BT-Drucksache 18/12171

zu dem Antrag der Abgeordneten Özcan Mutlu, Monika Lazar, Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/3556 - Für verbindliche politische Regeln im internationalen Sport - Menschenrechte achten, Umwelt schützen, Korruption bekämpfen

Vom 27. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12171
18. Wahlperiode 27.04.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Sportausschusses (5. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Özcan Mutlu, Monika Lazar, Tom Koenigs,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/3556 –

Für verbindliche politische Regeln im internationalen Sport –
Menschenrechte achten, Umwelt schützen, Korruption
bekämpfen

A. Problem
Der internationale organisierte Sport steckt in einer Glaubwürdigkeitskrise, die
großen internationalen Sportverbände wie das IOC oder die FIFA stehen regel-
mäßig in der Kritik. Auch ein Teil der Staaten, die internationale Sportgroßereig-
nisse ausrichten, steht mit negativen Schlagzeilen im Fokus der Öffentlichkeit.
Nach Auffassung der den Antrag einbringenden Fraktion seien Menschenrechts-
verletzungen, Gigantomanie, Umwelt- und Naturvernichtung, Korruption und In-
transparenz Stichworte, die das Bild von Sportgroßveranstaltungen in der Öffent-
lichkeit in den letzten Jahren maßgeblich mitbestimmt hätten. Die gleichzeitige
Vergabe der Fußballweltmeisterschaften 2018 und 2022 nach Russland bzw. Ka-
tar sei eine Fehlentscheidung gewesen. Auch die Olympischen Spiele hätten an
Strahlkraft verloren, was unter anderem durch die sinkende Zahl von
Bewerberstädten verdeutlicht werde.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 18/12171 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/3556 abzulehnen.

Berlin, den 29. März 2017

Der Sportausschuss

Dagmar Freitag
Vorsitzende

Dr. Frank Steffel
Berichterstatter

Michaela Engelmeier
Berichterstatterin

Dr. André Hahn
Berichterstatter

Monika Lazar
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12171
Bericht der Abgeordneten Dr. Frank Steffel, Michaela Engelmeier, Dr. André Hahn
und Monika Lazar

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/3556 in seiner 97. Sitzung am 26. März 2015 beraten
und an den Sportausschuss zur federführenden Beratung und an den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für
Recht und Verbraucherschutz, den Finanzausschuss, den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor-
sicherheit, den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, den Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung, den Ausschuss für Tourismus und den Ausschuss für Kultur und Medien zur Mitbe-
ratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Antrag fordert die Bundesregierung auf,

– die Sportverbände anzuhalten, die verbindliche Einhaltung menschen- und bürgerrechtlicher und ökologi-
scher Standards bei der Vorbereitung und Durchführung von Sportgroßereignissen verpflichtend zur
Voraussetzung von Vergabeentscheidungen zu machen und ihre Umsetzung sanktionsbewehrt sicherzustel-
len;

– über die Einhaltung aller vereinbarten menschen- und bürgerrechtlichen sowie ökologischen Standards in
regelmäßigen Abständen zu berichten, dabei die relevanten Organisationen einzubeziehen und diese Berichte
zu veröffentlichen;

– die Sportverbände anzuhalten, analog zur Wirtschaft „Corporate Social Responsibility“-Regeln
und -Strukturen in ihrer Organisation zu verankern und verbindlich umzusetzen;

– die in der „Berliner Erklärung“ der 5. UNESCO-Weltsportministerkonferenz (MINEPS V) getroffenen Ver-
einbarungen zu achten und auf deren verbindliche Umsetzung hinzuwirken;

– die Initiative zu ergreifen, um langfristig in Zusammenarbeit mit Sportorganisationen und Sportverbänden
beginnend mit der europäischen Ebene eine internationale Konvention für die Vergabe und Durchführung
von Sportgroßveranstaltungen auszuarbeiten und zu vereinbaren. Dabei sind neben Menschen- und Bürger-
rechten und der Nachhaltigkeit auch Kriterien wie Transparenz, Korruptionsbekämpfung und Bürgerbeteili-
gung zu berücksichtigen;

– sich für eine Aufnahme ökologischer Standards in die Satzungen internationaler Sportverbände einzusetzen;

– die Sportverbände anzuhalten, sich an der Entwicklung von Formen der Bürgerbeteiligung für internationale
Sportgroßveranstaltungen zu beteiligen und gemeinsam mit den Ausrichterstaaten entsprechende Vorhaben
durchzuführen;

– in allen Fragen der Einschätzung der politischen Dimension von Sportgroßveranstaltungen die Expertise von
Nichtregierungsorganisationen, insbesondere von Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen, ein-
zubeziehen;

