BT-Drucksache 18/121

Proteste und Übergriffe vor Flüchtlingsunterkünften

Vom 2. Dezember 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 18/121
18. Wahlperiode 02.12.2013
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Martina Renner, Harald Petzold (Havelland),
Frank Tempel, Halina Wawzyniak, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Proteste und Übergriffe vor Flüchtlingsunterkünften

Flucht und Asyl sind seit Jahren ein zentrales Thema der rassistischen Hetze der
extremen Rechten und namentlich der NPD. Immer wieder versucht die Partei,
Ressentiments und Vorurteile gegen Flüchtlinge zu schüren, Proteste gegen
geplante Unterkünfte zu initiieren oder vorhandene Proteste in ihrem Sinne zu
instrumentalisieren. Die NPD knüpft damit an vorhandene rassistische Einstel-
lungen in Teilen der Bevölkerung an, wie sie u.a. in der Langzeitstudie Deutsche
Zustände (Heitmeyer u. a.) nachgewiesen wurden.
Seit dem Jahr 2012 hat die NPD die Auseinandersetzung mit geplanten oder be-
reits vorhandenen Flüchtlingsunterkünften zu einem zentralen Thema ihrer Pro-
paganda gemacht. Bürgerproteste gegen die Einrichtung von Flüchtlingsunter-
künften und gegen die Belegung der Heime mit Flüchtlingen werden von der
NPD initiiert und koordiniert, um sich so den Bürgerinnen und Bürgern als
wahre Volksvertreter zu empfehlen. Durch die Aktivitäten der NPD haben die
Proteste gegen Flüchtlingsunterkünfte massiv zugenommen. Laut „taz.die ta-
geszeitung“ (18. November 2013) fanden im Jahr 2013 bereits 67 Kundgebun-
gen vor Flüchtlingsunterkünften statt, nach Angaben des Fernsehmagazins
„Report Mainz“ sollen davon 47 von der NPD bzw. unter maßgeblicher Betei-
ligung der NPD organisiert worden sein. Ebenfalls ist die Zahl der Übergriffe auf
Flüchtlingsunterkünfte angestiegen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. An welchen Orten hat es nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren

2012 und 2013 Proteste gegen die Unterbringung von Flüchtlingen vor ge-
planten oder schon bestehenden Flüchtlingsunterkünften gegeben (bitte nach
Bundesländern, Orten und Datum auflisten)?

2. An welchen Orten hat sich die NPD oder eine ihrer Unterorganisationen in
den Jahren 2012 und 2013 an Protesten gegen geplante oder vorhandene
Flüchtlingsunterkünfte beteiligt?

3. In welchen der in der Frage 2 genannten Fälle geht die Bundesregierung da-
von aus, dass die Proteste maßgeblich von der NPD initiiert und gesteuert
wurden?

4. Gibt es gemeinsame Merkmale bei solchen Protesten, die auf eine koordi-
nierte Organisation schließen lassen, und wie sehen solche Merkmale gege-
benenfalls aus?

5. Welche Rolle spielen soziale Medien und das Internet für die in der Frage 1
genannten Proteste, und gibt es hier Verbindungen zwischen den Protesten
bzw. Initiativen, die über das Internet und soziale Medien zu den Protesten
aufrufen?

Drucksache 18/121 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Sind der Bundesregierung landesweit oder bundesweit bekannte NPD-
Funktionäre bekannt, die an solchen Protesten beteiligt waren bzw. zu ihnen
aufgerufen haben, und um welche NPD-Funktionäre handelt es sich?

7. Sind der Bundesregierung Äußerungen aus Kreisen der NPD bekannt, die
auf eine systematische Beteiligung bzw. Organisation solcher Proteste
durch die NPD schließen lassen?

8. Wie verändert sich nach Kenntnissen der Bundesregierung die wahlpoliti-
sche Zustimmung zu Parteien der extremen Rechten an Orten, in denen es
zu Protesten gegen geplante oder vorhandene Flüchtlingsheime gekommen
ist (bitte für die in Frage 1 genannten Orte am Beispiel des Bundestagswah-
lergebnisses aufführen)?

9. Welche anderen Organisationen der extremen Rechten waren nach Kennt-
nis der Bundesregierung an der Organisation und Durchführung der in
Frage 1 genannten Proteste beteiligt?

10. Ist es nach Kenntnissen der Bundesregierung bei Protesten gegen Flücht-
lingsunterkünfte in den Jahren 2012 und 2013 zu gewaltsamen Ausschrei-
tungen gegen die Unterkünfte und/oder die Bewohner und Bewohnerinnen
gekommen, und wenn ja, wann, wo, und in welcher Form?

11. Wie viele Angriffe bzw. Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte hat es nach
Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2012 und 2013 gegeben (bitte
nach Ort und Datum aufschlüsseln)?

12. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um der Instrumentalisie-
rung der Proteste gegen Flüchtlinge durch die NPD etwas entgegenzusetzen,
und führt sie zu diesem Zweck Gespräche mit den Bundesländern?

13. Sind der Bundesregierung Handlungsempfehlungen für Länder und Kom-
munen bekannt, wie diese bei Protesten gegen Flüchtlingsunterkünfte ver-
fahren können, bzw. gibt es solche Empfehlungen von Seiten der Bundes-
regierung?

14. Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahren für die Sicherheit der
Flüchtlinge angesichts der Proteste und Übergriffe auf Flüchtlingseinrich-
tungen und auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen der frühen 90er-
Jahre (Stichwort: Rostock-Lichtenhagen)?

15. Sind der Bundesregierung Orte bekannt, an denen die geplante Eröffnung
oder der Ausbau von Flüchtlingsunterkünften nach den in der Frage 1 ge-
nannten Protesten abgesagt wurde (bitte jeweils Gründe aufführen)?

16. Hat sich das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR)
im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ)
mit dem Thema der von rechtsextremistischen und -populistischen Grup-
pierungen organisierten Proteste gegen Flüchtlingsunterkünfte befasst?
Wenn ja, wann, und mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht, und wird eine Befassung noch erfolgen?

Berlin, den 29. November 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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