BT-Drucksache 18/12686

Munitions- und Waffenverluste bei der Bundeswehr

Vom 6. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12686
18. Wahlperiode 06.06.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Kunert, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Annette Groth, Dr. André Hahn, Andrej Hunko, Michael Leutert, Niema Movassat,
Martina Renner, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Munitions- und Waffenverluste bei der Bundeswehr

Munitions- und Waffenverluste bei der Bundeswehr sind in der Vergangenheit
bereits häufiger vorgekommen. Hierfür kommen neben Fehlern in der Buchfüh-
rung und bei Bestandsüberprüfungen auch Verluste bei Schießübungen sowie
Diebstähle in Betracht. Der bislang schwerste Fall von Munitionsdiebstahl bei der
Bundeswehr ereignete sich am 7. Februar 2014 in der Fallschirmjägerkaserne in
Seedorf. Dabei wurden insgesamt „34.881 Patronen Handwaffenmunition ver-
schiedener Kaliber aus zehn aufgebrochenen Munitionsbehältern innerhalb der
Kaserne gestohlen“ (Vorbemerkung der Bundesregierung auf Bundestagsdruck-
sache 18/1265). Am 13. Februar 2017 haben Unbekannte auf dem Truppenübungs-
platz Trauen bei Munster einen dort abgestellten Transportpanzer Fuchs aufge-
brochen und zwei Sturmgewehre vom Typ G36, eine Pistole P8, eine Signalpis-
tole, zwei SEM-52-Funkgeräte, zwei Magazine ohne Munition sowie ein Doppel-
fernrohr aus dem Panzer gestohlen (vgl. www.n-tv.de/politik/Abgeordnete-
kritisieren-schweres-Versagen-article19838975.html, abgerufen am 18. Mai 2017).
Bei solchen Fällen sind nach Ansicht der Fragesteller mutmaßliche Innentäter aus
den Reihen der Bundeswehr in Betracht zu ziehen, was auch von der Bundesre-
gierung nicht ausgeschlossen wird (vgl. Vorbemerkung der Bundesregierung auf
Bundestagsdrucksache 18/1265). Ihren Angaben zufolge sollen jedoch bislang
keine Fälle von Munitions- oder Waffendiebstählen aus Bundeswehrbeständen
aufgetreten sein, denen eine politische Motivation zugrunde lag (vgl. Antwort der
Bundesregierung zu Frage 13b auf Bundestagsdrucksache 18/1265). Mögli-
che Verbindungen zum neonazistischen bzw. rechtsextremistischen Spektrum
habe der Militärische Abschirmdienst (MAD) laut Bundesregierung zwar geprüft,
seien aber nicht nachweisbar gewesen (vgl. Antwort der Bundesregierung zu
Frage 13 auf Bundestagsdrucksache 18/2171).
Im Fall des im Zusammenhang mit Terroranschlagsplanungen kürzlich festge-
nommenen rechtsextremistischen Bundeswehroffiziers Franco A. ermittelt die
Bundesanwaltschaft Medienberichten zufolge auch wegen des Diebstahls von
Munition (vgl. www.n-tv.de/politik/Hatte-Franco-A-Gauck-und-Maas-im-Visier-
article19819418.html, abgerufen am 18. Mai 2017).
Über den Fall von Franco A. hinaus muss aus Sicht der Fragesteller stärker als
bislang ein möglicher politischer Hintergrund bei Munitions- und Waffendieb-
stählen untersucht werden. Ebenso sind weitere Maßnahmen zur Absicherung
und Kontrolle von Munitions- und Waffendepots in der Bundeswehr dringend
notwendig, um Gefahren für die öffentliche Sicherheit künftig besser abzuweh-
ren.

