BT-Drucksache 18/1140

Aktivitäten von Bundesbehörden bei der EU-Polizeiagentur Europol zur Verfolgung der PKK

Vom 9. April 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1140
18. Wahlperiode 09.04.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken,
Christine Buchholz, Annette Groth, Inge Höger, Kathrin Vogler und der Fraktion
DIE LINKE.

Aktivitäten von Bundesbehörden bei der EU-Polizeiagentur Europol zur
Verfolgung der PKK

Am 23. Oktober 2013 hat bei der europäischen Polizeibehörde Europol ein so
genanntes Operational Meeting zur Verfolgung von Finanzströmen der Arbeiter-
partei Kurdistans (PKK) stattgefunden (siehe Bundestagsdrucksache 18/498).
Das Treffen fand im Rahmen des „Focal Point DOLPHIN“ statt. „DOLPHIN“
ist der Name einer Arbeitsdatei zu „Terrorismus in der EU“, „Focal Points“ sind
Arbeitsgruppen von Polizeien aus Mitgliedstaaten, die an bestimmten polizei-
lichen Phänomenen interessiert sind. Die Tagung fand laut dem Bundesministe-
rium des Innern „auf Initiative des Bundeskriminalamts statt und wurde daher
maßgeblich durch dieses geprägt“. Es hätten Polizeien aus Österreich, Belgien,
Dänemark, Frankreich, den Niederlanden, Norwegen, der Schweiz, Großbritan-
nien sowie von Europol teilgenommen.
Das „Operational Meeting“ ging demnach der Frage nach, inwiefern sich die
Behörden Finanzermittlungen zunutze machen könnten, um vermeintliche
PKK-Strukturen aufzudecken. Die Vorbereitung der Tagung sowie die Erstel-
lung der Tagesordnung erfolgten durch Europol. Das Bundeskriminalamt
(BKA) habe einen „Lagebeitrag“ („Basic information PKK“ und „State of
play“) mit „Informationen zur Finanzierung der PKK“ übermittelt. Hierzu seien
eine „Erörterung“, ein „Erfahrungsaustausch“, eine „Abstimmung“ und ein
„Abgleich der in der EU vorliegenden Informationen“ erfolgt. Im Ergebnis sei
eine „Target Group“ innerhalb des „Focal Point“ DOLPHIN eingerichtet wor-
den. Außerdem sei das Erstellen von „Terms of Reference“ mit dem Ziel der
„Sammlung und Auswertung von Erkenntnissen i. Z. m. der PKK-Finanzie-
rung“ vereinbart worden. Zum Datentausch zum Thema PKK wurde erklärt,
allein im zweiten Halbjahr 2013 seien 54 Einträge an den „Focal Point
DOLPHIN“ zugeliefert worden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Seit wann wurde das „Operational Meeting“ vom Oktober 2013 zur Ver-

folgung der kurdischen PKK geplant, und von wem wurde über dessen Statt-
finden entschieden?

2. Wem gegenüber hatte das Bundeskriminalamt das „Operational Meeting“
vorgeschlagen?

3. Wer war für die Einladungen der Teilnehmenden verantwortlich?

Drucksache 18/1140 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Inwiefern wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Teilnehmende zwar
eingeladen, erschienen aber nicht zum „Operational Meeting“, und welche
Gründe sind der Bundesregierung hierzu bekannt?

5. Inwieweit hat sich Europol zur Vorbereitung der Tagung sowie für die Er-
stellung der Tagesordnung mit dem Bundeskriminalamt abgestimmt?

6. Welche Behörden welcher Länder haben vor, während oder nach der Ta-
gung welche Beiträge erbracht (bitte Titel und Untertitel angeben)?

7. Welchen Inhalt hatte der „Lagebeitrag“ des Bundeskriminalamts (insbeson-
dere zu den Themen „Basic information PKK“ und „State of play“)?

8. Was wurde in den Vorstellungen und Diskussionen der Beiträge aus den
Mitgliedstaaten nach Ansicht der Bundesregierung deutlich?
a) Was ergab die „Erörterung“ der Beiträge?
b) Was ergab der „Erfahrungsaustausch“ der Beiträge?
c) Welchen Inhalt bzw. welches Ergebnis hatte der „Abgleich der in der EU

vorliegenden Informationen“?
d) Worin bestand die „Abstimmung“?

9. Wer schlug die Einrichtung einer „Target Group“ vor?
a) Wer gehört ihr nach Kenntnis der Bundesregierung nach jetzigem Stand

an, und wie wurden etwaige Aufgaben verteilt?
b) Welchen konkreten Auftrag hat die „Target Group“?

