BT-Drucksache 18/11320

Stationierung der Bundeswehr in der Republik Türkei

Vom 13. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11320
18. Wahlperiode 13.02.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette Groth, Inge Höger,
Andrej Hunko, Katrin Kunert, Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu,
Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Stationierung der Bundeswehr in der Republik Türkei

Anlässlich der aktuell letzten Verlängerung des Mandats für den Auslandseinsatz
der Bundeswehr gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS/ISIS) wurde sei-
tens der Bundesregierung eine Protokollerklärung abgegeben, laut der diese „sich
weiterhin mit Nachdruck gegenüber der türkischen Regierung für die Ermögli-
chung von Besuchen der Abgeordneten des Deutschen Bundestages einsetzen
wird. Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass der Deutsche Bundestag erwar-
tet, dass diese Möglichkeit – wie auch bei anderen Einsätzen – gewährleistet
bleibt“.
Die Türkei ist in der Zwischenzeit durch ihr weiteres Vorrücken mit Panzerver-
bänden im Bündnis mit zum Teil djihadistisch-terroristischen Rebellengruppen
und mit zum Teil massiven Luftschlägen sowohl gegen ISIS als auch gegen die
nordsyrischen Volksverteidigungseinheiten der YPG/SDF auf syrischem Territo-
rium weiter zur unmittelbaren Kriegspartei innerhalb des Konflikts geworden.
Neben der offensiven politischen Unterstützung, die die Türkei durch Waffenlie-
ferungen und durch die Stationierung von Soldatinnen und Soldaten bei dieser
aggressiven Syrienpolitik durch ihre „Partnernationen“ erfährt, ist weiterhin un-
geklärt, inwiefern auch eine direkte militärische Unterstützung der Türkei – auch
durch die deutsche Bundeswehr – erfolgt. Nach Kenntnis der Fragesteller hat seit
dem Besuch einer Delegation des Verteidigungsausschusses im Oktober 2016
weiterhin kein einziger Abgeordneter/keine einzige Abgeordnete den Stützpunkt
in Incirlik besuchen dürfen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Anfragen/Besuchswünsche von Abgeordneten des Deutschen

Bundestages für den Stützpunkt Incirlik wurden seit Beginn der Stationie-
rung an die Bundesregierung gerichtet (bitte Datum und nach Möglichkeit
die Fraktionszugehörigkeit angeben)?

2. Wie viele Anfragen/Besuchswünsche von Abgeordneten des Deutschen
Bundestages für den Stützpunkt Incirlik wurden seit Beginn der Stationie-
rung durch die Bundesregierung durch einen Besuch vor Ort erfüllt (bitte
Datum des Besuchs und nach Möglichkeit die Fraktionszugehörigkeit ange-
ben)?

Drucksache 18/11320 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Bei wie vielen Anfragen/Besuchswünschen von Abgeordneten des Deut-
schen Bundestages für den Stützpunkt Incirlik seit Beginn der Stationierung
hat die Bundesregierung schließlich die Nichterfüllung des Besuchswun-
sches dem bzw. der Abgeordneten mitgeteilt (bitte Ablehnungsgrund und
Datum der Mitteilung sowie nach Möglichkeit die Fraktionszugehörigkeit
angeben)?

4. Wie viele Anfragen/Besuchswünsche von Abgeordneten des Deutschen
Bundestages für den Stützpunkt Incirlik befinden sich nach Kenntnis der
Bundesregierung aktuell im Stadium der Prüfung durch türkische Stellen/Mi-
nisterien/Behörden (bitte Datum und nach Möglichkeit die Fraktionszugehö-
rigkeit angeben)?

5. Wie viele Anfragen/Besuchswünsche von Abgeordneten des Deutschen
Bundestages für den Stützpunkt Incirlik befinden sich aktuell im Stadium der
Prüfung durch deutsche Stellen/Ministerien/Behörden (bitte Datum und nach
Möglichkeit die Fraktionszugehörigkeit angeben)?

6. Bei welchen türkischen Stellen/Ministerien/Behörden kommt das Verfahren
für Besuchswünsche in Incirlik nach Kenntnis der Bundesregierung nach den
bisherigen Erfahrungen zum Stocken?

7. Welche türkische Stelle entscheidet nach Kenntnis der Bundesregierung
letztlich über einen positiven oder negativen Bescheid der Besuchswünsche?

8. Erfolgt ein derartiger positiver oder negativer Entscheid nach Kenntnis der
Bundesregierung schriftlich oder mündlich (bitte mögliche negative schrift-
liche Bescheide bzw. Protokolle über die mündliche Unterrichtung beifü-
gen)?

9. Auf welchen zwischenstaatlichen Dialogebenen wird/wurden die Besuchs-
wünsche für Incirlik mit „Nachdruck“ (Protokollerklärung) kommuniziert,
und welche Erfolge bei der Durchsetzung von Besuchswünschen mit „Nach-
druck“ wurden seit Abgabe der Protokollerklärung erzielt?

