BT-Drucksache 18/12732

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/10561 - Gute und wohnortnahe Arzneimittelversorgung b) zu dem Antrag der Abgeordneten Kathrin Vogler, Pia Zimmermann, Sabine Zimmermann (Zwickau), und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/12090 - Patientinnen und Patienten entlasten - Zuzahlungen bei Arzneimitteln abschaffen c) zu dem Antrag der Abgeordneten Kordula Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink, Dr. Harald Terpe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/11607 - Arzneimittelversorgung an Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten orientieren - Heute und in Zukunft

Vom 15. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12732
18. Wahlperiode 15.06.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann
(Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/10561 –

Gute und wohnortnahe Arzneimittelversorgung

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Kathrin Vogler, Pia Zimmermann,
Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE.
– Drucksache 18/12090 –

Patientinnen und Patienten entlasten ‒ Zuzahlungen bei Arzneimitteln
abschaffen

c) zu dem Antrag der Abgeordneten der Abgeordneten Kordula Schulz-
Asche, Maria Klein-Schmeink, Dr. Harald Terpe, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/11607 –

Arzneimittelversorgung an Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten
orientieren ‒ Heute und in Zukunft
Drucksache 18/12732 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
A. Problem
Zu Buchstabe a

Die Antragsteller stellen fest, dass verschreibungspflichtige Arzneimittel nur
durch Präsenzapotheken abgegeben werden sollten, um eine bestmögliche Arz-
neimitteltherapiesicherheit zu gewährleisten. Versandapotheken könnten diese
Aufgaben nicht oder nur unzureichend erfüllen und würden die Versorgungsstruk-
turen vor Ort schwächen. Der EuGH stelle mit seinem Urteil den freien Waren-
verkehr und die Interessen von großen ausländischen Versandapotheken über das
gesundheitspolitische Anliegen einer flächendeckenden, qualifizierten Arzneimit-
telversorgung und spreche Deutschland das Entscheidungsrecht darüber ab, ob es
einen Preiskampf zwischen internationalen Kapitalgesellschaften und Präsenz-
apotheken als geeignetes Mittel zur Sicherung der Versorgung erachte. Die Bun-
desregierung sei aufgefordert, den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arznei-
mitteln durch eine Änderung von § 43 AMG zu verbieten.

Zu Buchstabe b

Die Antragsteller stellen fest, dass die Zuzahlungspflicht bei Arzneimitteln sozial
ungerecht sei, da kranke Menschen dadurch mehr zur Finanzierung des Gesund-
heitswesens beitrügen. Wenn Menschen aufgrund der Zuzahlungspflicht auf not-
wendige Medikamente verzichten müssten, verschlimmerten sich die Krankhei-
ten, was wiederum höhere Gesundheitskosten nach sich ziehen könne. Zuzahlun-
gen auf Arzneimittel seien vollständig abzuschaffen, um die Patienten zur Inan-
spruchnahme von medizinisch notwendigen Medikamenten anzuhalten. Dadurch
würden sowohl die Patienten als auch die Krankenkassen finanziell entlastet.

Zu Buchstabe c

Die Antragsteller stellen fest, dass sowohl Präsenz- als auch Versandapotheken
einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsversorgung darstellten. Die Sicherstel-
lung der flächendeckenden Versorgung in ländlichen Regionen stelle aber eine
zunehmende Herausforderung dar. Das Versandhandelsverbot verschreibungs-
pflichtiger Arzneimittel stelle darauf keine Antwort dar. Es bedürfe vielmehr ei-
ner Neuregelung der Preisgestaltung, eines transparenten Monitorings sowie der
Gründung einer Expertenkommission zur Weiterentwicklung der Arzneimittel-
versorgung.

B. Lösung
Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/10561 mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/12090 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe c

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11607 mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12732

C. Alternativen
Annahme des jeweiligen Antrages.

D. Kosten
Die Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 18/12732 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 18/10561 abzulehnen;

b) den Antrag auf Drucksache 18/12090 abzulehnen;

c) den Antrag auf Drucksache 18/11607 abzulehnen.

Berlin, den 31. Mai 2017

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Edgar Franke
Vorsitzender

Kathrin Vogler
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12732
Bericht der Abgeordneten Kathrin Vogler

I. Überweisung

Zu Buchstabe a

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/10561 in seiner 212. Sitzung am 19. Januar 2017 in
erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen. Außerdem
hat er ihn zur Mitberatung an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/12090 in seiner 231. Sitzung am 27. April 2017 in
erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen.

