BT-Drucksache 18/10799

Beziehungen des Auswärtigen Amtes und ihrer Vertretung in Santiago de Chile zur Colonia Dignidad und ihrer Nachfolgeorganisation Villa Baviera

Vom 21. Dezember 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10799
18. Wahlperiode 21.12.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Frank Tempel, Harald Petzold (Havelland),
Petra Pau, Kersten Steinke und der Fraktion DIE LINKE.

Beziehungen des Auswärtigen Amts und ihrer Vertretung in Santiago de Chile zur
Colonia Dignidad und ihrer Nachfolgeorganisation Villa Baviera

Am 26. April 2016 versprach der Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-
Walter Steinmeier in seiner Rede anlässlich der Vorführung des Films „Colo-
nia Dignidad“ von Florian Gallenberger im Auswärtigen Amt die lückenlose
Aufklärung der Bezüge zwischen der Colonia Dignidad (CD) und ihrer Nachfol-
georganisation Villa Baviera (VB) und dem Auswärtigen Amt (AA) sowie seiner
Vertretung in Santiago de Chile. Bereits 2006 hatte Außenminister Steinmeier bei
einem Besuch in Chile die Notwendigkeit einer gemeinsamen Aufarbeitung durch
beide Länder betont. Aktuelle Ereignisse zeigen jedoch, wie schwer sich das AA
mit einer stringenten Aufarbeitungspolitik auch 50 Jahre nach dem ersten Be-
kanntwerden der Verbrechen in der CD noch tut.
So kam es am 13. Juli 2016 auf dem Empfang zu Ehren des Besuchs von Bun-
despräsident Joachim Gauck in der Residenz des Botschafters der Bundesrepub-
lik Deutschland in Santiago de Chile zu einem Eklat, als das ehemalige Sekten-
mitglied Reinhard Zeitner den anwesenden Regisseur Florian Gallenberger an-
sprach und ihn ob der Darstellung der CD im gleichnamigen Film der Lüge be-
zichtigte (siehe DER SPIEGEL 30/2016 S. 90). Reinhard Zeitner wurde 2013 in
Chile wegen Vergewaltigung, Kindesmissbrauch und -entziehung zu drei Jah-
ren Haft verurteilt. Auf dem Empfang war neben Reinhard Zeitner auch Hans
Schreiber zu Gast, der in der Colonia Dignidad und nun auch für die Villa Baviera
juristische Angelegenheiten regelt. Hans Schreiber gehört laut Darstellung der
„Süddeutschen Zeitung“ vom 20. Juli 2016 wie Reinhard Zeitner „zu den Wort-
führern der Täterriege, der Relativierer und Vertuscher.“ Demnach verteidige er
nicht nur „die juristischen Interessen der alten Schergen“, sondern sei bis vor kur-
zem „einer der Leiter des Nachfolgebetriebs der Colonia Dignidad“ gewesen. Er
werde außerdem von Opferseite als „der Verbindungsmann“ der heutigen CD zur
Botschaft in Santiago de Chile beschrieben. Er ist auch der Autor eines Ver-
tragsangebotes, das unlängst den Siedlerinnen und Siedlern vorgelegt wurde,
die immer noch auf dem Gelände der VB leben. Darin wurde ihnen ein eigenes
Stück Land zugesagt – gebunden an die Abtretung der Exklusivrechte auf die
künstlerische Verwertung ihrer „Lebensgeschichten in der ehemaligen Colonia
Dignidad“ an die Führung der heutigen VB (vgl.: Süddeutsche Zeitung vom
20. Juli 2016).
In einer Erklärung des Bundespräsidialamtes zur Einladung Reinhard Zeitners
und Hans Schreibers hieß es: „Wir haben großen Wert auf eine sorgsame Aus-
wahl der Gäste gelegt – vor allem im Hinblick auf die Geschichte der Colonia
Dignidad. Wir bedauern mit Blick auf die Opfer sehr, dass diesem Maßstab nicht
entsprochen wurde.“

