BT-Drucksache 18/10876

zu der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung - Drucksachen 18/3523, 18/9748 - 13. Sportbericht der Bundesregierung

Vom 17. Januar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10876
18. Wahlperiode 17.01.2017
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. André Hahn, Frank Tempel, Jutta Krellmann, Katrin
Kunert, Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

zu der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksachen 18/3523, 18/9748 –

13. Sportbericht der Bundesregierung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der 13. Sportbericht ist eine wichtige Informationsquelle zum Sport in der Bundesre-
publik Deutschland für den Zeitraum von 2010 bis 2013. Die Aufnahme eines Kapitels
„Gegenwärtige Planungen und Perspektiven“ auf Grundlage des Beschlusses des
Deutschen Bundestages zum 11. Sportbericht erweist sich als sinnvoll, sollte aber beim
14. Sportbericht der Bundesregierung qualitativ und quantitativ ausgebaut werden.
Sport bedeutet aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Sport und Bewegung
dienen der Erhaltung und Festigung der Gesundheit, der systematischen Prävention
und Förderung gesundheitsbezogener Lebensstile. "Sport für Alle" ist eine Grundfor-
derung für gesellschaftliche und individuelle Lebensqualität.
Freizeit- und Breitensport sind wesentliche Elemente einer gesunden Lebensweise, ak-
tiver Freizeitgestaltung und sozialer Kommunikation. Wichtige Voraussetzungen sind
dafür Aktivitäten von Bund, Ländern und Kommunen, die dazu beitragen, vorhandene
Sportflächen und -stätten einschließlich der Schwimmbäder zu erhalten, planerisch zu
erfassen und mit dem erforderlichen Zuwachs in den entsprechenden Entwicklungs-
und Bebauungskonzeptionen festzuschreiben, die zweckentfremdete Nutzung oder
Privatisierung von kommunalen Spielplätzen, Sportflächen, Sporthallen und
Schwimmbädern zu verhindern, eine bedarfsgerechte Verfügbarkeit sowie vielfältige
und flexible Nutzung der Sportstätten ermöglichen, die entgeltfreie Nutzung der Sport-
stätten und Schwimmbäder durch Schulen und gemeinnützige Sportvereine zu sichern
und den freien Trägem sozialverträgliche Lösungen anzubieten.
Die Tätigkeit der gemeinnützigen Sportvereine und das damit verbundene bürger-
schaftliche Engagement sind unverzichtbar und unersetzlich als soziale Leistung in
und für die Gesellschaft.
Die besondere Verantwortung der Gesellschaft für Kinder und Jugendliche schließt
ihre wirksame Förderung ein, erfordert die konsequente Durchsetzung der Rechte der