Zu Buchstabe c

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/11607 in seiner 225. Sitzung am 23. März 2017 in
erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen. Außerdem
hat er ihn zur Mitberatung an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Die Antragsteller stellen fest, dass durch falsche Medikamenteneinnahme jährlich Kosten von bis zu 20 Milliarden
Euro entstünden, weshalb die Verbesserung der Adhärenz politisches Ziel sein müsse. Apotheken vor Ort würden
durch die persönliche Medikamentenabgabe einen wesentlichen Beitrag zur Arzneimitteltherapie-Sicherheit
(AMTS) leisten. Versandapotheken könnten die Notfallversorgung nicht erfüllen und würden die Versorgungs-
trukturen vor Ort schwächen. Dies sei ein Grund, weshalb drei Viertel der europäischen Staaten den Versandhan-
del mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln nicht erlauben würden. Zudem könne die Patientenschaft trotz Sicher-
heitssiegel im Versandhandel nicht zuverlässig zwischen legalen und kriminellen Versandapotheken unterschei-
den. Die Ungleichbehandlung ausländischer und inländischer Versandapotheken sei nicht akzeptabel und werde
zur Aufhebung der Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel führen. Der daraufhin entstehende Preiskampf
werde zulasten der Personalausstattung und der Beratung in Präsenzapotheken gehen. Kleinere Apotheken wür-
den aus der Versorgung gesetzlich Versicherter gedrängt. Der EuGH stelle mit seinem Urteil den freien Waren-
verkehr und die Interessen ausländischer Versandapotheken über das gesundheitspolitische Anliegen einer quali-
fizierten Arzneimittelversorgung. Gesetzgeber und Gerichte in Deutschland müssten nun entscheiden, ob die Arz-
neimittelversorgung ein gesundheitspolitisches oder ein handelspolitisches Anliegen sei. Die Bundesregierung sei
aufzufordern, den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln durch eine Änderung von § 43 AMG zu
verbieten.

Zu Buchstabe b

Die Antragsteller stellen fest, dass die Zuzahlungspflicht bei Arzneimitteln kranke Menschen belaste, da diese
mehr zur Finanzierung der Krankenversicherung beitrügen als Gesunde. Menschen mit geringem Einkommen
seien mit der Zuzahlung zu ärztlich verordneten Medikamenten oft finanziell überfordert und würden die Krank-
heit durch den Medikamentenverzicht verschlimmern. Zuzahlungen stellten auch einen bürokratischen Aufwand
dar und würden die Kosten im Gesundheitssystem daher insgesamt verteuern. Nach geltendem Recht dürften nur
ausländische Versandapotheken Rabatte auf die Zuzahlungen bei Arzneimitteln gewähren. Dieser Wettbewerb
stelle die Existenz einer flächendeckenden Versorgung mit Präsenzapotheken in Frage. Die Abschaffung der Zu-
zahlungen auf Arzneimittel würde in Ergänzung zu einem Verbot des Versandhandels die Patientenschaft bei der
Inanspruchnahme von medizinisch notwendigen Leistungen finanziell entlasten. Daher seien Zuzahlungen auf
Arzneimittel vollständig abzuschaffen.

Drucksache 18/12732 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zu Buchstabe c

Die Antragsteller stellen fest, dass die Patientenschaft Anspruch auf eine gute Arzneimittelversorgung und eine
fachkompetente Beratung habe. Präsenzapotheken würden hierbei unverzichtbare Dienste leisten. Der Versand-
handel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln stelle jedoch ebenfalls einen wichtigen Teil der Gesundheits-
versorgung dar. Die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung durch Mediziner, Apotheker und andere
Gesundheitsberufe in ländlichen Regionen stelle eine zunehmende Herausforderung dar. Gesellschaftliche Ent-
wicklungen erforderten neue regionale Versorgungskonzepte. Apotheker müssten dabei zum wichtigen Bestand-
teil einer aufeinander abgestimmten, sektorübergreifenden und regionalen Versorgung gehören. Das infolge des
Urteils des Europäischen Gerichtshofs zur Preisbindung ausländischer Versandapotheken diskutierte Verbot des
Versandhandels verschreibungspflichtiger Arzneimittel stelle hingegen keine Antwort auf diese Herausforderun-
gen dar, da es europa- und verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt sei. Seit der Aufhebung der Preisbindung für
verschreibungspflichtige Medikamente ausschließlich für ausländische Versandapotheken könnten diese mit er-
heblichen Boni werben. Um eine Ungleichbehandlung inländischer Apotheken zu vermeiden, seien Zuzahlungen
insgesamt abzuschaffen. Es bedürfe einer Neuregelung der Preisgestaltung der hiesigen Arzneimittelversorgung
und ein mit den Ländern und Apothekenkammern abgestimmtes Monitoring des Apothekenmarktes und der be-
darfsgerechten Arzneimittelversorgung sowie der Einführung einer Expertenkommission zur Weiterentwicklung
der Arzneimittelversorgung.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat in seiner 114. Sitzung am 31. Mai 2017 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/10561 abzulehnen.

