BT-Drucksache 18/11840

80. Jahrestag der Bombardierung von Gernika - Versöhnung und Entschädigung des deutschen Kriegsverbrechens

Vom 31. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11840
18. Wahlperiode 31.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Eva Bulling-Schröter,
Christine Buchholz, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Ulla Jelpke,
Niema Movassat, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

80. Jahrestag der Bombardierung von Gernika – Versöhnung und Entschädigung
des deutschen Kriegsverbrechens

Am 26. April 2017 jährt sich zum 80. Mal die nahezu komplette Zerstörung der
baskischen Stadt Gernika (spanisch: Guernica) durch deutsche und italienische
Luftstreitkräfte unter dem Kommando der deutschen Legion Condor. Die An-
griffe fanden ohne jeden Zusammenhang mit Kampfhandlungen statt. Ziel war
die Zivilbevölkerung, hunderte bis tausende Menschen starben. Militärische Ziele
wie eine Munitionsfabrik außerhalb der Stadt blieben unbeschädigt.
Erst in den 80er-Jahren begann in Deutschland die Aufarbeitung der deutschen
Verantwortung für dieses Kriegsverbrechen. Als erster Repräsentant der BRD be-
suchte der damalige deutsche Botschafter in Spanien, Lothar Lahn, Gernika im
Jahr 1982. Anlässlich des 50. Jahrestages nahm am 27. April 1987 der deutsche
Generalkonsul in Bilbo (spanisch: Bilbao) an der jährlichen Gedenkveranstaltung
teil. Der Deutsche Bundestag beschäftigte sich erstmals 1987 mit der Bombardie-
rung Gernikas (Bundestagsdrucksachen 11/963 und 11/362). Er beschloss im
November 1988 eine „Geste des Friedens und der Freundschaft durch die Bun-
desrepublik Deutschland gegenüber der baskischen Stadt Guernica in Spanien“
(Bundestagsdrucksachen 11/483 und 11/3180). Für ein Berufsbildungszentrum in
Gernika sollten aus dem Bundeshaushalt 12 Mio. DM bereitgestellt werden. Bis
1996 wurden diese Mittel jedoch unter Verweis auf „Sparauflagen von Regierung
und Parlament“ nicht bereitgestellt (Antwort auf die Schriftlichen Fragen 2 und 3
auf Bundestagsdrucksache 13/1449). Erst im November 1996 wurden 3 Mio. DM
bereitgestellt – weit weniger als zuvor vorgesehen (WD 1 – 3000 – 136/12). Bis
heute ist es nach Kenntnis der Fragesteller bei dieser Summe geblieben.
Erst 1997 erkannte mit dem damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog ein of-
fizieller Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland die „schuldhafte Verstri-
ckung deutscher Flieger“ an und bat um Versöhnung. Im Anschluss an dieses
Bekenntnis verabschiedete auch der Deutsche Bundestag am 24. April 1998 einen
Antrag, in dem er sich der Aussage des Bundespräsidenten anschließt und um
Entschuldigung bittet (Bundestagsdrucksache 13/9468). Auf Initiative der dama-
ligen Fraktion der PDS enthielt der Antrag auch einen Passus, in dem die Bun-
desregierung aufgefordert wurde, „dafür Sorge zu tragen, daß Mitgliedern der
Legion Condor nicht weiter ehrendes Gedenken z. B. in Form von Kasernen-
benennungen der Bundeswehr zuteil wird. Bereits erfolgte Kasernenbenennungen
nach Mitgliedern der Legion Condor sind aufzuheben“ (Bundestagsdruck-
sache 13/10494). Die Bundesregierung reagierte 2005 mit der Umbenennung der
„Werner-Mölders-Kaserne“ in Visselhövede und das in Neuburg an der Donau

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stationierte Jagdgeschwader 74 „Mölders“ auf den Beschluss (Bundestagsdruck-
sache 15/5426). Die Traditionspflege der Bundeswehr im Zusammenhang mit
Mitgliedern der Legion Condor bleibt jedoch umstritten (Bundestagsdruck-
sache 18/7458).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Veranstaltungen und Aktivitäten zum Gedenken an die Opfer der

Bombardierung Gernikas plant die Bundesregierung zum 80. Jahrestag?
a) Welche Aktivitäten sind in Einrichtungen der Bundeswehr geplant?
b) An welchen Gedenkveranstaltungen werden welche Vertreterinnen oder

Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in Gernika oder an anderen Or-
ten teilnehmen?

2. Anerkennt die Bundesregierung die deutsche Verantwortung für die Bom-
bardierung Gernikas und die Unterstützung der Putschisten unter General
Franco im spanischen Krieg?

3. Handelte es sich nach Ansicht der Bundesregierung bei der Bombardierung
Gernikas um ein deutsches Kriegsverbrechen?

4. Hat die Bundesregierung die Opfer der Bombardierung Gernikas um Verzei-
hung für die deutsche Verantwortung gebeten?

Wenn ja, wann, und in welcher Form?
5. Hat die Bundesregierung die Bevölkerung Spaniens und insbesondere die

Opfer des Franquismus offiziell um Verzeihung für die deutsche Unterstüt-
zung der Putschisten im spanischen Krieg gebeten?

Wenn ja, wann, und in welcher Form?
6. In welcher Form hat die Bundesregierung auf die Forderung der Vereinigung

zum Erhalt der Historischen Erinnerung (ARMH) reagiert, die anlässlich des
Besuchs der Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, in Spanien 2014 diese
aufforderten, die „enorme Schuld“ Deutschlands gegenüber den Opfern des
Franquismus anzuerkennen (n-tv.de, 22. August 2014, „Spanien erwartet
Angela Merkel“)?

