BT-Drucksache 18/11828

Anbindung sächsischer Städte an den Eisenbahn-Fernverkehr

Vom 31. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11828
18. Wahlperiode 31.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Caren Lay, Sabine Leidig, Herbert Behrens, Dr. André Hahn,
Susanna Karawanskij, Katja Kipping, Michael Leutert, Birgit Menz,
Dr. Axel Troost, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann (Zwickau) und
der Fraktion DIE LINKE.

Anbindung sächsischer Städte an den Eisenbahn-Fernverkehr

In den letzten Jahren haben zahlreiche kleinere und mittelgroße Städte ihre An-
bindung an den Eisenbahn-Fernverkehr verloren. Dies betrifft Städte in Ost-
deutschland in ganz besonderem Maße.
Auch wenn die Bundesregierung ihre Zuständigkeit für das operative Geschäft
der Bahn an die Deutsche Bahn AG (DB AG) als 100-prozentiges Bundesunter-
nehmen abgegeben hat, trägt sie weiterhin Verantwortung für den Bahn-Fernver-
kehr. Dies ergibt sich aus Artikel 87e Absatz 4 des Grundgesetzes (GG). Darin
heißt es:
„Der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den
Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisen-
bahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz,
soweit diese nicht den Schienenpersonennahverkehr betreffen, Rechnung getra-
gen wird. Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.“
Die Verantwortung der Bundesregierung bezieht sich also eindeutig nicht nur auf
die – zu einem erheblichen Teil mit staatlichen Mitteln ausgebaute und instand-
gehaltene – Infrastruktur, sondern auch auf die Verkehrsangebote. Für das in die-
sem Grundgesetz-Artikel verlangte Gesetz, das inzwischen seit 23 Jahren über-
fällig ist, haben mehrere Bundesländer im Bundesrat kürzlich zum wiederholten
Male eine Initiative eingebracht. Mit diesem „sollen der Gewährleistungsauftrag
des Bundes für den SPFV (Artikel 87e Absatz 4 GG) konkretisiert und dem Bund
die zur Erfüllung seiner Aufgabe erforderliche Rechtsgrundlage zur Verfügung
gestellt werden“ (Bundesratsdrucksache 745/16 vom 8. Dezember 2016).
Außerdem hat die DB AG im Jahr 2015 ein neues Fernverkehrskonzept vorge-
stellt (der Öffentlichkeit präsentiert am 18. März 2015), mit dem die Anbindung
kleiner und mittlerer Städte wieder verbessert werden soll. Dies betrifft auch ei-
nige sächsische Städte, insbesondere Chemnitz als eine der Städte mit mehr als
100 000 Einwohnern, die momentan ohne Bahn-Fernverkehr sind. Allerdings ist
dieses Konzept sehr langfristig angelegt und soll erst im Jahr 2030 voll umgesetzt
sein.

Drucksache 18/11828 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

Fernverkehrsanbindung sächsischer Städte und Strategie der Bundesregierung
1. Welche verkehrspolitischen Ziele und Prioritäten verfolgt die Bundesregie-

rung in Bezug auf die Bahn-Fernverkehrsanbindung sächsischer Städte?
2. Wie stellt sich die Anbindung sächsischer Städte an den Eisenbahnfernver-

kehr im Vergleich zu anderen Bundesländern nach Auffassung der Bundes-
regierung dar?

3. Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung, um die Bahn-Fernver-
kehrsanbindung sächsischer Städte zu verbessern, und welche konkreten
Schritte unternimmt sie zu diesem Zweck?

4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass insbesondere die sächsischen
Fernverkehrsanbindungen einen deutlichen Ausbau- und Investitionsbedarf
haben?
Wenn ja, was hat die Bundesregierung bisher getan, um die DB AG dazu zu
bewegen?

5. Wie viel Prozent der für den Ausbau von Schienenwegen vorgesehenen Mit-
tel des Bundes sind in den letzten 25 Jahren in Sachsen investiert worden
(bitte für jedes Jahr einzeln angeben)?

6. Wie viel Prozent der Mittel für den Schienenverkehr im kürzlich verabschie-
deten Bundesverkehrswegeplan 2030 werden den Planungen zufolge in
Sachsen investiert?