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Die 1961 gegründete deutsche Sektensiedlung in Chile war jahrzehntelang Ort
schwerster Menschenrechtsverletzungen. Hunderte Gegner der Pinochet-Diktatur
(1973 bis 1990) verschwanden dort, wurden gefoltert und ermordet. Deutsche und
chilenische Kinder wurden systematisch jahrzehntelang sexuell missbraucht.
Auch viele Bewohner der Siedlung wurden Opfer schwerer Misshandlungen und
Menschenrechtsverletzungen. Erst 15 Jahre nach Ende der Diktatur begann mit
einem zögerlichen Öffnungsprozess und einer vorsichtigen Annäherung ihrer Be-
wohnerinnen und Bewohner an die chilenische Gesellschaft eine „verspätete
Transition“ der Sektensiedlung. Ebenfalls erst ab 2005 gab es durch die Verurtei-
lungen einiger führender Sektenmitglieder einige wenige Fortschritte bei der ju-
ristischen Aufarbeitung der Verbrechen und Straftaten. Gleichzeitig gelang es der
in VB umbenannten CD zu verhindern, dass die kriminellen Strukturen der En-
klave aufgelöst wurden. Die Nachfolgeführung, die mehrheitlich aus Kindern der
alten Führung bestand und besteht, etablierte nach Auffassung der Fragesteller
eine Struktur, die auf Kontinuität, einen Schweigepakt der Täterinnen und Täter
und die Leugnung der an diesem Ort begangenen Verbrechen setzte, und verhin-
derte so bisher eine tiefergehende Aufarbeitung der Verbrechen. Kürzlich wurde
auf dem Gelände der VB immerhin eine Ausstellung mit Zeugnissen und Beispie-
len von Menschenrechtsverletzungen aufgestellt.
Gleichwohl pflegte und pflegt die deutsche Botschaft enge Kontakte zur VB und
das AA hat die Nachfolgeorganisation Paul Schäfers über Jahre hinweg mit Bun-
desmitteln gefördert. Rund 1 Mio. Euro sind seit 2008 – unter anderem über Pro-
jekte der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)
GmbH – in den Aufbau der VB geflossen. Diese finanzielle und politische Unter-
stützung der Sektenführung ist bis heute, 50 Jahre nachdem die Verbrechen der
CD durch die Flucht von Wolfgang Müller (heute: Wolfgang Kneese) an das Aus-
wärtige Amt berichtet wurden, nach Auffassung der Fragesteller immer noch un-
übersichtlich und intransparent.
Auf Anfragen der Fraktion DIE LINKE. zur Verwendung des Haushaltskapitels
0502 Titel 68743 aus den Jahren 2008 ff. antwortete die Bundesregierung unter
anderem, dass das AA einen Wirtschaftsanwalt finanziert hätte, durch den das
von chilenischen Behörden verhängte Teilembargo der Grundstückswerte aufge-
hoben werden konnte, so dass die Sekte diese verwerten konnte und dadurch li-
quide blieb. Außerdem wurden mit Bundesmitteln Infrastruktur- und Modernisie-
rungsmaßnahmen umgesetzt. Auch ein deutscher Kindergarten und eine deutsche
Primarschule wurden installiert. Zusätzlich wurde ein Seelsorger beauftragt. Aus
der Förderung ist insbesondere die Tourismussparte der VB gefördert worden. Ob
bei diesen Maßnahmen Rücksicht auf Opfergruppen genommen wurde, deren
Kinder in die CD entführt und dort missbraucht worden waren, geht aus der Ant-
wort der Bundesregierung nicht hervor. Besuchte man damals die Webseite der
Siedlung, wurden insbesondere deutschtümelnde Veranstaltungen und Oktober-
festbesuche angeboten.
Der Umbau der CD zur VB und das beschriebene Tourismusprogramm wurde
maßgeblich von Mitgliedern der Gemeinschaft vorangetrieben, von denen einige
früher, wie Reinhard Zeitner und Hans Schreiber, zur Führungsriege der CD ge-
hörten oder wie u. a. Anna Schnellenkamp Kinder ehemaliger Mitglieder der Füh-
rungsriege sind (DER SPIEGEL 30/2016).
Ein Gedenken an die chilenischen Opfer der CD wurde bis heute von Seiten der
Bundesrepublik Deutschland nicht realisiert. Auch Entschädigungszahlungen für
die Opfer sind nicht vorgesehen. So erklärte der Bundespräsident Joachim Gauck
während seines Staatsbesuchs in Chile, dass Deutschland zwar bei der Aufarbei-
tung der Vergangenheit behilflich sei und auch eine psychosoziale Unterstützung
für die Opfer leisten werde, aber keine Wiedergutmachungsforderungen akzep-
tiere (vgl. Deutschlandradio Kultur vom 13. Juli 2016).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10799