Drucksache 18/10876 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Kinder und Jugendlichen, insbesondere ihr Recht auf Mitbestimmung, Spiel, Fürsorge
und Betreuung, altersgemäße aktive Betätigung, Erholung und Wohlergehen auch im
und durch den Sport.
Zu den Zielen und Aufgaben der Politik gehört die Bewahrung und Pflege der huma-
nistischen und völkerverbindenden Werte des Sports.
Sport ist ein hohes Kulturgut, unverzichtbar für die Selbstverwirklichung des Men-
schen, für seine Lebensqualität und die der ganzen Gesellschaft. Sport ist leistungssti-
mulierend, fördert und entwickelt wesentliche gesellschaftliche und individuelle
Werte, wie Eigenleistung, Begeisterungsfähigkeit, Engagement, Fairness und bietet
vielfältige Möglichkeiten der Persönlichkeitsentwicklung.
Der Sport verbindet unterschiedliche Generationen, Menschen unterschiedlicher sozi-
aler und ethnischer Herkunft, unterschiedlichen Geschlechts und Menschen mit und
ohne Behinderungen. Er kann Kinder und Jugendliche von der Straße holen und för-
dert soziale Kompetenz.
Sport fördert die Integration und wirkt Gewaltbereitschaft, Rassismus und Fremden-
feindlichkeit entgegen. Niemand darf wegen seiner Rasse, Abstammung, Nationalität
oder Sprache, seiner wirtschaftlichen oder sozialen Lage, seines Geschlechts, Alters
oder einer Behinderung, seiner religiösen, weltanschaulichen oder politischen An-
schauungen wegen benachteiligt bzw. diskriminiert und vom Sport ausgeschlossen
werden. Sport für alle muss machbar sein, Spaß machen und die Lebensqualität positiv
beeinflussen.
Unumstritten ist die integrationsfördernde Kraft des Sports. Sie erweist sich gerade
heute als unverzichtbar, um eine Willkommenskultur für Tausende von Flüchtlingen
zu organisieren. Mit seinen spezifischen Möglichkeiten leistet der Sport einen ent-
scheidenden Beitrag zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, Asyl-
bewerbern und Flüchtlingen.
Der Deutsche Bundestag will mit seiner Sportpolitik Chancengleichheit und einen ma-
nipulationsfreien Sport fördern. Sportförderung bedeutet die Bereitstellung und Erhal-
tung von Sportstätten, die Sicherung ihrer entgeltfreien Nutzung sowohl durch gemein-
nützige Sportvereine, Schulen und Kitas, als auch durch einzelne Bürgerinnen und
Bürger als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Der Deutsche Bundestag sieht den Sport als Einheit von Breiten-, Freizeit- und Ge-
sundheitssport, Kinder- und Seniorensport, dem Behinderten- und Rehabilitationssport
sowie Leistungssport im Nachwuchs- und Hochleistungsbereich.
Sport ist eine Querschnittsaufgabe vieler Politikfelder. Bildungs-, Gesundheits- So-
zial- und Familienpolitik, Kinder- und Jugendpolitik, aber auch Wirtschafts-, Umwelt-
oder Außenpolitik haben mit dem Sport zu tun. Bund, Länder und Kommunen sind bei
Beachtung unterschiedlicher Zuständigkeiten und Kompetenzen gefordert, auf dem
Gebiet des Sports noch enger zusammenzuarbeiten.
Der Sportunterricht ist ein gleichberechtigtes Unterrichtsfach in den Bildungseinrich-
tungen, in Kita und Schule, aber auch in Berufsschulen sowie Hochschulen. Kinder
und Jugendliche sollen sich täglich eine Stunde bewegen. Im Rahmen des Unterrichts
sollten drei Sportstunden pro Woche – wie von der Kultusministerkonferenz beschlos-
sen – in allen Schulen durchgeführt werden. Ergänzend hierzu sollten wöchentlich
zwei weitere Stunden im außerunterrichtlichen Sport angeboten werden. Für beides
sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Vereine mit Sportangeboten
für Kinder und Jugendliche sollen besonders materiell und finanziell unterstützt wer-
den. Ausreichende Sportangebote sollen für alle Kinder und Jugendlichen, mit und
ohne Behinderungen, unabhängig ob aus Einkind-, Großfamilien, von Alleinstehen-
den, Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern oder aus Familien mit unterschiedlicher
kultureller Identität und Tradition stammend, auch durch chancengleichen Zugang zu
