BT-Drucksache 18/10681

Sicherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfungen im Bereich des Bundes

Vom 12. Dezember 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10681
18. Wahlperiode 12.12.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Harald Petzold (Havelland),
Martina Renner und der Fraktion DIE LINKE.

Sicherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfungen im Bereich des Bundes

Schon frühere Anfragen der Fraktion DIE LINKE. hatten hohe Zahlen an Sicher-
heits- und Zuverlässigkeitsüberprüfungen im Rahmen des Geheim- und Sabota-
geschutzes ergeben (Bundestagsdrucksachen 16/10185, 18/3772). Zukünftig soll
es mehr Sicherheits- bzw. Zuverlässigkeitsüberprüfungen von Personal in Sabo-
tageschutzbereichen und bei der Vergabe von Waffen- und Munitionserlaubnis-
sen geben.
Der Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Luftsicherheitsgesetzes
(Bundestagsdrucksache 18/9752) sieht unter anderem eine deutliche Ausweitung
der Zuverlässigkeitsüberprüfungen (ZÜP) von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
privater Luftfracht- und Luftsicherheitsunternehmen vor.
Auch das Waffengesetz (WaffG) sieht in § 5 in eine ZÜP von Personen, die eine
Waffenbesitzkarte beantragen, vor, die neben bestimmten Voraussetzungen (§ 4
WaffG) die erforderliche Zuverlässigkeit unter anderem dann nicht besitzen,
wenn sie straffällig geworden sind oder wenn Hinweise auf einen unsachgemäßen
Waffengebrauch vorliegen (§ 5 Absatz 1 Nummer 1 WaffG). Als weitere Gründe
gegen die erforderliche Zuverlässigkeit sind Mitgliedschaften in verbotenen Ver-
einen (§ 4 Absatz 2 Nummer 2 WaffG) sowie die Unterstützung verfassungs-
feindlicher Bestrebungen (§ 4 Absatz 2 Nummer 3 WaffG) aufgeführt. Den Be-
hörden ist es erlaubt, bei einer ZÜP Erkundigungen beim Bundeszentralregister,
dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister und durch Stellung-
nahmen örtlicher Polizeibehörden (§ 4 Absatz 5 WaffG) einzuholen.
Ein dem Deutschen Bundestag vorliegender Gesetzentwurf des Bundesrates zur
Änderung des Waffengesetzes (Bundestagsdrucksache 18/10262) enthält eine
Regelung, bei der im Rahmen der ZÜP obligatorisch Erkundigungen bei der zu-
ständigen Verfassungsschutzbehörde eingeholt werden müssen. Für diese Über-
prüfung stellen Waffenbehörden den Verfassungsschutzbehörden personenbezo-
gene Daten zur Verfügung. Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass die
zu überprüfende Person Mitglied in einer Vereinigung mit verfassungsfeindlichen
Bestrebungen ist, können gegen die erforderliche Zuverlässigkeit sprechen.
Vor diesem Hintergrund bitten die Fragesteller um eine Darstellung des Umfangs
der Sicherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfungen in Deutschland sowie Art
und Umfang der „Anpassung von Überprüfungsmaßnahmen“ und die „Schaffung
einer Ausnahmeregelung für kurzzeitige Einsätze an sicherheitsempfindlichen
Stellen“, wie in der Evaluation nach Artikel 9 des Gesetzes zur Änderung des
Bundesverfassungsschutzgesetzes vom 7. Dezember 2011 (Bundestagsdruck-
sache 18/5935) geschrieben wurde.

Drucksache 18/10681 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Sicherheitsüberprüfungen (SÜ) im nichtöffentlichen Bereich wur-
den durch Bundesbehörden in den Jahren 2014, 2015 und 2016 vorgenom-
men?
a) Wie viele SÜ wurden in diesem Zeitraum eingeleitet und abgeschlossen?
b) Wie viel Zeit verging durchschnittlich zwischen Abgabe der Sicherheits-

erklärung und dem Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung?
c) Wie viele abgeschlossene SÜ waren davon ohne weitere Erkenntnisse,

mit sicherheitserheblichen Erkenntnissen anderer Art mit und ohne Si-
cherheitshinweisen oder mit Sicherheitsrisiko?

d) In wie vielen Fällen wurde gegen die Ergebnisse der SÜ Widerspruch ein-
gelegt?

e) In wie vielen Fällen wurden Ehepartner, Lebensgefährten oder Mitbe-
wohner in die SÜ miteinbezogen

(bitte nach Branchen, in denen die SÜ benötigt wurde, auflisten)?
2. Wie viele SÜ im öffentlichen Bereich wurden durch Bundesbehörden in den

Jahren 2014, 2015 und 2016 vorgenommen?
a) Wie viele SÜ wurden in diesem Zeitraum eingeleitet und abgeschlossen?
b) Wie viel Zeit verging durchschnittlich zwischen Abgabe der Sicherheits-

erklärung und dem Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung?
c) Wie viele abgeschlossene SÜ waren davon ohne weitere Erkenntnisse,

mit sicherheitserheblichen Erkenntnissen anderer Art mit und ohne Si-
cherheitshinweisen oder mit Sicherheitsrisiko?

d) In wie vielen Fällen wurde gegen die Ergebnisse der SÜ Widerspruch ein-
gelegt?

e) In wie vielen Fällen wurden Ehepartner, Lebensgefährten oder Mitbe-
wohner in die SÜ miteinbezogen

(bitte nach öffentlichen Stellen, in denen die SÜ benötigt wurde, auflisten)?
3. Wie viele SÜ im militärischen Bereich wurden in den Jahren 2014, 2015 und

2016 vorgenommen?
a) Wie viele SÜ wurden in diesem Zeitraum eingeleitet und abgeschlossen?
b) Wie viel Zeit verging durchschnittlich zwischen Abgabe der Sicherheits-

erklärung und dem Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung?
c) Wie viele abgeschlossene SÜ waren davon ohne weitere Erkenntnisse,

mit sicherheitserheblichen Erkenntnissen anderer Art mit und ohne Si-
cherheitshinweisen oder mit Sicherheitsrisiko?

d) In wie vielen Fällen wurde gegen die Ergebnisse der SÜ Widerspruch ein-
gelegt?

e) In wie vielen Fällen wurden Ehepartner, Lebensgefährten oder Mitbe-
wohner in die SÜ miteinbezogen?

4. Hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nach Vorliegen der
Evaluation des Terrorismusbekämpfungs- und des Terrorismusbekämp-
fungsergänzungsgesetzes (Bundestagsdrucksache 18/5935) eine Nacherhe-
bung der Unternehmen oder Unternehmensteile vorgenommen, die sich als
lebens- oder verteidigungswichtige Einrichtung nach der Sicherheitsüberprü-
fungsfeststellungsverordnung (SÜFV) registrieren lassen müssten (vgl. S. 72
der Evaluation)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10681
5. Werden innerhalb der Bundesregierung und nachgeordneter Behörden Lö-
sungsmöglichkeiten für das ebenfalls dort beschriebene Problem erörtert,
dass v. a. im Bereich der Telekommunikation wichtige Einrichtungen im
Ausland betrieben werden und für dort Beschäftigte keine Sicherheitsüber-
prüfung vorgenommen werden kann, und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

6. Welche Haltung vertritt die Fach- und Dienstaufsicht des Bundesamtes für
Verfassungsschutz (BfV) zur dort vertretenen Haltung (a. a. O., S. 73), es
sollten insgesamt weniger Sicherheitsüberprüfungen, diese dafür intensiver
vorgenommen werden, und welche Maßnahmen wurden in diesem Zusam-
menhang ggf. ergriffen?

7. Bedeutet die nun durch die 16. Änderung des Soldatengesetzes vorgenom-
mene Einführung der Sicherheitsüberprüfung für alle Soldatinnen und Sol-
daten der Bundeswehr, dass dort zukünftig auf die Listung sicherheitserheb-
licher Bereiche verzichtet werden kann, für die eine Sicherheitsüberprüfung
vorgenommen werden muss, oder welche anderen Folgen ergeben sich aus
dieser Änderung?

8. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der auf S. 75 der genannten Evaluation wiedergegebenen Kritik aus den
Reihen des Bundesministeriums der Verteidigung, dass Sicherheitsüberprü-
fungen für den vorbeugenden personellen Sabotageschutz zwischen Bundes-
wirtschafts- und -verteidigungsministerium wechselseitig anerkannt werden
müssen, obwohl sie unterschiedlich intensiv sind?

9. Worin bestehen im Einzelnen die unterschiedlichen Standards für Sicher-
heitsüberprüfungen bei den beteiligten Stellen (bitte für den personellen Sa-
botage- und Geheimschutz getrennt darstellen)?

10. Von wie vielen Personen sind persönliche Daten, die in der Sicherheitserklä-
rung angegeben werden (Personalien, Familienstand, nahe Verwandte, Aus-
landsaufenthalte etc.), in die vom BfV geführten Verbunddateien eingegeben
worden (nach § 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes) und derzeit gespei-
chert?

11. Werden auch von Personen, für die eine Abfrage bei den Verfassungsschutz-
behörden im Rahmen einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach dem Wach-
schutzgewerbegesetz oder dem Waffengesetz gestellt wurde, Daten in einer
Verbunddatei o. a. zentral gespeichert, auf welcher Rechtsgrundlage und wie
viele Datensätze enthalten diese Dateien?

12. Führen Bundesnachrichtendienst (BND) und Militärischer Abschirmdienst
(MAD) entsprechende Dateien, und zu wie vielen Personen sind dort jeweils
personenbezogene Daten enthalten?

13. Wie viele der Überprüfungen seit Anfang des Jahres 2014 waren einfache
Sicherheitsüberprüfungen (§ 8 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes – SÜG),
erweiterte Sicherheitsüberprüfungen (§ 9 SÜG) oder erweiterte Sicherheits-
überprüfungen mit Sicherheitsermittlungen (§ 10 SÜG) (bitte nach Jahren
und Bereichen auflisten)?

14. Wie viele der Personen, die sich seit Anfang des Jahres 2014 einer Sicher-
heitsüberprüfung durch Bundesbehörden unterziehen mussten, waren aus-
ländische Staatsangehörige (bitte nach Jahren, öffentlichem und nichtöffent-
lichem Bereich darstellen)?

15. In welchem Umfang wurde seit dem Jahr 2014 von der Ausnahmemöglich-
keit von einer Sicherheitsüberprüfung bei Tätigkeiten in einem sicherheits-
empfindlichen Bereich nach § 9 Absatz 2 Nummer 2 SÜG Gebrauch ge-
macht?

Drucksache 18/10681 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

16. Gab es auf Bundesebene seit dem Jahr 2014 Fälle, in denen sich der Verdacht

erhärtet hat, dass es sich bei einer überprüften Person um einen potenziellen
(terroristisch motivierten) Innentäter handelt, wenn ja, wie häufig, und in
welchen Bereichen?

17. Welche Befugnisse bestehen für das BfV, von sich aus Erkenntnisse, Hin-
weise oder Beurteilungen mit möglichen Auswirkungen auf die Zuverlässig-
keitseinschätzung eines Inhabers einer Waffenbesitzkarte an die zuständige
Behörde zu übermitteln?

Berlin, den 12. Dezember 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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