Eine Aufschlüsselung, in welcher Höhe jeweils Mittel für welche Maßnahmen
ausgegeben wurden, hat das AA den Parlamentariern nicht zur Verfügung ge-
stellt. Einsicht in die Projektberichte der GIZ wurde ebenfalls nicht gewährt. Bis-
lang ist der Öffentlichkeit auch noch unbekannt, wie viel Geld dem Fiskus durch
die jahrelange missbräuchliche Zuerkennung des Gemeinnützigkeitsstatus an den
Trägerverein der CD entgangen ist und wie hoch eventuelle Nachzahlungen in
die Sozialversicherungs- und Rentenkassen wären.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Mitglieder der ehemaligen CD und jetzigen VB standen auf der Gäs-

teliste des Empfangs vom 13. Juli 2016 zu Ehren des Besuchs von Bundes-
präsident Joachim Gauck in der Residenz des Botschafters der Bundesrepub-
lik Deutschland in Santiago de Chile?

2. Wurde erwogen, Opfer der Colonia Dignidad, insbesondere chilenische Op-
fer bzw. deren Angehörige oder Angehörigenverbände, einzuladen?

Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, wie waren deren Reaktionen, und wie reagierte die deutsche Bot-
schaft darauf?

3. Wurde erwogen, Vertreter der außerhalb der VB lebenden ehemaligen Be-
wohnerinnen und Bewohner der CD einzuladen?

Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, wie waren deren Reaktionen, und wie reagierte die deutsche Bot-
schaft darauf?

4. Welche Kriterien spielten bei dem „sorgfältigen Abwägungsprozess“ (siehe
Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 23 auf Bundestags-
drucksache 18/9295 des Abgeordneten Jan Korte vom 28. Juli 2016) der
deutschen Botschaft in Chile eine Rolle, die zur Einladung Reinhard Zeitners
und Hans Schreibers geführt haben?

5. Wie wurde die rechtskräftige Verurteilung Reinhard Zeitners zur Beihilfe
zum Kindesmissbrauch bei dieser Abwägung beurteilt?

6. Welche Bewertungsmaßstäbe nutzt die Bundesregierung, um zwischen Tä-
tern und Opfern in der Colonia Dignidad zu unterscheiden?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Rolle des Milliardärs Horst Paulmann
in Bezug auf den Gesamtkomplex der CD?

8. Wie viele Treffen von Vertretern der deutschen Botschaft mit der Nachfol-
geführung der CD fanden
a) in der Colonia Dignidad/Villa Baviera (CD/VB) statt?
b) außerhalb der CD/VB in Chile statt?
c) Was waren die jeweiligen Gesprächsthemen, wer hat daran teilgenom-

men, und welche Maßnahmen wurden besprochen bzw. vereinbart?
d) Pflegt die deutsche Botschaft in Chile zu Hans Schreiber und Reinhard

Zeitner auch noch andere Beziehungen, die sich nicht ausschließlich auf
die VB beziehen?

9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Verbleib von Mit-
teln, die der CD und der VB, insbesondere ihrer alten und neuen Führungs-
riege, durch die Förderung des Auswärtigen Amts, aber auch beispielsweise
aus Rentenzahlungen an die Bewohner, die die CD widerrechtlich erhalten
hat?

Wenn ja, um welche Erkenntnisse handelt es sich dabei im Einzelnen?

Drucksache 18/10799 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

10. Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse, dass die CD/VB bzw. ein-

zelne ihrer Mitglieder oder Unterstützer Vermögenswerte ins Ausland trans-
feriert haben?

Falls ja, um welche Erkenntnisse handelt es sich?
Wenn nein, in welcher Form hat sich die Bundesregierung diesbezüglich um
Aufklärung bemüht, bzw. welche Maßnahmen wird sie ergreifen, um not-
wendige Erkenntnisse zu erlangen?

11. Gibt es Hinweise auf ein „Geldwäschenetz“?
Wenn ja, wie sehen diese aus?
Wenn nein, in welcher Form hat sich die Bundesregierung diesbezüglich um
Aufklärung bemüht?

12. Haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung deutsche Sicherheits- oder
Justizbehörden um Erkenntnisse über die Existenz von Schwarzgeldkonten
der CD in der Bundesrepublik Deutschland und/oder in anderen Ländern be-
müht?

Wenn ja, mit welchem Erfolg?
Wenn nein, warum nicht?

13. Gab oder gibt es diesbezüglich Anfragen an Behörden in beteiligten Ländern
(z. B. Schweiz, St. Kitts, USA), um die Herkunft dieser Gelder aufzuklären
(bitte Ergebnisse auflisten)?

