BT-Drucksache 18/10716

zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dagdelen, Wolfgang Gehrcke, Andrej Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/10472 - Türkei-Politik neu ausrichten

Vom 20. Dezember 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10716
18. Wahlperiode 20.12.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Wolfgang Gehrcke, Andrej
Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/10472 –

Türkei-Politik neu ausrichten

A. Problem
Nach Auffassung der Antragsteller ist die bisherige Strategie der Bundesregierung
und der Europäischen Union (EU) im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen mit
der Türkei gescheitert.

Auf die blutige Niederschlagung der Proteste im Gezi-Park in Istanbul im Jahr
2013, auf die zunehmende Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit und
auf die Wiederaufnahme des Krieges gegen die kurdische Bevölkerung hätten
Bundesregierung und EU nicht mit dem nötigen Druck auf Staatspräsident Recep
Tayyip Erdoğan reagiert. Stattdessen seien die EU-Beitrittsverhandlungen mit der
Öffnung neuer Beitrittskapitel vorangetrieben und mit der Türkei die Erklärung
EU-Türkei („Flüchtlingsdeal“) zum Umgang mit Flüchtlingen abgeschlossen
worden. Diese Strategie habe lediglich zu einer Verschlechterung der Menschen-
rechtslage in der Türkei geführt. Dennoch halte die Bundesregierung an dem
Flüchtlingsdeal fest, obwohl er die Visafreiheit mit der Flüchtlingsabschottung
statt mit der Menschenrechtslage in der Türkei verbinde.

Der Bundestag soll sich dem Votum des Europäischen Parlaments anschließen,
die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einzufrieren. Ferner soll er die Bundes-
regierung dazu auffordern, ihre Türkei-Politik neu ausrichten und dafür eine
Reihe von Maßnahmen zu ergreifen:

 sich innerhalb der EU für das Einfrieren der Beitrittsverhandlungen sowie fi-
nanzieller Vorbeitrittshilfen von 630 Millionen Euro jährlich und gegen eine
Erweiterung der Zollunion einsetzen;

 sich dafür einsetzen, den Flüchtlingsdeal mit der Türkei zu kündigen;

 die Vorgänge in der Türkei als Weg in die Diktatur verurteilen, sich für eine
unabhängige Justiz einsetzen, die Zusammenarbeit mit den türkischen Ge-
heimdiensten beenden;

 auf die Ausweisung aller türkischen Agenten hinwirken;

Drucksache 18/10716 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 die deutschen Waffen- und Rüstungsexporte umgehend stoppen;

 die Bundeswehrsoldaten aus der Türkei abziehen;

 sich dafür einsetzen, dass insbesondere aufgrund der Ankündigung Erdoğans,
die Todesstrafe wieder einzuführen, der Türkei das Recht auf Vertretung im
Ministerrat des Europarates vorläufig abgesprochen wird, und damit den ers-
ten Schritt zu einem möglichen Ausschluss gehen.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Keine.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10716
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/10472 abzulehnen.

Berlin, den 14. Dezember 2016

Der Auswärtige Ausschuss

Dr. Norbert Röttgen
Vorsitzender

Jürgen Hardt
Berichterstatter

Michelle Müntefering
Berichterstatterin

Sevim Dağdelen
Berichterstatterin

Marieluise Beck (Bremen)
Berichterstatterin

Drucksache 18/10716 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Jürgen Hardt, Michelle Müntefering, Sevim Dağdelen und
Marieluise Beck (Bremen)

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/10472 in seiner 206. Sitzung am 1. Dezember 2016
in erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem Auswärtigen Ausschuss und zur Mitberatung dem
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Nach Auffassung der Antragsteller ist die bisherige Strategie der Bundesregierung und der Europäischen Union
(EU) im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gescheitert.

Auf die blutige Niederschlagung der Proteste im Gezi-Park in Istanbul im Jahr 2013, auf die zunehmende Ein-
schränkung von Meinungs- und Pressefreiheit und auf die Wiederaufnahme des Krieges gegen die kurdische Be-
völkerung hätten Bundesregierung und EU nicht mit dem nötigen Druck auf Staatspräsident Recep Tayyip
Erdoğan reagiert. Stattdessen seien die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Öffnung neuer Beitrittskapitel voran-
getrieben und mit der Türkei die Erklärung EU-Türkei („Flüchtlingsdeal“) zum Umgang mit Flüchtlingen abge-
schlossen worden. Diese Strategie habe lediglich zu einer Verschlechterung der Menschenrechtslage in der Türkei
geführt. Dennoch halte die Bundesregierung an dem Flüchtlingsdeal fest, obwohl er die Visafreiheit mit der
Flüchtlingsabschottung statt mit der Menschenrechtslage in der Türkei verbinde.

Der Bundestag soll sich dem Votum des Europäischen Parlaments anschließen, die Beitrittsverhandlungen mit
der Türkei einzufrieren. Ferner soll er die Bundesregierung dazu auffordern, ihre Türkei-Politik neu ausrichten
und dafür eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen:

 sich innerhalb der EU für das Einfrieren der Beitrittsverhandlungen sowie finanzieller Vorbeitrittshilfen
von 630 Millionen Euro jährlich und gegen eine Erweiterung der Zollunion einsetzen;

 sich dafür einsetzen, den Flüchtlingsdeal mit der Türkei zu kündigen;

 die Vorgänge in der Türkei als Weg in die Diktatur verurteilen, sich für eine unabhängige Justiz einsetzen,
die Zusammenarbeit mit den türkischen Geheimdiensten beenden;

 auf die Ausweisung aller türkischen Agenten hinwirken;

 die deutschen Waffen- und Rüstungsexporte umgehend stoppen;

 die Bundeswehrsoldaten aus der Türkei abziehen;

 sich dafür einsetzen, dass insbesondere aufgrund der Ankündigung Erdoğans, die Todesstrafe wieder ein-
zuführen, der Türkei das Recht auf Vertretung im Ministerrat des Europarates vorläufig abgesprochen wird
und damit den ersten Schritt zu einem möglichen Ausschluss gehen.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat den Antrag auf Drucksache 18/10472 in
seiner 76. Sitzung am 14. Dezember 2016 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Ablehnung.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10716

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache 18/10472 in seiner 85. Sitzung am 14. Dezember
2016 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.
Berlin, den 14. Dezember 2016

Jürgen Hardt
Berichterstatter

Michelle Müntefering
Berichterstatterin

Sevim Dağdelen
Berichterstatterin

Marieluise Beck (Bremen)
Berichterstatterin

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