BT-Drucksache 18/11146

Die asylpolitische Lage ezidischer Flüchtlinge

Vom 10. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11146
18. Wahlperiode 10.02.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette Groth,
Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Kersten Steinke, Kathrin Vogler und der
Fraktion DIE LINKE.

Die asylpolitische Lage ezidischer Flüchtlinge

„Der Genozid an den Eziden dauert immer noch an“, erklärten die Vereinten Na-
tionen (VN) am 16. Juni 2016 in einem Bericht mit dem Titel „Sie kamen, um zu
zerstören“ zur Lage der Angehörigen der ezidischen Glaubensgemeinschaft
(auch: Jesiden, Yeziden) im Irak. In dem Bericht wird geschildert, wie die zuvor
etwa 400 000 Köpfe zählende ezidische Bevölkerung in der Region Shengal seit
dem 4. August 2014 systematisch Vernichtungsversuchen durch die Terrororga-
nisation Islamischer Staat (IS) ausgesetzt ist. Tausende Ezidinnen und Eziden
wurden entführt oder ermordet, hunderttausende befinden sich auf der Flucht. In
dem Bericht heißt es: „Der IS hat versucht, die Eziden durch Morde, sexuelle
Versklavung, Sklaverei, Folter und unmenschliche und entwürdigende Behand-
lung … auszulöschen“ (www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=54247#.WIcp
OFM1-0k). Eine große Zahl, insbesondere von ezidischen Frauen und Kindern,
befindet sich immer noch in der Gewalt des IS. Der Sicherheitsrat der VN verur-
teilte die Verbrechen an den Eziden durch den IS scharf und forderte die interna-
tionale Gemeinschaft insbesondere unter Bezug auf das Flüchtlingsvölkerrecht
zum Handeln auf (www.un.org/depts/german/sr/sr_15/sr2249.pdf). Hunderttau-
sende Ezidinnen und Eziden flohen über einen von den Volksverteidungseinhei-
ten YPG und der Guerilla der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gehaltenen Korri-
dor in die selbstverwaltete Region Rojava in Nordsyrien und von dort in Teilen
auch weiter in Flüchtlingslager im Nordirak. Allerdings wirft die Sicherheitslage
für Eziden in der Autonomieregion Kurdistan-Irak (KRG) sowie im Nordirak
ebenfalls Fragen auf. Zumal in, den Fragestellern vorliegenden, Ablehnungsbe-
scheiden ezidischer Flüchtlinge durch das Bundesamt für Migration und Flücht-
linge (BAMF) selbst von einer zumindest unzureichenden Versorgungslage im
Irak die Rede ist.
Insbesondere die Einnahme des Shengal-Gebirges durch den IS im August 2014
wurde nach unabhängigen Aussagen und Medienberichten aus der Region durch
den Rückzug der Peschmerga der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) er-
leichtert (www.thedailybeast.com/articles/2014/08/17/how-the-u-s-favored-kurds-
abandoned-the-yazidis-when-isis-attacked.html). Schon aus dem Jahr 2006 gibt
es Berichte über Versuche der PDK, ihre Einflusssphäre auf die Shengal-Region
auszudehnen, Eziden die gegen die Vorherrschaft der PDK opponiert hätten seien
unter anderem inhaftiert worden (vgl. https://wikileaks.org/plusd/cables/06MOS
UL40_a.html). Es gibt immer wieder Berichte über ein repressives Vorgehen
der kurdischen Regionalregierung gegen ezidische Nichtregierungsorganisatio-
nen (http://ezidipress.com/blog/irak-kurdische-regierung-schliesst-ezidische-
hauptorganisation-yazda/). Die Fragesteller erreichen immer wieder Berichte von
Repressionen gegen Ezidinnen und Eziden in der KRG, insbesondere wenn sie

http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=54247#.WIcpOFM1-0k
http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=54247#.WIcpOFM1-0k
http://www.thedailybeast.com/articles/2014/08/17/how-the-u-s-favored-kurds-abandoned-the-yazidis-when-isis-attacked.html
http://www.thedailybeast.com/articles/2014/08/17/how-the-u-s-favored-kurds-abandoned-the-yazidis-when-isis-attacked.html
https://wikileaks.org/plusd/cables/06MOSUL40_a.html
https://wikileaks.org/plusd/cables/06MOSUL40_a.html
http://ezidipress.com/blog/irak-kurdische-regierung-schliesst-ezidische-hauptorganisation-yazda/
http://ezidipress.com/blog/irak-kurdische-regierung-schliesst-ezidische-hauptorganisation-yazda/
Drucksache 18/11146 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

