BT-Drucksache 18/11088

Anmeldung von Maßnahmen des Schienenpersonennahverkehrs zur Förderung mit Bundesmitteln über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz

Vom 3. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11088
18. Wahlperiode 03.02.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay,
Eva Bulling-Schröter, Dr. Kisten Tackmann, Dr. Axel Troost und der
Fraktion DIE LINKE.

Anmeldung von Maßnahmen des Schienenpersonennahverkehrs zur Förderung
mit Bundesmitteln über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz

Wenn Maßnahmen des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) mit Bundesmit-
teln gefördert werden sollen, erfordert dies die Durchführung der sogenannten
Standardisierten Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen des öffentlichen Per-
sonennahverkehrs, eine spezielle Form der Nutzen-Kosten-Analyse. Die Erstel-
lung derartiger Wirtschaftlichkeitsrechnungen ist für Maßnahmen des Bundes
nach § 6 des Haushaltsgrundsätzegesetzes und § 7 der Bundeshaushaltsordnung
mit erheblicher finanzieller Bedeutung vorgeschrieben. Die übliche Vorgehens-
weise ist, dass nach Beendigung des Planungsprozesses der Träger der Maß-
nahme – meist entweder ein Bundesland oder eine Stadt – bei einem externen
Büro eine standardisierte Bewertung nach den vom Bund festgelegten Regelwer-
ken erstellen lässt. Dabei wird der Nutzen des Projektes ermittelt und durch die
Kosten dividiert. Liegt das Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) bei über 1,0 – d. h.
der Nutzen ist größer als die Kosten – dann ist das Projekt mit Bundesmitteln
förderfähig. Liegt das NKV hingegen unterhalb von 1, ist eine Förderfähigkeit
nicht gegeben. Stehen zu dem NKV über 1,0 auch noch beim Bund entsprechende
Mittel für das jeweilige Bundesland zur Verfügung, so wird ein Bewilligungsbe-
scheid erlassen, in dem sich der Bund verpflichtet, das entsprechende Projekt mit
Bundesmitteln zu fördern – in der Regel mit einem Fördersatz von 60 Prozent.
Es kann nun vorkommen, dass nach Erstellung des Bewilligungsbescheides das
Projekt teurer wird als in der standardisierten Bewertung unterstellt wurde. So-
lange die Preissteigerung im Rahmen der allgemeinen Baupreissteigerung liegt
(Größenordnung von 2,0 bis 2,5 Prozent pro Jahr), so ist dies nicht weiter von
Belang, da die standardisierte Bewertung grundsätzlich von einem Preisstand von
2006 ausgeht und alle späteren Preisstände ohnehin auf diesen Preisstand zurück-
gerechnet werden müssen. Treten darüberhinausgehende Preissteigerungen ein,
die aufgrund von Fehleinschätzungen der Kosten (z. B. unterschätzte geologische
Probleme beim Tunnelbau) oder aufgrund von Planungsfehlern, erforderlichen
Umplanungen und Ergänzungen entstehen, so ergibt sich ein logisches Problem:
Strenggenommen ist die Geschäftsgrundlage für den Bewilligungsbescheid dann
nicht mehr gegeben, da dieser ursprünglich auf einem konkreten Betrag an Bau-
kosten beruhte.

Drucksache 18/11088 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie verfährt der Bund, wenn ein über das Gemeindeverkehrsfinanzierungs-
gesetz (GFVG) gefördertes Projekt nach Erlass des Bewilligungsbescheides
teurer wird, für den Fall, dass der Nutzen-Kosten-Wert nach Aktualisierung
der standardisierten Bewertung weiterhin über 1,0 bleibt?
Verbleibt der im Zuschussbescheid vereinbarte Geldbetrag unverändert gül-
tig, auch wenn das Projekt teurer wird, oder muss ein Antrag auf Aufsto-
ckung gestellt werden, oder wird im Zuschussbescheid ein prozentualer An-
teil festgelegt, so dass die Summe der Bezuschussung proportional zu den
erhöhten Baukosten ansteigt, oder gilt eine andere Regelung?

2. Wie verfährt der Bund, wenn ein über das GFVG gefördertes Projekt nach
Erlass des Bewilligungsbescheides teurer wird, für den Fall, dass der Nutzen-
Kosten-Wert aufgrund der Kostensteigerung nach Aktualisierung der Stan-
dardisierten Bewertung unter 1,0 rutscht?
Muss dann der gesamte schon ausbezahlte Zuschussbetrag wieder zurückge-
zahlt werden?
Wenn nicht, werden dann entsprechend der Kostensteigerung zusätzliche
Fördermittel zur Verfügung gestellt, oder wird die weitere Bezuschussung
über den ursprünglich vereinbarten Betrag verwehrt, oder gilt eine andere
Regelung?

3. Wie verfährt der Bund, wenn ein über das GFVG gefördertes Projekt nach
Erlass des Bewilligungsbescheides teurer wird, für den Fall, dass das Projekt
bei einem langen Realisierungszeitraum wie zu erwarten entsprechend der
allgemeinen Preissteigerung im Bau teurer wird?
Werden die vereinbarten Bezuschussungsbeträge an die Preissteigerung an-
gepasst oder gilt der einmal festgelegte fixe Betrag oder eine andere Rege-
lung?

4. Wie verfährt der Bund, wenn ein Projekt am Ende kostengünstiger erstellt
wurde als in der standardisierten Bewertung und somit zum Zeitpunkt des
Bewilligungsbescheides angegeben wurde?
Müssen dann Fördermittel zurückgezahlt werden oder gilt eine andere Rege-
lung?

5. Sind Änderungen am GVFG-Fördermodell – welches bislang 2019 auslau-
fen sollte und im September 2015 um weitere 15 Jahre verlängert wurde –
umgesetzt oder vorgesehen?

Wenn ja, welche?
6. Ist es geplant, die in den Fragen 1 bis 4 thematisierte Vorgehensweise für das

im aktuellen GFVG übliche Vorgehensweise zu ändern?

Wenn ja, in welchen Punkten?
7. Wie ist sichergestellt, dass die standardisierten Bewertungen für Projekte des

öffentlichen Schienenpersonennahverkehrs, die vom Maßnahmenträger vor
Ort an private Büros häufig freihändig in Auftrag gegeben werden, fachlich
objektiv durchgeführt werden und die Auftraggeberin bzw. der Auftraggeber
dabei keine persönlichen Interessen durchsetzen kann?

8. Wer führt für den Bund die Überprüfungen von standardisierten Bewertun-
gen für Projekte des öffentlichen Schienenpersonennahverkehrs durch, und
wie werden diese durchgeführt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11088
9. Hat sich der Bund schon einmal mit dem Vorschlag beschäftigt, statt die Pro-
jekte vom Maßnahmenträger bewerten und dann vom Bund prüfen zu lassen,
jede standardisierte Bewertung direkt vom Bund in Auftrag zu geben, so dass
dann weitgehend objektivere Ergebnisse zu erwarten wären?
Wenn ja, warum hat der Bund diesen naheliegenden Vorschlag noch nicht
umgesetzt?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 3. Februar 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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