BT-Drucksache 18/10955

Abschiebungen im Jahr 2016

Vom 20. Januar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10955
18. Wahlperiode 20.01.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dağdelen,
Harald Petzold (Havelland), Martina Renner, Dr. Petra Sitte, Jörn Wunderlich
und der Fraktion DIE LINKE.

Abschiebungen im Jahr 2016

Nachdem die Zahl der Abschiebungen von 9 617 im Jahr 2007 auf 7 651 im Jahr
2012 gesunken war, steigt sie seit 2013 wieder deutlich an, vor allem infolge
gestiegener Asylzahlen. Im Jahr 2014 gab es 10 884 Abschiebungen, 2015 waren
es bereits 20 888 (vgl. die Antworten der Bundesregierung auf regelmäßige
Kleine Anfragen der Fraktion DIE LINKE., zuletzt auf Bundestagsdrucksache
18/7588). Hinzu kamen 1 481 Zurückschiebungen (innerhalb von sechs Monaten
nach unerlaubter Einreise) und 8 913 Zurückweisungen (direkt an der Grenze, im
Regelfall auf den Flughäfen, nach Einführung von EU-Binnengrenzkontrollen je-
doch auch vermehrt an den Landesgrenzen).
Vor allem Menschen aus den Westbalkanländern Kosovo, Serbien, Albanien,
Mazedonien und Bosnien-Herzegowina waren im Jahr 2015 von Abschiebungen
betroffen. Zugleich gab es 3 597 Abschiebungen (Überstellungen) in andere EU-
bzw. Schengen-Mitgliedstaaten im Rahmen der EU-Dublin-Verordnung.
Die Zahl der freiwilligen Ausreisen von Ausreisepflichtigen ist größer als die
Zahl der Abschiebungen. Zwar wird diese Angabe statistisch nicht verlässlich
erfasst (vgl. Bundestagsdrucksache 18/5862, Antwort zu Frage 29), für das Jahr
2015 gibt die Bundesregierung jedoch 37 220 durch Bund-Länder-Programme
(REAG/GARP – Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seekers
in Germany/Government Assisted Repatriation Programme) geförderte freiwil-
lige Ausreisen an (2014: 13 636, Bundestagsdrucksache 18/7588, Antwort zu
Frage 22). Hinzu kommen durch die Bundesländer geförderte freiwillige Ausrei-
sen (2014: 9 400), bei denen es jedoch zu Überschneidungen mit den Bund-Län-
der-Programmen kommen kann (vgl. Bundestagsdrucksache 18/5862, Antwort
zu Frage 29). Die Bundesregierung erläutert, dass es „eine größere Anzahl“ ge-
förderter freiwilliger Ausreisen gebe, als aus dem Ausländerzentralregister
(AZR) ermittelbar, weil bei Betroffenen eine Ausreisepflicht noch nicht eingetre-
ten oder noch nicht im AZR erfasst sein kann (ebd.). Ausreisen von ausreise-
pflichtigen Personen ohne Förderung werden nicht erfasst (ebd.).
Aus dem AZR ergibt sich, dass im Jahr 2015 insgesamt 51 575 (im Jahr 2015 und
in den Jahren zuvor) abgelehnte Asylsuchende „ausgereist“ sind und sich nicht
mehr in Deutschland aufhalten (Bundestagsdrucksache 18/7588, Antwort zu
Frage 21) – hierbei werden auch abgeschobene Personen mitgezählt.

Drucksache 18/10955 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Abschiebungen auf dem Luftweg wurden im Jahr 2016 von deut-
schen Flughäfen aus durchgeführt (bitte nach Flughäfen, Zielländern und
Staatsangehörigkeit der Betroffenen aufschlüsseln; bitte noch einmal geson-
dert die Zahl der Abschiebungen in EU-Mitgliedstaaten bzw. Schengen-
Staaten nennen)?

2. Wie viele Abschiebungen in welche Länder erfolgten im Jahr 2016 auf dem
Land- bzw. Seeweg (bitte nach Zielländern und Staatsangehörigkeit der Be-
troffenen aufschlüsseln und gesondert die Zahl der Abschiebungen in EU-
Mitgliedstaaten bzw. Schengen-Staaten nennen)?

3. Wie viele Überstellungen erfolgten im Jahr 2016 in andere Mitgliedstaaten
der Europäischen Union bzw. Schengen-Staaten im Rahmen der Dublin-Ver-
ordnung (bitte nach Zielstaaten und den zehn wichtigsten Staatsangehörig-
keiten differenzieren und die jeweilige Zahl der Minderjährigen nennen)?

4. Wie viele Zurückweisungen und Zurückschiebungen fanden im Jahr 2016 an
deutschen Flughäfen statt (bitte nach Flughäfen, Zielstaaten und Staatsange-
hörigkeit der Betroffenen aufschlüsseln)?

5. Wie viele Zurückweisungen und Zurückschiebungen fanden im Jahr 2016 an
den Land- bzw. Seegrenzen statt (bitte nach Landesgrenzen bzw. Bundespo-
lizeipräsidien und Herkunftsländern aufschlüsseln)?

6. Wie viele Minderjährige und wie viele unbegleitete Minderjährige waren im
Jahr 2016 von Abschiebungen, Zurückschiebungen bzw. Zurückweisungen
betroffen, wie viele unbegleitete Minderjährige wurden an den Außengren-
zen festgestellt (bitte nach Feststellungen an Grenzen und Feststellungen
nach Staatsangehörigkeit auflisten), und wie viele von ihnen wurden in die
Obhut der Jugendämter gegeben?

7. Was waren die Gründe der Einreiseverweigerungen/Zurückweisungen im
Jahr 2016 (bitte nach Zurückweisungsgrund und den zehn wichtigsten
Staatsangehörigkeit differenzieren und wie in der Antwort zu Frage 8 auf
Bundestagsdrucksache 18/7588 darstellen)?

