BT-Drucksache 18/11899

Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union im Jahr 2016

Vom 31. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11899
18. Wahlperiode 31.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Annette Groth, Dr. André Hahn,
Inge Höger, Andrej Hunko, Jan Korte, Katrin Kunert, Stefan Liebich,
Niema Movassat, Martina Renner, Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak,
Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die
Europäische Union im Jahr 2016

Im Jahr 2016 kamen erneut Tausende Menschen während der Flucht aus ihren
Herkunftsländern nach Europa ums Leben. Nach Angaben der EU wurden im Jahr
2016 1,2 Millionen Asylanträge in 28 Ländern der EU gestellt (http://ec.
europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Asylum_statistics#Main_
statistical_findings).
Besonders in den Sommermonaten 2016 wählten viele Flüchtlinge den gefährli-
chen Weg über das Mittelmeer, dort starben zwischen Januar und Dezember 2016
nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) 5 079 Flücht-
linge (www.iom.int/news/world-fatalities-migrants-refugees-approach-7500-
2016-three-year-total-tops-18501).
Die meisten von ihnen kamen auf der zentralen Mittelmeerroute, auf dem Weg
nach Italien und Malta, ums Leben.
Aufgrund des im Frühjahr 2016 geschlossenen EU-Türkei-Abkommens scheint
die gefährliche Fluchtroute von Libyen nach Malta oder Italien an Relevanz ge-
wonnen zu haben. Aber auch die Schließung der Balkanroute führte zu großen
humanitären Problemen für Flüchtlinge, die insbesondere im Winter 2016 lebens-
bedrohliche Ausmaße annahmen (www.zeit.de/politik/2017-01/fluechtlinge-
suedosteuropa-balkanroute-winter).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2016

a) an den Landesgrenzen, Küsten, Seehäfen, Flughäfen bzw. im Grenzgebiet
der Bundesrepublik Deutschland tot aufgefunden worden oder nach
Kenntnis der Bundesregierung ums Leben gekommen,

b) an den Grenzen der Europäischen Union tot aufgefunden worden oder
nach Kenntnis der Bundesregierung ums Leben gekommen,

c) in Unterbringungen, Hotspots, Abschiebegefängnissen und Transitzonen
in Dublin-Staaten nach Kenntnis der Bundesregierung ums Leben gekom-
men,

d) in den verschiedenen Formen von Unterbringungen und Abschiebege-
fängnissen in Deutschland ums Leben gekommen?

Drucksache 18/11899 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Suizidrate in Unterbrin-
gungen und Abschiebegefängnissen in Deutschland (bitte aufschlüsseln)?

3. Wie viele Fälle von Selbstverletzungen sind der Bundesregierung aus Unter-
bringungen und Abschiebegefängnissen in Deutschland bekannt (bitte auf-
schlüsseln)?

4. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2016
mit körperlichen Verletzungen und Beeinträchtigungen durch Erfrierungen,
Unterkühlungen, Hunger/Durst o. Ä. aufgegriffen worden, die sie sich aller
Voraussicht nach im Zuge ihres ggf. unerlaubten Grenzübertritts
a) in die Bundesrepublik Deutschland oder
b) in die Europäische Union
zugezogen hatten (bitte nach Datum und Ort, Nationalität des Opfers, Kör-
perverletzungsart aufschlüsseln)?

5. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr
2016 im Zuge ihres ggf. unerlaubten Grenzübertritts
a) durch Bundespolizei- oder Zollbeamte in Deutschland
b) durch Bundespolizei- oder Zollbeamte an den Außengrenzen der Europä-

ischen Union,
mittels der Anwendung unmittelbaren Zwangs bzw. im Zuge einer entspre-
chenden Nacheile körperlich verletzt oder versehrt?
c) Wie viele Ermittlungs- und Disziplinarverfahren wurden diesbezüglich

eingeleitet und mit welchem Ergebnis abgeschlossen oder eingestellt
(bitte aufschlüsseln)?

6. Wie erklärt die Bundesregierung den Anstieg von laut IOM im Mittelmeer
gestorbenen Flüchtlingen auf 5 079 im Jahr 2016, und welche Konsequenzen
zieht sie daraus (bitte nach Datum und Ort des Auffindens bzw. Todesfalls,
Nationalität des Opfers und Todesart bzw. Umständen des Todes aufschlüs-
seln)?

7. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr
2016
a) in der Bundesrepublik Deutschland,
b) in der Europäischen Union
im Zuge ihrer ggf. unerlaubten Grenzübertritte durch Privatpersonen verletzt
bzw. getötet (bitte nach Datum und Ort, Nationalität des Opfers und Todes-
bzw. Verletzungsart aufschlüsseln)?
c) Wie viele Ermittlungsverfahren wurden diesbezüglich eingeleitet und mit

welchem Ergebnis abgeschlossen oder eingestellt (bitte aufschlüsseln)?
8. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2016

a) in der Bundesrepublik Deutschland,
b) in der Europäischen Union
– tot aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der ggf. un-

erlaubten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bzw. EU in ihrem
Transportmittel Sauerstoffmangel, Hunger, Durst, Kälte, Überhitzung
o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach Datum und Ort, Nationalität der Opfer,
Transportmittel und Todesart aufschlüsseln);

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11899
– verletzt aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der
ggf. unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bzw. EU in
ihrem Transportmittel Sauerstoffmangel, Hunger, Durst, Kälte Überhit-
zung o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach Datum und Ort, Nationalität der
Opfer, Transportmittel und Verletzungsart aufschlüsseln)?

9. Falls jeweils zu den Fragen 1 bis 5b, insbesondere in Hinblick auf die EU-
Außengrenzen, keine auf amtlichen Daten basierende Antwort gegeben wer-
den kann,
a) welche Daten und sonstigen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung

dazu ansonsten vor, z. B. aus den Berichten der bei FRONTEX (Europä-
ische Agentur für die Grenz- und Küstenwache) eingesetzten Bundesbe-
amten, oder entsprechende Daten, mit denen etwa Einrichtungen wie das
„Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration“
(GASIM) arbeiten;

b) welche Daten von internationalen Organisationen oder Nichtregie-
rungsorganisationen hat die Bundesregierung zur Kenntnis genommen,
und welche Schlüsse und ggf. Konsequenzen zieht sie daraus;

c) hält die Bundesregierung an ihrer zuletzt in ihrer Antwort zu Frage 7c der
Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache
18/927 geäußerten Auffassung fest, dass grundsätzlich kein Bedarf daran
besteht, die in den Fragen 1 bis 5b angefragten Daten systematisch zu er-
heben und auszuwerten, und wenn ja, mit welcher Begründung (bitte in-
haltlich auseinandersetzen mit der Relevanz dieser Daten für den Flücht-
lingsschutz, die effektivere Ausgestaltung des Grenzschutzes und für die
Bekämpfung der Schleuserkriminalität)?

Berlin, den 30. März 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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