BT-Drucksache 18/10613

Finanzierung des Palmölunternehmens Plantations et Huileries du Congo (Feronia) durch die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/10413)

Vom 9. Dezember 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10613
18. Wahlperiode 09.12.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Niema Movassat, Karin Binder, Christine Buchholz,
Eva Bulling-Schröter, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko,
Katrin Kunert, Birgit Menz, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Finanzierung des Palmölunternehmens Plantations et Huileries du Congo
(Feronia) durch die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft
(Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf
Bundestagsdrucksache 18/10413)

Am 31. Oktober 2016 hatten die Fragesteller bereits eine Kleine Anfrage (Bun-
destagsdrucksache 18/10173) zur Finanzierung des Palmölunternehmens Planta-
tions et Huileries du Congo (PHC) durch die Deutsche Investitions- und Entwick-
lungsgesellschaft mbH (DEG) gestellt. In der Folge waren die Fragesteller auch
der Bitte um einwöchige Fristverlängerung nachgekommen, um der Bundesregie-
rung genügend Zeit zum Einholen der notwendigen Informationen zu geben. In
ihrer Antwort vom 23. November 2016 beantwortete die Bundesregierung in den
Augen der Fragesteller jedoch knapp ein Drittel der Fragen (Fragen 1, 4, 11, 12,
14, 25, 26, 29 bis 31) gar nicht oder nur unzureichend. Unklar bleibt zudem der
Status der Bezahlung von Arbeitern in Naturalien. Während die Bundesregierung
von einer freiwilligen „Wahlleistung“ spricht (Antwort zu Frage 19 auf Bundes-
tagsdrucksache 18/10413), berichten Arbeiter von PHC (Plantations et Huileries
du Congo SA), dass sie noch im September 2016 lediglich in Naturalien (Palmöl,
Seife) ausgezahlt wurden (Bericht Entwicklungsbankkunde in der Kritik: Land-
rechtskonflikte und undurchsichtige Finanztransaktionen bei kongolesischer
Palmölfirma, S. 11). Deshalb bitten die Fragesteller erneut um Auskunft zu den
offen gebliebenen Punkten. Verweise und Quellen zu den in den Fragen verwen-
deten Informationen finden sich in der Vorbemerkung der Fragesteller zur Klei-
nen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/10173.
Die Bundesregierung verweist in der Vorbemerkung ihrer Antwort auf die Kleine
Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/10413 darauf, dass PHC sich zur Zertifi-
zierung durch den Roundtable for Sustainable Palm Oil (RSPO) verpflichtet habe,
und sieht darin einen Garant für die Umsetzung hoher Umwelt-, Sozial und Cor-
porate Governance-Standards. Allerdings hat ein aktueller Bericht von Amnesty
International schwere Verstöße von RSPO-zertifizierte Unternehmen in Indone-
sien gegen Umwelt- und Sozialstandards belegt (www.amnesty.de/2016/
11/30/globale-konzerne-profitieren-von-kinderarbeit-auf-palmoel-plantagen?
destination=node%2F2817). Zudem setzt sich die Bundesregierung mittlerweile
selbst für Standards in der Palmölproduktion ein, die über den RSPO-Standard
hinausgehen (Bundestagsdrucksache 18/9290, Antwort zu Frage 2).
Amnesty International kritisiert unter anderem die Entlohnung der Plantagenar-
beiter nach der erbrachten Arbeitsleistung (Akkordlohn). Eben diese Entlohnung
findet auch auf den Plantagen von PHC ab. Nach Information der Bundesregie-

http://www.amnesty.de/2016/%0b11/30/globale-konzerne-profitieren-von-kinderarbeit-auf-palmoel-plantagen?%0bdestination=node%2F2817
http://www.amnesty.de/2016/%0b11/30/globale-konzerne-profitieren-von-kinderarbeit-auf-palmoel-plantagen?%0bdestination=node%2F2817
http://www.amnesty.de/2016/%0b11/30/globale-konzerne-profitieren-von-kinderarbeit-auf-palmoel-plantagen?%0bdestination=node%2F2817
Drucksache 18/10613 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

rung (Antwort zu Frage 17 auf Bundestagsdrucksache 18/10413) legt PHC Ta-
gesziele für die Plantagenarbeiter fest, an deren Erfüllung, Überfüllung, Nichter-
füllung sich die Bezahlung dieser Arbeiter im Rahmen eins Tageshonorar-Sys-
tems orientiert.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Informationen besitzt die Bundesregierung über die genaue, aktuelle

Eigentümerstruktur von PHC (Stand: 7. Dezember 2016)?
2. Welche Informationen besitzt die Bundesregierung zu den genauen Adres-

sen, an denen nach Auskunft der DEG beim Fachgespräch im Deutschen
Bundestag vom 26. September 2016 Informationen zu den Pachtflächen und
die Pachtverträge selbst in Europa und der DR Kongo ausliegen?

