BT-Drucksache 18/11366

Anspruch und Wirklichkeit bei der Breitbandversorgung

Vom 23. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11366
18. Wahlperiode 23.02.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Karin Binder, Katrin Kunert, Caren Lay, Herbert Behrens,
Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter, Dr. André Hahn, Ulla Jelpke,
Susanna Karawanskij, Kerstin Kassner, Jan Korte, Dr. Petra Sitte,
Kersten Steinke, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Anspruch und Wirklichkeit bei der Breitbandversorgung

Die Versorgung mit einem leistungsfähigen Breitbandanschluss ist für viele Pri-
vathaushalte in Deutschland die Voraussetzung für die verlässliche Nutzung von
modernen Internetangeboten. Für die zunehmende Nutzung von Internetfernse-
hen und Streamingdienstleistungen (Filme, Serien, Podcasts) ist ein schneller
Breitbandanschluss Voraussetzung. Zudem bündeln Telekommunikationsan-
bieter Festnetzanschlüsse und Internetdienstleistungen immer häufiger zu Pro-
duktpaketen (Telefonie, Mobilfunk, Internet, Streaming). Diese Angebote
rechnen sich für die Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch nur, wenn durch-
gängig eine hohe Downloadgeschwindigkeit gewährleistet ist.
Wie die Bundesnetzagentur (BNetzA) belegt, halten die Anbieter die ausgewie-
senen Breitbandleistungen jedoch meist nicht ein (Qualitätsstudie der BNetzA aus
dem Jahr 2013). Oft wird nur die Hälfte der versprochenen Downloadgeschwin-
digkeit erreicht. Besonders in den ostdeutschen Bundesländern ist die Breitband-
versorgung unterdurchschnittlich. Schlusslicht ist Sachsen-Anhalt, wo sich nicht
einmal die Hälfte der Privathaushalte auf einen schnellen Internetzugang verlas-
sen kann (vgl. chip.de vom 26. Oktober 2016: Kein schnelles Internet? Diese
Bundesländer sind noch immer langsam). Verbraucherinnen und Verbrauchern
werden immer wieder Produkte verkauft, bei denen die Anbieter die Leistungs-
voraussetzung im konkreten Fall nicht garantieren können. Irreführende Ange-
bote und Werbeaussagen täuschen die Verbraucherinnen und Verbraucher über
die tatsächliche Leistungsfähigkeit hinweg. Die allgemeinen Geschäftsbedingun-
gen sind für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht selten bewusst nur schwer
verständlich gefasst. Zudem drosseln einzelne Anbieter die Downloadgeschwin-
digkeit zeitweise gezielt zu Lasten einzelner Kundinnen und Kunden.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben kaum eine Möglichkeit, die tat-
sächliche Breitbandgeschwindigkeit mit angemessenem Aufwand laufend zu prü-
fen. Der Rechtsweg ist nach den Erfahrungen der Verbraucherzentrale Bundes-
verband e. V. (vzbv) langwierig und teuer.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie stellt sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Unterschied zwischen

der vereinbarten bzw. beworbenen maximalen Datenübertragungsrate und
der tatsächlich gelieferten Übertragungsrate nach aktuellem Stand bundes-
weit und in den einzelnen Bundesländern prozentual dar?

http://www.chip.de/
Drucksache 18/11366 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Welche Verbesserungen hat es diesbezüglich seit der Qualitätsstudie der
Bundesnetzagentur im Jahr 2013 nach aktuellem Stand gegeben?

3. Wie stellt sich der Wert zwischen der beworbenen und tatsächlichen Down-
loadgeschwindigkeit in Deutschland im Vergleich zu den anderen EU-Mit-
gliedstaaten dar?

4. Wie viele Bürgerinnen und Bürger haben sich in den Jahren von 2013 bis
2016 insgesamt zu Fragen und Problemen um das Thema Breitband- bzw.
Internetanschluss an den Verbraucherservice der Bundesnetzagentur ge-
wandt, und um welche Sachverhalte ging es dabei im Einzelnen?

5. Gibt es Daten dazu, bei welchen Technologien (Vectoring, FTTH) die Kun-
dinnen und Kunden Minderleistungen hatten (wenn ja, bitte in absoluten
Zahlen und nach Anbieter aufschlüsseln)?

6. Wie viele Beschwerden sind nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jah-
ren von 2013 bis 2016 bei der Verbraucherschlichtungsstelle Telekommuni-
kation der Bundesnetzagentur wegen Nichteinhaltung vertraglich vereinbar-
ter Leistungen durch die Telekom Deutschland GmbH eingegangen?

7. Auf welche anderen Anbieter fallen wie viele Beschwerden bezüglich zu
niedriger Leistungen (bitte nach Anbietern in absoluten Zahlen aufschlüs-
seln)?

8. In wie vielen Fällen in den Jahren von 2013 bis 2016 war nach Kenntnis der
Bundesregierung die Verbraucherschlichtungsstelle Telekommunikation der
Bundesnetzagentur mit Fragen der Nichteinhaltung vertraglich vereinbarter
Leistungen in Bezug auf die Bereitstellung eines Breitbandzugangs befasst,
und welche Fälle waren das konkret (bitte detailliert nach Problem, Unter-
nehmen, Gebietskörperschaft auflisten)?

