BT-Drucksache 18/11372

Umweltsituation und menschenrechtliche Situation in den Ölförderregionen im Südsudan

Vom 21. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11372
18. Wahlperiode 21.02.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Annette Groth, Christine Buchholz, Eva Bulling-Schröter,
Inge Höger, Katrin Kunert, Niema Movassat, Kathrin Vogler und der Fraktion
DIE LINKE.

Umweltsituation und menschenrechtliche Situation in den Ölförderregionen im
Südsudan

Die Umweltsituation in den Ölfördergebieten des Südsudan ist dramatisch. Das
Grundwasser der Region ist mit Schadstoffen belastet und die Trinkwasserver-
sorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser ist gefährdet. Professor
Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker bezeichnete das Vorgehen des malaysischen
Staatsunternehmens PETRONAS als „fürchterlich“ und als „skandalösen Sach-
verhalt“ (www.presseportal.de/pm/120496/3322456). Seit vielen Jahren wird
durch die Ölförderung das Grundwasser in der Region verseucht (www.
suedkurier.de/region/bodenseekreis-oberschwaben/sipplingen/Wo-OEl-das-
Trinkwasser-verseucht;art372492,7787785). Trotzdem wurden die Verträge zur
Förderung von Öl zwischen dem Südsudan und PETRONAS für weitere fünf
Jahre verlängert.
Der deutsche Konzern Daimler AG arbeitet intensiv mit dem malaysischen Staats-
konzern PETRONAS zusammen (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/oel-konzern-
schmierige-geschaefte-1.2895544-2). Als Akteur in der Formel 1 erhält er pro
Saison 30 bis 40 Mio. Euro Sponsoringeinnahmen von PETRONAS und profitiert
von Forschungsergebnissen des Unternehmens.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung in Bezug auf die Qualität

der Trinkwasserversorgung für Menschen in den Ölfördergebieten des
Südsudan vor, insbesondere auch in Thar Jath?

2. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung in Bezug auf die Umwelt-
verträglichkeit von Ölexploration und -produktion im Südsudan insbeson-
dere in Thar Jath vor?

3. Besteht nach Kenntnis der Bundesregierung ein ursächlicher Zusammenhang
zwischen den Aktivitäten der im Südsudan (insbesondere in Thar Jath) täti-
gen Ölindustrie und der Verunreinigung des dortigen oberen Grundwasser-
leiters?

http://www.presseportal.de/pm/120496/3322456
http://www.suedkurier.de/region/bodenseekreis-oberschwaben/sipplingen/Wo-OEl-das-Trinkwasser-verseucht;art372492,7787785
http://www.suedkurier.de/region/bodenseekreis-oberschwaben/sipplingen/Wo-OEl-das-Trinkwasser-verseucht;art372492,7787785
http://www.suedkurier.de/region/bodenseekreis-oberschwaben/sipplingen/Wo-OEl-das-Trinkwasser-verseucht;art372492,7787785
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/oel-konzern-schmierige-geschaefte-1.2895544-2
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/oel-konzern-schmierige-geschaefte-1.2895544-2
Drucksache 18/11372 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Verlängerung
der Ölkonzessionen mit den Staatsunternehmen aus China und Malaysia, der
China National Petroleum Corporation und dem malaysischen Staatsunter-
nehmen PETRONAS (www.cash.ch/news/boersenticker-firmen/sudsudan-
verlangert-ol-fordervertrage-mit-china-und-malaysia-1028403)?
a) Welche konkreten Informationen liegen der Bundesregierung zu umwelt-

politischen Problemen durch die Ölförderung durch die China National
Petroleum Corporation und PETRONAS vor?

b) Liegen der Bundesregierung konkrete Informationen über Menschen-
rechtsverletzungen durch die Ölförderung dieser Unternehmen vor?
Wenn ja, welche?

5. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Wasserqualität
des oberen Grundwasserleiters in den Ölgebieten des Südsudan (insbeson-
dere in Thar Jath) vor, und ist der Bundesregierung bekannt, ob dieses Was-
ser für den menschlichen Verzehr geeignet ist?
Falls nach Kenntnis der Bundesregierung das Wasser des oberen Grundwas-
serleiters nicht für den Verzehr geeignet ist, warum nicht, und welche ge-
sundheitlichen Folgen drohen Menschen beim Verzehr dieses Wassers?