Drucksache 18/12686 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Verbleib der bei dem
Einbruch in der Fallschirmjägerkaserne in Seedorf am 7. Februar 2014 er-
beuteten großen Munitionsmenge seit ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage
der Fraktion DIE LINKE. vom 29. April 2014 (Bundestagsdrucksache 18/1265)
gewonnen, welche Munitionsmenge wird aktuell auf dem Gelände dieser
Bundeswehrkaserne deponiert, und welche konkreten Überarbeitungen der
Regelungen für die Absicherung und Bewachung von Munitionsbehältern
(Kapitel 63 des Allgemeinen Umdrucks 150 „Grundsätzliche Militärische
Infrastrukturforderung für eine Truppenunterkunft“) wurden als Konsequenz
aus dem Munitionsdiebstahl in Seedorf vorgenommen (vgl. Antwort der
Bundesregierung zu Frage 2 auf Bundestagsdrucksache 18/1265, bitte erläu-
tern)?

2. Wie viele Munitionsverluste sind nach Kenntnis der Bundesregierung in den
letzten zehn Jahren in Liegenschaften der Bundeswehr zu verzeichnen gewe-
sen (bitte pro Jahr, Bundeswehrliegenschaft, Menge und Art verschwun-
dener Munition sowie mutmaßliche Verlustursache auflisten)?

3. Wie viele Waffenverluste sind nach Kenntnis der Bundesregierung in den
letzten zehn Jahren in Liegenschaften der Bundeswehr zu verzeichnen gewe-
sen, wobei die Fragesteller Bezug nehmen auf die Ausführungen des Gene-
ralinspekteurs der Bundeswehr, Volker Wieker, vor den Mitgliedern des Ver-
teidigungsausschusses des Deutschen Bundestages in der Sitzung vom 17. Mai
2017 und die Ansicht vertreten, dass die erbetenen Auskünfte von erhebli-
cher Bedeutung für die öffentliche Diskussion um die innere Sicherheit der
Bundesrepublik Deutschland sind (bitte pro Jahr, Bundeswehrliegenschaft,
Menge und Art verschwundener Waffen sowie mutmaßliche Verlustursache
auflisten)?

4. In wie vielen der in der Antwort zu den Fragen 2 und 3 festgestellten Muni-
tions- und Waffenverluste bei der Bundeswehr wurden nach Kenntnis der
Bundesregierung tatsächlich Ermittlungen wegen mutmaßlichen Diebstahls
aufgenommen, und wie viele Fälle davon konnten ggf. bislang schon aufge-
klärt werden (Erfassung gemäß Zentralerlass zur Dokumentation von Waf-
fen- und Munitionsverlusten, vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 6
auf Bundestagsdrucksache 18/2171, bitte pro Jahr angeben)?

5. In wie vielen der genäß der Antwort zu Frage 4 aufgenommenen Ermittlun-
gen wegen Munitions- und Waffendiebstählen wurde bzw. wird auch und
ggf. seit wann gegen mutmaßliche Innentäter aus der Bundeswehr ermittelt,
welche dienstrechtlichen Konsequenzen hat dies nach geltender Rechtslage
insbesondere für etwaige Diensttätigkeiten von Tatverdächtigen im sicher-
heitssensiblen Bereich, und in wie vielen Fällen wurden bislang entspre-
chende Konsequenzen gezogen (bitte erläutern)?

6. In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den letz-
ten zehn Jahren auch Sprengstoff, Sprengstoffbestandteile oder hierfür not-
wendiges technisches Zubehör aus Bundeswehrliegenschaften entwendet
(bitte pro Jahr, Bundeswehrliegenschaft, Menge und Sprengstoffart bzw. Zu-
behör auflisten)?

7. Wie haben sich die Gesamtkosten für die Absicherung und Bewachung von
Bundeswehrliegenschaften seit 2014 entwickelt (bitte pro Jahr und Betrag
auflisten)?

