BT-Drucksache 18/11675

Austausch biometrischer Daten zwischen Europol bzw. Interpol mit der Kriminalpolizei und dem Militär der Vereinigten Staaten

Vom 15. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11675
18. Wahlperiode 15.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Inge Höger, Ulla Jelpke,
Jan Korte, Niema Movassat, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler und der Fraktion
DIE LINKE.

Austausch biometrischer Daten zwischen Europol bzw. Interpol mit der
Kriminalpolizei und dem Militär der Vereinigten Staaten

Die EU-Polizeiagentur Europol will laut einem Bericht der Hamburger Tageszei-
tung der „Morgenpost“ biometrische Daten des US-Militärs verarbeiten, die zu
„ausländischen Kämpfern“ in Syrien und Irak erhoben wurden (www.morgenpost.
de vom 4. März 2017, „Europol will DNA von Terroristen in Syrien und Irak
sammeln“). Als Beispiele nennt die Zeitung „Fingerabrücke von Kalaschnikows,
Spuren von Anschlagsorten oder DNA-Proben von getöteten IS-Terroristen“. Die
Daten könnten aus einem „Intelligence Center“ stammen, das die US-Armee in
Jordanien unterhält. Zwar unterlägen Fingerabdrücke und DNA-Daten der Ge-
heimhaltung, einige würden jedoch für die US-Bundespolizei Federal Bureau of
Investigation (FBI) deklassiert. Dadurch würden sie auch für zivile Behörden zu-
gänglich. Mit dem FBI unterhält Europol ein Arbeitsabkommen, worüber die bi-
ometrischen Daten getauscht werden könnten. Auch die internationale Polizeior-
ganisation Interpol plant dem Bericht zufolge ein vergleichbares Projekt zum
DNA-Austausch.
Bereits in den Projekten VENNLIG (Schreibweise auch: VENLIQ) und HAMAH
hatten europäische Justiz- und Innenministerien mit dem US-Verteidigungsmi-
nisterium sowie Interpol Daten über „identifizierte ausländische Terroristen“
bzw. ,,ausländische Kämpfer“ in Syrien und dem Irak ausgetauscht. Das Bundes-
kriminalamt nahm an HAMAH teil, stellte die Zusammenarbeit jedoch im Jahr
2012 ein (Bundestagsdrucksache 18/10773, Schriftliche Frage 14 des Abgeord-
neten Andrej Hunko). Zuletzt hatte der EU-Anti-Terrorismuskoordinator vorge-
schlagen, ein erneutes Projekt wie VENNLIG einzurichten (http://gleft.de/1xP).
Der Bundesregierung ist hierzu jedoch nichts bekannt.
Informationen zu „ausländischen Kämpfern“ speichert Europol im Auswerte-
schwerpunkt „Travellers“, an dem die EU-Mitgliedstaaten beteiligt sind. Neben
Australien ist mittlerweile auch die US-Einwanderungsbehörde „Customs and
Border Protection“ (US-CBP) mit dem Auswerteschwerpunkt assoziiert, entspre-
chendes Interesse habe der Bundesregierung zufolge auch Interpol signalisiert
(Bundestagsdrucksache 18/8324, Frage 2). Auch ohne Abschluss eines Assoziie-
rungsverfahrens liefert Interpol eine beträchtliche Zahl an Daten zu. Bezüglich
der Zahl der beim Auswerteschwerpunkt „Travellers“ zugelieferten Personen ste-
hen Interpol und die US-CBP an vierter und fünfter Stelle. Gemessen an der Ge-
samtzahl der Zulieferungen steht Australien an fünfter Stelle.

Drucksache 18/11675 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Was ist der Bundesregierung über die Pläne der EU-Polizeiagentur Europol
bekannt, biometrische Daten des US-Militärs zu verarbeiten, die zu „auslän-
dischen Kämpfern“ in Syrien und Irak erhoben wurden?
a) Aus welchen Quellen stammen die Daten?
b) Welche Rolle würde das militärische „Intelligence Center“ der US- Ar-

mee in Jordanien im Rahmen des Datentauschs spielen?
2. Nach welchem Verfahren würde es Europol nach Kenntnis der Bundesregie-

rung gestattet, für militärische Zwecke gesammelte und eingestufte biomet-
rische Daten zu verarbeiten?

3. Sofern der Datentausch über das Federal Bureau of Investigation abgewi-
ckelt würde, auf Grundlage welcher Abkommen oder Vereinbarungen würde
dies nach Kenntnis der Bundesregierung erfolgen?
a) Wo würden die biometrischen Daten bei Europol gespeichert?
b) Welche europäischen Ermittlungsbehörden hätten Zugriff auf die Daten?

4. Was ist der Bundesregierung über Berichte bekannt, wonach auch die inter-
nationale Polizeiorganisation Interpol ein vergleichbares Projekt zum Aus-
tausch biometrischer Daten plant?
a) Aus welchen Quellen würden die Daten stammen?
b) Nach welchem Verfahren würde es Interpol gestattet, für militärische

Zwecke gesammelte und eingestufte biometrische Daten zu verarbeiten?
5. Welche Daten hat das Bundeskriminalamt bis zu seinem Ausstieg in 2012 im

Projekt HAMAH an welche Behörden geliefert bzw. von dort empfangen?
6. Was ist der Bundesregierung mittlerweile über Diskussionen über einen Vor-

schlag des EU-Anti-Terrorismuskoordinators bekannt, der ein erneutes Pro-
jekt wie VENNLIG vorschlug (http://gleft.de/1xP)?

7. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, in welchem Rahmen bzw. in
welchen Abkommen die Europol-Abteilungen „Operationen“ und „Finan-
zermittlungen“ („Operations“, „Financial Intelligence“) mit dem US-Hei-
matschutzministerium, dem FBI, der Customs and Border Protection (US-
CBP), dem US Secret Service und dem US-Interpolbüro kooperieren (Pres-
semitteilung Europol vom 25. Februar 2015, „Increased law enforcement co-
operation between the United States and Europe“)?

8. Welche EU-Mitgliedstaaten und Drittparteien nehmen nach Kenntnis der
Bundesregierung derzeit an den Auswerteschwerpunkten „Hydra“, „Travel-
lers“ und „Check the Web“ bei Europol teil, und welche weiteren Drittpar-
teien begehren derzeit eine Aufnahme?

9. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Umfang der an die Eu-
ropol-Dateien „Hydra“, „Travellers“, „Check the Web“ sowie das Europol-
Informationssystem gelieferten Informationen zu „ausländischen Kämpfern“
bzw. „islamistischem Extremismus/Terrorismus“ seit der Antwort der Bun-
desregierung auf Bundestagsdrucksache 18/8324 entwickelt?
a) Welche Teilnehmenden der Auswerteschwerpunkte „Hydra“, „Travel-

lers“ und „Check the Web“ gehören nach Kenntnis der Bundesregierung
derzeit zu deren fünf intensivsten Nutzern (bitte wie auf Bundestags-
drucksache 18/8324 beantworten)?

b) Was ist der Bundesregierung über die Zahl der Zulieferungen der Dritt-
parteien Interpol und US-CBP an die Auswerteschwerpunkte „Hydra“,
„Travellers“ und „Check the Web“ bekannt (bitte wie auf Bundestags-
drucksache 18/8324 beantworten)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11675

10. Wie viele Personen bzw. Einträge sind nach Kenntnis der Bundesregierung

derzeit auf Verdacht bei der Kontaktstelle „Travellers“ gespeichert?
a) Wie viele der in „Travellers“ Eingetragenen wurden mittlerweile als „aus-

ländische Kämpfer“ bestätigt?
b) In welchem Umfang liegen einer solchen Bestätigung durch „Analysen“

von Teilnehmern am Auswerteschwerpunkt „Travellers“ auch geheim-
dienstliche Erkenntnisse oder Verurteilungen zugrunde?

11. Wie viele Personen bzw. Einträge sind nach Kenntnis der Bundesregierung
zu „ausländischen Kämpfern“ derzeit im Europol-Informationssystem ge-
speichert?

12. Aus welchen Gründen plädiert das Bundesministerium des Innern für die In-
tegration der nicht zur Europäischen Union gehörenden „Police Working
Group an Terrorism“ (PWGT) in die Strukturen der Europol-Zusammenar-
beit durch Einrichten eines Beratungs-/Programmgremiums innerhalb des
neuen Anti-Terror-Zentrums ECTC (http://gleft.de/1Dj), um damit einer
„anhaltend hohen Bedrohung durch terroristische Anschläge und Anschlags-
versuche“ zu begegnen?
a) Auf welche Weise soll die PWGT „in strategischer Hinsicht“ die Aufga-

benerfüllung des ECTC beeinflussen?
b) Welche weiteren europäischen „Terrorismusbekämpfungsaktivitäten“

sollten aus Sicht der Bundesregierung bei Europol zusammengeführt wer-
den?

c) Auf welche Weise sollten aus Sicht der Bundesregierung die bei Europol
angesiedelten gemeinsamen Verbindungsbeamtenteams (JLT) und die In-
ternet-Meldestelle (IRU) gestärkt werden?

13. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, wodurch die „EU-US-Zusam-
menarbeit bei der Bekämpfung illegaler Immigration, insbesondere deren
Ausnutzung durch die organisierte Kriminalität“ inzwischen verbessert
wurde (Bundestagsdrucksache 18/6699, Frage 16)?

14. Was ist der Bundesregierung über Teilnehmende des jüngsten „EU-US JHA
Senior Officials Meeting“ in Malta bekannt (http://gleft.de/1Di)?

15. Welche einzelnen Aspekte bzw. Vorhaben wurden in Malta hinsichtlich der
Themen „Anti-Terrorismus“, „Grenzmanagement/Migration“, „Cybersi-
cherheit“ und „Herausgabe elektronischer Beweismittel“ nach Kenntnis der
Bundesregierung behandelt?

16. Inwiefern und mit welchem Ergebnis wurden auf dem Treffen nach Kenntnis
der Bundesregierung auch die Visa-Reziprozität, die Umsetzung des
Umbrella Agreements sowie die vom Präsidenten Donald Trump verhängten
Einreiseverbotsanordnungen behandelt?

17. Welche weiteren geplanten EU-US Tagungen im Bereich des transatlanti-
schen Informationsaustauschs sind nach Kenntnis der Bundesregierung in
der Zukunft geplant?

Berlin, den 14. März 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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