dortige orts-
feste Relaisstationen genutzt werden, und wo befinden sich diese?

9. Über welche Möglichkeiten zur Steuerung und Auswertung der Aufklä-
rungsdaten verfügen diese Relaisstationen?

10. Welche konkreten Angaben zu Spezifikationen der mitgeführten elektro-
optischen Sensoren im visuellen und infraroten Spektralbereich, der Radar-
sensoren sowie zum Peripheriegerät (Datenübertragungsgeräte zur Steue-
rung des Luftfahrzeuges und zur Datenübermittlung bzw. -auswertung) wer-
den in dem Angebot von Airbus gemacht, und welche (potentiellen) Herstel-
ler werden genannt?

11. Welche Kryptierung will Airbus dem Angebot zufolge verwenden, bzw. wel-
che funktionalen Forderungen werden hierzu vom Bundesverteidigungsmi-
nisterium erhoben?
a) Für welche Übertragungen (etwa Steuerung und Datenauswertung) wür-

den diese genutzt, und welche Hersteller sowie Produktbezeichnungen
werden genannt?

b) Welche der genannten Hersteller kooperieren mit der Bundesregierung
hinsichtlich der Offenlegung von Kryptoalgorithmen?

c) Welche Infrastruktur soll die israelische Regierung im Rahmen der Re-
gierungsvereinbarung für die Kryptierung bereitstellen?

12. Welche Einzelheiten kann die Bundesregierung dazu mitteilen, wie die deut-
schen Pilotinnen und Piloten an den bewaffneten Drohnen ausgebildet wer-
den, und wie will sie ausschließen, dass dabei über israelisch besetztem Ge-
biet geflogen wird?

13. Aus welchem Grund behält sich die israelische Regierung vor, das Thema
der Bewaffnung „in eigener Verantwortung zu behandeln“ (Bundestags-
drucksache 18/9857, Antwort zu Frage 20)?

14. Wann sollen die Gespräche mit dem israelischen Verteidigungsministerium
und der israelischen Luftwaffe bezüglich der Bewaffnung in konkrete Ver-
handlungen übergehen, wozu die Bundesregierung zuletzt den Zeitpunkt der
Eröffnung des Vergabeverfahrens „basierend auf einem Angebot“ genannt
hatte (Bundestagsdrucksache 18/7725, Antwort zu Frage 17)?

15. Mit welcher Anforderung einer zeit- und bedarfsgerechten Bereitstellung der
Bewaffnungsfähigkeit wird seitens des Bundesverteidigungsministeriums
mit der Regierung in Israel und Airbus verhandelt?

Drucksache 18/12738 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

16. Welche Anforderungen (standardisierter) Schnittstellen sollen die Aufhän-

gepunkte für die Bewaffnung der HERON TP aus Sicht des Bundesverteidi-
gungsministeriums erfüllen?

17. Inwiefern liegen der Bundesregierung mittlerweile detaillierte Informationen
zu den existierenden Aufhängepunkten der HERON TP vor (Bundestags-
drucksache 18/7725, Antwort zu Frage 20), und inwiefern weichen die deut-
schen Anforderungen davon ab?

18. Welche Vorgaben hat die Bundesregierung zur (skalierbaren) Bewaffnung
gemacht, bzw. mit welchen Vorstellungen geht die Bundesregierung hierzu
in Verhandlungen mit den Herstellern?

19. Über welche Größe bzw. Eignung soll die mitgeführte Munition verfügen?
20. Inwiefern wurden mittlerweile auch „Systemhersteller von Effektoren“ in die

Verhandlungen eingebunden, und um welche handelt es sich dabei?
21. Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung darüber, welche Be-

waffnung von den Herstellern bereits an den Drohnen HERON TP eingesetzt
oder getestet wurde, und was ist der Bundesregierung über entsprechende
Ergebnisse von Tests oder Einsätzen bekannt?

22. Sofern hierzu weiterhin keine Erkenntnisse vorliegen, wann werden die Test-
ergebnisse „im Zuge der nächsten Schritte angefragt und bewertet“ (Bundes-
tagsdrucksache 18/7725, Antwort zu Frage 17c)?

23. Sofern weitergehende Angaben zur Bewaffnung weiterhin geheim bleiben
sollen, wann sollen Geheimschutzregelungen und – angeblich lediglich zur
vorvertraglichen Klärungsphase existierende – Freigabebeschränkungen des
Staates Israel aufgehoben werden, wozu die Bundesregierung bereits mit-
teilte, dass diese „souveränes Hoheitsrecht der israelischen Regierung“ seien
(Bundestagsdrucksache 18/9857, Antwort zu den Fragen 23 und 25)?

Berlin, den 13. Juni 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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