Zu Buchstabe c

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat in seiner 114. Sitzung am 31. Mai 2017 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/11607 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 103. Sitzung am 25. Januar 2017 seine Beratungen zu dem Antrag auf
Drucksache 18/10561 aufgenommen und beschlossen eine öffentliche Anhörung durchzuführen.

Er hat die Beratungen in seiner 113. Sitzung am 26. April 2017 zu dem Antrag auf Drucksache 18/10561 fortge-
setzt und die Beratungen zu den Anträgen auf den Drucksachen 18/12090 und 18/11607 aufgenommen und eben-
falls beschlossen eine öffentliche Anhörung durchzuführen.
Die öffentliche Anhörung fand in der 116. Sitzung am 17. Mai 2017 statt. Als sachverständige Organisationen
waren eingeladen: ABDA – Bundesverband Deutscher Apothekerverbände e.V., Bundesarbeitsgemeinschaft
Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e. V. (BAG
SELBSTHILFE), Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH), Bundesverband des pharmazeutischen
Großhandels e. V. (PHAGRO), Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA), Europäische Verband
der Versandapotheken (EAMSP), GKV-Spitzenverband, Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD) und Verbrau-
cherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv). Als Einzelsachverständige waren eingeladen: Prof. Dr. Reinhard Busse,
Prof. Dr. Ernst Hauck, Prof. Dr. Uwe May und Prof. Dr. Helge Sodan. Auf das entsprechende Wortprotokoll der
öffentlichen Anhörung und die als Ausschussdrucksachen verteilten Stellungnahmen der Sachverständigen wird
verwiesen.
Zu dem Antrag auf Drucksache 18/10561 lag dem Ausschuss für Gesundheit eine Petition vor, zu der der Petiti-
onsausschuss um eine Stellungnahme gemäß § 109 GO-BT gebeten hat. Die Petition wurde in die Beratungen
einbezogen und der Petitionsausschuss entsprechend informiert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12732
Der Ausschuss für Gesundheit hat seine Beratungen zu den Anträgen auf den Drucksachen 18/10561, 18/12090
und 18/11607 in seiner 118. Sitzung am 31. Mai 2017 fortgesetzt und abgeschlossen.

Als Ergebnis empfiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/10561.

Weiterhin empfiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf
Drucksache 18/12090.

Ferner empfiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11607.

Die Fraktion der CDU/CSU war der Auffassung, dass das EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 falsch sei, da es
einen Eingriff in die nationale Gesundheitskompetenz darstelle. Diese sei jedoch in den europäischen Verträgen
ausdrücklich festgehalten. Die Boni ausländischer Versandapotheken stellten besonders für die Versorgung im
ländlichen Raum eine Gefahr dar. Es sei unklar, ob das von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorge-
schlagene Höchstpreismodell im Zusammenspiel mit einer Bonibegrenzung zur wirtschaftlichen Stabilität einer
ländlichen Apotheke beitrage. Boni bereiteten zudem Probleme, da die Einsparungen eigentlich der Solidarge-
meinschaft zustünden. Die beste Lösung wäre das Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel. Die
Fraktion habe keine europa- und verfassungsrechtlichen Bedenken. Der EuGH habe im Jahre 2003 selbst geurteilt,
dass ein Versandhandelsverbot nationalstaatlich geregelt werden könne. Die vor dem Hintergrund des baldigen
Ablaufs der 18. Wahlperiode und des notwendigen Notifizierungsverfahrens europäischer Ebene schnelle Eini-
gung mit dem Koalitionspartner war leider nicht möglich. Man werde das Versandhandelsverbot in der nächsten
Legislaturperiode erneut aufrufen müssen. Die Zuzahlungsbefreiung aufzuheben, stelle ein falsches Signal dar
und bedeute für die gesetzlichen Krankenversicherungen ein Einnahmeverlust von über einer Milliarde Euro.
Zudem schwäche dies die Steuerungswirkung.

