BT-Drucksache 18/12615

gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 18/11926, 18/12590 - Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und zur Änderung anderer Gesetze (EM-Leistungsverbesserungsgesetz)

Vom 31. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12615

18. Wahlperiode 31.05.2017

Bericht

des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)
gemäß § 96 der Geschäftsordnung

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung

─ Drucksachen 18/11926, 18/12590 ─

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen

verminderter Erwerbsfähigkeit und zur Änderung anderer Gesetze
(EM-Leistungsverbesserungsgesetz)

Bericht der Abgeordneten Ekin Deligöz, Axel E. Fischer (Karlsruhe Land),
Ewald Schurer und Dr. Gesine Lötzsch

Mit dem Gesetzentwurf ist beabsichtigt, Menschen mit verminderter Erwerbsfähigkeit
besser abzusichern, indem die Zurechnungszeit für Rentenzugänge schrittweise auf
das vollendete 65. Lebensjahr verlängert wird. Erwerbsgeminderte werden langfristig
so gestellt, als ob sie – entsprechend der Bewertung ihrer Zurechnungszeit – drei Jahre
länger als bisher gearbeitet hätten.

Diese Verlängerung der Zurechnungszeit wird auch in der Alterssicherung der Land-
wirte eingeführt.

Das Verfahren zur Meldung von versicherungspflichtigen Handwerkern wird opti-
miert.

Zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/1794 werden das Kündigungsschutzgesetz
(KSchG) und das Europäische Betriebsräte-Gesetz in Bezug auf die Seeschifffahrt an-
gepasst.

Die finanziellen Auswirkungen des Gesetzentwurfs unter Berücksichtigung der vom
federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales beschlossenen Änderungen auf die
öffentlichen Haushalte stellen sich wie folgt dar:

Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Durch die bessere Absicherung bei Erwerbsminderung entstehen in der gesetzlichen
Rentenversicherung steigende Mehrausgaben. Die Verlängerung der Zurechnungszeit
erfolgt stufenweise für Rentenzugänge ab dem 1. Januar 2018, sodass sich im Zeitver-
lauf immer mehr Rentenzugänge mit höheren Erwerbsminderungsrenten im Renten-
bestand befinden.

Drucksache 18/12615 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Im Jahr der Einführung ergeben sich in der gesetzlichen Rentenversicherung zunächst
geringe Mehrausgaben, die bis zum Ende des mittelfristigen Finanzplanungszeitraums
im Jahr 2021 auf 140 Mio. Euro ansteigen. Auswirkungen auf den Beitragssatz und
auf die Höhe der Bundesmittel, die an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt wer-
den, sind damit nicht verbunden.

Durch den sich im Zeitverlauf aufbauenden Rentenbestand mit verbesserten Leistun-
gen steigen die Mehrausgaben längerfristig auf rund 1,5 Mrd. Euro im Jahr 2030 und
auf rund 3,2 Mrd. Euro im Jahr 2045 an.

Die Mehrausgaben in der gesetzlichen Rentenversicherung führen über höhere Bei-
träge der Rentnerinnen und Rentner zu Mehreinnahmen in der gesetzlichen Kranken-
und Pflegeversicherung. Diese Mehreinnahmen steigen bis zum Ende des mittelfristi-
gen Finanzplanungszeitraums im Jahr 2021 auf 23 Mio. Euro in der Krankenversiche-
rung und auf 4 Mio. Euro in der Pflegeversicherung an.

In der Alterssicherung der Landwirte ergeben sich Mehrausgaben, die bis 2040 nicht
über einen einstelligen Millionenbetrag hinausgehen und die nach § 78 des Gesetzes
über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) im Rahmen der Defizitdeckung vom
Bund getragen und im Einzelplan 10 aufgefangen werden.

Die stufenweisen Verbesserungen bei den Renten wegen verminderter Erwerbsfähig-
keit ab Zugangsjahr 2018 führen tendenziell zu Steuermehreinnahmen in nicht bezif-
ferbarer Höhe.

Durch die Neuregelung der Meldepflicht von Handwerkskammern sind finanzielle
Auswirkungen auf die gesetzliche Rentenversicherung nur in geringem, nicht näher
quantifizierbarem Umfang zu erwarten. Soweit es durch die Regelung zu einer umfas-
senden Erfassung der versicherungspflichtigen selbstständigen Handwerker kommt,
würden Beitragsmehreinnahmen entstehen, denen entsprechende Mehrausgaben in der
Zukunft gegenüberstünden.

Erfüllungsaufwand

Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.

Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Durch die Selbstmeldeverpflichtung zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht
für selbstständig tätige Handwerker, die von der Meldepflicht der Handwerkskammern
nicht erfasst werden, entsteht Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft insofern, als die
betreffenden Handwerker dazu verpflichtet werden, sich bei ihrem Rentenversiche-
rungsträger im Hinblick auf eine möglicherweise eingetretene Versicherungspflicht zu
melden. Dies betrifft nur eine geringe, jedoch nicht bezifferbare Anzahl an Fällen. Für
jeden Betroffenen entsteht ein einmaliger zeitlicher Aufwand von rund drei Minuten.
Dies entspricht einem finanziellen Aufwand von etwa drei Euro je Fall.