entsprechenden Fördereinrichtungen und -möglichkeiten, z. B. Sportschulen und -in-
ternaten, Schul- und Leistungssportzentren gewährt werden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10876
Der Deutsche Bundestag unterstützt das Streben der Sportlerinnen und Sportler – auch
der behinderten – nach höchster Meisterschaft. Er sieht darin ein Recht auf Selbstver-
wirklichung und Entfaltung des sportlichen Talents. Der Spitzensport ist Bestandteil
des organisierten Sports in der Bundesrepublik Deutschland. Er bedarf der gesell-
schaftlichen Förderung und wirkt wiederum zurück auf die Entwicklung des Breiten-
und Freizeitsports, besonders aber auf die Vorbildwirkung im Kinder- und Jugendbe-
reich. Damit ist er ein wesentliches Element der Talentförderung und der Persönlich-
keitsentwicklung.
Sportliche Höchstleistungen leisten auch für die internationale Repräsentanz und das
internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland unschätzbare Dienste. Trotz-
dem dürfen Medaillen nicht der einzige Maßstab sein, an der die Förderung des Spit-
zensports durch den Bund ausgerichtet wird. Stattdessen ist die Wechselwirkung zwi-
schen dem Spitzensport und der Entwicklung des Breitensports deutlich stärker als
bisher bei der anstehenden Reform der Spitzensportförderung und der Verteilung vor-
handener Mittel innerhalb der Sportverbände zu beachten.
Der Deutsche Bundestag lehnt Doping und alle Formen der Manipulation von sportli-
chen Leistungen (Verwendung unerlaubter Mittel) sowie Korruption im Sport ab und
fordert die konsequente Durchsetzung diesbezüglicher Regelungen des IOC und der
internationalen Sportverbände. Da es zwischen dem Sport einschließlich diesbezügli-
cher Stiftungen, der Politik und der Wirtschaft vielfältigste Verbindungen und Ver-
knüpfungen gibt, sind deutlich mehr Transparenz und die strikte Einhaltung von Re-
geln zur Förderung von Unternehmensverantwortung (Corporate Social Responsibi-
lity) sowie zur Durchsetzung der Anti-Korruptionsgesetze unabdingbar. Notwendig
sind auch umfassende Reformen beim IOC, der FIFA und anderen internationalen
Sportverbänden. Die Politik und die Sportverbände der Bundesrepublik Deutschland
sind gefordert, diesen Prozess aktiv mitzugestalten.
Wenn, wie der 13. Sportbericht im Kapitel 12.3 konstatiert, ein großer Teil der Me-
daillen nicht mehr nur durch Talent und Veranlagung sowie Trainingsfleiß erreichbar
sind, sondern Wettbewerbsvorteile Spitzenleistungen (und entsprechende finanzielle,
personelle und technische Mittel) seitens der Sportmedizin und Sportwissenschaft vo-
raussetzen, muss auch über dieses „Wettrüsten“ auf internationaler Ebene die Debatte
über die Zukunft des Spitzensports geführt werden.
Das Ehrenamt erweist sich auch im Sport als eine wichtige und notwendige Form der
gesellschaftlichen Verantwortung und der Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger in
einer demokratischen Gesellschaft. Die Bedingungen für die ehrenamtliche Tätigkeit
sind jedoch nicht in dem Maße gewachsen wie die Anforderungen an diese Tätigkeit.
Die gesellschaftliche Anerkennung und Unterstützung sowie finanzielle Förderung
und Entlastung des Ehrenamtes muss gesetzlich gesichert werden.
Die Medien spielen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung, Popularisierung und För-
derung des Sports. Der Deutsche Bundestag bittet die Medien, überzeugend die huma-
nistischen Werte des Sports aller Ebenen und den Sport als Element des Lebensvoll-
zugs und in seiner Breite und Vielfalt allen Menschen nahezubringen. Dabei sollte der
Behindertensport eine stärkere Rolle spielen.
Drucksache 18/10876 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– der großen gesellschaftlichen Bedeutung des Sports Rechnung zu tragen und des-
wegen einen Gesetzentwurf zur Verankerung des Sports als Staatsziel im Grund-
gesetz sowie einen Entwurf eines Sportfördergesetzes des Bundes vorzulegen;