Die Fraktion der SPD betonte, dass die Fraktion großes Verständnis für die Apotheker vor Ort habe. Dennoch
lehne man ein Rx-Versandhandelsverbot ab, da es europarechtlich schwierig sei, ein bereits 13 Jahre bestehendes
System wieder abzuschaffen. Es sei ein qualitativer Unterschied, ob etwas nicht eingeführt oder nach 13 Jahre
wieder verboten werde. Auch die Auswirkungen auf Artikel 12 des Grundgesetzes würden Probleme schaffen. Es
gebe über 3 000 deutsche Apotheken mit entsprechender Versandhandelserlaubnis, die ebenfalls ihrer Gemein-
wohlaufgabe nachkämen. Ein Versandhandelsverbot würde auch die Vorgaben für den Botendienst der Apothe-
ken verschärfen, da dann pharmazeutisches Fachpersonal für die Botendienste eingesetzt werden müsste. Dies
erschwere die wirtschaftliche Situation der Präsenzapotheken. Daher lehne man den Antrag der Fraktion DIE
LINKE. ab. Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN greife den wichtigen Punkt der Neugestaltung
des Apothekenhonorars auf. Die Kompetenz der Apotheker und der übrigen Heilberufe seien stärker ins Versor-
gungsgeschehen einzubinden. Der EuGH habe nicht die deutsche Preisbindung angegriffen, sondern nur zum
Ausdruck gebracht, dass der europäische Versandhändler aus seiner Gewinnmarge den Bonus zahlen könne. Man
sei nach wie vor Anhänger der Jahrzehnte lang praktizierten Preisbindung. Ein von der SPD vorgeschlagener
Lösungsentwurf habe sich nicht auf die Boni, sondern auf die Gewährung von Zuwendung nach dem Heilmittel-
werbegesetz bezogen. Das Landgericht München habe dazu ein interessantes Urteil gesprochen, das der weiteren
Beobachtung bedürfe.

Die Fraktion DIE LINKE. stellte fest, dass es mehrere Länder in der EU gebe, die ein entsprechendes Versand-
handelsverbot hätten. Die europa- und verfassungsrechtlichen Bedenken seien in der Anhörung unterschiedlich
beantwortet worden. Man könnte die Einführung des Versandhandelsverbotes somit versuchen. Der Antrag der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werfe zurecht die Frage der Apothekenhonorierung und der Beratungs-
leistungen auf, da die pauschale Vergütung verschiedene Probleme mit sich bringe. Für eine solche Diskussion
zeige man sich offen, wenngleich sie vermutlich erst in der nächsten Wahlperiode geführt werden könne. Der
Vorschlag gehe jedoch in die falsche Richtung, da es einen Weg in den Preiswettbewerb öffne. Zwar klinge ein
Euro pro Packung harmlos, dies entspreche jedoch circa 15 Prozent des Umsatzes einer Apotheke. Es werde die
kleinen Apotheken auf dem Land am härtesten treffen. Arme Menschen könnten sich das Aufsuchen von bera-
tungsintensiven Apotheken ohne Rabattangebote nicht leisten. Man sei für ein Versandhandelsverbot und gegen
Boni, Strafzuschläge und Zuzahlungen. Eine behauptete positive Steuerungswirkung der Zuzahlungen sei wis-
senschaftlich weltweit niemals belegt worden. Gut belegt ist allerdings, dass Zuzahlungen dazu führten, dass die

Drucksache 18/12732 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Patientinnen und Patienten ärztlich verordnete notwendige Therapien nicht in Anspruch nähmen, was eine Ver-
schlimmerung der Krankheiten und dadurch Folgekosten bedeute. Daher wäre es klug, sämtliche Zuzahlungen
abzuschaffen, was die Fraktion DIE LINKE auch mit einem Antrag fordere.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bemerkte, der Anlass für den Antrag sei das EuGH-Urteil gewesen,
dass die Preisbindung für ausländische Apotheken aufhebe. Dies benachteilige inländische Apotheken im Wett-
bewerb, da sie weiter an die Preisbindung gebunden seien. Gefährdet seien nun vor allem kleinere und umsatz-
schwächere Apotheken. Daher sollten auch inländische Apotheken die Möglichkeit zu flexibleren Preisen erhal-
ten. Der im Antrag vorgeschlagene Höchstpreis in Kombination mit einem sehr kleinen Bonus könne eine Geset-
zesgerechtigkeit zwischen in- und ausländischen Apothekern herstellen. Es sei unverantwortlich, dass der Ge-
sundheitsminister mit seiner frühen Festlegung auf ein Versandhandelsverbot dafür gesorgt habe, dass diese Lö-
sung in dieser Wahlperiode nicht weiter verfolgt werde. Der demographische Wandel und die Abwanderung aus
ländlichen Räumen beinhalte die Herausforderung, auch künftig in diesen Regionen eine gute Versorgung mit
Arzneimitteln für alle Menschen zu ermöglichen. Daher habe man in dem Antrag außerdem vorgeschlagen, die
Honorierung im Apothekenmarkt mit den Apothekern und Patientenvertretern neu zu diskutieren, um abseits der
reinen Arzneimittelabgabe etwa die Beratungsleistung von Apothekern stärker zu honorieren. Auch müssten Apo-
theken in eine Sektor übergreifende Versorgung einbezogen werden. Auch eine bessere Datenlage zur Versor-
gungssituation sei nötig.

Berlin, den 31. Mai 2017

Kathrin Vogler
Berichterstatterin

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