BT-Drucksache 18/12062

Das Wirtschaftsabkommen JEFTA zwischen der EU und Japan

Vom 21. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12062
18. Wahlperiode 21.04.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Alexander Ulrich, Dr. Diether Dehm, Klaus Ernst,
Andrej Hunko, Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette Groth, Inge Höger,
Jutta Krellmann, Niema Movassat und der Fraktion DIE LINKE.

Das Wirtschaftsabkommen JEFTA zwischen der EU und Japan

Bereits seit dem Jahr 2013 verhandelt die Europäische Union (EU) mit Japan über
das Wirtschaftsabkommen JEFTA (Japan-EU Deep and Comprehensive Free
Trade Agreement). Das Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission so-
wie einige an die Öffentlichkeit geratene Verhandlungsdokumente legen nahe,
dass JEFTA sehr weitreichende Vereinbarungen zur Handelsliberalisierung und
zur regulatorischen Kooperation enthalten soll. Klagerechte für ausländische In-
vestoren sollen ebenso enthalten sein, wie ein Negativlistenansatz zur Deregulie-
rung von Dienstleistungen. Re-Regulierungen sollen durch Sperrklinkenklauseln
erschwert werden. Damit sind die wesentlichen inhaltlichen Kritikpunkte, die den
Hintergrund der massiven öffentlichen Proteste gegen das CETA-Abkommen mit
Kanada und den Verhandlungen mit den USA (TTIP) bilden, allesamt bei den
Verhandlungen zu JEFTA erneut enthalten. Zugleich ist die japanische Volks-
wirtschaft wesentlich größer als die kanadische. So würde JEFTA mit seinen
Bestimmungen quantitativ fast ein Drittel der Weltmarktaktivitäten (u. a. Handel,
Direkt- und Portfolioinvestitionen, Arbeitnehmerfreizügigkeit, regulatorische
Kompetenzen) berühren.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie sieht nach Kenntnis der Bundesregierung der weitere Fahrplan für die

Verhandlungen bis zum möglichen Inkrafttreten des JEFTA-Abkommens
aus?

2. Wird das JEFTA nach Maßgaben eines EU-only-Abkommens oder eines ge-
mischten Abkommens verhandelt, und welche Konsequenzen werden aus
den Verhandlungen um den CETA-Vertrag und die Klage vor dem EuGH
um das Singapur-Abkommen gezogen?

3. Wird die Bundesregierung im EU-Handelsrat die Klassifikation von JEFTA
als EU-only-Abkommen ablehnen, um den Ratifikationsprozess durch den
Deutschen Bundestag und andere Parlamente in den EU-Mitgliedstaaten zu
sichern?

4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Verhandlungsposition
Japans in Hinblick auf Investorenklagerechte (Schiedsgerichte vs. Internati-
onaler Handelsgerichtshof)?

Welche Position vertritt die Europäische Kommission in dieser Frage?
Wie positioniert sich die Bundesregierung?

Drucksache 18/12062 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die japanische Verhandlungspo-
sition auf Investorenklagerechte per Investor-to-State-Dispute-Settlement
(ISDS) abzielt, anstatt auf einen internationalen Schiedsgerichtshof (ICS),
wie ihn die EU in künftigen Handelsabkommen verankern will?
Wie positioniert sich die Bundesregierung?

6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Verhandlungspositio-
nen Japans und der EU in Hinblick auf die regulatorische Kooperation?

7. Kann die Bundesregierung ausschließen, dem JEFTA-Abkommen zuzustim-
men, sofern dort Regulierungsräte mit eigenen Entscheidungsbefugnissen
enthalten sind?

8. Ist nach aktuellem Verhandlungsstand davon auszugehen, dass JEFTA auch
auf eine Liberalisierung des Dienstleistungssektors abzielt und hierbei das
Prinzip der Negativliste angewandt wird?

