BT-Drucksache 18/11065

Verzögerte Einführung von intelligenten Messsystemen (Smart Meter)

Vom 26. Januar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11065
18. Wahlperiode 26.01.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Dr. Julia Verlinden, Nicole Maisch,
Dr. Konstantin von Notz, Renate Künast, Annalena Baerbock, Bärbel Höhn,
Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Peter Meiwald
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verzögerte Einführung von intelligenten Messsystemen (Smart Meter)

Am 29. August 2016 hat die Bundesregierung das Gesetz zur Digitalisierung der
Energiewende verabschiedet. Darin steht die Einführung intelligenter Messsys-
teme im Zentrum. Sie sollen als sichere Kommunikationsplattform dienen, um
das Stromversorgungssystem energiewendetauglich zu machen. Ziel des Geset-
zesvorhabens war es, neue verbindliche Schutzprofile und technische Richtlinien
für intelligente Messsysteme zu schaffen, um Datenschutz, Datensicherheit und
Interoperabilität zu gewährleisten. Das Gesetz sah eigentlich vor, dass der Einbau
intelligenter Stromzähler zunächst bei Gewerbekunden und Industriebetrieben
am 1. Januar 2017 beginnen sollte. Die Regeln für das neue Interimsmodell der
Marktkommunikation hatte die Bundesnetzagentur jedoch erst kurz vor Weih-
nachten veröffentlicht (siehe http://bizzenergytoday.com/smart_meter_start).
Hierdurch ist es zu Verzögerungen in der ersten Phase der Einführung (Rollout)
gekommen, die weitere Verzögerungen wahrscheinlich machen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Vertretern der Smart-Meter-

Branche, wonach der Rollout intelligenter Messsysteme „erst Anfang 2018
startet“ (siehe http://bizzenergytoday.com/smart_meter_start)?

Falls ja, welche Folgen ergeben sich für den weiteren Rollout hierdurch?
Falls nein, wann rechnet die Bundesregierung mit dem Rollout?

2. Aus welchen Gründen hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Regeln für
das neue Interimsmodell der Marktkommunikation erst im Dezember 2016
veröffentlicht?

3. Welche zusätzlichen Kosten entstehen durch eine Verzögerung des Rollouts
für Energie- und Messunternehmen sowie Stromverbraucher?

4. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass die Verzögerung des Rollouts
für Gewerbe- und Industriekunden auch eine Verzögerung des ab dem
Jahr 2020 geplanten Rollouts für Haushalte bzw. kleinere Verbraucher bzw.
Erzeuger nach sich ziehen wird, und falls nein, von welchem Datum geht sie
aus?

5. Wann wird es die notwendige Zertifizierung von den Smart Meter Gateways
nach den Schutzprofilen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informations-
technik (BSI) geben, und woran scheiterte die Zertifizierung bislang?

http://bizzenergytoday.com/smart_meter_start
http://bizzenergytoday.com/smart_meter_start
Drucksache 18/11065 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Welchen Zeitplan verfolgt die Bundesregierung für die Erstellung der
Schutzprofile der Steuerbox, und wann rechnet die Bundesregierung mit der
Verfügbarkeit der Steuerboxen, die für die Steuerbarkeit und Regelung der
erneuerbaren Anlagen über das Smart Meter Gateway notwendig sind?

7. Plant die Bundesregierung ab dem Zeitpunkt der Verfügbarkeit des Gate-
ways trotz Fehlen der Steuerbox mit dem Einbau des intelligenten Messsys-
tems bei erneuerbaren Anlagen zu starten (bitte begründen)?

8. Welche Einschränkung an den gesetzlichen Vorgaben des Messstellenbe-
triebsgesetzes (MsbG) sind in dem Interimsmodell erforderlich, und wann
werden diese Einschränkungen im sogenannten Zielmodell vollständig be-
seitigt sein?

9. Wann ist mit einer Einigung zwischen dem BSI und der Physikalisch-Tech-
nischen Bundesanstalt (PTB) für das sogenannte Bundesdisplay – wodurch
Daten wie der Stromverbrauch der vergangenen Stunden angezeigt werden –
zu rechnen, und wie wird diese nach heutigem Kenntnisstand aussehen, bzw.
an welchen Dissenspunkten scheitert eine Einigung bisher?

10. Wann wird das Bundesdisplay den Haushalten zur Verfügung stehen?
11. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse über das Angebot von variablen Ta-

rifen, die Verbraucher mit Smart Meter nutzen können vor, und falls ja, wel-
che und mit welchen Konditionen bzw. Einschränkungen, und wie viele da-
von gehen über die bekannten HT/NT-Tarife hinaus?

12. Sieht die Bundesregierung bei Smart Meter die Stichworte Datensparsamkeit
und Datenvermeidung als ausreichend berücksichtigt an (Antwort bitte be-
gründen)?

13. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung bislang unternommen,
um die Öffentlichkeit über den bevorstehenden Rollout von Smart Metern zu
informieren, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung in diesem
Zusammenhang aus der Studie der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.
(VZBV), wonach unter 1 000 Befragten gerade einmal 8 Prozent wissen, was
Smart Meter genau sind (siehe www.vzbv.de/sites/default/files/vzbv_smart_
meter-umfrage_gfk.pdf)?

14. Hat die Bundesnetzagentur mit der Erarbeitung der Regeln für das Zielmo-
dell bereits begonnen, und falls nein, wie ist der Zeitplan, und welche aufei-
nanderfolgenden Schritte sind vorgesehen?

15. Bereits im Februar 2015 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Ener-
gie (BMWi) in einem Eckpunktepapier angekündigt, zeitgleich zum Mitte
2015 vorgelegten Gesetzentwurf zur Digitalisierung der Energiewende eine
Roadmap in Abstimmung mit dem BSI vorzulegen, die die Fortentwicklung
der Schutzprofile für noch ungeklärte Anwendungsfälle beinhaltet, und wie
erklärt sich die Bundesregierung den zeitlichen Verzug, und wann wird die
Roadmap vorgelegt?

16. Wann ist vorgesehen, dass über intelligente Messsysteme eine Steuerung von
Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen durchgeführt werden kann?

17. Wie viele der im Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende vorgesehenen
Planstellen für das BSI sind inzwischen besetzt?

18. Wann wird es die für die Interoperabilität der Systeme erforderliche Zertifi-
zierung von den Smart Meter Gateways nach der Technischen Richtlinie
(TR) 1.1 des BSI geben, und wie sieht der Fahrplan des BSI für die Erstel-
lung, Einführung und Umsetzung dieser Vorgaben aus?

http://www.vzbv.de/sites/default/files/vzbv_smart_meter-umfrage_gfk.pdf
http://www.vzbv.de/sites/default/files/vzbv_smart_meter-umfrage_gfk.pdf
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11065

19. Wird das BSI im Zuge der Entwicklung der TR 1.1 auf Normen und Stan-

dards zurückgreifen, die über die deutschen Normungsgremien bisher entwi-
ckelt wurden, und wenn ja, wie wird im Rahmen der Entwicklung der TR 1.1
die Zusammenarbeit mit den Normungsgremien ausgestaltet?

20. Wie stellt das BSI sicher, dass es verlässliche Grundlagen für die Branche
gibt, um eine Migration von Geräten zu ermöglichen, die zunächst nur nach
Schutzprofil zertifiziert sind, hin zu den zusätzlichen Anforderungen einer
TR 1.1, ohne dass „stranded investments“ entstehen?

21. Wann wird sich der im Digitalisierungsgesetz festgelegte Ausschuss Gate-
way-Standardisierung gemäß § 27 MsbG mit der Entwicklung der TR 1.1
befassen, bei der es sich im Vergleich zur TR 1.0 um wesentliche Änderun-
gen an den technischen Vorgaben der Systeme handelt, die nach Angaben
von Teilen der Industrie zu Verzögerungen von bis zu zwei Jahren führen
könnte, ehe der Rollout über Pilotprojekte hinaus führen kann?

22. Von welchen Pilotprojekten für den Rollout von intelligenten Messsystemen
hat die Bundesregierung Kenntnis, und wie stellt die Bundesregierung sicher,
dass die Erfahrung aus diesen Projekten in die Weiterentwicklung von Ge-
setzen, Technischen Richtlinien und Schutzprofilen einfließen?

23. Wie wird der Ausschuss Gateway-Standardisierung in die technischen Ab-
läufe der Pilotprojekte eingebunden, um auf Basis der dort entwickelten Ex-
pertise gemeinsam mit den deutschen Normungsgremien auch zukünftig die
geforderte Sicherheit und Interoperabilität des Gesamtsystems zu gewähr-
leisten?

24. Auf Basis welcher Expertise und Projekterfahrung wird das BSI angesichts
der großen Herausforderung bei dem Zusammenspiel aller Systemkompo-
nenten eine Einbauverpflichtung für intelligente Messsysteme aussprechen?

25. Wie wird das BSI im Blick auf die Einbauverpflichtung die technische Ver-
fügbarkeit feststellen, da das BSI bisher keine Vorgaben für die Schaltkom-
ponenten im Gesamtsystem ausgesprochen hat und die Kontrolle der Schalt-
systeme unter Berücksichtigung der Netzstabilität bisher technisch nicht ge-
klärt ist?

26. Wann werden Testsysteme bereitstehen, um die eichtechnischen Anforde-
rungen an Geräten und am Gesamtsystem für die Erstellung von Baumuster-
prüfbescheinigungen zu testen?

27. Auf welche Verfahren zur Befundprüfung und Marktüberwachung können
Eichbehörden und staatlich anerkannte Prüfstellen zugreifen, und wenn diese
Verfahren noch nicht existieren, ab wann können diese bereitgestellt wer-
den?

28. Von welchen durchschnittlichen Einsparungen beim Energieverbrauch geht
die Bundesregierung durch den Einbau solcher Systeme aus?

Woher kommen diese Einsparungen konkret?

Berlin, den 24. Januar 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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