BT-Drucksache 18/11704

Hygienepersonal in den Krankenhäusern

Vom 17. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11704
18. Wahlperiode 17.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Harald Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau), Inge Höger,
Cornelia Möhring, Kathrin Vogler, Birgit Wöllert, Pia Zimmermann und
der Fraktion DIE LINKE.

Hygienepersonal in den Krankenhäusern

Das Recherchenetzwerk CORRECTIV und das ARD-Magazin „Plusminus“ ha-
ben die Krankenhausqualitätsberichte des Jahres 2014 danach ausgewertet, ob die
Krankenhäuser ausreichend Hygienepersonal beschäftigen (vgl. https://correctiv.
org/recherchen/keime/artikel/2017/01/11/schlampige-hygiene-im-krankenhaus-
fuehrt-zu-mehr-toten-als-im-strassenverkehr/). Grundlage für diese Beurteilung
sind die entsprechenden Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI). Die Re-
cherche kommt zu dem Ergebnis, dass in etwa einem Viertel der Krankenhäuser
zu wenig Hygienepersonal arbeitet. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es
sich bei den Qualitätsberichten um Selbstauskünfte der Krankenhäuser handelt,
die bemüht sind, ein nicht zu negatives Bild der Realität darzustellen.
Mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) 2011 wurden die Empfeh-
lungen des RKI verbindlich. Die Übergangsfrist, bis zu der die Krankenhäuser
diese Empfehlungen verbindlich erfüllen mussten, ging bis zum Jahr 2016. Da
sich jedoch abzeichnete, dass nicht alle Stellen des vorgesehenen Hygieneperso-
nals besetzt werden konnten, wurde diese Frist in § 23 Absatz 8 IfSG mit dem
Krankenhausstrukturgesetz auf 2019 verlängert, ebenso die Maßnahmen des Hy-
gieneförderprogramms.
Nach Veröffentlichung der Recherchen gab es seitens vieler Krankenhausträger
Kritik und erste juristische Schritte gegen die Veröffentlichung, insbesondere be-
züglich Rechercheergebnissen zu einzelnen Krankenhäusern. Nach Auskunft von
CORRECTIV wurde zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten eine interaktive
Karte offline genommen, auf der die Krankenhäuser mit roten, rosafarbenen und
grünen Punkten bezüglich der Erfüllung der Hygienerichtlinien beurteilt wurden.
Die Krankenhäuser begründeten die Missbilligung ihrer Beurteilung zumeist mit
Fehlern in der Übermittlung von Daten oder veralteten Angaben in den Qualitäts-
berichten. Letztlich lägen dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) falsche
Daten vor. Diese Einzelfälle änderten allerdings nichts an der grundsätzlichen
Aussage der Recherchen, dass in etwa einem Viertel der Krankenhäuser die
Richtlinien bezüglich Hygienepersonal nicht eingehalten würden.
Vor wenigen Monaten wurden die Richtlinien des RKI geändert. Sie orientieren
sich nun nicht mehr relativ starr an der Bettenzahl, sondern flexibler an als un-
terschiedlich gefährlich eingeschätzten Bereichen/Abteilungen eines Kranken-
hauses. Dadurch ergeben sich andere Bedarfszahlen für jedes einzelne Haus.

Drucksache 18/11704 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Decken sich die Ergebnisse der Recherche mit den Erkenntnissen der Bun-
desregierung?

2. Wenn nein, worin unterscheiden sich diese?
3. Bis wann geht die Bundesregierung davon aus, dass die Empfehlungen des

RKI zu Personalmindeststandards in der Hygiene in allen Krankenhäusern
erfüllt sind?

4. Welche Sanktionen haben Krankenhäuser zu erwarten, wenn sie diese Emp-
fehlungen derzeit nicht erfüllen?
Wie viele Sanktionen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung – ggf.
nach Abfrage bei den Ländern – verhängt?

5. Welche Sanktionen haben Krankenhäuser nach Kenntnis der Bundesregie-
rung zu erwarten, wenn sie die Empfehlungen ab 2020 nicht erfüllen?

6. Aufgrund welcher Meldungen können nach Kenntnis der Bundesregierung
solche Sanktionen erwirkt werden?

Welche Verfahren sind bei solchen Mängelmeldungen vorgesehen?
7. Welche Evaluationen oder Studien sind der Bundesregierung bekannt, die

den Outcome der Anstellung von Hygienepersonal in Krankenhäusern zum
Thema hatten?
Was sind die Ergebnisse, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung daraus?

8. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der Absol-
ventinnen und Absolventen in den einschlägigen Ausbildungen (Kranken-
haushygienikerin/-hygieniker sowie Hygienefachkräfte) in den vergangenen
zehn Jahren entwickelt (bitte Angabe für jedes Jahr)?

