BT-Drucksache 18/11346

Bilanz des internationalen Engagements der Bundesregierung in der Berufsbildungskooperation

Vom 16. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11346
18. Wahlperiode 16.02.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer, Kai Gehring, Özcan Mutlu,
Brigitte Pothmer, Volker Beck (Köln), Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner,
Ulle Schauws, Tabea Rößner, Corinna Rüffer, Elisabeth Scharfenberg,
Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche, Dr. Harald Terpe, Doris Wagner
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bilanz des internationalen Engagements der Bundesregierung in der
Berufsbildungskooperation

Die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise haben vor allem junge Menschen in
den süd- und südosteuropäischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU)
besonders hart getroffen. So waren im Jahr 2012 in Spanien und Griechenland
53,2 bzw. 55,3 Prozent der 15- bis 24-Jährigen ohne Beschäftigung. Auch in der
drittgrößten Volkswirtschaft der Europäischen Union Italien war zur gleichen
Zeit mehr als jeder dritte junge Mensch arbeitslos (vgl. www.destatis.de/DE/
ZahlenFakten/ImFokus/Internationales/Jugendarbeitslosigkeit.html). Als Kon-
sequenz dieser dramatischen Entwicklungen hat der EU-Ministerrat die Empfeh-
lung einer Jugendgarantie am 22. April 2013 angenommen. Die Jugendgarantie
soll jungen Menschen längere Phasen der Beschäftigungslosigkeit ersparen. Un-
ter dem unmittelbaren Eindruck der Euro-Krise kamen zuvor im Dezember 2012
auch die Bildungsministerinnen und -minister der sechs EU-Mitgliedstaaten
Deutschland, Spanien, Griechenland, Portugal, Italien, Slowakei und Lettland zu-
sammen und verabschiedeten unter dem Titel „Vocational Education and Trai-
ning in Europe – Perspectives for the Young Generation“ ein Memorandum, in
dem die verstärkte Zusammenarbeit beim Aufbau dualer Ausbildungssysteme
nach deutschem Vorbild vereinbart wurde. Trotz dieser Bemühungen war auch
Ende des Jahres 2016 in Griechenland und Spanien nach wie vor fast die Hälfte
der Jugendlichen arbeitslos, während in Italien sogar ein deutlicher Anstieg auf
40,1 Prozent zu beobachten ist (http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=
table&plugin=0&language=de&pcode=teilm021). Die Gefahr einer „verlorenen
Generation“ ist indes kein rein europäisches Problem. Eine von Jugendarbeitslo-
sigkeit ebenfalls besonders betroffene Region, die nicht zuletzt aufgrund ihrer ge-
ografischen Lage auch für die Europäische Union und die Bundesrepublik
Deutschland von hervorgehobener politischer Bedeutung ist, sind die nordafrika-
nischen Staaten des Maghreb. Die strukturellen Probleme im Bildungssystem,
mangelnde Investitionen und die daraus resultierende anhaltend hohe Jugender-
werbslosenquote bedeuten fehlende individuelle Entwicklungschancen für eine
ganze Generation und gefährden zunehmend den sozialen Frieden in diesen Staa-
ten.

http://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/ImFokus/Internationales/Jugendarbeitslosigkeit.html
http://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/ImFokus/Internationales/Jugendarbeitslosigkeit.html
http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&plugin=0&language=de&pcode=teilm021
http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&plugin=0&language=de&pcode=teilm021
Drucksache 18/11346 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

Jugendgarantie
1. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Jugenderwerbslosen-

quote in den EU-Mitgliedstaaten seit Einführung der EU-Jugendgarantie ent-
wickelt (bitte um Darstellung der Veränderung in den einzelnen Mitglied-
staaten, jeweils absolut und prozentual und nach höchstem Bildungsab-
schluss aufgliedern)?

2. Welche Probleme haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung bei der na-
tionalen Implementierung der Jugendgarantie ergeben (bitte nach Ländern
differenzieren)?

3. Welche dieser Probleme konnten nach Kenntnis der Bundesregierung im
Rahmen der Implementierung verringert oder gelöst werden, welche Pro-
bleme standen der Implementierung letztlich entgegen?