sich offen als Eziden zu erkennen geben oder sich oppositionell gegenüber der
Regionalregierung politisch engagieren. Einen aktuellen Fall stellt die Misshand-
lung eines ezidischen Journalisten durch PDK-Milizen Mitte Januar 2017 dar
(http://ezidipress.com/blog/baadre-pdk-milizen-pruegeln-auf-ezidischen-journalisten-
ein/). Des Weiteren werden sunnitisch-arabische Stämme in der Shengal-Region
bewaffnet und in Milizen wie den Hashd-al Watani, die in der Region Shengal
operieren sollen, organisiert (www.rudaw.net/english/kurdistan/29112016). Es
besteht für die ezidische Bevölkerung der Region die Sorge, dass auch zuvor am
Genozid beteiligte Gruppen Teil dieser Milizen sein könnten (http://ezidipress.
com/blog/irak-kurdische-regierung-bewaffnet-sunnitische-staemme-aus-shingal/).
Auch die Versorgungslage der Menschen, die in Shengal verblieben sind, wird
immer kritischer, da die PDK-dominierte Regierung der KRG nach Berichten
u. a. von Human Rights Watch ein Embargo über die Region verhängt hat. Das
Embargo ziele darauf ab, die politische Anbindung Shengals an die PDK zu er-
zwingen und die Bevölkerung dazu zu bringen, sich gegen die Präsenz der PKK
in der Region zu wenden (www.hrw.org/news/2016/12/04/iraq-krg-restrictions-
harm-yezidi-recovery).
Es befindet sich eine große Zahl ezidischer Flüchtlinge unter unzureichenden Be-
dingungen in Flüchtlingslagern innerhalb der KRG bzw. im Nordirak. Hierzu lie-
gen Berichte über sexuellen Missbrauch, Zwangsprostitution und Vergewaltigun-
gen durch Sicherheitskräfte in solchen Lagern vor (https://www.state.gov/
j/tip/rls/tiprpt/countries/2016/258787.htm). Ein großer Teil der Geflüchteten hat
selbst den Genozid, die Massaker und Vertreibungen erlebt und ist schwer trau-
matisiert und behandlungsbedürftig. Das trifft insbesondere auch auf Frauen zu,
gegen die sich der IS mit besonderer Grausamkeit richtet. Während einerseits in
Baden-Württemberg Kontingente von ezidischen Flüchtlingen aufgenommen
worden sind und ähnliche Programme gerade in Brandenburg diskutiert werden,
häufen sich nach Informationen der Fragesteller die Meldungen von Asylantrags-
ablehnungen ezidischer Flüchtlinge durch das BAMF. Gerade vor dem Hinter-
grund der geschilderten Lage im Irak und der besonderen Schutzbedürftigkeit der
Ezidinnen und Eziden ergeben sich in diesem Zusammenhang Fragen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Nach welchen Kriterien werden ezidische Flüchtlinge durch das BAMF er-

fasst?
2. Wie viele ezidische Asylsuchende wurden seit dem Jahr 2014 nach Kenntnis

der Bundesregierung in Deutschland registriert (bitte nach Registrierungsda-
tum, Herkunftsland und Status aufschlüsseln)?
a) Wie viele Ezidinnen und Eziden haben seit dem Jahr 2014 einen Asylan-

trag gestellt (bitte nach Quartalen aufschlüsseln)?
b) Wie wurden diese Asylanträge ab dem Jahr 2014 beschieden (bitte nach

Quartalen aufschlüsseln)?
c) Wie viele ezidische Asylsuchende und Flüchtlinge leben derzeit in