10. Wer schlug nach Kenntnis der Bundesregierung die Erstellung von „Terms
of Reference“ mit dem Ziel der „Sammlung und Auswertung von Erkennt-
nissen i. Z. m. der PKK-Finanzierung“ vor?
a) Wo werden entsprechende Informationen zusammengetragen?
b) Wo werden entsprechende Informationen ausgewertet und verarbeitet?
c) Wo werden entsprechende Informationen gespeichert?

11. Wie viele Beiträge betreffend die PKK wurden vom Bundeskriminalamt im
ersten sowie im zweiten Halbjahr 2013 an den „Focal Point DOLPHIN“ zu-
geliefert?

12. An welchen weiteren Veranstaltungen, die die PKK betreffen, haben Ver-
treterinnen bzw. Vertreter des Generalbundesanwalts oder des Bundes-
kriminalamts seit dem Jahr 2010 auf EU-Ebene teilgenommen (siehe Bun-
destagsdrucksache 17/1882)?

13. Inwiefern tauschten sich Bundesbehörden seit dem Jahr 2010 auch mit
Sicherheitsbehörden der USA über die PKK aus, und welche Behörden
waren daran jeweils beteiligt?

14. Inwiefern tauschten sich Bundesbehörden seit dem Jahr 2010 auch mit
Sicherheitsbehörden der Türkei über die PKK aus, und welche Behörden
waren daran jeweils beteiligt?

15. Welche Angaben zu Form, Inhalt und Ergebnis der Beratungen sowie zum
sonstigen Informationsaustausch zu Art und Umfang der internationalen
Zusammenarbeit zur „Bekämpfung der PKK“ kann die Bundesregierung
machen?

16. Welche Angaben zu Form, Inhalt und Ergebnis der Beratungen sowie zum
sonstigen Informationsaustausch zu Art und Umfang der internationalen
Zusammenarbeit zur „Bekämpfung der PKK“ will die Bundesregierung aus

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1140
welchen Motiven verweigern, und aus welchen Gründen werden diese nicht
in als Verschlusssache eingestuften Antworten hinterlegt?

17. Inwiefern haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2010 auch
EU-US-Ministertreffen oder EU-US-Troikatreffen auf Ebene von Rats-
arbeitsgruppen mit dem Thema „(Straf-)Verfolgung der PKK“ befasst?

18. Welche schriftlichen Stellungnahmen mit welchem Inhalt haben Bundes-
behörden zur (Straf-)Verfolgung der PKK an den „EU-Antiterrorismuskoor-
dinator“ übermittelt (bitte auch ein jeweils zugrunde liegendes Dokument
benennen)?

19. Welche weiteren „Maßnahmenpapiere“ des „EU-Antiterrorismuskoordina-
tors“ sind der Bundesregierung seit 2010 bekannt?

20. Welche „Europol-Besprechungen mit den Mitgliedstaaten und weiteren
Kooperationspartnern“ zu „strategischen und operativen Aspekten der
Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität“, an denen das Bundes-
kriminalamt teilnahm, betrafen auch die PKK (siehe Bundestagsdrucksache
17/1882)?

21. Inwiefern hält die Bundesregierung die Vorgaben der „Roadmap“ für die Visa-
freiheit mit der Türkei hinsichtlich der Zusammenarbeit von Grenzbehörden,
Polizei und Zoll für umgesetzt („Take necessary steps to ensure effective
and efficient law enforcement co-operation among relevant national agen-
cies – especially border guards, police, customs officers through full inter-
agency collaboration in the field of intelligence and information exchange –
as well as cooperation with the judicial authorities“; http://ec.europa.eu/dgs/
home-affairs/what-is-new/news/news/docs/20131216-roadmap_towards_
the_visa-free_regime_with_turkey_en.pdf)?

22. Welche Defizite existieren nach Ansicht der Bundesregierung auch weiter-
hin?

23. Spielt der Friedensprozess in der Türkei – also die Gespräche zwischen dem
inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan und Vertretern des tür-
kischen Staates über ein Ende der bewaffneten Auseinandersetzungen und
eine Lösung der kurdischen Frage sowie die seit Frühjahr letzten Jahres an-
dauernde Waffenruhe der PKK – bei den Erörterungen von EU-Sicherheits-
behörden nach Kenntnis der Bundesregierung eine Rolle, und wenn ja, wel-
che?

24. Wie begründet es die Bundesregierung, dass der Friedensprozess in der Tür-
kei einschließlich der mehr als einjährigen Waffenruhe der PKK und eines
Teilrückzuges ihrer Guerilla aus der Türkei zu keiner, für die Fragesteller
erkennbaren, Änderung im Umgang deutscher Behörden mit der PKK oder
ihr nahestehenden Organisationen geführt haben?

Berlin, den 8. April 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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