BT-Drucksache 18/12701

Entwicklung, Erprobung und Beschaffung von Drohnen des Typs MQ-4C TRITON für die Bundeswehr

Vom 8. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12701
18. Wahlperiode 08.06.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Dr. Alexander S. Neu, Frank Tempel,
Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette Groth, Inge Höger, Ulla Jelpke,
Kerstin Kassner, Niema Movassat, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler und der
Fraktion DIE LINKE.

Entwicklung, Erprobung und Beschaffung von Drohnen des Typs MQ-4C TRITON
für die Bundeswehr

Für die Entwicklung und Beschaffung des mittlerweile gestoppten Drohnenpro-
jekts EURO HAWK einschließlich des von Airbus Defence and Space gefertigten
Spionagesystems ISIS hat die Bundesregierung seit 2007 mehr als 700 Mio. Euro
ausgegeben (Quelle hier und im Folgenden, wenn nicht anders angegeben, Bun-
destagsdrucksache 18/12279). Dies beinhaltet Gelder zur mittlerweile ebenfalls
abgebrochenen Wiederaufnahme von Testflügen des vom Hersteller Northrop
Grumman gelieferten Prototypen.
Die Beschaffungspläne werden nun im Projekt MQ-4C TRITON, wie die EURO
HAWK ebenfalls ein Derivat der Drohne GLOBAL HAWK, weitergeführt. Das
Bundesministerium der Verteidigung sieht den „rüstungspolitisch relevanten
Mehrwert“ der MQ-4C TRITON mit dem Spionagesystem ISIS (zur „Erfassung
und Auswertung von Signalen u. a. aus dem Sprechfunk- und Radarfrequenzbe-
reich“ für operative Zwecke) in der erfolgreichen Zulassung und der Integration
in den kontrollierten Luftraum (5. Bericht des BMVg zu Rüstungsangelegenhei-
ten, April 2017). Die Drohne sei außerdem das „ausgewogenste Gesamtpaket“,
dessen Potenzial für die „höchste Forderungserfüllung aller untersuchten Lösun-
gen“ im Jahr 2014 erkannt worden sei, woraufhin das Bundesministerium der
Verteidigung „die erforderlichen Untersuchungen zur Zulassbarkeit und Nutzbar-
keit“ einleitete.
Gegenüber den Drohnen GLOBAL HAWK bzw. EURO HAWK verfügt die MQ-
4C TRITON laut dem Bundesministerium der Verteidigung über „wesentliche
technisch-funktionale Verbesserungen“, darunter Blitzschutz, Enteisungsanlage,
Hagel- und Vogelschlagschutz, Verstärkung der Struktur der Tragfläche und Ver-
besserung der Software.
Für die geplante Zulassung hat die US-Marine dem Luftfahrtamt der Bundeswehr
die eigene Zulassungsbasis für die TRITON im Rahmen eines sog. Foreign Mili-
tary Sales (FMS)-Planning Case bereitgestellt. Hierzu hatte die Bundesregierung
einen Studienvertrag an die US-Marine zur Durchführung eines Vergleichs der
Zulassungsvorschriften in den Vereinigten Staaten und Deutschland vergeben.
Auf dieser Grundlage hat das Luftfahrtamt der Bundeswehr die Erfüllbarkeit ei-
ner deutschen militärischen Zulassungsbasis positiv bewertet. Erstmals soll hier-
für das Regelwerk der „Dauerhaften Flugfreigabe“, das als Prüf- und Zulassungs-
wesen für Luftfahrzeuge der Bundeswehr für „außereuropäische Kauflösungen“

Drucksache 18/12701 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

erarbeitet wurde, genutzt werden. Wesentliche Voraussetzung hierfür ist ein Sys-
tem zum Erkennen und Ausweichen vor anderen Luftfahrzeugen („Sense bzw.
Detect & Avoid Technologien“), dessen genaue technische Auslegung das Bun-
desministerium der Verteidigung mit der US-Marine und den zuständigen US-
Behörden abstimmen will. Die „erforderlichen Strategien, Prozesse, Rollen und
Verantwortlichkeiten“ des Bundesministeriums der Verteidigung, der amerikani-
schen militärischen Zulassungsstelle sowie der Rüstungskonzerne Northrop
Grumman (Drohne) und Airbus Defence and Space (Spionagesystem ISIS) zur
Erlangung einer Zulassung und zu deren Erhalt werden in einem „Airworthiness
Qualification Plan“ (AQP) geregelt.
Nach der Zulassbarkeits- und Nutzbarkeitsprognose hat der Generalinspekteur
der Bundeswehr am 6. März 2017 seine Auswahlentscheidung „ISIS auf TRI-
TON“ getroffen. Nun soll der Generalinspekteur Auflagen für das weitere Vor-
gehen im Projekt formulieren, die in einen möglichen Beschaffungsvertrag mit
der US-Marine aufzunehmen sind oder das eigene Vorgehen betreffen. Ein Re-
gierungsvertrag (FMS-Planning Case) zur Beschaffung der MQ-4C-TRITON
wird bereits erarbeitet. Im Anschluss an den FMS-Beschaffungsvertrag muss ein
FMS-Folgevertrag für die Nutzung des Systems geschlossen werden. Die US-
Marine würde nach gegenwärtigem Stand den Betrieb der Drohnen „insbesondere
bei dem Erhalt der Zulassung und der Materialerhaltung“ unterstützen. Das Bun-
desministerium der Verteidigung erarbeitet derzeit eine Regierungsanfrage an die
US-Regierung für die Beschaffung. Zur Unterstützung wird hierzu der bereits mit
der US-Marine bestehende FMS-Planning Case genutzt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Unter welcher Bezeichnung wird das Projekt „ISIS auf TRITON“ inzwi-