Deutschland (bitte nach Aufenthaltstiteln aufschlüsseln)?
d) Wie viele dieser Asylsuchenden und Flüchtlinge haben Familiennachzug

beantragt?
e) In wie vielen Fällen ist der Familiennachzug zugelassen worden, in wie

vielen Fällen wurde ein Visum zum Familiennachzug erteilt?
f) Wie viele ezidische Asylbewerberinnen und Asylbewerber wurden abge-

lehnt (bitte nach Herkunftsländern aufschlüsseln)?
g) Wie viele ezidische Asylbewerberinnen und Asylbewerber wurden bisher

abgeschoben (bitte nach Herkunftsländern aufschlüsseln)?

http://ezidipress.com/blog/baadre-pdk-milizen-pruegeln-auf-ezidischen-journalisten-ein/
http://ezidipress.com/blog/baadre-pdk-milizen-pruegeln-auf-ezidischen-journalisten-ein/
http://www.rudaw.net/english/kurdistan/29112016
http://ezidipress.com/blog/irak-kurdische-regierung-bewaffnet-sunnitische-staemme-aus-shingal/
http://ezidipress.com/blog/irak-kurdische-regierung-bewaffnet-sunnitische-staemme-aus-shingal/
http://www.hrw.org/news/2016/12/04/iraq-krg-restrictions-harm-yezidi-recovery
http://www.hrw.org/news/2016/12/04/iraq-krg-restrictions-harm-yezidi-recovery
https://www.state.gov/%0bj/tip/rls/tiprpt/countries/2016/258787.htm
https://www.state.gov/%0bj/tip/rls/tiprpt/countries/2016/258787.htm
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11146
3. In wie vielen Fällen wurde von 2014 bis 2016 die Zuständigkeit eines ande-
ren Staates nach der Dublin-Verordnung festgestellt, und in wie vielen Fällen
wurde eine Überstellung vorgenommen (bitte nach Herkunftsländern und zu-
ständigen Dublin-Staaten aufschlüsseln)?
a) Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die aktuellen Lebensbedingun-

gen in den entsprechenden Unterbringungen (bitte nach Ländern der Dub-
lin-Überstellung aufschlüsseln)?

b) Inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung eine auf die spezi-
elle Situation ezidischer Asylsuchender und Flüchtlinge und insbesondere
alleinreisender ezidischer Frauen ausgerichtete psychosoziale Betreuung
(bitte nach Ländern der Dublin-Überstellung aufschlüsseln)?
Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis über Angriffe und Diskrimi-
nierungen ezidischer Flüchtlinge in Unterbringungen innerhalb der EU
(bitte ausführen)?

4. Wie viele christliche Asylsuchende und anerkannte Schutzbedürftige aus
dem Irak sind nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland seit dem
Jahr 2014 registriert (bitte nach Herkunft und Status aufschlüsseln)?
a) Wie viele dieser Asylsuchenden und anerkannten Schutzbedürftigen ha-

ben Familiennachzug beantragt?
b) In wie vielen Fällen ist der Familiennachzug erfolgt?
c) Wie viele christliche Asylsuchende oder anerkannte Schutzbedürftige aus

dem Irak wurden abgelehnt?
d) Wie viele christliche Asylsuchende oder anerkannte Schutzbedürftige aus

dem Irak wurden bisher abgeschoben?
e) Wie viele christliche Asylsuchende oder anerkannte Schutzbedürftige

wurden bisher nach der Dublin-Verordnung überstellt, und was tut die
Bundesregierung gegebenenfalls, um die Sicherheit dieser Flüchtlings-
gruppe zu garantieren?

5. Ist sichergestellt, dass insbesondere ezidische Frauen beim BAMF durch Per-
sonal angehört werden, was mit der besonderen Verfolgungsgeschichte und
der Lebenssituation von Eziden in ihrer Herkunftsregion vertraut ist, wenn
nein, warum nicht?
Inwieweit stimmt die Bundesregierung der Aussage der Menschenrechts-
kommission der VN zu, dass es sich bei den im August 2014 beginnenden
Angriffen des IS auf die Shengal-Region sowie die damit verbundenen Mas-
saker, Vertreibungen, Versklavungen und Zwangskonvertierungen von Ezi-
dinnen und Eziden um einen Genozid handelt (www.tagesschau.de/
ausland/jesiden-voelkermord-101.html) (bitte ausführlich begründen)?