9. Wie viele Schlichtungsverfahren hat es nach Kenntnis der Bundesregierung
bezüglich der Bereitstellung eines Breitbandzugangs in den Jahren von 2013
bis 2016 gegeben?

10. Inwieweit wurden Sanktionen bei Verstößen der Anbieter gegen vertragliche
Zusicherungen über die Qualität des Internetzugangsdienstes, insbesondere
in Bezug auf Abweichungen der tatsächlichen von der vereinbarten Band-
breite, Sanktionen erlassen?

11. In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung die verein-
barte Leistung nach einer Beschwerde zugesagt bzw. tatsächlich geliefert?
In wie vielen Fällen wurden die Produkte den tatsächlichen Downloadbedin-
gungen vor Ort zu Gunsten des Kunden angepasst bzw. geändert?

12. Welche Konsequenzen haben die Bundesregierung und die Bundesnetzagen-
tur aus den Ergebnissen der Qualitätsstudie von Breitbandzugängen aus dem
Jahr 2013 gezogen?
Welche konkreten Maßnahmen zur Einhaltung zugesagter bzw. beworbener
Leistungen wurden getroffen?
Ist es beabsichtigt, die Qualitätsstudien regelmäßig erneut durchzuführen?
Wenn ja, in welchem Turnus?
Wenn nein, warum nicht?

13. Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung, um für die Verbrau-
cherinnen und Verbraucher die jeweils zugesagte bzw. beworbene Daten-
übertragungsrate zu gewährleisten?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11366

14. Hält die Bundesregierung die bisherigen bzw. geplanten Regelungen für aus-

reichend, damit Kundinnen und Kunden in jedem Fall ihren Anspruch auf
Durchsetzung der zugesagten Leistungen beim Breitbandangebot gegenüber
dem Anbieter auch mit zumutbaren Mitteln durchsetzen können?

15. Hält die Bundesregierung die bisherige Praxis der Anbieter in den Werbean-
gaben, Leistungsbeschreibungen und insbesondere in den allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen für ausreichend bzw. angemessen, um Kundinnen und
Kunden vor Irreführung und Täuschung zu schützen?

16. Bis zu welchem Maß hält die Bundesregierung eine Abweichung nach unten
von der angegebenen Downloadgeschwindigkeit für tolerierbar, und ab wel-
cher Abweichung der zugesagten Leistung nach unten sind Verträge als sit-
tenwidrig einzustufen (bitte Antwort begründen)?

17. Auf welche Art und Weise werden die Bürgerinnen und Bürger über ihre
Rechte bei der Ausgestaltung und dem Abschluss von Verträgen sowie deren
Einhaltung in Bezug auf die Bereitstellung eines Breitbandzugangs infor-
miert?
Welche über die Internetseite der Bundesnetzagentur hinausgehenden Mög-
lichkeiten der Information haben Bürgerinnen und Bürger diesbezüglich?

18. Wie wird sichergestellt, dass Verbraucherinnen und Verbrauchern von An-
bietern keine Internet- bzw. Breitbandprodukte bzw. Produktpakete verkauft
werden, die mit der Netzleistung vor Ort nicht tatsächlich und vollständig
nutzbar sind?

19. Inwieweit sind Telekommunikationsunternehmen verpflichtet, gegenüber
den Kundinnen und Kunden Auskunft darüber zu geben, warum die verein-
barte Leistung nicht erbracht wird?

20. Wenn es laut der Zielstellung der Bundesregierung bis 2018 eine flächende-
ckende Versorgung mit Breitband mit Übertragungsgeschwindigkeiten von
mindestens 50 Mbit/s geben soll, inwieweit macht es dann Sinn, dass Tele-
kommunikationsunternehmen Verträge mit weniger als 50 Mbit/s anbieten,
die in das Jahr 2018 hinein und darüber hinaus gültig sind?

21. Inwieweit müssen sich Telekommunikationsunternehmen ab 2018 daran hal-
ten, eine Übertragungsgeschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s vertraglich
sicherzustellen?
Wie wird die Bundesregierung diese Vorgabe gegenüber den Anbietern
durchsetzen und gegebenenfalls sanktionieren?

22. Wenn das Ziel der kompletten Flächenabdeckung für 50 Mbit/s verfehlt
wird, hält es die Bundesregierung dann nicht wenigstens für notwendig, dass
eine Leitungsuntergrenze geschaffen wird, damit abgehangene Regionen
nicht im absoluten digitalen Niemandsland verlorengehen?
Welche Geschwindigkeit sieht die Bundesregierung als rote Linie an, die
nicht unterschritten werden darf (Angabe in Mbit/s; bitte begründen)?

23. Wie definiert die Bundesregierung die „flächendeckende Versorgung“ von
Breitband mit Übertragungsgeschwindigkeiten von mindestens 50 Mbit/s,
und welche Ausnahmen sind davon vorgesehen?

24. Welche Kriterien für Ausschreibungen der erforderlichen Leistungen gibt es,
wie wird die Einhaltung dieser Kriterien kontrolliert, und inwieweit müssen
sich Ausschreibungen an der Zielstellung von mindestens 50 Mbit/s orien-
tieren?

Drucksache 18/11366 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

25. Unter welchen Bedingungen können Gebietskörperschaften Leistungen aus-

schreiben, die unter der von der Bundesregierung angegebenen Übertra-
gungsgeschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s liegen?

Berlin, den 22. Februar 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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