8. Wie viele Bundeswehrliegenschaften werden derzeit durch zivilgewerbliche
Bewachungskräfte geschützt, und wie viele davon unterliegen der „konven-
tionellen Bewachung“, und wie viele werden nach dem Betreibermodell
„Absicherung“ geschützt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12686
9. Mit welchen Maßnahmen ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Trans-
portpanzer Fuchs auf dem Truppenübungsplatz Trauen gesichert gewesen,
aus dem am 13. Februar 2017 mehrere Waffen, darunter zwei G36-Sturmge-
wehre, entwendet wurden, und wurden seit dem Diebstahl aus dem Trans-
portpanzer ggf. noch weitere Munitions- oder Waffenverluste in dieser Bun-
deswehrliegenschaft festgestellt (bitte erläutern)?

10. Welche Dienstvorschriften zur Absicherung von abgestellten Panzerfahrzeu-
gen mussten hierbei beachtet werden, und inwieweit wurden die entspre-
chenden Bestimmungen im Fall des aufgebrochenen Transportpanzers in
Trauen nach Kenntnis der Bundesregierung tatsächlich vorschriftsmäßig ein-
gehalten (bitte erläutern)?

11. Zu welchem Zeitpunkt hat die Bundesregierung erstmals durch wen Kennt-
nis von dem Waffendiebstahl aus dem Transportpanzer erhalten, und wann
wurden die Obleute des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundesta-
ges hierüber erstmals informiert?

12. Aus welchen Anlässen und nach welchen inhaltlichen Kriterien wurde bzw.
wird nach Kenntnis der Bundesregierung üblicherweise eine mutmaßliche
rechtsextreme politische Einstellung bei Bundeswehrangehörigen durch den
MAD bislang geprüft, und kann die Bundesregierung bestätigen, dass in der
Vergangenheit tatsächlich bei allen Munitions- und Waffenverlusten mit
Diebstahlsverdacht ein politischer Zusammenhang zum neonazistischen
bzw. rechtsextremistischen Spektrum durch den MAD geprüft wurde (bitte
erläutern)?

13. In welchem Umfang und ggf. mit welchem (Zwischen-)Ergebnis hat der
MAD im Zusammenhang mit dem Waffendiebstahl aus dem Transportpan-
zer Fuchs am 13. Februar 2017 bislang frühere unbestätigte Verdachtsfälle
von mutmaßlich rechtsextrem eingestellten Bundeswehrangehörigen noch-
mals überprüft (bitte erläutern)?

14. In wie vielen Fällen sind nach Kenntnis der Bundesregierung bei Verdachts-
falloperationen neben den Mannschaften bislang auch Bundeswehrangehö-
rige der mittleren und höheren Dienstebene vom MAD auf eine mutmaßliche
rechtsextreme politische Einstellung überprüft worden, und in wie vielen
Fällen hat sich anschließend dieser Verdacht bestätigt (bitte pro Jahr, Zahl
der Verdachtsfälle und Zahl der Bestätigungsfälle auflisten)?

15. In wie vielen Fällen wurden seit Aussetzung der Wehrpflicht nach Kenntnis
der Bundesregierung durch den MAD bei internen Verdachtsfalloperationen
Sicherheitsrisiken ermittelt, nach welchen „Phänomenbereichen“ wird hier-
bei unterschieden, und welche Anteile entfallen auf die einzelnen Phänomen-
bereiche (bitte pro Jahr und Anzahl je Phänomenbereich auflisten)?

16. In welchem Umfang wurden über den Fall des festgenommenen Terrorver-
dächtigen Franco A. hinaus durch den MAD Untersuchungen über mögliche
Verbindungen von Bundeswehrangehörigen zur rechtsextremen „Identitären
Bewegung“ bzw. ins Spektrum von rechten Burschenschaften aufgenommen
(vgl. www.faz.net/aktuell/politik/inland/affaere-franco-a-mad-untersucht-
kontakte-zur-identitaeren-bewegung-15020436.html, abgerufen am 24. Mai
2017), und wie viele Verdachtsfälle ließen sich davon ggf. bereits erhärten?

Berlin, den 2. Juni 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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