– auf die Umsetzung der angekündigten Reformen des Staates Katar sowie die Abschaffung des sogenannten
„Kafala-Systems“ hinzuwirken;

– dem Gedanken, dass Sport positive gesellschaftliche Veränderungsprozesse anstoßen könnte, verstärkt
dadurch Rechnung zu tragen, dass ein internationaler Sportaustausch auf lokaler Ebene gefördert und insbe-
sondere in diesem Kontext die Visavergabepraxis deutscher Auslandsvertretungen durch Nutzung vorhan-
dener Spielräume in den EU-Bestimmungen gelockert wird;

– frühzeitig anzukündigen, unter welchen Bedingungen Mitglieder des Kabinetts in das Ausrichterland reisen
werden und dabei auch die menschen- und bürgerrechtliche wie ökologische Situation vor Ort zu berück-
sichtigen;

Drucksache 18/12171 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– in der Frage der Steuerregeln für internationale Sportorganisationen und -verbände Initiativen für eine

Harmonisierung des Steuerrechts auf den Weg zu bringen, die insbesondere die zunehmende Kommerziali-
sierung des Sports und von Sportgroßveranstaltungen berücksichtigt;

– zwischen den EU-Staaten abzustimmen, dass in allen Bewerberstaaten aus der EU dieselben Voraussetzun-
gen bei der Besteuerung vorliegen, so dass diese nicht gegeneinander ausgespielt werden können, und dass
in Zukunft keine Steuerbefreiungen für Sportorganisationen und -verbände bei internationalen Sportgroß-
veranstaltungen gewährt werden;

– sich für die freie Äußerung von Meinungen von Sportlerinnen und Sportlern bei Sportgroßveranstaltungen
im Sinne der Präambel der Olympischen Charta einzusetzen und deutlich zu machen, dass keine Sportlerin
und kein Sportler wegen Meinungsäußerungen von den sportlichen Wettkämpfen ausgeschlossen werden
darf oder einen sonstigen Nachteil erleidet;

– den bestehenden Handlungsbedarf zur Korruptionsbekämpfung im Sport anzuerkennen und Strategien zu
entwickeln, wie auch Sportorganisationen und -verbände an der Aufklärung beteiligt werden können;

– dem Deutschen Bundestag einen jährlichen Bericht vorzulegen über die Maßnahmen, die internationale
Sportorganisationen und -verbände ergriffen haben.

Zur Begründung der Forderungen wird auf die Drucksache 18/3556 verwiesen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 18/3556 in seiner 39. Sitzung am 22. April 2015 und
in seiner 44. Sitzung am 17. Juni 2015 beraten und empfiehlt die Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/3556 in seiner 65. Sitzung
am 23. September 2015 beraten und empfiehlt die Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE.