6. Inwiefern trifft die Umschreibung von „Handlungen, die aufgrund ihrer Art
oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Ver-
letzung der Menschenrechte darstellt“ (Artikel 1 Abschnitt a der Genfer
Flüchtlingskonvention) nach Auffassung der Bundesregierung auf die Ereig-
nisse im Zusammenhang mit dem IS-Angriff auf Shengal zu?

7. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Eziden durch den IS als
Gruppe verfolgt (bitte ausführlich begründen und etwaiges Verfolgungskri-
terium benennen)?

8. Wie ist die Sicherheitslage für Eziden im Irak nach Kenntnis der Bundesre-
gierung allgemein zu bewerten?

http://www.tagesschau.de/ausland/jesiden-voelkermord-101.html
http://www.tagesschau.de/ausland/jesiden-voelkermord-101.html
Drucksache 18/11146 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
9. Wie ist die Sicherheitslage für Eziden in der Shengal Region nach Kenntnis
der Bundesregierung zu bewerten?
a) Wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung, dargestellt in ihrer

Antwort auf die Schriftliche Frage 17 der Abgeordneten Ulla Jelpke auf
Bundestagsdrucksache 18/11078, wonach seit Januar 2016 keine Grup-
penverfolgung von Ezidinnen und Eziden im Nordirak mehr erfolgt, und
wie unterscheidet sich die Situation der Eziden im Nordirak von der im
Zentral- und Südirak (bitte nach Provinz spezifizieren und detailliert aus-
führen, dabei insbesondere die Entwicklungen benennen, die dazu geführt
haben, dass für den Nordirak keine Gruppenverfolgung von Eziden ange-
nommen wird)?

b) Gehört die Provinz Ninive zu den Gebieten im Nordirak, in denen nach
Einschätzung der Bundesregierung Eziden keiner Gruppenverfolgung un-
terliegen (falls ja, bitte ausführlich begründen und auf die Lage und die
Entwicklungen im Sindschar-Gebirge seit Januar 2016 eingehen).

c) Wie vereinbart die Bundesregierung die in ihrer Antwort auf die Schrift-
liche Frage 17 der Abgeordneten Ulla Jelpke auf Bundestagsdrucksache
18/11078 getätigte Aussage, es gebe keine Gruppenverfolgung von
Eziden im Nordirak, mit dem Bericht der Vereinten Nationen vom
16. Juni 2016: „Sie kamen um zu zerstören“ in dem festgestellt wird, „der
Genozid an den Eziden dauert an“ (www.un.org/apps/news/story.asp?
NewsID=54247#.WIcpOFM1-0k)?

10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu einer drohenden militäri-
schen Eskalation in der Region Shengal durch die Androhung von Operatio-
nen durch die türkische Armee sowie durch den Konflikt zwischen der PDK
und der PKK, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die
Bundesregierung daraus außenpolitisch und hinsichtlich der Lage der
Schutzsuchenden aus der Region?

11. Inwieweit ist der Bundesregierung ein Embargo über die Shengal-Region be-
kannt?
Falls ja, welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, um
politisch für eine Aufhebung des Embargos einzuwirken und so die humani-
täre Lage in den Shengal-Bergen zu verbessern (www.hrw.org/news/2016/
12/04/iraq-krg-restrictions-harm-yezidi-recovery)?
a) Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Gründe für das Em-

bargo?
b) Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Folgen des Embargos?
c) Welche Kräfte, Parteien oder Behörden innerhalb der KRG sind nach

Kenntnis der Bundesregierung für ein solches Embargo politisch verant-
wortlich?

d) Inwieweit bezieht sich die in der Antwort der Bundesregierung zu Frage
11 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Bundestagsdrucksache 18/10844 genannte Unterstützung für humanitäre
Hilfe in der irakischen Provinz Nineva auch auf Projekte in und um
Shengal?
Ist der Bundesregierung eine etwaige Behinderung durch bewaffnete
Kräfte bekannt (bitte ausführen und die verantwortlichen Kräfte gegebe-
nenfalls benennen)?

12. Welche ezidischen Siedlungsgebiete im Nordirak stehen nach Kenntnis der
Bundesregierung derzeit noch unter Kontrolle des IS?

http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=54247#.WIcpOFM1-0k
http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=54247#.WIcpOFM1-0k
http://www.hrw.org/news/2016/12/04/iraq-krg-restrictions-harm-yezidi-recovery
http://www.hrw.org/news/2016/12/04/iraq-krg-restrictions-harm-yezidi-recovery
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11146

13. Inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung eine allgemeine Dis-

kriminierung von Eziden im Irak bzw. innerhalb der Region Kurdistan-Irak
(KRG)?