10. Waren Besuchsmöglichkeiten für Abgeordnete Gegenstand der Konsultatio-
nen anlässlich des Besuchs der Bundeskanzlerin in der Türkei im Februar
2017, und wenn ja, zwischen welchen Personen, in welcher Form, und mit
welchen konkreten Ergebnissen?

11. Was hat die in der Protokollerklärung angekündigte Prüfung „anderer Luft-
waffenstützpunkte als den türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik“ bisher
ergeben?

12. Welche anderen Stützpunkte wurden dabei identifiziert, und wurden mit den
jeweiligen Staaten bereits Gespräche über eine mögliche Stationierung der
Bundeswehr dort geführt?
Wenn ja, mit welchem Ergebnis, bzw. in welchem Stadium befinden sich
diese Gespräche?

13. Welche türkischen Reaktionen auf die in der Protokollerklärung angekün-
digte Prüfung „anderer Luftwaffenstützpunkte als den türkischen Luftwaf-
fenstützpunkt Incirlik“ sind der Bundesregierung bekannt?

14. Waren Prüfung und/oder Identifizierung anderer Luftwaffenstützpunkte Ge-
genstand der Konsultationen anlässlich des Besuchs der Bundeskanzlerin in
der Türkei im Februar 2017, und wenn ja, zwischen welchen Personen, in
welcher Form, und mit welchen konkreten Ergebnissen?

15. Wie viele Anfragen/Besuchswünsche von Abgeordneten des Deutschen
Bundestages für den Stützpunkt Konya wurden seit Beginn der Stationierung
an die Bundesregierung gerichtet (bitte Datum und nach Möglichkeit die
Fraktionszugehörigkeit angeben)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11320

16. Wie viele Anfragen/Besuchswünsche von Abgeordneten des Deutschen

Bundestages für den Stützpunkt Konya wurden seit Beginn der Stationierung
durch die Bundesregierung durch einen Besuch vor Ort erfüllt (bitte Datum
des Besuchs und nach Möglichkeit die Fraktionszugehörigkeit angeben)?

17. Bei wie vielen Anfragen/Besuchswünschen von Abgeordneten des Deut-
schen Bundestages für den Stützpunkt Konya seit Beginn der Stationierung
hat die Bundesregierung schließlich die Nichterfüllung des Besuchswun-
sches dem bzw. der Abgeordneten mitgeteilt (bitte Ablehnungsgrund und
Datum der Mitteilung sowie nach Möglichkeit die Fraktionszugehörigkeit
angeben)?

18. Wie viele Anfragen/Besuchswünsche von Abgeordneten des Deutschen
Bundestages für den Stützpunkt Konya befinden sich nach Kenntnis der Bun-
desregierung aktuell im Stadium der Prüfung durch türkische Stellen/Mini-
sterien/Behörden (bitte Datum und nach Möglichkeit die Fraktionszugehö-
rigkeit angeben)?

19. Wie viele Anfragen/Besuchswünsche von Abgeordneten des Deutschen
Bundestages für den Stützpunkt Konya befinden sich aktuell im Stadium der
Prüfung durch deutsche Stellen/Ministerien/Behörden (bitte Datum und nach
Möglichkeit die Fraktionszugehörigkeit angeben)?

20. Bei welchen türkischen Stellen/Ministerien/Behörden kommt das Verfahren
für Besuchswünsche in Konya nach Kenntnis der Bundesregierung nach den
bisherigen Erfahrungen zum Stocken?

21. Wurden von Seiten der in der Türkei stationierten Angehörigen der Bundes-
wehr Wünsche bezüglich von Abgeordnetenbesuchen geäußert, und wenn ja,
wie fielen diese aus?

22. In welcher Höhe wurden seit der Abgabe der Protokollerklärung der Bundes-
regierung Investitionen in die Infrastruktur des Stützpunktes Incirlik getätigt
(bitte die Summen, das Datum und die jeweilige Verwendung angeben)?

23. Waren Investitionen in die Infrastruktur des Stützpunktes Incirlik Gegen-
stand der Konsultationen anlässlich des Besuchs der Bundeskanzlerin in der
Türkei im Februar 2017, und wenn ja, zwischen welchen Personen, in wel-
cher Form, und mit welchen konkreten Ergebnissen (Zeitplänen, Konditio-
nierungen etc.)?

24. In welcher Höhe wurden seit der Abgabe der Protokollerklärung der Bundes-
regierung Investitionen in die Infrastruktur des Stützpunktes Konya getätigt
(bitte die Summen, das Datum und die jeweilige Verwendung angeben)?

25. Waren Investitionen in die Infrastruktur des Stützpunktes Konya Gegenstand
der Konsultationen anlässlich des Besuchs der Bundeskanzlerin in der Türkei
im Februar 2017, und wenn ja, zwischen welchen Personen, in welcher Form,
und mit welchen konkreten Ergebnissen (Zeitplänen, Konditionierungen etc.)?

26. Welche Aufklärungsmaterialien, die bei den Einsätzen der deutschen Torna-
dos über syrischem und irakischem Territorium gewonnen werden konnten,
sind in den Besitz der türkischen Armee/des türkischen Armeegeheimdiens-
tes/anderer türkischer Stellen gelangt (bitte genaue Koordinaten der jeweili-
gen Region, Datum der Überflüge und Empfänger angeben)?

