BT-Drucksache 18/10824

Einsätze von sogenannten "Stillen SMS", WLAN-Catchern, IMSI-Catchern, Funkzellenabfragen sowie Software zur Bildersuche im zweiten Halbjahr 2016

Vom 11. Januar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10824
18. Wahlperiode 11.01.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan Korte, Jan van Aken, Annette Groth,
Dr. André Hahn, Inge Höger, Ulla Jelpke, Niema Movassat,
Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Frank Tempel,
Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Einsätze von sogenannten „Stillen SMS“, WLAN-Catchern, IMSI-Catchern,
Funkzellenabfragen sowie Software zur Bildersuche im zweiten Halbjahr 2016

Halbjährlich fragen die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE. beim Bundes-
ministerium des Innern, beim Bundesministerium der Finanzen und beim Bun-
deskanzleramt nach den Zahlen von Einsätzen digitaler Fahndungsmethoden
(Bundestagsdrucksachen 18/4130, 18/2257, 18/5645, 18/7285, 18/9366). Hinter-
grund ist die zunehmende Überwachung und Analyse digitaler Verkehre, die das
Vertrauen in die Freiheit des Internets und der Telekommunikation untergraben.
Aus den Antworten der früheren Kleinen Anfragen geht hervor, dass dies vor al-
lem den polizeilichen Bereich betrifft: Der Einsatz „Stiller SMS“, sogenannter
„WLAN-Catcher“ und „IMSI-Catcher“ nimmt zu, die Ausgaben für Analysesoft-
ware steigen ebenfalls. Aus Sicht der Fragesteller sind diese Maßnahmen mitun-
ter rechtlich gar nicht gestattet, etwa der Einsatz „Stiller SMS“. Denn Polizei und
Geheimdienste dürfen nur passiv die Kommunikation von Telefonen abhören, die
„Stillen SMS“ werden aber von den Behörden erst erzeugt. Während die Bundes-
regierung zwar Angaben zum Bundeskriminalamt und zur Bundespolizei macht,
bleiben Zahlen für den Zoll eingestuft. Hinsichtlich des Bundesnachrichtendiens-
tes unterbleibt jede Mitteilung.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie oft haben welche Bundesbehörden im zweiten Halbjahr 2016 von

„WLAN-Catchern“ Gebrauch gemacht?
a) Welche Bundesbehörden haben zwar selbst keine „WLAN-Catcher“ ein-

gesetzt, sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Behörden oder Firmen
bedient (bitte außer den Zahlen auch die beteiligten Behörden benennen)?

b) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils insgesamt
betroffen (bitte nach Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Straf-
verfolgung differenzieren)?

c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?

Drucksache 18/10824 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
d) Welche Hard- und Software wird hierfür genutzt und welche Änderungen
haben sich hierzu gegenüber dem vorigen Halbjahr ergeben (Bundestags-
drucksachen 17/14714, 18/2257, 18/4130, 18/7285)?

e) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

2. Welche Bundesbehörden haben im zweiten Halbjahr 2016 wie oft „IMSI-
Catcher“ eingesetzt?
a) Welche Bundesbehörden haben zwar selbst keine „IMSI-Catcher“ einge-

setzt, sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Behörden oder Firmen be-
dient (bitte außer den Zahlen auch die beteiligten Behörden benennen)?

b) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils insgesamt
betroffen (bitte nach Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Straf-
verfolgung differenzieren)?

c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
d) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Er-

kenntnisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw.
Gefahren beitrugen?

e) Für welche deutschen Firmen bzw. Lizenznehmer ausländischer Produkte
wurden seitens der Bundesregierung im zweiten Halbjahr 2016 Ausfuhr-
genehmigungen für sogenannte IMSI-Catcher in welche Bestimmungs-
länder erteilt?

3. Wie hat sich die Zahl der vom Bundesamt für Sicherheit in der Informations-
technik oder anderer zuständiger Bundesbehörden (auch in deren Auftrag)
aufgespürten IMSI-Catcher bzw. ähnlichen Abhöranlagen für den Mobil-
funkverkehr im Regierungsviertel oder in räumlicher Nähe anderer Bundes-
behörden seit 2010 entwickelt, und in welchen Fällen konnten die Betreiber
der Anlagen durch Bundesbehörden ausfindig gemacht werden (bitte diese
Verantwortlichen jeweils benennen)?

4. Welche Bundesbehörden sind derzeit technisch und rechtlich in der Lage, an
Mobiltelefone sogenannte „Stille SMS“ zum Ausforschen des Standortes ih-
rer Besitzerinnen und Besitzer oder dem Erstellen von Bewegungsprofilen
zu verschicken, bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem vorigen
Halbjahr ergeben?
a) Welche Bundesbehörden haben zwar selbst keine „Stillen SMS“ einge-

setzt, sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Behörden oder Firmen be-
dient (bitte außer den Zahlen auch die beteiligten Behörden benennen)?

b) Wie viele „Stille SMS“ haben diese Behörden in den letzten fünf Jahren
durch andere Behörden versenden lassen (bitte nach Halbjahren darstel-
len)?

c) Wie viele „Stille SMS“ wurden von den jeweiligen Behörden im zweiten
Halbjahr 2016 bzw. in deren Auftrag durch andere Behörden oder Firmen
insgesamt jeweils versandt (bitte bezüglich des Zollkriminalamts nach
den einzelnen Zollfahndungsämtern aufschlüsseln)?

d) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen
(bitte nach Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Strafverfol-
gung differenzieren)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10824
e) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
f) Welche Hard- und Software wird hierfür genutzt, und welche Änderungen

haben sich hierzu gegenüber dem vorigen Halbjahr ergeben (Bundestags-
drucksache 18/7285)?

g) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

5. Wie viele Maßnahmen der Funkzellenauswertung haben welche Bundesbe-
hörden im zweiten Halbjahr 2016 vorgenommen (bitte wie in der Antwort
auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/14714 beantworten)?
a) Welche Bundesbehörden haben zwar selbst keine Maßnahmen der Funk-

zellenauswertung eingesetzt, sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Be-
hörden bedient (bitte außer den Zahlen auch die beteiligten Behörden be-
nennen)?

b) Wie viele Anschlüsse, Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils
insgesamt betroffen?

c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden
(bitte nach Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Strafverfol-
gung differenzieren)?

d) Welche Funkzellenabfragen wurden vom Ermittlungsrichter des General-
bundesanwalts beim Bundesgerichtshof gestattet, und im Zusammenhang
mit welchen Ermittlungen fanden diese statt?

e) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

6. Inwiefern sind Bundesbehörden des Innern, der Verteidigung, der Finanzen
oder des Bundeskanzleramts mittlerweile in der Lage, Mikrofone von Mo-
biltelefonen aus der Ferne zu aktivieren, um diese als Abhöreinrichtungen zu
nutzen, in welchem Umfang wird dies bereits genutzt, und welche Soft- oder
Hardware wird hierfür genutzt bzw. welche Änderungen haben sich gegen-
über dem vorigen Halbjahr ergeben?

7. Welche Software zur computergestützten Bildersuche bzw. zu Bilderverglei-
chen haben polizeiliche oder geheimdienstliche Bundesbehörden im zweiten
Halbjahr 2016 (auch testweise) beschafft, nach welchem Verfahren funktio-
niert diese, wo wird diese jeweils genutzt bzw. welche Nutzung ist anvisiert,
welche konkreten Behörden bzw. deren Abteilungen sind bzw. wären dar-
über zugriffsberechtigt, in welchen Ermittlungen kommen bzw. kämen diese
im Einzel- oder Regelfall zur Anwendung bzw. welche Änderungen haben
sich gegenüber dem vorigen Halbjahr ergeben?
a) Welche Kosten sind für Tests oder Beschaffung entsprechender Software

entstanden?
b) Auf welche Datensätze kann die etwaige, neu beschaffte Software zugrei-

fen, nach welchem Verfahren funktioniert diese, wo wird diese jeweils
genutzt, welche konkreten Behörden bzw. deren Abteilungen sind darüber
zugriffsberechtigt?

c) Inwiefern kann die Bundesregierung mitteilen, ob die Anwendung von
Software zur computergestützten Bildersuche bzw. zu Bildervergleichen
im Vergleich zum vorigen Halbjahr zu- oder abnimmt?

d) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen bzw. inwiefern lässt sich dies überhaupt rekonstruieren?

Drucksache 18/10824 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
8. Welche Software welcher Hersteller kommt bei Bundesbehörden zur krimi-
nalpolizeilichen Vorgangsverwaltung und Fallbearbeitung zur Anwendung
(bitte nach Vorgangsbearbeitung, kriminalistische Fallbearbeitung auf-
schlüsseln), bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem vorigen
Halbjahr ergeben?
a) Welche Kosten sind Bundesbehörden im Einzelfall und unter Berücksich-

tigung der Arbeitszeit innerhalb der Behörde für die Beschaffung, Anpas-
sung, den Service und Pflege der Software im zweiten Halbjahr 2016 ent-
standen?

b) Welche weiteren Produkte der Firma rola Security Solutions (auch „Zu-
satzmodule“) wurden für welche Behörden und welche Einsatzzwecke
beschafft, bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem vorigen
Halbjahr ergeben?

c) Inwiefern und wofür werden Anwendungen von rola Security Solutions
auch bei In- und Auslandsgeheimdiensten der Bundesregierung genutzt,
bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem vorigen Halbjahr er-
geben?

9. Wie oft haben welche Bundesbehörden (auch des Bundeskanzleramtes) im
zweiten Halbjahr 2016 Trojaner-Programme bzw. ähnliche Überwachungs-
software eingesetzt oder einsetzen lassen?
a) Welche der verfügbaren Programme (etwa „Übergangslösung“, Trojaner

zur „Online-Durchsuchung“, Trojaner zur „Quellen-TKÜ“) kam dabei je-
weils zur Anwendung?

b) Inwiefern sind Bundesbehörden mittlerweile in der Lage, Trojaner auch
auf mobilen Geräten zu platzieren, und in welchem Umfang haben sie
davon im vergangenen Halbjahr Gebrauch gemacht?

c) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren von den Einsätzen
der Trojaner insgesamt betroffen (bitte nach Informationsgewinnung, Ge-
fahrenabwehr und Strafverfolgung differenzieren)?

d) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
e) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-

nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

10. Welche IT-Infrastruktur inklusive Speicherkapazitäten wurden für „Service-
leistungen“ eingerichtet, die das BKA im Bereich der Kommunikationsüber-
wachung den Polizeibehörden von Bund und Ländern anbietet (Bundestags-
drucksache 18/9366), bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem
vorigen Halbjahr ergeben?

11. Welche Angaben kann die Bundesregierung dazu machen, inwiefern die
neuen „Serviceleistungen“ von den adressierten Polizeibehörden mittler-
weile nachgefragt werden?

Berlin, den 9. Januar 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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