4. In welchem Maße wurden die von der Europäischen Kommission bereitge-
stellten Mittel von den einzelnen Mitgliedstaaten nach Kenntnis der Bundes-
regierung seit Inkrafttreten der Jugendgarantie abgerufen?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die bisherigen Ergebnisse der EU-Ju-
gendgarantie gemessen am Ziel, dass alle jungen Menschen unter 25 Jahren
innerhalb von vier Monaten nach Abschluss ihrer Ausbildung oder nachdem
sie arbeitslos geworden sind, ein konkretes und qualitativ hochwertiges An-
gebot erhalten sollen (bitte begründen)?

Europäische Ausbildungsallianz
6. Welche konkreten Kooperationsmaßnahmen wurden nach dem Beschluss

der Berliner Ministerkonferenz zur Beruflichen Bildung in Europa 2012 mit
den Partnerländern Spanien, Griechenland, Portugal, Italien, Slowakei und
Lettland getroffen, und welche dieser Maßnahmen wurden bisher umgesetzt
(bitte einzeln nach Ländern aufschlüsseln)?

7. Wann und mit welchen Ergebnissen haben die bilateralen Arbeitsgruppen,
die die im Abkommen vereinbarten Aktivitäten umsetzen sollen, seit dem
Jahr 2012 getagt, und auf welcher Ebene haben diese Arbeitstreffen stattge-
funden?

8. Wurden die im Berliner Memorandum vereinbarten bilateralen Kooperati-
onsmaßnahmen seit Beginn der 18. Wahlperiode weiterentwickelt, und wenn
ja, wie, und wenn nein, warum nicht?

9. Geht die Bundesregierung davon aus, dass das im Berliner Memorandum
formulierte Ziel, dass 80 Prozent aller jungen Menschen bis zum Jahr 2020
in der EU Arbeit haben sollen, erreicht wird, und wenn nein, warum nicht?

10. Wie viele der 30 000 vereinbarten Austauschmaßnahmen (Praktika, Ausbil-
dungsphasen) wurden in den Jahren 2013 und 2014 tatsächlich realisiert
(bitte alle verfügbaren Merkmale der Teilnehmenden wie Geschlecht, Al-
ter, Bildungsgrad etc. auflisten)?

11. In welchen Partnerländern wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die
angekündigten 30 regionalen Ausbildungsnetzwerke geschaffen (falls in ein-
zelnen Ländern keine Ausbildungsnetzwerke geschaffen wurden, warum
nicht)?

12. Welche fachlichen Ausrichtungen haben die geschaffenen Netzwerke nach
Kenntnis der Bundesregierung (bitte nach Berufsgruppen und/oder Techno-
logiebereichen je nach Ländern differenzieren)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11346

13. Welche strukturellen Merkmale haben die geschaffenen Netzwerke nach

Kenntnis der Bundesregierung (bitte nach Industrie, kleine und mittlere Un-
ternehmen, Handwerk etc. differenzieren)?

14. Wie ist der Umsetzungsstand der sechs politischen Beratungsprojekte, und
wie viele junge Menschen wurden bisher dort beraten und konnten daraufhin
in den Ausbildungs- bzw. Arbeitsmarkt vermittelt werden (bitte alle verfüg-
baren Merkmale der Teilnehmenden wie Geschlecht, Alter, Bildungsgrad
etc. auflisten)?

15. In welcher Höhe wurden die für die Jahre 2013 und 2014 durch das Bundes-
ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zusätzlich zur Verfügung
gestellten 10 Mio. Euro zur Umsetzung des Memorandums von den Partner-
ländern ergänzt (bitte nach Ländern aufschlüsseln)?

16. Wie viele Ausbildungsplätze nach dem dualen Prinzip wurden nach Kenntnis
der Bundesregierung seit dem Jahr 2012 im Rahmen der bilateralen Koope-
rationsmaßnahmen in den Ländern Spanien, Griechenland, Portugal, Italien,
Slowakei und Lettland neu geschaffen, und wie hat sich die Jugenderwerbs-
losenquote im gleichen Zeitraum entwickelt (bitte einzeln nach Ländern und
für die Jahre 2012 bis 2016 aufschlüsseln)?