27. Welche Aufklärungsmaterialien, die bei den Einsätzen der deutschen Torna-
dos über syrischem und irakischem Territorium gewonnen werden konnten,
sind nicht in den Besitz der türkischen Armee/des türkischen Armeegeheim-
dienstes/anderer türkischer Stellen gelangt (bitte genaue Koordinaten der je-
weiligen Region und Datum der Überflüge angeben)?

Drucksache 18/11320 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

28. Werden die Aufklärungsergebnisse der deutschen Tornados ganz oder teil-

weise auch an das Einsatzführungskommando, an andere Dienststellen der
Bundeswehr und/oder an andere deutsche Dienste weitergegeben (bitte auf-
führen, an welche Dienststellen welche Teile der Ergebnisse aus welchen
Gründen weitergegeben werden)?

29. Gibt es Aufklärungsergebnisse der deutschen Tornados, die nicht vom Re-
leasing Officer für den Informationsraum OIR freigegeben wurden, aber an
deutsche Dienststellen oder Dienste weitergeleitet wurden?

30. Haben deutsche Dienststellen oder Dienste Aufklärungsergebnisse der deut-
schen Tornados an türkische Dienststellen oder Dienste (außerhalb des IT-
Systems für den Informationsraum OIR) weitergegeben?

Wenn ja, welche, wann, durch wen, an wen, und aus welchen Gründen?
31. Wie viele Einsatzflüge und wie viele Flugstunden wurden seit Beginn der

Operation „Counter Daesh“ im Dezember 2015 absolviert?
32. Zu welchem ungefähren Prozentsatz wurden dabei Ziele in Syrien, Irak und

Nordirak/Kurdistan/KRG erfasst?
33. Wurden von deutschen Tornados über syrischem und irakischem Territorium

seit Einsatzbeginn jemals Aufklärungsdaten gewonnen, auf denen Stellungen
der YPG/SDF/HDP erkennbar waren (wenn ja, bitte die drei jüngsten Bei-
spiele mit Datum und Koordinaten angeben)?

34. Gab es Fälle, in denen der deutsche Releasing Officer im Einsatzkontingent
die Freigabe für einzelne Aufklärungsbilder oder Teile davon nicht gegeben
hat, weil dort möglicherweise Stellungen der YPG/SDF/HDP erfasst waren?

35. Gibt es einen Befehl, eine Weisung, ein Briefing, eine Regel, eine Anwei-
sung, eine Anordnung, eine Bitte oder eine andere Art der Ansage, formeller
oder informeller Art, an den Red Card Holder im Kombinierten Luftoperati-
onszentrum (CAOC) bei Al Udeid, nach Möglichkeit keine Aufklärungsauf-
träge im Operationsgebiet von YPG/SDF freizugeben (bitte auch Rules of
Engagement für den Red Card Holder beifügen)?

36. Zu welchem Zeitpunkt traten jeweils die Einsatzregeln (Rules of Engage-
ment) für die deutschen Soldaten in Incirlik, Konya und Al Udeid in Kraft,
und wurden diese Einsatzregeln seitdem modifiziert, neu gefasst o. Ä., und
falls ja, was war jeweils der Grund für die Modifikation, Neufassung o. Ä.
(bitte jeweiliges Datum der Änderung/-en angeben)?

37. Ist die Bundesregierung bereit, die jeweiligen Einsatzregeln (Rules of Enga-
gement) für die deutschen Soldaten in Incirlik, Konya und Al Udeid (unter
Einschluss auch solcher Fassungen, die zwischenzeitlich teils oder in Gänze
wieder außer Kraft gesetzt bzw. modifiziert wurden) den Fragestellern bzw.
dem Deutschen Bundestag bzw. den befassten Ausschüssen im Wortlaut zur
Kenntnis zu bringen, und falls nein, warum nicht?

38. Gab es eine direkte Kommunikation zwischen türkischen und deutschen Stel-
len über das angebliche Ansinnen der Türkei, direkten Zugang zu den Auf-
klärungsdaten der Tornados zu erhalten (vgl. www.handelsblatt.com/politik/
deutschland/tornado-aufklaerungsbilder-bundeswehr-will-bilder-nicht-direkt-
an-tuerkei-geben/19329974.html)?
Wenn ja, welchen Zugang genau fordert die türkische Seite, der über den
OIR-Informationsraum hinausgeht?

http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/tornado-aufklaerungsbilder-bundeswehr-will-bilder-nicht-direkt-an-tuerkei-geben/19329974.html
http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/tornado-aufklaerungsbilder-bundeswehr-will-bilder-nicht-direkt-an-tuerkei-geben/19329974.html
http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/tornado-aufklaerungsbilder-bundeswehr-will-bilder-nicht-direkt-an-tuerkei-geben/19329974.html
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11320

39. Welche Aufklärungsergebnisse der Tornados sind bislang nicht an die Türkei

weitergeleitet worden (bitte erläutern)?

Berlin, den 10. Februar 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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