schen im Bundesministerium der Verteidigung und bei der Bundeswehr ver-
folgt?

2. Welche Auflagen hat der Generalinspekteur der Bundeswehr nach der Zu-
lassbarkeits- und Nutzbarkeitsprognose für das weitere Vorgehen im Projekt
MQ-4C TRITON formuliert (Bundestagsdrucksache 18/12279, Antwort zu
Frage 7)?

3. Welche dieser Auflagen sollen nach gegenwärtigem Stand in einen mögli-
chen Beschaffungsvertrag mit der US-Marine aufgenommen werden?

4. Wann könnte der Beschaffungsvertrag aus heutiger Sicht frühestens ge-
schlossen werden?

5. Wann wurde die Regierungsanfrage an die US-Regierung für die Beschaf-
fung von Drohnen des Typs TRITON für die Bundeswehr gestellt, und wel-
chen Inhalt hat diese bezüglich der Zahl und der Funktionalitäten der Droh-
nen (Bundestagsdrucksache 18/12279, Antwort zu Frage 13)?
a) Sofern die Regierungsanfrage weiter in Vorbereitung ist, wann sollen

diese abgeschlossen sein?
b) Welchen Inhalt hat die Regierungsanfrage nach gegenwärtigem Stand be-

züglich der Zahl und der Funktionalitäten der Drohnen?
6. Welche Arbeiten würde die US-Marine in einem FMS-Folgevertrag für die

Nutzung der Drohnen durch die Bundeswehr übernehmen, was die Bundes-
regierung unter anderem mit „Erhalt der Zulassung und der Materialerhal-
tung“ beschreibt (bitte sämtliche angestrebten Maßnahmen aufführen)?

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7. Welche „grundsätzlichen Funktionalitäten“ sowie „wesentlichen technisch-
funktionalen Verbesserungen“ weist die Drohne MQ-4C TRITON aus Sicht
der Bundesregierung gegenüber dem Typ GLOBAL HAWK in Bezug auf
Blitzschutz, Enteisungsanlage, Hagel- und Vogelschlagschutz, Verstärkung
der Struktur der Tragfläche und Verbesserung der Software auf (Bundestags-
drucksache 18/12279, Antwort zu den Fragen 3 und 4)?

8. Welche Fortschritte ergaben sich seit der Antwort auf Bundestagsdrucksache
18/12279 in Bezug auf die Abstimmung der genauen technischen Auslegung
des Systems „Sense bzw. Detect and Avoid“ für die zu beschaffenden MQ-
4C TRITON, und welche Minimalforderungen stellt das Bundesministerium
der Verteidigung an dieses System?

9. Welche „erforderlichen Strategien, Prozesse, Rollen und Verantwortlichkei-
ten“ werden im „Airworthiness Qualification Plan“ (AQP) dem Bundesmi-
nisterium der Verteidigung, der amerikanischen militärischen Zulassungs-
stelle sowie den Firmen Northrop Grumman und Airbus Defence and Space
zur Erlangung einer Zulassung der MQ-4C TRITON und zu deren Erhalt zu-
gewiesen (Bundestagsdrucksache 18/12279, Antwort zu Frage 5)?

10. Welche Voraussetzungen muss die MQ-4C TRITON erfüllen, um nach der
Zulassungvorschrift „Dauerhafte Flugfreigabe“ des Luftfahrtamtes der Bun-
deswehr (LufABw) insbesondere für außereuropäische Kauflösungen ge-
prüft und zugelassen zu werden (Bundestagsdrucksache 18/12279, Antwort
zu Frage 8)?

11. Welche Planungen (nicht Beschlüsse) existieren innerhalb der Bundeswehr,
das Verfahren der „Dauerhaften Flugfreigabe“ für weitere Beschaffungen
von bemannten oder unbemannten Luftfahrzeuge anzuwenden?

12. Welche tragbare Realisierungsmöglichkeiten zur Zulassbarkeits- und Nutz-
barkeitsprognose haben die daran beteiligen Dienststellen (LufABw und
Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundes-
wehr) aufgezeigt?

