BT-Drucksache 18/11115

zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Petzold (Havelland), Sigrid Hupach, Nicole Gohlke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/8888 - Nachhaltige Bewahrung, Sicherung und Zugänglichkeit des deutschen Filmerbes gewährleisten

Vom 9. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11115
18. Wahlperiode 09.02.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Kultur und Medien (22. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Petzold (Havelland), Sigrid Hupach,
Nicole Gohlke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/8888 –

Nachhaltige Bewahrung, Sicherung und Zugänglichkeit des deutschen
Filmerbes gewährleisten

A. Problem
Die gegenwärtige Situation des nationalen Filmerbes könnte dramatischer nicht
sein, konstatiert die Fraktion DIE LINKE. in ihrem Antrag. Analoges Filmmate-
rial sei von akutem Verfall bedroht, die Langzeitsicherung von digitalem Material
scheitere nicht zuletzt in mangelnder finanzieller und personeller Ausstattung der
Archive. Die Fraktion DIE LINKE. fordert daher eine gesamtstaatliche Strategie
und ein Konzept zur Sicherung, Digitalisierung und Zugänglichmachung des
deutschen Filmerbes. Die Bundesregierung soll deshalb beauftragt werden, sich
bis Mitte 2017 mit den Ländern und der Filmwirtschaft über das weitere Vorgehen
abzustimmen sowie belastbare Kostenkalkulationen und Aussagen über die tech-
nischen Möglichkeiten einer Langzeitarchivierung vorzulegen. Die Fraktion DIE
LINKE. vertritt die Auffassung, der Film müsse als dem Buch gleichwertiges Kul-
turgut anerkannt werden. Alle Filme ab 1895 seien zu sammeln, dauerhaft zu ar-
chivieren und filmografisch in einem Bestandskatalog zu verzeichnen, um sie der
Öffentlichkeit zugänglich machen zu können.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Keine.

Drucksache 18/11115 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/8888 abzulehnen.

Berlin, den 27. Januar 2017

Der Ausschuss für Kultur und Medien

Siegmund Ehrmann
Vorsitzender

Johannes Selle
Berichterstatter

Burkhard Blienert
Berichterstatter

Harald Petzold (Havelland)
Berichterstatter

Tabea Rößner
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11115
Bericht der Abgeordneten Johannes Selle, Burkhard Blienert, Harald Petzold
(Havelland) und Tabea Rößner

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/8888 in seiner 183. Sitzung am 7. Juli 2016 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Kultur und Medien überwiesen sowie zur Mitberatung an den
Haushaltsausschuss.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktion DIE LINKE. verlangt von der Bundesregierung eine Strategie zur Sicherung, Digitalisierung und
Zugänglichmachung des deutschen Filmerbes. Bis Mitte 2017 soll sich die Bundesregierung über ein entspre-
chendes Konzept mit den Ländern und der Filmwirtschaft abstimmen. Auch eine belastbare Kostenkalkulation
und Aussagen über die technischen Möglichkeiten der Langzeitarchivierung werden in diesem Kontext verlangt.

Die Fraktion beklagt, die gegenwärtige Situation des nationalen Filmerbes sei dramatisch, weil das analoge Film-
material akut von Verfall bedroht sei. Seit zehn Jahren diskutiere der Deutsche Bundestag, wie das Filmerbe
gesichert und zugänglich gemacht werden kann. Von einer befriedigenden Deckung der Kosten, die bei der Pflege
entstehen, um den Erhalt des nationalen Filmerbes zu garantieren, sei man jedoch nach wie vor weit entfernt. Die
Maßnahmen der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien reichten bei weitem nicht aus.