3. Inwiefern hält die Bundesregierung die Haltung von Feronia, das Agrarge-
setz der DR Kongo von 2012, welches die Pacht von Agrarflächen durch
mehrheitlich ausländische Unternehmen untersagt, bewusst zu ignorieren,
wie das Unternehmen in seinem 2. Finanzbericht von 2016 offen zugibt –
eine Haltung, die unmittelbar die Pachtflächen von PHC und damit deren
Geschäftspraxis betrifft – legal und mit den Prinzipien guter Unternehmens-
führung vereinbar?

4. Inwiefern hält die Bundesregierung diese Haltung mit den Freiwilligen Leit-
linien für Landnutzungsrechte, insbesondere mit Artikel 12.12 („Die Inves-
toren sind dafür verantwortlich, […] das Recht und die Gesetze des betref-
fenden Landes einzuhalten sowie die Eigentums-, Besitz- und Nutzungs-
rechte anderer und den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit anzuerkennen und
zu achten“) sowie den „Principles for Responsible Investment in Agriculture
and Food Systems (RAI)“, insbesondere mit Artikel 56 („Unternehmen tra-
gen die Verantwortung, sich an nationale Gesetze zu halten“), für vereinbar?

5. Wie kommt die Bundesregierung zu der in der Antwort zu Frage 12 der Klei-
nen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/10413 geäußerten Ansicht, ihr sei
eine Missachtung der nationalen Gesetze nicht bekannt?

6. Kommt die in dem 2. Finanzbericht 2016 von Feronia postulierte Haltung,
das Agrargesetz der DR Kongo zu ignorieren, nach Ansicht der Bundesre-
gierung nicht einer Missachtung dieses Gesetzes gleich?
Wenn nein, wo liegt in den Augen der Bundesregierung der Unterschied zwi-
schen der postulierten Ignoranz und einer Missachtung?

7. Wie interpretiert die Bundesregierung Artikel 16 des Landwirtschaftsgeset-
zes der DR Kongo von 2012 hinsichtlich der Möglichkeit von Unternehmen,
die mehrheitlich in ausländischem Besitz sind,
a) Pachtflächen in der DR Kongo zu halten und
b) Pachtverträge zu erneuern?

8. Warum ist die Bundesregierung nicht in der Lage einzuschätzen, ob PHC/
Feronia unter der jetzigen Gesetzeslage die im Jahr 2018 auslaufenden Pacht-
verträge erneuern kann, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort zu
Frage 13 schreibt – insbesondere angesichts der Tatsache, dass sie sich mit
dem Landwirtschaftsgesetz der DR Kongo auseinandergesetzt zu haben
scheint, wie ihre Antwort zu Frage 12 nahe legt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10613
9. Hat die DEG nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen ihrer „sorgfäl-
tigen“ Prüfung, die der Finanzierung von PHC vorausging, eine Einschät-
zung zu der Frage vorgenommen, inwiefern PHC/Feronia unter der jetzigen
Gesetzeslage die im Jahr 2018 auslaufenden Pachtverträge erneuern kann?
Wenn nein, wie erklärt sich die Bundesregierung, dass eine für das Ge-
schäftsmodell von PHC/Feronia so entscheidende Frage von der DEG vor
der Finanzierungszusage nicht berücksichtigt wurde?
Wenn ja, welche Informationen besitzt die Bundesregierung zu der Einschät-
zung der DEG?

10. Welche Aufgaben erfüllt das Unternehmen Feronia RDC SARL nach Kennt-
nis der Bundesregierung für PHC und Feronia Inc.?

11. Inwiefern kann die DEG eingedenk der Tatsache, dass sich die DEG „mit
allen finanzierungsrelevanten Aspekten nicht nur vor einer Finanzierungszu-
sage, sondern während der gesamten Darlehnslaufzeit“ befasst (Antwort zu
Frage 25), nach Kenntnis der Bundesregierung ausschließen, dass es bei den
Geldflüssen zwischen Feronia Inc. und dessen diversen Tochterunternehmen
in den letzten Jahren zu finanziellen Unregelmäßigkeiten gekommen ist?

12. Inwiefern konnte die DEG nach Kenntnis der Bundesregierung alle Geld-
flüsse zwischen Feronia Inc. und dessen Tochterunternehmen, die seit dem
Jahr 2012 stattgefunden haben, eindeutig und glaubhaft erbrachten Leistun-
gen bzw. Aktivitäten zuordnen?

13. Warum konnte die Bundesregierung angesichts der genauen Befassung der
DEG mit finanzierungsrelevanten Fragen, keine Informationen darüber ein-
holen, wofür Feronia Inc. die 66 Mio. US-Dollar, die CDC und AAF dem
Unternehmen zwischen den Jahren 2012 und 2015 zur Verfügung gestellt
hatten, verwendet hat?

14. Sieht die Bundesregierung die Befassung mit der Frage, was mit diesen Gel-
dern passiert ist, nicht als relevant für die Entscheidung der DEG an, das
Feronia-Tochterunternehmen PHC mit einem Darlehen von 49 Mio. US-
Dollar bzw. 16,5 Mio. US-Dollar zu versorgen?

Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, warum enthält die DEG der Bundesregierung diese Informationen
vor?

15. Warum war und ist die DEG eingedenk der Tatsache, „dass gemäß der Richt-
linien für die Geschäftstätigkeit der DEG jedes finanzierte Engagement nach
privatwirtschaftlichen Grundsätzen betrieben werden soll [und] dies bedeu-
tet, es muss betriebswirtschaftlich sinnvoll sein“ (Antwort zu Frage 29), nach
Kenntnis der Bundesregierung von der betriebswirtschaftlichen Sinnhaf-
tigkeit der PHC-Finanzierung überzeugt, obwohl Feronia nur äußerst prekäre
Beziehungen zu den Abnehmern des von PHC erzeugten Palmöls unterhält
(Abhängigkeit von zwei Kunden, Fehlen schriftlicher Vereinbarungen), und
Feronia selbst darin ein erhebliches Kreditrisiko sieht (2. Finanzbericht 2016,
S. 28)?

16. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Beurteilung von Hallgarten&Com-
pany, Feronia sei ein „quango“ und deren Aktivitäten in der DR ein „schwar-
zes Loch“ bzw. inwiefern kommt die Bundesregierung zu einer anderen Ein-
schätzung (bitte auf die Gutachten von Hallgarten&Company und die darin
vorgebrachten Argumente eingehen)?

Drucksache 18/10613 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

17. Inwiefern sieht die Bundesregierung die angestrebte Zertifizierung nach dem

Roundtable for Sustainalbe Palmoil (RSPO) als Garant für die Einhaltung
hoher Umwelt-, Sozial- und Corporate Governance-Standards angesichts
a) eines aktuellen Berichts von Amnesty International, der schwere Verstöße

von RSPO-zertifizierte Unternehmen in Indonesien gegen Umwelt- und
Sozialstandards belegt und

b) des Umstandes, dass die Bundesregierung mittlerweile selbst Standards
in der Palmölproduktion unterstützt, die über den RSPO hinausgehen?

18. Was sind nach Informationen der Bundesregierung die Kriterien, nach denen
PHC die Höhe der Tagesziele für die Plantagenmitarbeiterinnen und Planta-
genmitarbeiter festlegt?

19. Wie oft hat PHC nach Informationen der Bundesregierung die Tagesziele im
laufenden Jahr geändert, bzw. wie oft werden diese im Schnitt angepasst?

20. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell die Tagesziele,
die PHC für seine Plantagenarbeiterinnen und Plantagenarbeiter festlegt
(falls es unterschiedliche Tagesziele für unterschiedliche Arbeitsleistungen
gibt, z. B. Ernte oder Pestizideinsatz, bitte diese getrennt angeben)?

21. Wie hoch sind nach Informationen der Bundesregierung die Löhne, den Plan-
tagenmitarbeiterinnen und Plantagenmitarbeiter bei Erfüllung der jeweiligen
Tagesziele aktuell erhalten (Stand: 7. Dezember 2016), und wie hoch sind
die Abweichungen die sich bei Nichterfüllung bzw. Übererfüllung ergeben
können?

22. In wie viel Prozent der Fälle erreichten Plantagenmitarbeiterinnen und Plan-
tagenmitarbeiter nach Information der Bundesregierung im laufenden Jahr
(falls Zahlen dafür nicht möglich; in der ersten Jahreshälfte) die jeweiligen
Tagesziele, in wie viel Prozent der Fälle erreichen sie diese nicht, und in wie
viel Prozent haben sie diese übertroffen?

23. Wie erklärt sich die Bundesregierung die Diskrepanz zwischen der eigenen
Aussage, die Auszahlung von Löhnen in Naturalien erfolge nur freiwillig, als
„Wahlleistung“, und den Aussagen von Arbeitern, dass sie im Septem-
ber 2016 lediglich in Naturalien vergütet wurden, darüber hinaus aber keinen
Lohn erhielten?

24. Inwiefern besitzt die Bundesregierung gesichertes Wissen darüber, dass eine
teilweise oder vollständige Lohnauszahlung in Naturalien sowohl bei festan-
gestellten als auch saisonalen Arbeitskräften lediglich auf freiwilliger Basis
erfolgt und dass bei Nichtinanspruchnahme dieses Angebots die Löhne bar
ausgezahlt werden (bitte um Angabe der Quelle, aus der die Bundesregierung
gegebenenfalls dieses Wissen schöpft)?

25. Inwiefern kann die Bundesregierung ausschließen, dass Kinder ihre Eltern
bei der Arbeit auf den Plantagen von PHC unterstützen?

26. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass auf den Plantagen von PHC
die Herbizide Paraquat Dichloride, Gramoxone oder andere Herbizide auf
Paraquat-Basis zum Einsatz kommen?
Wenn nein, welche Informationen besitzt die Bundesregierung darüber, wel-
che dieser Herbizide unter welchen Bedingungen zum Einsatz kommen?

Berlin, den 9. Dezember 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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