13. Was ist der Bundesregierung über Inhalte einer Vereinbarung der Europäi-
schen Agentur für Flugsicherheit mit dem italienischen Verteidigungsminis-
terium bekannt, das unter anderem eine Kooperation bei der Integration von
Drohnen in den zivilen Luftraum vorsieht (Pressemitteilung EASA vom
17. Mai 2017, „EASA and Italian Ministry of Defence sign Cooperation Ar-
rangement on Aviation Safety”)?

14. Inwiefern soll diese Vereinbarung nach Kenntnis der Bundesregierung auch
die Zulassung bzw. Flüge der auf Sigonella/Sizilien stationierten NATO-
Drohnen des Typs GLOBAL HAWK regeln?

15. Worin besteht das NATO-Projekt „Provide Satellite Communications Trans-
mission Services“ (Capability Package 9A0130) zur Deckung des Bedarfes
an Satellitenübertragungskapazitäten für die Jahre 2020 bis 2035, das als
Nachfolgeprojekt zum bestehenden Projekt „Provide post-2000 Satellite
Communications Capability“ aufgesetzt wurde, und wer nimmt daran teil
(Bundestagsdrucksache 18/12311, Antwort zu Frage 17)?

16. Welcher Unfallhergang und welche Unfallursache werden in dem Ab-
schlussbericht zum Absturz einer Drohne der US-Armee vom Typ
SHADOW im Jahr 2014 in Hohenfels genannt, den die Bundesregierung
nach mehrmaliger Aufforderung nach drei Jahren (Februar 2017) in einer
Zusammenfassung der „wesentlichen Erkenntnisse“ erhielt (Bundestags-
drucksache 18/11734, Antwort zu Frage 11)?

17. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Zusammenfassung
hinsichtlich der Genehmigung von Flügen der US-Armee mit Drohnen über
Basen in Deutschland?

Drucksache 18/12701 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

18. Welche weiteren Firmen oder Behörden (auch aus den Vereinigten Staaten

von Amerika) sollen für die Prüfung oder Anbahnung einer Beschaffung der
MQ-4C TRITON bzw. einer Integration des ISIS in die Drohne weitere Gel-
der erhalten (Bundestagsdrucksache 18/12279, Antwort zu Frage 12)?

19. Welche „grundsätzlichen Funktionalitäten“ sind der Bundesregierung zu den
Anwendungen zur Verschlüsselung der Kommunikation (zur Steuerung so-
wie Übertragung erhobener Daten) der MQ-4C TRITON bekannt (Bundes-
tagsdrucksache 18/12279, Antwort zu Frage 4)?

20. Welche noch ausstehenden Lieferleistungen muss die Euro Hawk GmbH
nach Abschluss der Close-out-Verträge für den Contractor Logistic Support
Vertrag – Teil 1 und Teil 2 (CLS 1 bzw. 2-Vertrag) – erbringen, wozu das
Bundesministerium der Verteidigung schrieb dass diese Komponenten des
ISIS („ISIS-Entwicklungsleistungen“), des EURO HAWK FSD und der zu-
gehörigen Bodenstationen betreffen (Bundestagsdrucksache 18/12279, Ant-
wort zu Frage 15)?

21. Welches Material hat die Euro Hawk GmbH „in Lieferbereitschaft“ vorge-
halten, wofür das Unternehmen im Rahmen des Close-Out-Vertrages Kosten
in Höhe von rd. 21,3 Mio. Euro erstattet wurden (Bundestagsdrucksache
18/12279, Antwort zu Frage 15)?

22. Auf welche Weise soll die Demonstratorkonfiguration des ISIS-Missions-
systems in die Nutzung überführt werden, und welche Maßnahmen sind hier-
für erforderlich?

23. Inwiefern ist die Auslieferung der drei ISIS-Systeme mittlerweile wie ge-
plant im zweiten Quartal 2017 (inklusive „einiger bisher noch nicht ausge-
lieferter ISIS-Komponenten“) komplett erfolgt (Bundestagsdrucksache
18/12279, Antwort zu Frage 15), und wo werden diese stationiert bzw. ge-
testet?

24. Welche Wartungs- und Erhaltungsmaßnahmen müssen an den drei ISIS-
Komponenten durchgeführt werden, damit diese in einigen Jahren in die
dann möglicherweise beschafften MQ-4C TRITON eingerüstet werden kön-
nen?

25. An welche das Projekt unterstützende „Dienststellen und Institute“ wurden
die im Zuge der Abnahmen zum Close-out des Entwicklungsvertrages von
der Bundesregierung erhaltenen Daten zur Analyse übergeben (Bundestags-
drucksache 18/12279, Antwort zu Frage 19)?

26. Welche Restmaßnahmen müssen vor einer Demilitarisierung und Verwer-
tung des EURO-HAWK-Plattformsystems vorgenommen werden?

27. Welche „verschiedene[n] Optionen für die Verwertung des EURO HAWK
FSD Gesamtsystems bzw. einzelner Komponenten, Baugruppen und Ersatz-
teile“ werden derzeit von der Bundesregierung untersucht, und wer ist daran
beteiligt?

Berlin, den 7. Juni 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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