7. Welche Versöhnungsgesten vonseiten der Bundesregierung hat es gegenüber
der Stadt Gernika und den Opfern der Bombardierung bislang gegeben?
a) Welche Mittel wurden für diese Gesten aufgewandt (bitte nach Jahren

aufschlüsseln)?
b) Für welche Projekte wurden Mittel in welcher Höhe zur Verfügung ge-

stellt?
8. Mit Mitteln in welcher Höhe wurde die Städtepartnerschaft zwischen Gernika

und Pforzheim seit ihrer Etablierung 1989 aus dem Bundeshaushalt unter-
stützt?
a) Welche Projekte wurden mit Mitteln in welcher Höhe unterstützt?
b) Welche weiteren Städtepartnerschaften oder vergleichbaren Projekte im

Kontext des spanischen Krieges wurden aus Mitteln des Bundeshaushalts
unterstützt?

9. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass der Forderung in der Beschluss-
empfehlung auf Bundestagsdrucksache 11/3180, dass ein „angemessener
Betrag im Bundeshaushalt“ bereitgestellt wird, um die Städtepartnerschaft
zwischen Gernika und Pforzheim zu unterstützen, Rechnung getragen
wurde?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11840

10. Welche Entschädigungen oder Reparationen wurden von deutscher Seite jen-

seits der o. g. „Versöhnungsgesten“ gegenüber den Opfern der Bombardie-
rung und des Franquismus bislang geleistet?

11. Sieht die Bundesregierung den Prozess von Versöhnung und Entschädigung
deutscher Verantwortung für die Bombardierung Gernikas als abgeschlossen
an?

12. In welcher Höhe und auf welcher Rechtsgrundlage haben ehemalige Ange-
hörige der Legion Condor (auch Nichtdeutsche) seit Ende des spanischen
Krieges Versorgungsleistungen der Bundesrepublik Deutschland erhalten?
Inwieweit sind Beziehern von Leistungen nach dem Bundesversorgungsge-
setz (BVG) nach Einführung von § 1a BVG die Leistungen entzogen bzw.
weiter gewährt worden?

13. In welcher Höhe und auf welcher Rechtsgrundlage haben ehemalige Ange-
hörige der Internationalen Brigaden (auch Nichtdeutsche) aufgrund ihrer Be-
teiligung an den Brigaden seit Ende des spanischen Krieges Versorgungs-
leistungen der Bundesrepublik Deutschland erhalten?

14. Existieren heute noch Liegenschaften der Bundeswehr oder der Bundesre-
gierung nachgeordneter Institutionen, die Namen von Mitgliedern der Le-
gion Condor tragen?

15. Welche Umbenennungen von Liegenschaften der Bundeswehr oder der Bun-
desregierung nachgeordneter Institutionen, die Namen von Mitgliedern der
Legion Condor trugen, haben seit Ende des spanischen Krieges stattgefunden
(bitte mit Datum angeben)?

16. Existieren nach Kenntnis der Bundesregierung heute noch Gedenktafeln,
Denkmäler o. Ä. in den Liegenschaften der Bundeswehr oder der Bundesre-
gierung nachgeordneter Institutionen, die an Mitglieder der Legion Condor
erinnern?

17. Existieren nach Kenntnis der Bundesregierung heute noch Straßen auf dem
Gelände der Bundeswehr oder der Bundesregierung nachgeordneter Institu-
tionen, die an Mitglieder der Legion Condor erinnern?

18. Wie viele jener Bundeswehrangehörigen, die namentlich am Ehrenmal der
Bundeswehr genannt werden, haben zuvor in der Legion Condor gedient
(bitte einzelne Namen angeben und den letzten Dienstgrad nennen)?

19. Welche Gedenkveranstaltungen für an der Legion Condor beteiligte Einhei-
ten haben in den zurückliegenden fünf Jahren bei der Bundeswehr bzw. in-
nerhalb militärischer Liegenschaften stattgefunden (hier bitte auch Veran-
staltungen anführen, die von privaten Vereinen oder Personenzusammen-
schlüssen durchgeführt wurden)?

20. An welchen Gedenkveranstaltungen mit Bezug zur Legion Condor haben
welche deutschen Vertreter seit 2012 in Spanien teilgenommen?

21. In welcher Form ist die Geschichte der Bombardierung Gernikas Gegenstand
der Ausbildung von Bundeswehrsoldaten (insbesondere in der Luftwaffe)?

22. In welchen Lehrmaterialien und Publikationen der Bundeswehr wird auf die
Bombardierung Gernikas eingegangen?

23. In welcher Form wird in welchen Liegenschaften der Bundeswehr der Bom-
bardierung Gernikas gedacht?

Drucksache 18/11840 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

24. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die in der Öffentlichkeit vielfach kriti-

sierte Ausstellung in der Ju-52-Halle auf dem Fliegerhorst Wunstorf, für die
das Lufttransportgeschwader 62 verantwortlich ist, konzeptionell und inhalt-
lich verändert werden soll?
a) Wenn ja, welche Änderungen sollen vorgenommen werden, und warum?
b) Wenn nein, sieht die Bundesregierung Änderungsbedarf an der genannten

Ausstellung (bitte begründen)?

Berlin, den 30. März 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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