14. Welche Fälle von speziell gegen Eziden gerichteter Diskriminierung im Irak
und in der KRG sind der Bundesregierung bekannt?

15. Hat die Bundesregierung Kenntnis von Übergriffen auf ezidische Flüchtlinge
durch Sicherheitskräfte der KRG, und wenn ja, welche, und durch welche
Gruppierungen?

16. Sind der Bundesregierung Anschuldigungen gegen Peschmerga, wie sie auf
www.youtube.com/watch?v=vfSr9gPtc64 von Betroffenen und Zeuginnen
geäußert werden, bekannt?
a) Inwieweit hält es die Bundesregierung angesichts der Kooperation der

Bundeswehr mit den Peschmerga der PDK für geboten, diesen Vorwürfen
nachzugehen?

b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus solchen ge-
genüber Sicherheitskräften der PDK geäußerten Vorwürfen bezüglich der
militärischen Kooperation und Ausbildung von Peschmerga durch die
Bundeswehr?

17. Sind der Bundesregierung die von der US-Regierung dargestellten sexuellen
Übergriffe und Fälle von Zwangsprostitution in Flüchtlingslagern im Nord-
irak bekannt (www.state.gov/j/tip/rls/tiprpt/countries/2016/258787.htm)?
a) Wie verbreitet sind diese Übergriffe nach Kenntnis der Bundesregierung?
b) Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse zur Verstrickung von Si-

cherheitskräften der KRG in Netzwerke organisierter Kriminalität im Zu-
sammenhang mit Menschenhandel und Zwangsprostitution (bitte ausfüh-
ren)?

18. Inwieweit verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse zur Zusammenar-
beit von Peschmerga der PDK mit dem türkischen Geheimdienst MIT, ins-
besondere beim Vorgehen gegen die PKK oder unter PKK-Verdacht stehen-
der Personen im Nordirak?
a) Inwiefern liegen in diesem Zusammenhang der Bundesregierung Er-

kenntnisse über das Agieren des MIT in Flüchtlingslagern im Nordirak
vor?

b) Inwiefern liegen in diesem Zusammenhang der Bundesregierung Er-
kenntnisse über das Agieren des IS in Flüchtlingslagern im Nordirak vor?

19. Wie begründet die Bundesregierung die Tatsache, dass einerseits Kontin-
gente von ezidischen Flüchtlingen von einzelnen Bundesländern aufgenom-
men werden und andererseits das BAMF von inländischen Fluchtalternativen
spricht?

20. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass sich die Pe-
schmerga der PDK beim Angriff des IS auf Shengal im August 2014 zurück-
gezogen und die Bevölkerung schutzlos gelassen haben?
a) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Gründe eines mögli-

chen Rückzuges der PDK-Peschmerga vor dem IS?
Sollte die Bundesregierung keine solchen Kenntnisse haben, inwieweit
erscheint es ihr angesichts der von der Bundeswehr betriebenen Ausbil-
dung von PDK- bzw. KRG-Peschmerga grundsätzlich geboten, darüber
Aufklärung zu erlangen?

http://www.youtube.com/watch?v=vfSr9gPtc64
http://www.state.gov/j/tip/rls/tiprpt/countries/2016/258787.htm
Drucksache 18/11146 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus einem mögli-
chen Rückzug der PDK-Peschmerga vor dem IS im August 2014 bezüg-
lich der Zuverlässigkeit und Kampfkraft dieser Einheiten angesichts der
Tatsache, dass PDK- und KRG-Peschmerga nachfolgend von der Bun-
deswehr ausgebildet wurden (http://ezidipress.com/blog/der-verrat-von-
shingal/)?

