BT-Drucksache 18/12014

Hintergründe zum Einsatz von Minen und Sprengfallen im Krieg im Irak und in Syrien

Vom 12. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12014
18. Wahlperiode 12.04.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Inge Höger, Christine Buchholz, Annette Groth, Andrej Hunko,
Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Kathrin Vogler und der Fraktion
DIE LINKE.

Hintergründe zum Einsatz von Minen und Sprengfallen im Krieg im Irak und in
Syrien

Im Krieg in Syrien und im Irak kommen Berichten zufolge auch völkerrechtlich
geächtete Landminen in Form von Sprengfallen u. Ä. zum Einsatz und erschwe-
ren dort den Wiederaufbau massiv (www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-tod-
lauert-im-kuehlschrank). Nach Informationen der Minenräumorganisation
„DEMIRA – Deutsche Minenräumer e. V.“ befinden sich derzeit im Irak 20 Mil-
lionen Minen und bis zu 6 Millionen Stück Submunition. Diese kontaminieren
eine Fläche von mindestens 1 838 km². Diese Minen stammen z. T. aus den Mu-
nitionslagern, die nach dem Fall Saddam Husseins im Jahr 2003 geplündert wur-
den (www.demira.org/de/laenderprogramme/irak/). Sie waren bzw. sind heute in
den Händen der IS-Miliz und anderer militärischer Gruppen. Die Datenlage in
Syrien ist deutlich unübersichtlicher, doch auch hier stellen Minen Berichten zu-
folge eine große Gefahr für die Zivilbevölkerung dar (www.mineaction.org/
programmes/syria).
Aus dem vorliegenden „Factsheet“ des Auswärtigen Amts „Der IS hinterlässt ver-
minte Städte“ vom 31. März 2017 geht hervor, dass die Minenräumung in Mossul
(Irak) und anderen ehemaligen IS-Gebieten nicht von Organisationen der huma-
nitären Minenräumung durchgeführt werden können, weil die Gebiete immer
noch umkämpft sind. Stattdessen unterstütze das Auswärtige Amt gemeinsam mit
anderen Geberstaaten und der UN „privatwirtschaftliche Anbieter, die auch unter
schwierigen Bedingungen die sogenannten Improvised Explosive Devices (IEDs)
räumen und lokale Kräfte ausbilden. Das „Factsheet“ des Auswärtigen Amts zi-
tiert den Leiter des Entschärfungsteams vom US-Unternehmen Janus Global Ope-
rations: „Zu unserem Team gehören sehr erfahrene Experten, die schon überall
auf der Welt gearbeitet haben.“
Die Räumung nichtexplodierter Munitionsteile in Syrien und im Irak betrifft auch
die Munition, die von der Anti-IS-Koalition abgefeuert wurde.
Die Bundesrepublik Deutschland ist Teil der Konventionen von Oslo und Ottawa,
die Landminen und Streumunition umfassend völkerrechtlich ächten. Allerdings
weigert sich die Bundesregierung bislang, Investitionen deutscher Unternehmen
in Streumunition zu verbieten (www.facing-finance.org/de/2014/11/deutsch-
presseerklarung-volkerrechtliches-verbot-von-streumunition-erreicht-auch-finanz
welt/). Auch die Riester-Rente fließt zum Teil in die Herstellung von Streumuni-
tion (www.spiegel.de/wirtschaft/service/unethisches-investment-riester-sparer-
unterstuetzen-streubombenhersteller-a-737774.html).

Drucksache 18/12014 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche privatwirtschaftlichen Minenräum-Organisationen unterstützt die
Bundesregierung derzeit in Syrien und im Irak in welchem Umfang und auf
welche Art?

2. Welche politischen oder auch militärischen Institutionen legen nach Kennt-
nis der Bundesregierung vor Ort in Syrien und im Irak die Prioritäten für die
zu räumenden Regionen, Wege und Liegenschaften fest?

3. Nach welchen Kriterien werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Pri-
oritäten für die Räumung von Minen und Sprengfallen in Syrien und im Irak
entschieden, und wie wird der Entscheidungsprozess dokumentiert?

4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Erfahrungen bzw. die
Art und den Umfang der Einsätze, die diese privatwirtschaftlichen Anbieter
seit dem Jahr 2010 weltweit durchgeführt haben?

5. In welchem Umfang finanziert die Bundesregierung seit dem Jahr 2010 die
Arbeit klassischer humanitärer Minenräum-Organisationen aus Deutschland
und anderen Ländern einerseits und privater Minenräum-Organisationen an-
dererseits (bitte im Gesamtvolumen und nach Jahren und Einsatzländern ge-
trennt auflisten)?

6. Welche Position vertritt die Bundesregierung zur Trennung von humanitä-
rem und militärischem Minenräumen?

7. Inwieweit trennen nach Kenntnis der Bundesregierung die privatwirtschaft-
lichen Minenräum-Organisationen neutrale, humanitäre Operationen von
Einsätzen, die eingebettet sind in die Strategie einer Konfliktpartei?

8. Welche Perspektiven sieht die Bundesregierung für Organisationen der hu-
manitären Minenräumung, in Syrien und im Irak zu arbeiten?

9. Welche deutschen und internationalen Organisationen der humanitären Mi-
nenräumung sind nach Kenntnissen der Bundesregierung im Irak und in Sy-
rien in welcher Weise seit dem Jahr 2010 aktiv?

10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung angesichts der Präsenz von Mi-
nen, Sprengfallen und ähnlichen Geschossen in Syrien und im Irak über ge-
plante Einsätze von deutschen und internationalen Organisationen der huma-
nitären Minenräumung in Syrien und im Irak?

11. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Herkunft der Minen,
die die IS-Miliz im Irak und in Syrien einsetzt?

12. In welchen anderen Ländern (außer Syrien und Irak) finanziert die Bundes-
regierung die Arbeit privatwirtschaftlicher Minenräum-Organisationen?

13. Wie viele zivile Opfer hat nach Kenntnissen der Bundesregierung die Bom-
bardierung und Erstürmung der irakischen Stadt Mossul im Jahr 2017 gefor-
dert (bitte nach Todesopfern, Verletzten und Vertriebenen aufschlüsseln)?

14. Wie viele Kombattanten sind im Rahmen der Bombardierung und Erstür-
mung der irakischen Stadt Mossul im Jahr 2017 nach Kenntnissen der Bun-
desregierung ums Leben gekommen?

15. Wie viele Menschen haben nach Kenntnis der Bundesregierung während und
nach Erstürmung der irakischen Stadt Mossul im Jahr 2017 durch die Explo-
sion von durch die IS-Miliz hinterlassenen IEDs oder Minen ihr Leben ver-
loren?

Wie viele davon waren Zivilisten?
16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Todesopfer und Verletzte

unter den Minenräumerinnen und Minenräumern in Syrien und im Irak seit
dem Jahr 2010?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12014

17. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Stand der Minenräu-

mung in Syrien und im Irak hinsichtlich der nichtexplodierten Munitions-
reste, die von der Anti-IS-Koalition stammen?

Berlin, den 11. April 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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