9. Wie viele Krankenhaushygienikerinnen und -hygieniker waren nach Kennt-
nis der Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren in den Kranken-
häusern tätig (bitte Angabe für jedes Jahr)?

10. Wie viele Hygienefachkräfte waren nach Kenntnis der Bundesregierung in
den vergangenen zehn Jahren in den Krankenhäusern tätig (bitte Angabe für
jedes Jahr)?

11. Wie viele hygienebeauftragte Pflegekräfte sowie Ärztinnen und Ärzte waren
nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren in den
Krankenhäusern tätig (bitte Angabe für jedes Jahr)?

12. Ist es aus Sicht der Bundesregierung ausreichend, wenn ein Krankenhaus,
das nach den RKI-Empfehlungen eine Krankenhaushygienikerin bzw. einen
Krankenhaushygieniker beschäftigen muss, diese Anforderung dergestalt er-
füllt, dass es eine Krankenhaushygienikerin bzw. einen Krankenhaushygie-
niker beauftragt, die bzw. der dieser Arbeit gleichzeitig noch in anderen
Krankenhäusern nachgeht und die Vorgaben des RKI so in mehreren Kran-
kenhäusern durch insgesamt nur eine Krankenhaushygienikerin bzw. einen
Krankenhaushygieniker umgesetzt werden sollen?

13. Ist es nach Einschätzung der Bundesregierung ausreichend, wenn, wie in
dem Artikel von CORRECTIV berichtet, eine Krankenhaushygienikerin
bzw. ein Krankenhaushygieniker sieben, zwölf oder 37 Krankenhäuser be-
treut?
Wie wird bei freiberuflichen Hygienikerinnen und Hygienikern gewährleis-
tet, dass sie die notwendige und vereinbarte Arbeitszeit für ein Krankenhaus
überhaupt erfüllen können?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11704

14. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung gewährleistet, dass eine Kran-

kenhaushygienikerin bzw. ein Krankenhaushygieniker die nach den RKI-
Empfehlungen notwendige Anzahl von Stunden pro Woche auch tatsächlich
arbeitet bzw. vor Ort ist?

15. Genügt es nach Einschätzung der Bundesregierung zur Erfüllung der RKI-
Empfehlungen, wenn eine Krankenhaushygienikerin bzw. ein Krankenhaus-
hygieniker nur einen kleinen Teil der Arbeitszeit vor Ort im Krankenhaus
ist?

16. Wie viele Krankenhaushygienikerinnen und Krankenhaushygieniker in Voll-
zeit wären nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland notwendig,
um die aktuellen vom Risikoprofil der Einrichtungen abhängigen Bedarfsbe-
rechnungen des RKI zu erfüllen?
Gibt es ausreichend Personal dafür, und wenn nein, wann ist dies zu erwar-
ten?

17. Wie wirkt sich nach Einschätzung der Bundesregierung die aktuelle Überar-
beitung der RKI-Empfehlungen auf den Personalbedarf der einschlägigen
Berufe aus (bitte für die Berufe einzeln angeben)?
Wird der Bedarf höher oder niedriger als zuvor?
Wird das Ziel, bis 2020 die Vorgaben zu erfüllen, dadurch besser erreichbar?

18. Wann ist nach Kenntnis der Bundesregierung die nächste Überarbeitung der
Empfehlungen des RKI zu erwarten?

19. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Bedarf an Hygiene-
fachkräften in Deutschland gemäß der risikoabhängigen Bedarfsberechnun-
gen des RKI?
Gibt es ausreichend Personal dafür, und wenn nein, wann ist dies zu erwar-
ten, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung?

20. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung sichergestellt, dass die Reini-
gung von Flächen entsprechend den „Anforderungen an die Hygiene bei der
Reinigung und Desinfektion von Flächen“ des RKI durchgeführt wird, ins-
besondere angesichts der Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der oftmals ausgelagerten Dienstleistungen?

21. Sind die Daten der Qualitätsberichte beim G-BA nach Kenntnis der Bundes-
regierung zuverlässig?

Wie wird die Qualität der Krankenhausqualitätsberichte gewährleistet?
Welche Sanktionen sind vorgesehen, falls Krankenhäuser fehlerhafte oder
unvollständige Daten angeben?

22. Wie sieht die Bundesregierung derzeit gewährleistet, dass sich eine Patientin
oder ein Patient durch die Daten der Qualitätsberichte bei einem planbaren
Eingriff zuvor einfach und möglichst barrierefrei über die Einhaltung von
Richtlinien zum Hygienepersonal informieren und basierend darauf eine Ent-
scheidung für ein Krankenhaus treffen kann?
Gibt es diese Daten vergleichbar, in geeigneter Form durch eine unabhängige
Stelle aufgearbeitet und an öffentlicher Stelle kostenfrei einsehbar?
Wenn nein, wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen?

Berlin, den 17. März 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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