Der Finanzausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 18/3556 in seiner 52. Sitzung am 23. September 2015
beraten und empfiehlt die Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat die Vorlage auf Drucksache 18/3556
in seiner 58. Sitzung am 23. September 2015 beraten und empfiehlt die Ablehnung des Antrags mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat die Vorlage auf Drucksache 18/3556 in seiner
40. Sitzung am 23. September 2015 beraten und empfiehlt die Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat die Vorlage auf Drucksache
18/3556 in seiner 39. Sitzung am 23. September 2015 beraten und empfiehlt die Ablehnung des Antrags mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Der Ausschuss für Tourismus hat die Vorlage auf Drucksache 18/3556 in seiner 36. Sitzung am 23. September
2015 beraten und empfiehlt die Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. bei Abwesenheit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat die Vorlage auf Drucksache 18/3556 in seiner 39. Sitzung am
23. September 2015 beraten und empfiehlt die Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12171
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Sportausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 18/3556 in seiner 35. Sitzung am 23. September 2015 beraten.
In seiner 43. Sitzung am 27. Januar 2016 hat er beschlossen, in seiner 49. Sitzung am 27. April 2016 zu dem
Antrag eine öffentliche Anhörung durchzuführen. Diese Anhörung konnte aufgrund einer streikbedingten Nicht-
anreise der Sachverständigen nicht durchgeführt werden. In seiner 61. Sitzung am 18. Januar 2017 beschloss der
Ausschuss, in seiner 66. Sitzung am 29. März 2017 erneut eine öffentliche Anhörung zu terminieren. Durch Ob-
leutebeschluss fand diese Beratung schlussendlich in nichtöffentlicher Sitzung statt. Der Sportausschuss hat die
Vorlage auf Drucksache 18/3556 in dieser 66. Sitzung am 29. März 2017 beraten und empfiehlt die Ablehnung
des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stelle nun einen beinah wort-
gleichen Antrag, der schon in der letzten Wahlperiode eingebracht worden sei. Die veraltete Initiative trage den
Entwicklungen der letzten Jahre, wie auch den aktuellen Veränderungen in der internationalen Sportpolitik, in
keinster Weise Rechnung. Zudem sei außerordentlich zu bedauern, dass die parlamentarische Initiative der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN alle internationalen Sportverbände gleichermaßen mit den bekannt geworde-
nen Missständen und Korruptionsvorwürfen gegenüber dem Weltfußballverband FIFA in Verbindung bringe. Der
Antrag verkenne in vielen Punkten die Möglichkeiten und Grenzen des internationalen Sports, der eben keine
supranationale Organisation (wie z. B. die UN) darstelle. Die weltweite Verbreitung des Sports – mit meist über
200 repräsentierten Ländern – sei eine enorme Chance, gleichsam aber auch eine große Herausforderung im Blick
auf die gesellschaftlichen, politischen, kulturellen Unterschiede. Die Potentiale des internationalen Sports lägen
vor allem im gesellschaftspolitischen Bereich und in der Möglichkeit beispielsweise bei Olympischen Spielen,
einen offenen Austausch zwischen den Menschen – im Sinne der Völkerverständigung – zu fördern. Viele zu
begrüßende Ziele in den ausrichtenden Ländern seien nicht allein durch ein zweiwöchiges Großsportereignis zu
erreichen, dazu bedürfe es teilweise langer diplomatischer Prozesse und Verhandlungen von dazu legitimierten
Regierungen und Parlamenten. Gleichwohl trügen die internationalen Sportverbände Verantwortung für die Aus-
wahl der ausrichtenden Länder bzw. der sich bewerbenden Städte und dahinter stehenden nationalen Sportorga-
nisationen. Die unmittelbar mit dem Sportereignis in Verbindung stehenden Rahmenbedingungen, wie zum Bei-
spiel der Bau von Stadien und Sportarenen sowie die Nachhaltigkeit, sollten weiter evaluiert und verbessert wer-
den. Mit der „Agenda 2020“ habe das Internationale Olympische Komitee (IOC) einen richtigen und wichtigen
Schritt vollzogen. Die Bundesregierung habe mit der 5. UNESCO-Weltsportministerkonferenz (MINEPS V) in
Berlin seinerseits neue Maßstäbe in der internationalen Sportpolitik gesetzt. In der hierzu gehörigen „Berliner
Erklärung“ von 2013 seien zahlreiche Punkte aufgegriffen worden, die nun von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN erneut vorgetragen würden. Die Konferenz in Berlin habe zudem die genannte „internationale IOC-
Reformagenda 2020“ stark beeinflusst. Dieser Weg sollte von staatlicher und verbandspolitischer Seite weiterhin
kraftvoll forciert werden.

Die Fraktion der SPD erklärte, dass auch sie den internationalen Sport in einer Glaubwürdigkeitskrise sehe. Die
Unregelmäßigkeiten bei Vergaben von Sportgroßveranstaltungen ließen den internationalen Sport, genauso wie
Doping und Manipulation, in keinem guten Licht stehen. Hinzu kämen die mangelnde Einhaltung von Bürger-
und Menschenrechten sowie ökologischen Standards bei der Vorbereitung und Durchführung von Sportgroßer-
eignissen. Daher sollten sich die Gastgeber im Vorfeld der Vergabeentscheidung zur Einhaltung dieser Standards
verpflichten und während der Vorbereitung bzw. Durchführung der Veranstaltung in regelmäßigen Abständen
kontrollieren lassen. Die Bürgerbeteiligung und Transparenz im Vorfeld der Bürgerentscheide in München und
Hamburg hätten schlussendlich zur Ablehnung von den Olympischen Winterspielen (2022) bzw. den Olympi-
schen Sommerspielen (2024) in den Metropolregionen geführt. Daher müsse der internationale Sport seine Glaub-
würdigkeitskrise schnell überwinden, Transparenz schaffen und entsprechende Standards im Bereich von Men-
schen- und Umweltrechten festschreiben, damit die Bevölkerung sich als Gastgeber mitgenommen fühle. Der
Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schiebe die Verantwortung für die Einhaltung von Bürger- und Men-
schenrechten auf die Sportverbände, die diese Aufgabe nicht leisten könnten. Vielmehr handele es sich hierbei
um staatliche Aufgaben, die die Gastgeber politisch umsetzen müssten. Außerdem würden die Antragsteller die