6. Sind der Bundesregierung Untersuchungen über die durch den Verzehr kon-
taminierten Wassers bedingte toxische Belastung von Menschen in den Öl-
gebieten des Südsudan (insbesondere in Thar Jath) bekannt?

Falls ja, wie bewertet die Bundesregierung diese Untersuchungen?
7. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über notwendige Maßnah-

men vor, um die betroffenen Menschen in den Ölgebieten des Südsudan (ins-
besondere in Thar Jath) wieder mit sauberem Trinkwasser zu versorgen?

8. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen, um
notwendige Sanierungen und Umweltmaßnahmen zur Sicherung der Was-
serversorgung für die betroffenen Menschen in den Ölgebieten des Südsudan
(insbesondere in Thar Jath) zu unterstützen (bitte nach Maßnahmen, Jahren
und Förderhöhe aufschlüsseln)?

9. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über notwendige Maßnah-
men vor, um die Gesundheitssituation der toxisch belasteten Menschen in
den Ölgebieten des Südsudan (insbesondere in Thar Jath) nachhaltig zu ver-
bessern?

10. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen, um
notwendige Maßnahmen zur Sicherung und Verbesserung der Gesundheits-
situation der toxisch belasteten Menschen in den Ölgebieten des Südsudan
(insbesondere in Thar Jath) nachhaltig zu unterstützen (bitte nach Maßnah-
men, Jahren und Förderhöhe aufschlüsseln)?

http://www.cash.ch/news/boersenticker-firmen/sudsudan-verlangert-ol-fordervertrage-mit-china-und-malaysia-1028403
http://www.cash.ch/news/boersenticker-firmen/sudsudan-verlangert-ol-fordervertrage-mit-china-und-malaysia-1028403
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11372

11. Welche konkreten Informationen liegen der Bundesregierung darüber vor,

ob die Betreibergesellschaft des Ölfördergebiets Block 5A im Südsudan
Sudd Petroleum Operating Company – wie vom südsudanesischen Petro-
leum Act 2012 vorgeschrieben – eine Sozialverträglichkeitsprüfung (Social
Impact Assessment), eine Umweltverträglichkeitsstudie (Environmental Im-
pact Assessment) und eine strategische Umweltverträglichkeitsprüfung
(Strategic Environmental Assessment) durchgeführt hat?
a) Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zu evtl. vorliegenden

Studien über die Sozialverträglichkeit und Umweltverträglichkeit vor,
und welche konkreten Schlussfolgerungen sollten nach Erkenntnis der
Bundesregierung aus diesen Studien gezogen werden?

b) Sollten derartige Studien nicht vorliegen, wie beurteilt die Bundesregie-
rung das Fehlen dieser Analysen?

12. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor,
dass die deutsche Nichtregierungsorganisation Hoffnungszeichen e. V. auf-
grund der Publikation wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse über Um-
weltverschmutzungen durch die Ölindustrie in den Ölgebieten des Südsudan
(insbesondere in Thar Jath) am 10. November 2015 in Stuttgart von einem
Vertreter der südsudanesischen Regierung unter massiven Druck gesetzt
worden sind, wie Hoffnungszeichen e. V. den Fragestellern mitteilte?

13. Liegen der Bundesregierung konkrete Informationen darüber vor, dass ein
Vertreter der südsudanesischen Regierung der Nichtregierungsorganisation
Hoffnungszeichen e. V. am 10. November 2015 in Stuttgart angedroht hat,
dass die südsudanesische Regierung es als Akt gegen die Regierung und als
Bedrohung für die Sicherheit des Landes ansehen würde, sollte Hoffnungs-
zeichen e. V. weiterhin ohne Abstimmung mit dem Ministerium weitere In-
formationen über die Lage im Südsudan veröffentlichen?
Falls ja, wie beurteilt die Bundesregierung diesen Vorgang?

14. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, ob
die Nichtregierungsorganisation Hoffnungszeichen e. V. infolge der Dro-
hung durch den südsudanesischen Regierungsvertreter ihre ausländischen
Mitarbeiter aus dem Südsudan abgezogen hat, um deren Sicherheit zu ge-
währleisten?
Falls ja, wie beurteilt die Bundesregierung dieses Verhalten von Hoffnungs-
zeichen e. V.?