7. Welche Anmeldungen lagen aus Sachsen für den Bundesverkehrswegeplan
2030 vor, und aus welchen Gründen hat die Bundesregierung darauf basie-
rend ihre Priorisierung gesetzt?

8. Welche Bundesmittel für Verkehrsinvestitionen sind in den letzten 25 Jahren
nach Sachsen geflossen bzw. fließen in den nächsten zehn Jahren nach Sach-
sen, getrennt nach Straßenbau und Schiene (bitte in Jahresscheiben für die
vergangenen 25 Jahre und die kommenden zehn Jahre angeben)?

9. Welche Priorität räumt die Bundesregierung der Anbindung von ländlichen
Gebieten an das Fernverkehrsnetz insbesondere in Bezug auf die Möglich-
keit des umweltfreundlichen Berufspendelverkehrs ein?

10. Wie ist die Prognose der Bundesregierung über die für Sachsen zur Verfü-
gung stehenden Regionalisierungsmittel für die nächsten 15 Jahre?

11. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um den Umstieg zwischen
Fern- und Nahverkehr zu vereinfachen und insbesondere einen barrierefreien
Übergang von Fern- und Nahverkehr sicherzustellen?

Ausbau der Strecke Dresden–Berlin
12. Wann wird laut Bundesverkehrswegeplan 2030 der geplante Ausbau der

Strecke Dresden–Berlin komplett für eine Geschwindigkeit von 160 km/h
realisiert sein?
Welcher Investitionsbedarf besteht noch?
Welche noch nicht fertig gestellten Planfeststellungsabschnitte werden wann
im Bundesverkehrswegeplan 2030 enthalten sein?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11828

13. Bis wann wird der geplante Ausbau der Strecke Dresden–Berlin für eine Ge-

schwindigkeit von 200 km/h umgesetzt sein?
Wie hoch sind die Kosten für die noch ausstehenden Arbeiten zur Ertüchti-
gung der Strecke auf 200 km/h?
In welchem Planungsstadium befinden sich die einzelnen Planfeststellungs-
abschnitte, die im Bundesverkehrswegeplan 2030 enthalten sind?

14. Hat die Bundesregierung versucht, Einfluss auf die Entscheidung der DB AG
zu nehmen, dass die Züge derzeit zwischen Berlin und Dresden – anders als
die ICs zwischen Köln und Dresden – nicht mehr am Bahnhof Dresden-Neu-
stadt halten, und wie bewertet die Bundesregierung diese Entscheidung?

15. Welches Konzept verfolgt die Bundesregierung hinsichtlich der Fernver-
kehrsanbindung des geplanten Flughafens Berlin Brandenburg, insbesondere
mit Blick auf die Anbindung nach Dresden und Berlin?

16. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung hinsichtlich der Anzahl der Ver-
spätungen der Fernverkehrszüge auf der Strecke Berlin–Dresden in den letz-
ten fünf Jahren und der durchschnittlichen Verspätung dieser Züge (bitte
nach Jahren angeben)?

17. Lässt sich nach Ansicht der Bundesregierung daraus schlussfolgern, dass die
Anzahl der Verspätungen auf dieser Strecke besonders hoch ist?

18. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Entwicklung der Ver-
spätungen auf der Strecke Dresden–Berlin/Berlin–Dresden in den letzten
25 Jahren?

19. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Entwicklung der Fahrzeit
zwischen Berlin und Dresden ausweislich der Fahrpläne der Deutschen Bahn
in den letzten 25 Jahren (bitte für jeden Fahrplan gesondert angeben)?

20. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Entwicklung der Zahl
und Länge der Langsamfahrstellen an der Strecke Berlin–Dresden in den
letzten 25 Jahren (bitte für jedes Jahr gesondert angeben)?

21. Welche Aktivitäten hat die Bundesregierung unternommen und wird sie un-
ternehmen, um die DB dazu zu bewegen, die Fernverkehrsverbindung zwi-
schen Dresden und Berlin zu verbessern und Verspätungen zu reduzieren?

22. Welche konkreten Lärmschutzmaßnahmen plant die Bundesregierung auf
dieser Strecke, insbesondere mit Blick auf die hohe Lärmbelästigung im
sächsischen Elbtal?

