BT-Drucksache 18/11687

Forschungen an der Überwachungsplattform FLYSEC

Vom 15. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11687
18. Wahlperiode 15.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Inge Höger, Jan Korte,
Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Kathrin Vogler und der Fraktion
DIE LINKE.

Forschungen an der Überwachungsplattform FLYSEC

Nach „Total Airport Security System” (TASS) finanziert die Europäische
Kommission mit „Optimising time-to-FLY and enhancing airport SECurity“
(FLYSEC) abermals Forschungen an einer Überwachungsplattform für den öf-
fentlichen Raum (http://gleft.de/1Dz, http://gleft.de/1Dy). Das Projekt wird im
Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“ gefördert und läuft dort in der Pro-
grammlinie „Sicherung kritischer Infrastrukturen“. Die Kosten von FLYSEC be-
tragen 4,14 Mio. Euro, die von der Europäischen Kommission nahezu komplett
übernommen werden. Bis April 2018 wird in FLYSEC an Technologien zur Vi-
deoüberwachung, Verfahren intelligenter Auswertung von Bewegtbildern, zur bi-
ometrischen Identifikation und zur Verfolgung mit RFID-Trackern (RFID – ra-
dio-frequency identification) geforscht. Das System soll es ermöglichen, Daten
verschiedener Sensoren gleichzeitig auszuwerten und durch „innovative kogni-
tive Algorithmen“ zu berechnen. In der Projektbeschreibung ist die Rede von
„Big Data-Analyse“, „Open-source intelligence“ und „Crowd sourcing“. Außer-
dem werden Verfahren zur Risiko- bzw. Verhaltensanalyse entwickelt. Kombi-
niert mit „Hintergrundüberprüfungen“ und der Erstellung eines Persönlichkeits-
profils („Background checks“, „Passenger profiling“) werden Reisende in drei
verschiedene Risikokategorien eingeteilt und unterschiedlichen Prozeduren un-
terworfen. Hierzu dürften aus Sicht der Fragesteller umfangreiche Personendaten
von Reisenden genutzt werden, wie sie etwa im EU-Fluggastdatenregister
(EU-PNR) gesammelt werden. Zusammen mit den Informationen des geplanten
ETIAS werden die PNR-Daten zur Vorabkontrolle von Reisenden genutzt. Ent-
sprechende Verfahren werden bereits an israelischen Flughäfen eingesetzt.
Kenntnisse hierüber könnten über die beteiligten israelischen Firmen ELBIT,
EMZA VISUAL SENSE oder SMARTECH in das Projekt FLYSEC einfließen.
Der Rüstungskonzern ELBIT war zuvor an dem EU-Projekt TASS beteiligt, das
von dem ehemals israelischen Überwachungsdienstleister VERINT geleitet
wurde. Neben den israelischen Partnern sind bei FLYSEC Firmen und Einrich-
tungen aus Luxemburg, Großbritannien, Griechenland und Deutschland an Bord.
Hierzu gehören der Embry-Riddle Berlin Campus (ERAD, erhält 115 000 Euro)
und das Forschungszentrum für Luftsicherheit European Aviation Security Cen-
ter (EASC e. V.: erhält 327 250 Euro) am Flugplatz Schönhagen in Brandenburg.
Einer Projektbeschreibung zufolge gehört die deutsche Polizei ebenfalls zu den
relevanten Akteuren und wurde hierzu angesprochen (http://gleft.de/1DA). Laut
der Projektwebseite werden Anwendungen von FLYSEC an Flughäfen getestet
(www.fly-sec.eu). Nach Projektende sollen sämtliche Ergebnisse am neuen Flug-
hafen Berlin-Schönefeld präsentiert werden.

Drucksache 18/11687 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Mit welchen Forschungsvorhaben will die Europäische Union nach Kenntnis
der Bundesregierung die Überwachung und Kontrolle an Flughäfen verstär-
ken oder automatisieren?
a) An welchen dieser Vorhaben nehmen welche deutschen Behörden, Fir-

men oder sonstigen Einrichtungen mit welchen Beiträgen teil?
b) In welchen deutschen Forschungsprojekten werden Anwendungen zur

Flughafensicherheit entwickelt oder erprobt?
2. In welchen Forschungen entwickeln oder erproben die Europäische Union

oder Bundesbehörden Verfahren, um Grenzkontrollen durch eine Risiko-
bzw. Verhaltensanalyse von Reisenden zu ergänzen?

3. In welchen Projekten werden entsprechende Anwendungen erforscht, und
inwiefern werden dabei Beiträge von Bundesbehörden erbracht?