Die Forderungen der Fraktion sind vor diesem Hintergrund auf eine nachhaltige Verbesserung der Situation in
den Archiven, einen vollständigen Bestandskatalog und auf die Pflichthinterlegung jedes öffentlich aufgeführten
Films gerichtet. Einheitliche Archivstandards müssten erarbeitet werden, und Barrierefreiheit müsse bei der Zu-
gänglichkeit gewährleistet werden. Weitere Forderungen beziehen sich unter anderem auf den Erhalt von Film-
kopierwerken und analoger Filmtechnik sowie auf eine Studie zur Bewahrung audiovisueller Netzpublikationen.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 80. Sitzung am 21. September 2016 Ablehnung des Antrags empfohlen
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat sich in seiner 77. Sitzung am 25. Januar 2017 abschließend mit dem
Antrag befasst. Er empfahl mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss setzte den Antrag erstmals in seiner 67. Sitzung am 28. September 2016 auf die Tagesordnung
und beschloss zunächst, eine öffentliche Anhörung durchzuführen. Die öffentliche Anhörung fand in der 70. Sit-
zung am 19. Oktober 2016 statt.

Angehört wurden folgende Organisationen und Einzelsachverständige:

- Dr. Alice Brauner, Mitglied der Geschäftsführung der CCC Filmkunst GmbH;

- Christine Grieb, Geschäftsführerin des Verbands Technischer Betriebe für Film und Fernsehen e.V. (VTFF);

- Dr. Michael Hollmann, Präsident des Bundesarchivs;

Drucksache 18/11115 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
- Prof. em. Dr. Klaus Kreimeier, Kultur- und Medienwissenschaftler, Initiative „Filmerbe in Gefahr“;

- Juliane Maria Lorenz, Präsidentin und Geschäftsführerin der Rainer Werner Fassbinder Foundation;

- Dr. Rainer Rother, Direktor der Stiftung Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen.

Zur Vorbereitung auf die Anhörung erarbeiteten die Sachverständigen schriftliche Stellungnahmen. Diese Stel-
lungnahmen (Ausschussdrucksachen 18(22)210a bis 18(22)210f) sind ebenso wie ein Wortprotokoll der Anhö-
rung öffentlich zugänglich.

In der abschließenden Beratung am 25. Januar 2017 begründeten die Fraktionen ihr Abstimmungsverhalten.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, sie teile die Begeisterung für das Filmerbe, die aus dem Antrag spreche,
und freue sich über jeden Mitstreiter, der sich für die Bewahrung des Filmerbes einsetze. Allerdings werde im
Antrag gefordert, die Aufgabe mit 30 Mio. Euro jährlich zu fördern, ohne belastbare Vorschläge zu machen, wie
diese Summe zu finanzieren wäre. Tatsächlich sei es schwer genug, 10 Mio. Euro jährlich zusammenzubringen,
die Bund, Länder und Filmwirtschaft gemeinsam schultern müssten.

Im Antrag behaupte die Fraktion DIE LINKE., die Bundesregierung habe keine Strategie. Das sei falsch. Und den
geforderten Katalog, der nachweise, welche Filme in den unterschiedlichen Archiven lagern, gebe es schon, er sei
vom Bund gefördert worden. Bei der Archivierung gehe es der Fraktion der CDU/CSU um das Kulturgut Film,
die Fraktion DIE LINKE. fordere in ihrem Antrag dagegen, alles zu archivieren, was je auf Film gebannt wurde.
Nebenbei werde dann auch noch die Subventionierung von Kopierwerken verlangt, dabei könne die Fraktion der
CDU/CSU nicht mitgehen. Die Forderung der Fraktion DIE LINKE., Filme im Original zu sichern und zu restau-
rieren, werde von der Fachöffentlichkeit gestützt, sei in der Fraktion der CDU/CSU aber noch nicht abschließend
diskutiert. Die Sicherung des Filmerbes würde dann nämlich noch einmal wesentlich teurer.

Die Fraktion der SPD merkte an, im Antrag werde zwar berechtigterweise ausgeführt, dass der Deutsche Bun-
destag sich schon lange mit dem Thema „Filmerbe“ befasse. Festzustellen sei jedoch auch, dass das Parlament
gerade in der laufenden Wahlperiode sehr ernsthaft an dem Thema gearbeitet und die notwendigen Voraussetzun-
gen für einen Konsens geschaffen habe.