– zu gewährleisten, dass jede Sportförderung des Bundes auch einer zunehmenden
breiten sportlichen Betätigung für alle und der Gesundheit der Menschen von frü-
hester Kindheit bis ins hohe Alter dient;

– sich für die Erhaltung, Nutzung und systematische Verbesserung der Sportstät-
teninfrastruktur in Bund, Ländern und Kommunen, vor allem aber dort, wo der
Bund Eigentümer von Sportstätten und Sportflächen ist, zu engagieren;

– sich für eine stärkere Förderung des Ehrenamtes im Sport, zum Beispiel durch
eine bessere steuerliche Begünstigung, und ein vereinfachtes Vereinsrecht zu en-
gagieren;

– sich für die gleichberechtigte Teilnahme von Mädchen und Frauen am Sport und
ihre Mitbestimmung bei seiner Organisierung, das Gleichstellungsgebot für Men-
schen mit körperlichen und/oder psychischen Behinderungen sowie für deutlich
mehr Möglichkeiten für die aktive Teilnahme älterer Menschen am Sport einzu-
setzen. Auch Menschen, die über keine eigenen ausreichenden finanziellen Mittel
verfügen, sozial „Schwachen“, Arbeitslosen sowie Asylbewerbern und Flüchtlin-
gen soll der Zugang zum Sport und eine regelmäßige sportliche Betätigung er-
möglicht werden;

– den Goldenen Plan 3.0 und weitere gesamtdeutsche Programme zur Sanierung
und Schaffung von Barrierefreiheit in Sportanlagen weiterzuführen und umzuset-
zen;

– die Sportwissenschaft und die Sportmedizin kontinuierlich zu fördern und als ei-
genständige Wissenschaftsdisziplinen anzuerkennen. Bei der Förderung der
Sportwissenschaft sind dem Breitensport, dem Behindertensport sowie dem
Kampf gegen Doping ein größerer Stellenwert einzuräumen;

– die Geschichte von Doping im Sport in der Bundesrepublik Deutschland und in
der DDR (bis heute) konsequent aufzuarbeiten;

– weitere Anstrengungen im Kampf gegen Doping und Betrug im Sport, vor allem
durch Förderung von präventiven Maßnahmen zu unternehmen;

– die Förderung des Spitzensports durch den Bund und die Länder, sofern die Au-
tonomie des Sports gewahrt bleibt, die Leistungen der Athletinnen und Athleten
aller Sportarten und Disziplinen gleichermaßen anerkannt werden und die beruf-
liche Aus- und Weiterbildung der Sportlerinnen und Sportler (auch nach Beendi-
gung der Sportkarriere) gewährleistet wird angemessen zu unterstützen. Dabei ist
das Ungleichgewicht zwischen den für Spitzensportlerinnen und -sportler sowie
den Sportlern mit und ohne Behinderungen zur Verfügung stehenden Stellen
beim Bund zügig abzubauen. Der derzeitige Anteil von ca. 1 Prozent der Stellen
für den Behindertensport sollte bis zum Jahr 2020 auf mindestens 10 Prozent er-
höht werden, vor allem durch Stellen in „zivilen“ Bereichen von Bundesbehörden
und auch ersatzweise durch die öffentliche Förderung von Stellen für behinderte
Spitzensportler in der Privatwirtschaft. Auch in allen Bereichen der Sportförde-
rung durch den Bund sind bestehende Benachteiligungen des Behindertensports
kurzfristig abzubauen;

– sich für eine planmäßige Nachwuchsförderung und vielfältige Möglichkeiten du-
aler Karrieren sowie eine durchgängige sportmedizinische Betreuung aller Ath-
letinnen und Athleten, die gesellschaftliche Anerkennung und existentielle Absi-
cherung der Übungsleiterinnen und -leiter, Trainerinnen und Trainer, Physiothe-
rapeutinnen und Physiotherapeuten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10876

und anderer für das Training notwendigen Kräfte einzusetzen, auch durch einen
öffentlich geförderten Beschäftigungssektor;

– die sportliche Entwicklungshilfe mit langfristigen Projekten zu intensivieren, be-
stehende Maßnahmen weiterzuentwickeln, um sie auch in Kriegs- und Krisenge-
bieten wie Afghanistan, Irak und Syrien umzusetzen zu können und deren Mittel
aufzustocken.

Berlin, 17. Januar 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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