Wie positioniert sich die Bundesregierung?
9. Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung zutreffend, dass JEFTA laut aktu-

ellem Verhandlungsstand Sperrklinkenklauseln enthält?
Für welche Bereiche gelten diese, und welche Kenntnisse hat die Bundesre-
gierung über die diesbezüglichen Verhandlungspositionen Japans und der
EU?

10. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell das durchschnittli-
che Zollniveau zwischen Japan und der EU?
In welchen Sektoren bestehen besonders hohe Zölle und/oder Quoten, und
über welche Senkungen in welchen Sektoren wird verhandelt?

11. Welche Ziele werden nach Kenntnis der Bundesregierung bei den JEFTA-
Verhandlungen im Bereich des Zollabbaus generell verfolgt?

12. Liegen der Bundesregierung Zahlen über das Gesamtvolumen des Umsatzes
deutscher und europäischer Unternehmen in Japan vor?

Falls ja, wie fallen diese aus?
13. Für welche Wirtschaftssektoren in Deutschland, der EU und Japan sieht die

Bundesregierung jeweils die größten Interessen an einer Handelsliberalisie-
rung in diesem Wirtschaftsraum?

14. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil kleiner und mitt-
lerer Unternehmen in Deutschland, die nach Japan exportieren?

15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Klagen japanischer Inves-
toren vor internationalen Schiedsgerichtsstellen, und welche Klagen gab
bzw. gibt es, die Forderungen gegen die EU, die EU-Mitgliedstaaten oder
Gebietskörperschaften innerhalb eines EU-Mitgliedstaates beinhalten?

16. Welche Klagen
a) deutscher Unternehmen und
b) Unternehmen aus der EU
gab und gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung, die auf internationalen
Investitionsschutzvereinbarungen (innerhalb und außerhalb der WTO) beru-
hen und die Forderungen gegen Japan oder japanische Gebietskörperschaften
beinhalten?

17. Woraus leitet die Bundesregierung die Notwendigkeit ab, über JEFTA zwi-
schen der EU und Japan mit den jeweils ausgeprägten rechtsstaatlichen In-
stanzenwegen und bestehenden Investorenrechten ein zusätzliches Investiti-
onsschutzkapitel mit materiellem Rechtsschutz zu verankern?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12062

18. Welche empirisch belastbaren Fälle gibt es nach Kenntnis der Bundesregie-

rung für einen nicht hinreichend vorhandenen Schutz von Investoren in der
EU und/oder Japan des jeweiligen Vertragspartners (bitte nach Jahr, Volu-
men und Anlass detailliert auflisten)?

19. Welche Folgen ergeben sich nach Kenntnis der Bundesregierung aufgrund
des Amtsantritts der aktuellen US-Administration für Zeitplan und/oder In-
halt des JEFTA-Abkommens?

20. Welche Erwartungen hat die Bundesregierung in Hinblick auf die Wachs-
tums- und Beschäftigungseffekte des JEFTA-Abkommens in Deutschland,
der EU und Japan?

Liegen der Bundesregierung entsprechende Analysen vor?
Wenn ja, wie werden die Wachstums- und Beschäftigungseffekte in diesen
Analysen eingeschätzt?

21. Liegen der Bundesregierung Studien vor, die sich mit den Wachstums- und
Beschäftigungseffekten von JEFTA in Drittländern befassen, und falls ja,
welche Studien sind das, und zu welchen Ergebnissen kommen sie?

22. Welche Erwartungen hat die Bundesregierung bezüglich der gegenseitigen
Direktinvestitionen zwischen Japan auf der einen Seite und
a) Deutschland und
b) der EU
auf der anderen Seite durch das JEFTA-Abkommen?
Liegen der Bundesregierung entsprechende Analysen vor?
Wenn ja, wie werden die Effekte des Abkommens auf ausländische Di-
rektinvestitionen in diesen Analysen eingeschätzt?

Berlin, den 12. April 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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