BT-Drucksache 18/11935

Deutschlands G20-Präsidentschaft und "Eckpunkte für einen Marshall-Plan mit Afrika"

Vom 4. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11935
18. Wahlperiode 04.04.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette Groth, Inge Höger,
Andrej Hunko, Katrin Kunert, Stefan Liebich, Niema Movassat, Kathrin Vogler
und der Fraktion DIE LINKE.

Deutschlands G20-Präsidentschaft und „Eckpunkte für einen Marshall-Plan
mit Afrika“

Seit Dezember 2016 hat Deutschland die G20-Präsidentschaft inne. Einen der
Schwerpunkte hat die Bundesregierung in dieser Funktion auf den afrikanischen
Kontinent gelegt. Entsprechend findet in diesem Jahr neben dem G20-Gipfel auch
die G20-Africa-Partnership“-Konferenz statt. Im Januar 2017 veröffentlichte das
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
„Eckpunkte für einen Marshall-Plan mit Afrika“, der bereits am 9. und 10. Feb-
ruar Thema auf dem „Deutsch-Afrikanischen Wirtschaftsgipfel“ in Nairobi,
Kenia, war. Organisator des Wirtschaftsgipfels war die Subsahara-Afrika-Initia-
tive der Deutschen Wirtschaft. Die Abteilung „Sicherheit und Rohstoffe“ des BDI
wiederum veröffentlichte bereits im Oktober 2015 ein Strategiepapier mit dem
Titel „BDI-Strategie Subsahara-Afrika: Chancenkontinent Afrika“. Darin heißt
es u. a.: „Insgesamt ist neben dem Interesse der strategischen Rohstoffsicherung
für die heimischen Märkte auch das Interesse der internationalen Kapitalmärkte
an Afrika gestiegen. Das unternehmerische Interesse spiegelt dabei die wirt-
schaftlichen Potenziale des Kontinents wieder.“ Die Forderungen an die Bundes-
regierung wurden darin u. a. wie folgt benannt: „Synergien zwischen Entwick-
lungszusammenarbeit und Außenwirtschaftsförderung schaffen“, „Instrumente
der staatliche Exportkreditgarantien (Hermesdeckungen) weiterentwickeln“, „In-
vestitionsförderungs- und Investitionsschutzverträge (IFV) aktiv vorantreiben“.
In „Eckpunkte für einen Marshall-Plan mit Afrika“ finden sich ähnliche Vor-
schläge zu Investitionsanreizen für dt. Unternehmen und die Forderung nach der
„Flexibilisierung der Entwicklungszusammenarbeit“. Es entsteht der Eindruck,
dass die Entwicklungszusammenarbeit als Feigenblatt für die Außenwirtschafts-
förderung deutscher Unternehmen auf dem afrikanischen Kontinent missbraucht
wird. Frieden, Stabilität etc. werden zwar als Grundlage für eine nachhaltige Ent-
wicklung beschrieben, jedoch soll dies eher als Anreiz für Investitionen dienen,
denn als Grundlage zur eigenständigen Entwicklung. Die Wertschöpfung soll
z. B. nicht durch Mikrokredite in den einzelnen Staaten des afrikanischen Konti-
nents gefördert werden, sondern durch „Nutzung einheimischer Arbeitskräfte“
entstehen (Eckpunkte für einen Marshall-Plan mit Afrika, S. 18).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wann, wo, auf wessen Einladung, unter Teilnahme von wem und aus wel-

chem Land, mit welchem Programm und welchen Zielen findet die „G20-
Africa Partnership“-Konferenz statt?

Drucksache 18/11935 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Mit welchen Weisungen, Zielvorgaben bzw. mit was für einem Mandat wird
Deutschland von wem vertreten (bitte unter Angabe der Namen und der
Funktion aller Teilnehmenden in jeweiliger/m Behörde, Ministerium, Orga-
nisation, Verband, der genauen Beschreibung der Zielvorgaben, und wenn
bereits vorhanden, des Programmplans.)

3. Wann ist das „neue Afrikakonzept“ der europäischen Union zu erwarten, und
mit welchen Bundesministerien und welchen Schwerpunkten ist die Bundes-
regierung an der Ausarbeitung beteiligt?

4. Welche Verbände, Behörden, Bundesministerien, Nichtregierungsorganisa-
tionen, Interessensvertretungen aus welchen Ländern etc. waren wie an der
Ausarbeitung der „Eckpunkte für einen Marshall-Plan mit Afrika“ beteiligt?

5. Welche Rückmeldungen lagen dem BMZ zu „Eckpunkte für einen Marshall-
Plan mit Afrika“ zum Ende seines Konsultationsprozesses (Stichtag:
26. Februar) vonseiten nationaler und internationaler entwicklungspoliti-
scher Nichtregierungsorganisationen sowie von zivilgesellschaftlichen
Gruppen und Selbsthilfeverbänden aus Ländern des afrikanischen Konti-
nents vor, und welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus diesen
Rückmeldungen (bitte nach Ländern und Themen aufschlüsseln)?

6. Auf Grundlage welcher Daten oder Analysen konstatiert die Bundesregie-
rung in „Eckpunkte für einen Marshall-Plan mit Afrika“, dass „der Wohl-
stand der Industrieländer teilweise auf der ungeregelten Ausbeutung von
Menschen und Ressourcen des afrikanischen Kontinents [gründet]“ (S. 7),
und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dieser Ana-
lyse für ihre Afrikastrategie und die Maßnahmen im Rahmen der Außenwirt-
schaftsförderung deutscher Unternehmen auf dem afrikanischen Kontinent?