Ausbau der Strecke Dresden–Prag
23. In welchem Planungsstand befindet sich die Neu-/Ausbaustrecke Dresden–

Prag, die im Bundesverkehrswegeplan 2030 noch im Potenziellen Bedarf
(Projekt 2-045-V01) geführt wird?

24. Ist es nach Auffassung der Bundesregierung sinnvoll, über eine lange Strecke
eine komplette Neubaustrecke mitsamt einem langen und teuren Tunnel zu
bauen, oder wäre eine Ausbaustrecke mit punktueller Umfahrung stark be-
lasteter Bereiche sinnvoller?

Ausbau der Strecke Dresden/Berlin–Görlitz–Wrocław
25. Welche Stellung hat der grenzüberschreitende Bahnverkehr zwischen Deutsch-

land und Polen aus Sicht der Bundesregierung?
26. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Bahnverbindungen zwi-

schen Deutschland und Polen momentan unattraktiv sind?

Drucksache 18/11828 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

27. In welchem Planungsstand befindet sich die Ausbaustrecke Dresden–Baut-

zen–Görlitz–Grenze D/PL (Deutschland/Polen), die im Bundesverkehrs-
wegeplan 2030 noch im Potenziellen Bedarf (Projekt 2-029-V01) geführt
wird?

28. Wie gedenkt die Bundesregierung den Staatsvertrag zwischen Deutschland
und Polen aus dem Jahr 2003 zu realisieren, der eine beidseitig durchgehende
Elektrifizierung der Strecke Dresden–Wrocław vorsieht und den Polen über-
wiegend erfüllt hat, während das Projekt im Bundesverkehrswegeplan 2030
nicht im Vordringlichen Bedarf steht?

29. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass zwischen den beiden Großstädten
Dresden und Wrocław gerade einmal drei Zugpaare täglich direkt und mit
einigermaßen attraktiven Fahrzeiten (knapp vier Stunden gegenüber fünfein-
halb Stunden mit zwei Umstiegen) verkehren?

30. Welche Pläne verfolgt die Bundesregierung für den Ausbau der durchgehen-
den Fernverkehrsverbindung auf der Strecke Dresden–Görlitz–Wrocław,
und was unternimmt sie zu diesem Zweck?

31. Welche Pläne verfolgt die Bundesregierung für den Ausbau der durchgehen-
den Fernverkehrsverbindung auf der Strecke Berlin–Görlitz–Wrocław, und
was unternimmt sie zu diesem Zweck?

32. Existieren Pläne der Bundesregierung, die Fernverkehrsanbindungen über
Wrocław hinaus weiterzuführen?

Ausbau der Strecke Leipzig–Chemnitz
33. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass Chemnitz als eine Stadt mit fast

250 000 Einwohnern keinerlei Anbindung an den Bahn-Fernverkehr mehr
hat?

34. Wann ist nach Kenntnis der Bundesregierung wieder mit einer Fernverkehrs-
anbindung der Stadt Chemnitz zu rechnen?

35. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das jährliche Fahrgastauf-
kommen von Chemnitz in Bezug auf Fernverkehrsziele unter Berücksichti-
gung der dafür notwendigen Umsteigebahnhöfe wie etwa Leipzig und Dres-
den?

36. Wie viele Fahrgäste im Fernverkehr haben nach Kenntnis der Bundesregie-
rung jährlich entweder den Ausgangsbahnhof Chemnitz oder den Zielbahn-
hof Chemnitz?

37. In welchem Planungsstand befindet sich die Ausbaustrecke Leipzig–Chem-
nitz, die im Bundesverkehrswegeplan 2030 noch im Potenziellen Bedarf
(Projekt M-002-V01) geführt wird?

38. Welche Ziele werden mit diesem Projekt verfolgt?

Ausbau der Sachsen-Franken-Magistrale
39. Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass

auf der Sachsen-Franken-Magistrale (Dresden–Chemnitz–Zwickau–Bay-
reuth–Nürnberg) momentan kein Bahn-Fernverkehr mehr fährt, und welche
Gründe sieht sie für diesen Missstand?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11828

40. Welches Fernverkehrsangebot ist auf der Sachsen-Franken-Magistrale nach

Kenntnis der Bundesregierung langfristig geplant, und welche Umsetzungs-
schritte sind dafür bereits unternommen worden?

Berlin, den 20. März 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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