15. Welche konkreten Informationen liegen der Bundesregierung über ein Tref-
fen im November 2015 in Stuttgart zwischen einem südsudanesischen Re-
gierungsvertreter und Vertretern der Sudd Petroleum Operating Company,
Betreibergesellschaft des Ölfördergebiets Block 5A im Südsudan, vor?
a) Liegen der Bundesregierung konkrete Informationen dazu vor, dass der

Mehrheitseigentümer des malaysischen Ölkonzern PETRONAS Interesse
daran hatte, gegen die Arbeit von Hoffnungszeichen e. V. im Südsudan,
vorzugehen?

b) Wie beurteilt die Bundesregierung diesen Sachverhalt?

Drucksache 18/11372 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

16. Welche Informationen liegen der Bundesregierung dazu vor, dass es am

11. November 2015, also einen Tag nach dem Treffen in Stuttgart, eine
Nachbesprechung zwischen dem südsudanesischen Regierungsvertreter und
dem Vertreter der Sudd Petroleum Operating Company, der Betreibergesell-
schaft des Ölfördergebiets Block 5A im Südsudan, dessen Mehrheitseigen-
tümer der malaysische Ölkonzern PETRONAS ist, gab, im Zuge derer der
Präsident der Sudd Petroleum Operating Company dem Regierungsvertreter
für die deutlichen Worte dankte, die dieser Hoffnungszeichen e. V. gegen-
über fand?

Wie beurteilt die Bundesregierung diesen Sachverhalt?
17. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen, um

mit der malaysischen Regierung über das Vorgehen von PETRONAS gegen-
über dem deutschen Verein Hoffnungszeichen zu intervenieren?
a) Wenn ja, gab es konkrete Gespräche zwischen der Bundesregierung und

der malaysischen Regierung zu dem Thema (bitte Termine und Ge-
sprächspartner aufführen)?

b) Falls nein, aus welchen Gründen wurde dieser Sachverhalt nicht ange-
sprochen?

18. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zur Rolle der Daimler AG
im Zusammenhang mit den beiden Sitzungen am vom 9. und 11. November
2015 vor?

19. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, dass das Tref-
fen im November 2015 in Stuttgart auf Initiative und/oder unter Beteiligung
von Vertretern der Daimler AG stattfand?

20. Welche konkreten Informationen liegen der Bundesregierung über das Ver-
halten der Daimler AG als Reaktion auf die gegen Hoffnungszeichen e. V.
in Gegenwart von Vertretern der Daimler AG ausgesprochene Drohung vor?

Wie beurteilt die Bundesregierung die Reaktion der Daimler AG?
21. Welche konkreten Informationen liegen der Bundesregierung über Ge-

schäftsbeziehungen des malaysischen Staatskonzerns PETRONAS mit deut-
schen Unternehmen, insbesondere mit der Daimler AG, vor?

22. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Zusammen-
arbeit zwischen der Daimler AG und dem malaysischen Staatsölkonzern
PETRONAS, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Daimler AG den
Global Compact der Vereinten Nationen unterzeichnet hat und sich selbst
und seine Partner wie PETRONAS zur Einhaltung von Umweltstandards und
Menschenrechten verpflichtet hat?

23. Welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, wenn
die Freiwilligkeit im Bereich Unternehmensverantwortung nicht zu notwen-
digen Ergebnissen führt?
a) Welche konkreten Maßnahmen sind notwendig, um die in der Bundes-

tagsdrucksache 18/1044 von der Bundesregierung festgestellte Forde-
rung, „Wenn freiwillige Selbstverpflichtungen sich als nicht hinreichend
erweisen, ist der Staat jedoch gefordert, gegebenenfalls ordnungsrechtli-
che Maßnahmen zu ergreifen.“, auch real umzusetzen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11372
b) Sieht die Bundesregierung konkreten Handlungsbedarf gegenüber Unter-
nehmen, die sich nicht an die Selbstverpflichtungen im Bereich der Un-
ternehmensverantwortung halten?

c) Welche konkreten ordnungspolitischen Maßnahmen sind nach Ansicht
der Bundesregierung vorstellbar, um Unternehmen zur Einhaltung ihrer
Unternehmensverantwortung zu verpflichten?

Berlin, den 20. Februar 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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