BT-Drucksache 18/12199

Mitarbeit von Europol in der zivil-militärischen Operation "Gallant Phoenix"

Vom 26. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12199
18. Wahlperiode 26.04.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Heike Hänsel, Ulla Jelpke,
Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Kathrin Vogler und der Fraktion
DIE LINKE.

Mitarbeit von Europol in der zivil-militärischen Operation „Gallant Phoenix“

Laut einem Ratsdokument der Europäischen Union will die EU-Polizeiagentur
Europol in Den Haag Fingerabdrücke und DNA-Spuren verarbeiten, die das US-
Militär in Kriegsgebieten sammelt (http://gleft.de/1FR). Der Datentausch erfolgt
im Rahmen der Operation „Gallant Phoenix“, einem Aufklärungsprojekt des US-
Militärs, das in Jordanien angesiedelt ist (New York Times vom 27. Juli 2016,
„U.S. Secures Vast New Trove of Intelligence on ISIS“). Auch US-Geheim-
dienste nehmen daran teil. „Gallant Phoenix“ steht unter Leitung des Joint Special
Operations Command, das die Spezialeinheiten aller Teilstreitkräfte befehligt.
Für die Zusammenarbeit mit den USA will Europol jetzt einen Verbindungsbe-
amten zu „Gallant Phoenix“ entsenden.
Neben „Gallant Phoenix“ hat die US-Regierung einigen EU-Mitgliedstaaten an-
geboten, eine Datenbank zu „ausländischen Kämpfern“ einzurichten und biome-
trische Daten ankommender Geflüchteter damit abzugleichen (Bundestagsdruck-
sache 18/11885, Antwort auf die Schriftliche Frage 16). Laut einem Papier der
amtierenden EU-Ratspräsidentschaft handelt es sich um „Daten aus Kriegsschau-
plätzen in Syrien und dem Irak und anderen Konfliktgebieten“ (http://gleft.de/1Ev).
Auch das Bundesministerium des Innern wurde hierzu vom Heimatschutzminis-
terium angesprochen. Details zur möglicherweise militärischen Herkunft der Da-
ten kennt die Bundesregierung angeblich nicht, trotzdem wird der Vorschlag ge-
prüft (Bundestagsdrucksache 18/11885, Antwort auf die Schriftliche Frage 16).
Die Bundesregierung erwog nach einem Medienbericht im vergangenen Jahr, mit
dem Bundesnachrichtendienst (BND) an „Gallant Phoenix“ teilzunehmen (DER
SPIEGEL vom 14. Mai 2016, „Kanzleramt gegen BND-Kooperation mit USA in
Jordanien“). Ein entsprechendes Angebot habe die US-Regierung „via Bundes-
wehr“ an das Bundeskanzleramt herangetragen. Dadurch hätte der Auslandsge-
heimdienst an Informationen und Reisebewegungen von „Islamisten aus Deutsch-
land“ gelangen können, wenn sich diese im Irak und in Syrien aufhalten. Zwar
hätten die Bundeswehr und der BND den Informationsaustausch für sinnvoll ge-
halten, das Bundeskanzleramt habe aber eine direkte Kooperation abgelehnt.
Bereits in zwei Vorläuferprojekten hatten europäische Justiz- und Innenministe-
rien mit dem US-Verteidigungsministerium Daten über „ausländische Terroris-
ten“ in Syrien und dem Irak ausgetauscht. Auch das Bundeskriminalamt (BKA)
nahm daran teil, stellte die Zusammenarbeit jedoch nach Angaben des Bundes-
ministeriums des Innern im Jahr 2012 wegen rechtlicher Bedenken ein (Bundes-
tagsdrucksache 18/1411, Antwort zu Frage 36). Über die Mitarbeit von Europol

Drucksache 18/12199 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

in „Gallant Phoenix“ hätten das BKA, die Bundespolizei und die Landeskrimi-
nalämter aber Zugriff auf die dort gespeicherten biometrischen Daten, die das US-
Militär in Kriegsgebieten sammelte.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wer nimmt nach Kenntnis der Bundesregierung an der Operation „Gallant

Phoenix“ teil?
2. Was ist der Bundesregierung über den Informationsaustausch im Rahmen

der Operation „Gallant Phoenix“ bekannt, womit die EU-Polizeiagentur Eu-
ropol in Den Haag unter anderem biometrische Daten verarbeiten kann, die
das US-Militär in Kriegsgebieten sammelt?
a) Von welcher Stelle würde Europol die Daten erhalten?
b) Welche einzelnen (nicht nur biometrischen) Daten werden dabei verar-

beitet?
c) In welchen Europol-Dateien sollen die Daten gespeichert werden?

3. Inwiefern könnten die Daten aus „Gallant Phoenix“ schließlich auch von den
Geheimdiensten der Bundesregierung abgefragt werden?

4. Wann will Europol nach Kenntnis der Bundesregierung einen Verbindungs-
beamten zu „Gallant Phoenix“ entsenden, und wo genau würde dieser stati-
oniert?