8. In welcher Zuständigkeit erfolgten die Abschiebungen, Zurückweisungen
und Zurückschiebungen im Jahr 2016, bzw. wer hat sie veranlasst (bitte je-
weils nach Bund und den einzelnen Bundesländern differenzieren)?

9. In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2016 Zwangsgelder gegen Beförde-
rungsunternehmen nach § 63 des Aufenthaltsgesetze (AufenthG) verhängt,
wie hoch war die Gesamtsumme, und wie hoch die durchschnittliche Summe
pro Beförderungsunternehmen (bitte auch nach Fluggesellschaft, Bus- und
Bahnunternehmen, Taxis usw. differenzieren)?

10. Wie viele Personen wurden im Jahr 2016 im Zuge von so genannten Sam-
melabschiebungen entweder direkt in ihr Herkunftsland bzw. über Flughäfen
anderer Mitgliedstaaten in ihr Herkunftsland abgeschoben (bitte nach Sam-
melabschiebungen der EU bzw. in nationaler bzw. Länderzuständigkeit dif-
ferenzieren und einzeln aufführen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10955

11. An welchen gemeinsamen Abschiebemaßnahmen der Europäischen Agentur

für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen Frontex hat sich
Deutschland im Jahr 2016 beteiligt, welches Zielland hatten diese Maßnah-
men jeweils und
a) bei welchem Staat (für Deutschland: Behörde) lag jeweils die Federfüh-

rung für die Abschiebemaßnahme, welche Bundesländer waren von deut-
scher Seite darüber hinaus beteiligt,

b) welche Fluggesellschaften wurden mit der Durchführung der Flüge be-
auftragt, von welchen deutschen Flughäfen starteten sie bzw. machten sie
eine Zwischenlandung,

c) wie hoch waren die Kosten der Flüge jeweils, und wer hat die Kosten
getragen,

d) wie viele Personen aus welchen Herkunftsstaaten wurden bei den Ab-
schiebemaßnahmen aus Deutschland jeweils abgeschoben und

e) wie viele Bundesbeamte wurden als Begleitpersonal auf diesen Flügen
jeweils eingesetzt?

12. Wie viele der Abschiebungen im Jahr 2016 erfolgten
a) unbegleitet,
b) in Begleitung von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei,
c) in Begleitung von Beamtinnen und Beamten der Länderpolizeien oder an-

derer Länderbehörden,
d) in Begleitung von Vollzugsbeamtinnen und -beamten anderer Mitglied-

staaten,
e) in Begleitung von Sicherheitskräften der Zielstaaten (bitte nach Zielstaa-

ten aufschlüsseln),
f) in Begleitung von Sicherheitskräften der Luftverkehrsgesellschaften

(bitte nach Fluggesellschaften aufschlüsseln) und
g) in Begleitung von medizinischem Personal?

13. Wie viele Abschiebungsversuche mussten im Jahr 2016 aufgrund von Wi-
derstandshandlungen der/des Betroffenen abgebrochen werden (bitte nach
Flughafen und Staatsangehörigkeiten der Betroffenen aufschlüsseln)?

14. Wie viele Abschiebungen auf dem Luftweg mussten im Jahr 2016 wegen
medizinischer Bedenken abgebrochen werden (bitte nach Flughafen und
Staatsangehörigkeiten der Betroffenen und den medizinischen Gründen auf-
schlüsseln)?

15. Wie viele Abschiebungsversuche mussten im Jahr 2016 abgebrochen wer-
den, weil sich die Fluggesellschaft oder der Flugzeugführer weigerten, die
Personen, die zur Abschiebung anstanden, zu transportieren (bitte nach Da-
tum, Flughafen und der jeweiligen Fluggesellschaft aufschlüsseln)?

16. Wie viele Abschiebungen scheiterten im Jahr 2016 an der Weigerung der
Zielstaaten, die Abgeschobenen aufzunehmen (bitte nach Zielstaaten diffe-
renzieren)?

17. Welche Kosten sind dem Bund im Jahr 2016 durch die Sicherheitsbegleitung
entstanden (bitte so genau wie möglich differenzieren)?

Drucksache 18/10955 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

18. Wie viele Ausreiseentscheidungen gegenüber Drittstaatsangehörigen bzw.

EU-Angehörigen bzw. gegenüber abgelehnten Asylsuchenden (bitte diffe-
renzieren, auch nach den jeweils 15 wichtigsten Herkunftsländern und den
Bundesländern) wurden im Jahr 2016 erlassen, und wie viele Ausreisen von
Drittstaatsangehörigen bzw. EU-Angehörigen bzw. abgelehnten Asylsu-
chenden gab es im Jahr 2016 (bitte differenzieren, auch nach den jeweils 15
wichtigsten Herkunftsländern und den Bundesländern, bei abgelehnten Asyl-
suchenden auch nach dem Jahr der Asylablehnung)?

19. Wie viele ausreisepflichtige Drittstaatsangehörige haben Deutschland im
Jahr 2016 freiwillig verlassen, wie viele Ausreisen davon wurden finanziell
gefördert, und welche Angaben kann die Bundesregierung zur Zahl der von
den Bundesländern geförderten freiwilligen Ausreisen machen (bitte jeweils
nach den 15 wichtigsten Herkunftsstaaten und den Bundesländern differen-
ziert angeben)?

20. Welche Angaben kann die Bundespolizei machen zu den freiwilligen Aus-
reisen von Personen mit einer Grenzübertrittsbescheinigung (bitte auch nach
den 15 wichtigsten Staatsangehörigkeiten und dem Weg der Ausreise diffe-
renzieren)?

Berlin, den 19. Januar 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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