Über den bereits bestehenden § 17 KSchG werden in Zukunft auch Reedereien mit
deutschflaggigen Schiffen verpflichtet, Massenentlassungen bei der Bundesagentur für
Arbeit anzuzeigen. Damit unterliegen künftig auch Reedereien mit deutschflaggigen
Schiffen dieser Informationspflicht. Diese beruht auf einer zwingenden EU-Vorgabe
(Artikel 4 der Richtlinie (EU) 2015/1794). Der mit der Anzeigepflicht und der Einbe-
ziehung von Seeschiffen in den Dritten Abschnitt des KSchG einhergehende Erfül-
lungsaufwand fällt nur im Einzelfall an. Es gibt rund 330 unter deutscher Flagge fah-
rende Schiffe.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12615

Da es derzeit nur höchstens 20 Reederei-Betriebe in Deutschland gibt, von denen nicht
bekannt ist, ob bei ihnen überhaupt Gremien nach der Richtlinie 2009/38/EG existie-
ren, fällt der durch die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie
einhergehende Erfüllungsaufwand allenfalls im Einzelfall an.

Im Übrigen entsteht der Wirtschaft kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand, insbesondere
werden keine weiteren Informationspflichten eingeführt.

Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Durch die Umsetzung der Verbesserungen bei den Renten wegen verminderter Er-
werbsfähigkeit entsteht den Trägern der Deutschen Rentenversicherung ein einmaliger
Umstellungsaufwand in Höhe von rund 90 000 Euro.

Der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) entsteht
ein einmaliger Umstellungsaufwand von rund 70.000 Euro beziehungsweise bei exter-
ner Dienstleistung von rund 220.000 Euro.

Im Zusammenhang mit der Neuregelung der von den Handwerkskammern zu erstat-
tenden Meldungen entsteht für die Rentenversicherungsträger einmaliger Erfüllungs-
aufwand für die übergangsweise Bereitstellung einer Webanwendung, Implementie-
rungen und Registrierungen für den eXTra-Standard und erste Anpassungen im Pro-
grammsystem der Rentenversicherungsträger zur Verarbeitung der Meldungen in
Höhe von etwa 550.000 Euro. Darüber hinaus ergeben sich laufende Verwaltungskos-
ten für Anpassungen, Wartungen und den Betrieb der Webanwendung und des eXTra-
Standard-Verfahrens von rund 105.000 Euro jährlich. Langfristig sind durch die Ein-
führung einer effizienteren, einheitlichen Form der Meldungen Einsparungen zu er-
warten, deren Höhe jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden kann.

Auch für die Handwerkskammern entsteht durch die Vorgabe, ihre Meldungen in ein-
heitlicher Form abgeben zu müssen, einmaliger Erfüllungsaufwand in geringerem Um-
fang für Softwareanpassungen. Die Höhe der Kosten hängt vom Umfang der jeweils
erforderlichen Anpassungen ab und kann nicht konkret beziffert werden.

Durch die Einbeziehung von Seeschiffen und ihrer Besatzungen in den Dritten Ab-
schnitt des KSchG zu anzeigepflichtigen (Massen-)Entlassungen entsteht bei der Bun-
desagentur für Arbeit als für die Anzeige zuständige Behörde ein sehr geringfügiger
und nicht quantifizierbarer Erfüllungsaufwand. Es ist keine Änderung des bestehenden
Verwaltungsfahrens erforderlich. Es gibt rund 330 unter deutscher Flagge fahrende
Schiffe.

Weitere Kosten

Durch das Gesetz wird das verfügbare Einkommen der Rentnerhaushalte erhöht. Den
möglichen geringen preiserhöhenden Wirkungen höherer Arbeitskosten und einer hö-
heren Konsumnachfrage der Rentnerhaushalte steht eine mögliche geringe preisdämp-
fende Wirkung einer geringeren Konsumnachfrage seitens der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer sowie der Selbständigen gegenüber, sofern mit den Regelungen Bei-
tragsmehreinnahmen der Rentenversicherung verbunden sind. Nennenswerte Auswir-
kungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind somit
nicht zu erwarten.

Der Haushaltsausschuss hält den Gesetzentwurf einvernehmlich für mit der
Haushaltslage des Bundes vereinbar.

Die Finanzplanung des Bundes für die Folgejahre ist entsprechend fortzuschreiben.

Dieser Bericht beruht auf der vom federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales
vorgelegten Beschlussempfehlung.

Drucksache 18/12615 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Berlin, den 31. Mai 2017

Der Haushaltsausschuss

Dr. Gesine Lötzsch

Vorsitzende und
Berichterstatterin

Ekin Deligöz

Berichterstatterin

Axel E. Fischer (Karlsruhe Land)

Berichterstatter

Ewald Schurer

Berichterstatter

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