4. Welche Forschungen werden nach Kenntnis der Bundesregierung von der
Europäischen Union unterstützt, um die Vorabkontrolle von Reisenden
durch Verarbeitung von Fluggastdaten im Rahmen der EU-PNR-Richtlinie
zu verbessern?

5. In welchen Forschungen entwickeln oder erproben die Europäische Union
oder Bundesbehörden Verfahren zur Erstellung eines Persönlichkeitsprofils
(„Passenger profiling“), in dem in verschiedene Risikokategorien eingeteilt
und anschließend unterschiedlichen Prozeduren unterworfen werden?

6. Welche Luftfahrtunternehmen führen nach Kenntnis der Bundesregierung
„im US- und Israelverkehr“ an welchen deutschen Flughäfen Befragungen
„zur Verhinderung der Gefährdung der Luftsicherheit“ durch (Bundestags-
drucksache 18/11460, Antwort zu Frage 5)?
a) Welche Behörden oder Dienstleister sind im Falle des Israelverkehrs an

diesen Befragungen beteiligt?
b) Unter welchen Umständen dürfen bei diesen Befragungen auch Gepäck-

stücke oder Kommunikationsgeräte heimlich oder offen durchsucht wer-
den?

7. Über welche neueren Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung seit der Ant-
wort auf Bundestagsdrucksache 18/11460 über den Sachstand zur Erweite-
rung des US-Pre-Clearance-Programms auf weitere europäische Flughäfen
bzw. die Aufhebung einer Genehmigung zur Durchführung von hoheitlichen
Kontrollen in Irland?

8. Wann trat der Gemeinsame Ausschuss aus Vertragsparteien zum Luftver-
kehrsabkommen der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union nach
Kenntnis der Bundesregierung zuletzt zusammen, und welche Themen wur-
den dort behandelt?

9. Was ist der Bundesregierung über Zielsetzung und aktuelle Vorhaben einer
Projektgruppe „Data Mining“ im Bereich der Zollzusammenarbeit auf Ebene
der Europäischen Union bekannt, die nach Kenntnis der Fragesteller von Li-
tauen geführt wird?
a) Welche Massendaten welcher Quellen werden in der Gruppe behandelt?
b) Mit welcher Zielsetzung ist auch die Polizeiagentur Europol an der

Gruppe beteiligt?
10. Wie viele Körperscanner welcher Hersteller bzw. welchen Typs sind derzeit

an welchen deutschen Flughäfen montiert?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11687

11. Was ist der Bundesregierung über den Zeitpunkt und den Ort einer Aktion

„Air Omnia 2017“ bekannt, die nach Kenntnis der Fragesteller von der Eu-
ropäischen Union im Rahmen des Operational Action Plans 2017 durchge-
führt wird und auf die unerwünschte Migration sowie Schleusungskrimina-
lität zielt (sofern der Termin und die beteiligten Grenzkontrollstellen noch
nicht endgültig feststehen, bitte möglichst genau eingrenzen)?
a) Inwiefern nehmen auch die Agenturen Europol und Frontex an der Aktion

teil, und welche Leistungen werden von ihnen erbracht?
b) Auf welche Weise ist die Europäische Multidisziplinäre Plattform gegen

kriminelle Bedrohungen (EMPACT) an der Aktion beteiligt?
c) Welche Aufgaben werden durch die Bundespolizei für die Aktion über-

nommen, und wie werden diese umgesetzt?
d) Welche Mitgliedstaaten nehmen nach derzeitigem Stand an der Aktion

teil?
12. Was ist der Bundesregierung über die in FLYSEC beforschten Technologien

zur Videoüberwachung, Verfahren intelligenter Auswertung von Bewegtbil-
dern, biometrischer Identifikation und Verfolgung mit RFID-Trackern be-
kannt?

13. Mit welchen „innovative[n] kognitive[n] Algorithmen“ sollen die erhobenen
Daten nach Kenntnis der Bundesregierung berechnet werden?

14. Welche Techniken der „Big Data-Analyse“, „Open-source intelligence“ und
„Crowd sourcing“ sollen nach Kenntnis der Bundesregierung erprobt wer-
den?

15. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Beiträge der Embry-
Riddle Berlin Campus und das European Aviation Security Center im EU-
Projekt FLYSEC erbringen?

16. Welche Bundesbehörden wurden von Beteiligten von FLYSEC angespro-
chen, und welche Beiträge werden von diesen für das Projekt erbracht?

17. An welchen deutschen Örtlichkeiten sollen nach Kenntnis der Bundesregie-
rung Anwendungen von FLYSEC getestet werden?

18. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, in welchem Rahmen Ergeb-
nisse von FLYSEC am neuen Flughafen Berlin-Schönefeld präsentiert wer-
den sollen?

Berlin, den 14. März 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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