14. Wie bewertet die Bundesregierung aus heutiger Sicht die finanzielle Unter-
stützung der Firmen der ehemaligen CD durch Mittel des Auswärtigen Amts,
und wie gestaltete diese sich im Detail (bitte entsprechend nach Jahr, Höhe
und Zweck der Zuwendung sowie Haushaltstitel angeben)?

15. In welcher Höhe wurden insbesondere die in den Projektberichten erwähnten
Infrastrukturmaßnahmen durchgeführt, was hat man unter diesen Maßnah-
men zu verstehen, und wie wurden die Nachweise über den Einkauf von bei-
spielweise landwirtschaftlichen Geräten erbracht?

16. Ist die Bundesregierung nun im Rahmen der Aufarbeitung auch bereit, die
Projektberichte der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit
GmbH (GTZ), die im Auftrag des Auswärtigen Amts einige der Maßnahmen
umgesetzt hat, einsehen zu lassen?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung, die nach der Festnahme von
Paul Schäfer im Jahr 2005 jahrelang Firmen der CD/VB (teilweise über die
GIZ-GTZ) unterstützt hat, aus dieser Zeit über das Vermögen der CD/VB
und seine Zusammensetzung?
Handelt es sich aus Sicht der Bundesregierung um rechtmäßig erworbenes
Vermögen (bitte begründen)?

18. Wie bewertet die Bundesregierung die finanzielle Unterstützung der Firmen
der ehemaligen Colonia Dignidad durch Mittel des Auswärtigen Amts (Be-
richt aus dem Auswärtigen Amt zum Haushaltsplan 2011, Einzelplan 05, Ka-
pitel 0502, Titel 687 43 Villa Baviera), insbesondere in Anbetracht der
Tatsache, dass mehrere Mitglieder der Firmenleitungen – unter anderem
Günther Schaffrik und Wolfgang Müller Altevogt – am 25. Januar 2013 vom
Obersten Gerichtshof von Chile rechtskräftig verurteilt wurden?

19. Was weiß die Bundesregierung bezüglich der Besitz- und Gewinnverhält-
nisse der Immobiliengesellschaft „Inmobiliaria Bergneustadt Limitada“, zu
deren Chefs Reinhard Zeitner und Hans Schreiber (Sohn von Albert
Schreiber) gehören (Dieter Maier: „Colonia Dignidad“, Schmetterling Ver-
lag Stuttgart)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10799

20. Verwaltet diese Firma die auf dem Gelände oder am Rande des Geländes der

CD/VB befindlichen Häuser?
21. Erhält nach Kenntnis der Bundesregierung die Immobiliengesellschaft „In-

mobiliaria Bergneustadt Limitada“ Mietzahlungen der VB-Bewohnerinnen
und -Bewohner, die diese für die Wohnungen, die sie selber unentlohnt ge-
baut haben, zahlen müssen?

22. Welchen Standpunkt vertritt die Bundesregierung zur Forderung der chileni-
schen Opferverbände sowie der Vertreter der ehemaligen CD-Bewohnerin-
nen und -Bewohner, die jetzt außerhalb der VB leben, nach einer Offenle-
gung der Finanz- und Vermögensverhältnisse der VB bzw. nach einem Kas-
sensturz?
Was hat sie dafür unternommen, damit es zu einer derartigen Offenlegung
bzw. einem Kassensturz kommt?

23. Kennt die Bundesregierung die Gründe für das Ausbleiben der, im Zuge der
2013 erfolgten Verurteilung einer Reihe von Mitgliedern der CD durch den
Obersten Gerichtshof Chiles, gerichtlich festgelegten Entschädigungszah-
lungen, und wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die CD/VB
diese und künftige gerichtlich festgelegte Entschädigungszahlungen be-
gleicht?

24. Haben die vom Auswärtigen Amt finanzierten Maßnahmen darauf hinge-
wirkt, dass Entschädigungszahlungen für die zwangsadoptierten chileni-
schen Opfer gezahlt wurden?

25. Trifft es zu, dass neue Investitionen seitens der CD/VB bzw. unter Umstän-
den konkret der Immobiliengesellschaft „Inmobiliaria Bergneustadt Li-
mitada“ dazu führen, dass die Einrichtungen der CD/VB sich verschuldeten
und in der Konsequenz keine Entschädigungszahlungen leisten?
Welche Rolle spielte nach Erkenntnissen der Bundesregierung Hans Schrei-
ber dabei?

26. Hat die Bundesregierung Maßnahmen ergriffen, um darauf hinzuwirken,
dass die CD/VB mit ihren Institutionen o. g. Entschädigungszahlungen leis-
tet?