7. Inwiefern hängen die „Entwicklung Afrikas“ oder die „fairen Chancen“ für
„unsere afrikanischen Partner“ von der „Einschränkung des Waffenexports
insbesondere von Kleinwaffen“ („Eckpunkte für Marshallplan mit Afrika“,
S. 13) ab?

8. Welche Fälle sind der Bundesregierung bekannt, bei denen „Waffenexporte
nach Afrika insbesondere von Kleinwaffen“ die „Entwicklung Afrikas“
oder die „fairen Chancen“ für „unsere afrikanischen Partner“ beeinträchtigt
haben, und welche Konsequenzen wurden daraus gezogen?

9. Mit welcher Begründung bzw. vor dem Hintergrund welcher Entwicklungen
soll die „Einschränkung von Waffenexporten nach Afrika“ vorgenommen
werden, wenn jede Exportgenehmigung im Einzelfall entschieden wird?

10. Der Export welcher Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgüter wurden in
welche Staaten Afrikas seit 2005 genehmigt und ausgeführt (bitte nach Land,
Datum, Genehmigungswert, Güterbezeichnung und Wert der tatsächlichen
Ausfuhren aufschlüsseln)?

11. Wann, wo, und mit welchen Schwerpunkten soll der „EU-Afrika-Gipfel“
stattfinden?

12. Welche Maßnahmen im Rahmen der „EU-Afrika-Friedens- und Sicherheits-
partnerschaft“, die laut „Eckpunkte für einen Marshall-Plan mit Afrika“
(S. 20) auf dem „EU-Afrika- Gipfel“ 2017 vorgeschlagen werden sollen,
plant die Bundesregierung bzw. sind der Bundesregierung bekannt?

13. Inwiefern sollen die „EU-Migrationspartnerschaften“ als ein „bestehendes
Instrument“ genutzt werden, um kurzfristig dem Ausbau der Partnerschaft
mit Afrika zu dienen (Eckpunkte für Marshall-Plan mit Afrika, S. 14)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11935

14. Begreift die Bundesregierung die Länder Afrikas, mit denen sie im Rahmen

der Europäischen Union Migrationspartnerschaften abgeschlossen hat, als
„gleichberechtigte Partner“ („Eckpunkte für einen Marshall-Plan mit Af-
rika“, S. 4), und wenn ja, worin besteht diese Gleichberechtigung?

15. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung „zusammen mit
der Weltbank, dem Internationalem Währungsfonds, den regionalen Ent-
wicklungsbanken im Rahmen der G20-Präsidentschaft […] für mehr private
Investitionen in Afrika“ („Eckpunkte für einen Marshall-Plan mit Afrika“,
S. 15)?

16. Welche „steuerlichen Anreize“ sollen deutsche Unternehmen für Investitio-
nen in die Staaten Afrikas erhalten („Eckpunkte für einen Marshall-Plan mit
Afrika“, S. 17), und welche Mittel der Außenwirtschaftsförderung nutzt die
Bundesregierung bereits, um diese Investitionen zu fördern?

17. Welche Wirtschaftssektoren sind in Form deutscher Unternehmen oder deut-
scher Beteiligungen nach Kenntnis der Bundesregierung bisher mehrheitlich
auf dem afrikanischen Kontinent vertreten, und sollen durch „steuerliche An-
reize“ für Investitionen deutscher Unternehmen in die Staaten Afrikas be-
stimmte Wirtschaftssektoren gezielt gefördert werden, und wenn ja, welche,
und warum?

18. Wie will die Bundesregierung konkret „Wirtschaftsförderungsinstrumente
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit der Ent-
wicklungspolitik besser verzahnen“ („Eckpunkte für einen Marshall-Plan
mit Afrika“, S. 17)?

19. Welche Projekte, bei denen Wirtschaftsförderungsinstrumente des BMWi
mit der Entwicklungspolitik verzahnt werden, gab es bereits (bitte nach
Land, Jahr und Dauer, Projektbezeichnung, privatwirtschaftlichem Partner
und Beschreibung der Art der Verzahnung von Wirtschaftsförderung und
Entwicklungspolitik auflisten), und welche messbaren Effekte auf die Ent-
wicklung des jeweiligen Landes wurden erzielt?

20. Wie und in welcher Form sollen die „Instrumente der Entwicklungszusam-
menarbeit flexibilisier[t]“ werden („Eckpunkte für einen Marshall-Plan mit
Afrika“, S. 22)?

21. Welche Maßnahmen umfasst oder soll das Projekt „Perspektiven schaffen:
Wirtschaft für Entwicklung – Ostafrika“ umfassen (bitte nach Land, Wirt-
schaftssektoren, Dauer der Maßnahmen, steuerliche Anreize etc. aufschlüs-
seln), und welche langfristigen Ziele sollen erreicht werden?

22. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff „Entwicklung“ im Rahmen
des Projekts „Perspektiven schaffen: Wirtschaft für Entwicklung – Ostaf-
rika“ sowie im Rahmen der „Eckpunkte für einen Marshall-Plan mit Afrika“?

23. Inwiefern wurden die Staaten Ostafrikas sowie lokale, nationale und interna-
tionale entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisationen, zivilgesell-
schaftlichen Gruppen und Selbsthilfeverbände in die Planung für das Projekt
„Perspektiven schaffen: Wirtschaft für Entwicklung – Ostafrika“ miteinbe-
zogen?

Berlin, den 4. April 2017

Dr. Sarah Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.