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Bemühungen des organisierten Sports in Deutschland nicht anerkennen, die Programme zur Nachhaltigkeit und
gegen Korruption geschaffen hätten. Darüber hinaus habe die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode mit
dem Gesetz gegen Spielmanipulation und dem Gesetz gegen Doping zwei Regelungen verabschiedet, die einen
Beitrag für einen fairen und sauberen Sport leisten sollten.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, sie sehe den Sport ebenfalls in einer Glaubwürdigkeitskrise. Die zuneh-
mende Kommerzialisierung im Hochleistungsbereich habe dem Sport insgesamt geschadet. In der Vergangenheit
stünden Sportgroßveranstaltungen immer wieder im Spannungsfeld zwischen Begeisterung und öffentlicher Kri-
tik, das betreffe die Olympischen und Paralympischen Spiele in Peking, Vancouver, London und Sotschi ebenso
wie die Fußball-WM in Deutschland, Südafrika und Brasilien bzw. deren Vergabe an Russland und Katar. Die
grundsätzliche Kritik treffe vor allem die dahinter stehenden Organisationen. Sie hätten sich in der Vergangenheit
von Kommerz und Korruption treiben lassen, wie die Ermittlungen gegen den Fußballweltverband FIFA, den
Internationalen Leichtathletik-Verband IAAF, aber auch einzelne Mitglieder des Internationalen Olympischen
Komitees zeigten. Die momentan nahezu uneingeschränkte Macht solcher Gremien, beispielsweise hinsichtlich
der Host-City-Knebelverträge, gebe Anlass, hier Veränderungen einzufordern. Anliegen des Antragstellers sei es,
dem Sport wieder Ansehen zu verschaffen, Vergabeverfahren um Sportgroßveranstaltungen zu modernisieren und
zu demokratisieren. Dafür würden eine Vielzahl von Forderungen und Apellen formuliert. So sollten u.a. Men-
schenrechts- und Umweltschutzorganisationen verbindlich beteiligt, für Fernseheinnahmen und Sponsoring-
Gelder Steuern gezahlt, gegen Korruption und Intransparenz im Sport solle stärker vorgegangen werden. Der
Ansatz, Kriterien für die Vergabe von Sportgroßveranstaltungen zu entwickeln, entspreche den politischen For-
derungen der Fraktion DIE LINKE., die hierzu selbst konkrete Kriterien formuliert habe. Diese konzentrierten
sich auf das Wesentliche und auf für Regierungen umsetzbare Ziele, wie die sozialen und kulturellen Standards
sowie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte. Des Weiteren müsse die Nachhaltigkeit der
Infrastrukturmaßnahmen gewährleistet sein. Die Kosten seien transparent und öffentlich zu benennen. Eine tra-
gende Rolle spielten hierbei auch die Sportorganisationen, ohne deren Bewusstseinswandel ein Umdenken im
internationalen Sport nicht erreicht werden könne. Da im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch
sehr unrealistische Ziele benannt würden, die nicht durch Regierungshandeln erreicht werden könnten, enthalte
sich die Fraktion DIE LINKE.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wies auf die weiter ungelöste Problematik des Gigantismus und der
Korruption bei internationalen Sportgroßveranstaltungen hin. Daher sei der Antrag, der bereits Ende 2014 in den
Deutschen Bundestag eingebracht wurde, immer noch hoch aktuell. Man müsse endlich bei den Sportverbänden
einen anderen Weg einschlagen. Die bisherigen Vorschläge, z.B. die Agenda 2020 des IOC, seien weder ausrei-
chend noch würden sie überhaupt umgesetzt. Der Sport auf internationaler Ebene habe weiterhin ein gravierendes
Glaubwürdigkeitsproblem, welches sich besonders bei der Vergabe von Olympischen Spielen oder großen Fuß-
ballveranstaltungen in autoritär geführte Staaten zeige. Dies könne nicht der Weg einer glaubwürdigen Sportent-
wicklung sein. Leider verfolge die Bundesregierung die internationale Umsetzung der Vereinbarungen der Welt-
sportministerkonferenz von 2013 in Berlin nur halbherzig. Auch Sportorganisationen in Deutschland stünden we-
gen der eingereichten Bewerbung um die Fußball-Europameisterschaft der Männer 2024 in der Verantwortung
für ein sauberes und transparentes Verfahren.

Berlin, den 29. März 2017

Dr. Frank Steffel
Berichterstatter

Michaela Engelmeier
Berichterstatterin

Dr. André Hahn
Berichterstatter

Monika Lazar
Berichterstatterin

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