17. Wie viele junge Menschen haben nach Kenntnis der Bundesregierung seit
dem Jahr 2012 in den Ländern Spanien, Griechenland, Portugal, Italien, Slo-
wakei und Lettland einen qualifizierten Berufsabschluss über eine duale
Ausbildung erworben (bitte nach Ländern und Berufsgruppen aufschlüs-
seln)?

MobiPro-EU
18. Wie viele junge Europäerinnen und Europäer haben nach Kenntnis der Bun-

desregierung die Fördermaßnahme durch MobiPro-EU bis zum Ende absol-
viert, und wie viele Fördermaßnahmen wurden vorzeitig abgebrochen (bitte
nach Alter, Geschlecht, Berufsgruppe, Herkunftsland und Abbruchgründen
differenzieren)?

19. Wie viele junge Europäerinnen und Europäer haben nach Kenntnis der Bun-
desregierung seit Mai 2015 jährlich eine Förderung durch MobiPro-EU be-
gonnen?

20. Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer aller Förderjahrgänge sind nach
Ende der Förderung nach Kenntnis der Bundesregierung
a) in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis in Deutsch-

land eingemündet;
b) in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis in ihren

Herkunftsländern eingemündet;
c) in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt ohne direkt im Anschluss in ein

sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis einzumünden?

Außereuropäische Berufsbildungskooperation
21. In welchem Umfang und mit welchem Ziel fördert die Bundesregierung den

Auf- und Ausbau von Berufsbildungssystemen in den Ländern Tunesien, Al-
gerien und Marokko?

22. Welche Erfolge sieht die Bundesregierung für ihre Maßnahmen zum Export
der beruflichen Bildung seit dem Jahr 2010 (bitte nach Ländern und Förder-
formen differenzieren)?

Drucksache 18/11346 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

23. Wie bewertet die Bundesregierung die Ankündigung des ehemaligen Bun-

desministers für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel, bei fehlender Be-
reitschaft zur Rücknahme abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewer-
ber, Entwicklungsgelder an die Staaten Marokko, Algerien und Tunesien
zu kürzen (www.zeit.de/news/2017-01/15/deutschland-gabriel-maghreb-
staaten-fuer-kooperation-bei-ruecknahme-von-asylbewerbern-belohnen-15
104604) vor dem Hintergrund, dass ein Großteil der Mittel in Projekte der
Aus- und Weiterbildung fließt (www.bmz.de/de/laender_regionen/naher_
osten_nordafrika/marokko/zusammenarbeit/index.html)?

24. In welchen Branchen fördert das BMBF Berufsbildungskooperationen mit
den Ländern Indien, China, Russland, Türkei, Brasilien, Südafrika und
Israel, und welche Bedeutung haben bei der Entscheidung für Kooperations-
vereinbarungen die Aspekte Ökologie und Nachhaltigkeit (bitte möglichst
detailliert nach Branche und Betriebsgröße aufschlüsseln)?

25. Welche Rolle spielen bei diesen Kooperationen oder Förderungen die Ver-
bände der deutschen Wirtschaft, der Arbeitgeber und die Kammern (bitte
nach den einzelnen Akteursgruppen differenziert aufschlüsseln)?

26. Was ist die genaue Aufgabe der im Januar 2017 neu eingerichteten Ar-
beitsgruppe „Internationalisierung der beruflichen Bildung“ (vgl. www.
berufsbildungsexport.de/de/436.php, 7. Februar 2017)?

Berlin, den 14. Februar 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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http://www.zeit.de/news/2017-01/15/deutschland-gabriel-maghreb-staaten-fuer-kooperation-bei-ruecknahme-von-asylbewerbern-belohnen-15104604
http://www.zeit.de/news/2017-01/15/deutschland-gabriel-maghreb-staaten-fuer-kooperation-bei-ruecknahme-von-asylbewerbern-belohnen-15104604
http://www.zeit.de/news/2017-01/15/deutschland-gabriel-maghreb-staaten-fuer-kooperation-bei-ruecknahme-von-asylbewerbern-belohnen-15104604
http://www.bmz.de/de/laender_regionen/naher_osten_nordafrika/marokko/zusammenarbeit/index.html
http://www.bmz.de/de/laender_regionen/naher_osten_nordafrika/marokko/zusammenarbeit/index.html
http://www.berufsbildungsexport.de/de/436.php
http://www.berufsbildungsexport.de/de/436.php

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