21. Inwieweit teilt die Bundesregierung die in einem den Fragestellern vorlie-
genden Ablehnungsbescheid des BAMF gegenüber ezidischen Flüchtlingen
getätigten Aussage, dass im September 2015 im Irak Ruhe eingekehrt wäre
(„Auf die Frage der Anhörenden, warum sie am 13. September 2015 den Irak
verlassen habe, obwohl zu diesem Zeitpunkt im Irak bereits Ruhe eingekehrt
war“), vor dem Hintergrund der permanenten Kriegssituation im Irak und der
besonderen Verfolgungslage der ezidischen Bevölkerung, insbesondere auch
im Kontext der im Juni 2016 getätigten Aussagen der VN, dass der Genozid
im Shengal noch andauere (www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=
54247#.WIcpOFM1-0k) (bitte ausführlich begründen)?

22. Inwieweit teilt die Bundesregierung die in einem den Fragestellern vorlie-
genden Ablehnungsbescheid gegenüber ezidischen Flüchtlingen getätigte
Aussage, dass ein ezidischer Überlebender aus der Shengal-Region kein
Flüchtling im Sinne von § 3 AsylG sei, insbesondere in Hinsicht auf die Aus-
sage in § 3 AsylG „Ein Ausländer ist ein Flüchtling, wenn er sich aus be-
gründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität
… außerhalb des Landes befindet“ (bitte ausführlich begründen)?

23. Inwieweit teilt die Bundesregierung die in einem den Fragestellern vorlie-
genden Ablehnungsbescheid gegenüber ezidischen Flüchtlingen getätigte
Aussage, dass ein ezidischer Überlebender aus der Shengal-Region kein
Flüchtling im Sinne von § 3a Absatz 1 Nummer 1 AsylG sei, insbesondere
vor dem Hintergrund der im Bescheid zitierten Aussage, „die begründete
Furcht muss sich auf Handlungen beziehen, die aufgrund ihrer Art oder Wie-
derholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der
Menschenrechte darstellen“ (bitte ausführlich begründen)?

24. Inwieweit verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung alle Kurdinnen und
Kurden im Irak mindestens über Grundkenntnisse der kurdischen Sprache?
Inwieweit hält es die Bundesregierung gerade vor dem Hintergrund der Ge-
schichte der Verfolgung der kurdischen Sprache infolge einer unter der
Baath-Herrschaft betriebenen Arabisierungspolitik in Teilen der kurdischen
Siedlungsgebiete des Irak für ein angemessenes Mittel, das Beherrschen der
kurdischen Sprache zu einem Kriterium der Glaubwürdigkeit von Flüchtlin-
gen zu machen, die angeben Kurdinnen oder Kurden zu sein?

25. Inwieweit sieht die Bundesregierung einen Widerspruch zwischen der
in ihrer Antwort zu Frage 8 auf die Kleine Anfrage der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/10844 getätig-
ten Aussage, „[d]ie Bundesregierung hat der Durchführung der in der Einlei-
tung genannten Länderprogramme zur Aufnahme schutzbedürftiger Flücht-
linge mit ezidischem Hintergrund zugestimmt und damit ihrer Schutzbedürf-
tigkeit Rechnung getragen“, und der Praxis, ezidische Flüchtlinge ebenso in
diese Länder nach dem Dublin-Verfahren wieder umzuverteilen?

26. Welche konkreten Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen,
um die Bedingungen ezidischer Flüchtlinge, die nach dem Dublin-Verfahren
umverteilt werden, in den entsprechenden Ländern zu kontrollieren und zu
verbessern?

http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=54247#.WIcpOFM1-0k
http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=54247#.WIcpOFM1-0k
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27. Wie erklärt die Bundesregierung den Widerspruch zwischen ihrer in ihrer

Antwort zu Frage 7 auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/10844 geäußerten Aussage, „[o]b
das Vorhandensein familiärer Bindungen die Wahrscheinlichkeit erhöht,
dass die Personen seitens Griechenland für eine Umverteilung nach Deutsch-
land vorgeschlagen werden, ist nicht bekannt,“ und ihrer in ihrer Antwort zu
Frage 21 auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
auf Bundestagsdrucksache 18/10152 getätigten Aussage „[d]ie Maßgabe der
Kommission wird im Rahmen des Möglichen umgesetzt und berücksichtigt.
So werden familiäre Bindungen gezielt bei der Vorauswahl durch Griechen-
land bzw. Italien und bei der Verteilung in Deutschland beachtet“?

Berlin, den 7. Februar 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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