5. Aus welchen Erwägungen hat die Bundesregierung einem Vorschlag der US-
Regierung noch nicht zugestimmt, eine Datenbank zu „ausländischen Kämp-
fern“ einzurichten und biometrische Daten ankommender Geflüchteter damit
abzugleichen (Bundestagsdrucksache 18/11885, Antwort auf die Schriftliche
Frage 16)?
a) Bei welcher Stelle würde die Bundesregierung die Daten abfragen?
b) Inwiefern könnten dem Vorschlag zufolge in Deutschland auch die Bun-

despolizei, der Zollfahndungsdienst sowie die Polizeien der Länder auf
die Daten zugreifen?

c) Inwiefern hat die Bundesregierung im Rahmen ihrer Prüfung des Ange-
botes bei der US-Regierung um Konkretisierung ersucht, ob die abgefrag-
ten bzw. abgeglichenen Informationen „Daten aus Kriegsschauplätzen in
Syrien und dem Irak und anderen Konfliktgebieten“ enthalten (sofern dies
unterblieb, bitte die Gründe hierfür mitteilen)?

6. Welche existierenden Applikationen zum DNA-Datentausch im Prüm-Ver-
fahren sollten durch die Projektvorschläge des BKA „DNA onEU“ und
„DNA fEUsion“ „verbessert und optimiert“ werden (Bundestagsdrucksache
18/11578)?

7. Wann will die Europäische Kommission über einen entsprechenden Projekt-
vorschlag der Regierungen Deutschlands mit Frankreich, Polen, Tschechi-
sche Republik und Slowenien als offizielle Partnerstaaten beschließen?

8. Welchen Inhalt hatte ein Angebot der US-Regierung an den Bundesnachrich-
tendienst zur Teilnahme an „Gallant Phoenix“, und welche Daten hätte der
Auslandsgeheimdienst hierüber erhalten oder geteilt?
a) Auf welche Weise wurde das Angebot „via Bundeswehr“ an das Bundes-

kanzleramt herangetragen?
b) Aus welchen Gründen hat der Bundesnachrichtendienst das Angebot, wie

vom „SPIEGEL“ am 14. Mai 2016 berichtet, abgelehnt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12199
9. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern die Thematik des
Zugangs von Polizeien und Geheimdiensten zu Informationen, die von Mili-
tärs in Kriegsschauplätzen („battlefields“) gesammelt werden, auch beim
Treffen der Innen- und Verteidigungsminister der Europäischen Union am
18. Mai 2017 oder im Ständigen Ausschuss für die operative Zusammenar-
beit im Bereich der inneren Sicherheit (COSI) behandelt wird?

10. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung mit Stand vom
31. März 2017 in den Europol-Auswertedateien „Travellers“, „Hydra“ und
„Check the Web“ gespeichert?

11. Was ist der Bundesregierung mittlerweile über ein Projekt der Polizeiorgani-
sation Interpol zur Verarbeitung von DNA-Daten von „ausländischen Kämp-
fern“ bekannt (vgl. Bundestagsdrucksache 18/11893, Antwort zu Frage 4)?

12. Wann will die US-Küstenwache nach Kenntnis der Bundesregierung einen
Verbindungsbeamten zur EU-Grenzagentur Frontex in Warschau schicken
(http://gleft.de/1FR)?

13. Auf welche konkrete Weise (Finanz- oder Sachmittel bzw. Personalumfang)
wollen die Regierungen Deutschlands und Frankreichs eine „multinationale
G5-Sahel-Truppe“ zur Bekämpfung des Terrorismus in der Region und der
„Überwachung der Grenzen“ unterstützen, wozu das Bundesministerium der
Verteidigung (BMVg) lediglich allgemein mitteilt dass die „Mobilität der
G5-Streitkräfte“ verbessert werden und die neue G5-Truppe mit leichter
Ausrüstung sowie Ausbildung und Beratung unterstützt werden soll, die Ver-
teidigungsakademie der G5 Sahel in Mauretanien mit Material ausgestattet
wird und schließlich in Niger die Fähigkeiten der Luftbeweglichkeit erhöht
und ein Beitrag zum Ausbau der dazu erforderlichen Infrastruktur erbracht
werden soll (Pressemitteilung BMVg vom 13. April 2017, „Deutschland und
Frankreich unterstützen gemeinsam G5 Sahel“)?

14. Zur Verfolgung welcher Aufgaben werden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung Informationen zwischen der EU-Mission zur „Schleuserbekämpfung“
EUNAVFOR MED mit dem US-Kommando AFRICOM in Stuttgart ausge-
tauscht (Bundestagsdrucksache 18/11953, Antwort zu Frage 5), wozu eigens
ein Verbindungsoffizier zum AFRICOM entsandt wurde, und welche kon-
kreten Daten werden in dem „Informationsaustausch“ zwischen EUNA-
VFOR MED und AFRICOM verarbeitet?

15. Sind der Bundesregierung Pläne bekannt, den zuständigen Behörden der EU-
Mitgliedstaaten vermehrt Risikoanalysen von US-Behörden zukommen zu
lassen, die dort auf Basis von EU-Passagierdaten (PNR und API) erstellt
wurden?

16. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse über Konsultationen der EU, Kana-
das und der USA vor, um etwaige negative Konsequenzen durch ein mögli-
ches Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum sehr ähnlichen Fluggastda-
tenabkommen mit Kanada durch andere Maßnahmen ausgleichen zu kön-
nen?

17. Ist der Bundesregierung bekannt, ob Europol mit Unterstützung von US-Be-
hörden zukünftig auch den Bargeldtransfer von Western Union auswerten
soll, und falls ja, inwiefern soll die Agentur dies gegen „Terrorismusfinan-
zierung“ oder „Migrantenschmuggel“ einsetzen?

Drucksache 18/12199 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

18. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern US-Behörden für

Finanzermittlungen zukünftig auch Daten aus innereuropäischen SEPA-
Überweisungen erhalten?

Berlin, den 25. April 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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