In der Sache seien die Fraktionen im Ausschuss für Kultur und Medien weniger weit voneinander entfernt, als es
den Anschein habe. Sicher könne man über technische Details streiten. Am Ende stelle sich die Sicherung des
Filmerbes aber als politische Frage im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland dar. Bei der Novellie-
rung des Filmförderungsgesetzes habe der Deutsche Bundestag bereits deutlich gemacht, dass dem Bund und der
gesamten Branche die Sicherung des Filmerbes wichtig sei. Im Moment sei man dabei, die verschiedenen Fäden
zusammenzuführen. Der Bund habe in seinen Haushalten immer wieder die entsprechenden Mittel bereitgestellt.
Jetzt müssten die Bund-Länder-Gespräche zu Ende gebracht werden, und dies werde noch in der 18. Wahlperiode
gelingen. Dann sei ein großer Schritt getan, um die Wahrung des Filmerbes langfristig auf eine solide finanzielle
Basis zu stellen. Dem Antrag könne die Fraktion daher nicht zustimmen.

Die Fraktion DIE LINKE. hielt dem entgegen, der Deutsche Bundestag diskutiere seit mehr als zehn Jahren
über die im Antrag formulierte Aufgabe. Der Handlungsdruck sei von Jahr zu Jahr größer geworden. Alle ange-
hörten Sachverständigen hätten dies bestätigt. Der Erhalt des Filmerbes sei wichtig, weil kulturelle Identität auf
kulturellem Erbe gründe. Wenn das analoge Filmmaterial zerfalle, sei es für immer verloren. Die Fraktion fordere
über die priorisierte Digitalisierung des Filmerbes hinaus, dass das Material zugänglich gemacht wird und die
analogen Originale langfristig erhalten bleiben.

Leider habe die Koalition bei der Novellierung des Bundesarchivrechts keine Pflicht zur Hinterlegung von Filmen
festgeschrieben. Damit sei eine Chance vertan. Außerdem sei das Bundesarchiv weder personell noch finanziell
ausreichend ausgestattet, um die Aufgabe „Bewahrung des Filmerbes“ zu erfüllen. Mindestens eins seiner Ko-
pierwerke müsse das Bundesarchiv erhalten.

Ein gesamtstaatliches Konzept, abgestimmt zwischen Bund und Ländern, fehle noch immer. Die 2 Mio. Euro, die
der Bund etatisiert habe, bildeten nur einen Tropfen auf dem heißen Stein. Allein für die Digitalisierung des
Filmbestandes hätten Gutachter 100 Mio. Euro für zehn Jahre veranschlagt. Die Fraktion die Linke fordere, 30
Mio. Euro im Jahr für die Realisierung eines umfassenden Konzepts aufzuwenden, von denen Bund, Länder und
Filmwirtschaft jeweils 10 Mio. Euro tragen müssten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11115
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN konstatierte, der Antrag der Fraktion DIE LINKE. weise viele gute
Handlungsansätze zur Sicherung des Filmerbes auf. Er benenne viele Maßnahmen, die die Bundesregierung bis-
her schuldig geblieben sei. Die Forderung, eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie zu fahren und analoges
Filmmaterial zu erhalten, erhebe auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Auch das Plädoyer, Filmerbe
nicht nur in Archiven zu verwahren, sondern alte Filme zu zeigen und einen Weg für die Öffentlichkeit zu ebnen,
unterstütze sie. Zugänglichkeit und Partizipation seien Sinn und Zweck im Kontext der Erinnerungskultur, das
hätten die Sachverständigen in der Ausschussanhörung bestätigt.

Differenzen gebe es jedoch mit Blick auf den Finanzierungsteil des Antrags. Hier sei auf das einschlägige Gut-
achten zur Kostenschätzung zu verweisen, deshalb werde sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der
Stimme enthalten.

Berlin, den 27. Januar 2017

Johannes Selle
Berichterstatter

Burkhard Blienert
Berichterstatter

Harald Petzold (Havelland)
Berichterstatter

Tabea Rößner
Berichterstatterin

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