27. Sieht sich das Auswärtige Amt und die deutsche Botschaft in Chile in der
Pflicht, zum Schutz auch der chilenischen Staatsbürgerinnen und Staats-
bürger (zwangsadoptierte Chileninnen/Chilenen als Opfer z. B. von sexu-
eller Gewalt oder Freiheitsberaubung) auf solche Entschädigungszahlungen
zu drängen?

28. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die 2006 zwischen Au-
ßenminister Steinmeier und der chilenischen Präsidentin Michelle Bachelet
verabredeten rechtlichen Verfahren zwischen beiden Ländern umzusetzen?

29. Welche Gründe gibt es dafür, dass die in dem Bundestagsbeschluss vom
16. Mai 2002 geforderte Arbeitsgruppe nicht zustande gekommen ist, und
welche Schritte sind von der deutschen Seite konkret unternommen worden,
um sie einzurichten (bitte aufgeschlüsselt nach den einzelnen Punkten des
Beschlusses aufführen)?

30. Welche konkreten Schritte gedenkt die Bundesregierung in der Zukunft zu
gehen, um die Arbeitsgruppe doch noch einzurichten?

31. Wann wird die Bundesregierung den deutschen Vorschlag bzw. Entwurf für
ein Strategiepapier zur Lösung des Problems der CD/VB vorlegen, wie wird
dieser aussehen, und welche konkreten Maßnahmen wird er enthalten?

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32. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die aktuellen Pläne der

VB-Führung zur künftigen Entwicklung, zum Verkauf von Grundstücken
oder Aktien und zur Entschädigung ehemaliger CD-Bewohnerinnen und
-Bewohner, sowohl innerhalb als auch außerhalb der jetzigen VB?

33. Prüft die Bundesregierung rechtliche Möglichkeiten zur Nachzahlung von
Beiträgen zur Rentenversicherung durch die jetzige VB aus den Erlösen für
den Verkauf von Grundstücken oder Aktien, um Rentenzahlungen an deut-
sche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger der VB und der ehemaligen CD ge-
währen zu können?

34. In welchem Umfang hat die deutsche Botschaft seit 1961 Waren und Dienst-
leistungen aus der CD und der VB bezogen (bitte aufgeschlüsselt nach den
einzelnen Jahren und nach konkreten Waren und Dienstleistungen)?

35. In welcher Höhe sind dem deutschen Fiskus durch die missbräuchliche Zu-
erkennung des Gemeinnützigkeitsstatus an die CD und VB Steuereinnahmen
entgangen?

36. Wer trug die Verantwortung für die Prüfung und Zuerkennung des Status der
Gemeinnützigkeit an die CD und VB?
Wie oft wurde der Status der Gemeinnützigkeit erteilt, und welche Kriterien
spielten dabei jeweils welche Rolle bzw. waren ausschlaggebend dafür?
Inwieweit wurde bei den Prüfvorgängen die gerichtliche Verurteilung des
Führungspersonals der CD bzw. VB berücksichtigt?
Falls nein, warum nicht?

37. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der teilweisen
Mittäterschaft deutscher Diplomaten an der Rückführung von geflüchteten
CD-Bewohnerinnen und -Bewohner, die in der deutschen Botschaft Hilfe
und Unterstützung erhofft und erwartet hatten?
Prüft sie Möglichkeiten der nachträglichen strafrechtlichen Verfolgung die-
ser Verantwortlichen, z. B. auf unterlassene Hilfeleistung oder Beihilfe zur
Freiheitsberaubung?
Werden die Verantwortlichen dafür wenigstens öffentlich benannt?

38. Waren die Aussagen des Bundespräsidenten im Rahmen seines Besuchs in
Chile vom Juli 2016 zur Nichtzahlung von Entschädigungen mit der Bundes-
regierung abgestimmt?
Hält die Bundesregierung eine solche Vorfestlegung, ohne dass seitens der
Bundesregierung eine abschließende Prüfung aller Vorgänge oder Zusam-
menhänge vorgenommen oder ein Entwurf oder ein Vorschlag für ein Stra-
tegiepapier zur Lösung des Problems CD/VB vorgelegt worden ist, für ziel-
führend (bitte begründen)?
Wie verbindlich ist diese Aussage vor dem Hintergrund der nach wie vor
offenen Fragen und darüber hinaus der Tatsache, dass sich der Deutsche
Bundestag zur Frage der Entschädigung noch keine abschließende Meinung
gebildet hat?

Berlin, den 21. Dezember 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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