BT-Drucksache 18/10546

zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Heike Hänsel, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/10013 - Frieden, Demokratie und soziale Gerechtigkeit in Lateinamerika unterstützen - Absetzung der Präsidentin Brasiliens missbilligen

Vom 1. Dezember 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10546
18. Wahlperiode 01.12.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Heike Hänsel, Jan van Aken,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/10013 –

Frieden, Demokratie und soziale Gerechtigkeit in Lateinamerika unterstützen ‒
Absetzung der Präsidentin Brasiliens missbilligen

A. Problem
Die Antragsteller fordern den Deutschen Bundestag dazu auf, die Absetzung der
brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff im September 2016 zu missbilligen.
Zwar sei das Verfahren formal regelgerecht, aber offensichtlich politisch moti-
viert gewesen, und es habe gegen demokratische und rechtsstaatliche Grundsätze
verstoßen. Dieser Vorgang sei eine schwere Belastung für den lateinamerikani-
schen Integrationsprozess. Die Arbeiterpartei von Dilma Rousseff habe im letzten
Jahrzehnt mit Sozialprogrammen mehr als 40 Millionen Brasilianerinnen und
Brasilianer aus der Armut geholt. Die Übergangsregierung von Präsident Michel
Temer fühle sich an das Wahlprogramm der gewählten Regierung nicht gebun-
den; sie wolle vielmehr soziale Errungenschaften abbauen, obwohl sie dazu nicht
durch Wahlen legitimiert sei. Geplant sei unter anderem, mit einem umfassenden
Privatisierungsprogramm ausländische Investoren ins Land zu holen und brasili-
anisches Agrarland an ausländische Konzerne zu verkaufen. Neben Einschrän-
kungen bei Arbeitnehmerrechten, Mindestlohn sowie Rentenalter solle auch die
verfassungsmäßige Verpflichtung aufgehoben werden, 18 Prozent der Steuergel-
der in Bildung und 15 Prozent in Gesundheit zu investieren.

Die Bundesregierung solle darauf hinwirken, dass die EU den undemokratischen
Machtwechsel nicht dazu nutze, das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-
Staaten nun beschleunigt voranzutreiben. Die freihandelskritische und antineoli-
berale Position der Arbeiterpartei sei in den letzten Präsidentschaftswahlen klar
bestätigt worden, während sich die neoliberale Wirtschaftspolitik der Regierung
Temer noch keinem Wählervotum gestellt habe.

Auch in anderen Mercosur-Mitgliedstaaten sowie weiteren lateinamerikanischen
Ländern haben sich schwerwiegende Veränderungen vollzogen und Krisen zuge-
spitzt, so die Antragsteller. In Venezuela stünden sich Regierung und Opposition
unversöhnlich gegenüber. In Argentinien sei der demokratische Übergang von ei-
ner rechten zu einer linken Regierung von einer Zuspitzung sozialer Konflikte

Drucksache 18/10546 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
begleitet. In Kolumbien könne sich die Situation nach Ablehnung des Friedens-
abkommens durch eine Volksabstimmung wieder krisenhaft zuspitzen.

Die Antragsteller fordern die Bundesregierung dazu auf, gegenüber der neuen bra-
silianischen Regierung ihre Missbilligung über die Absetzung von Präsidentin
Rousseff zum Ausdruck zu bringen, darauf zu drängen, dass das Volk über den
künftigen politischen Kurs befragt wird, etwa durch baldige Neuwahlen vor 2018,
in den wirtschaftlichen Beziehungen zu den Mercosur-Staaten nicht auf Liberali-
sierung und Privatisierung, sondern auf inklusive wirtschaftliche und soziale Ent-
wicklung zu setzen, den Verhandlungsprozess über ein Freihandelsabkommen
folgerichtig bis nach Neuwahlen in Brasilien auszusetzen sowie auf jede Einmi-
schung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas zu verzichten.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Keine.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10546
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/10013 abzulehnen.

Berlin, den 30. November 2016

Der Auswärtige Ausschuss

Dr. Norbert Röttgen
Vorsitzender

Dr. Andreas Nick
Berichterstatter

Niels Annen
Berichterstatter

Stefan Liebich
Berichterstatter

Omid Nouripour
Berichterstatter

Drucksache 18/10546 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Dr. Andreas Nick, Niels Annen, Stefan Liebich und Omid
Nouripour

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/10013 in seiner 196. Sitzung am 20. Oktober 2016
in erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem Auswärtigen Ausschuss, zur Mitberatung dem
Ausschuss für Wirtschaft und Energie, dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, dem Ausschuss
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller fordern den Deutschen Bundestag dazu auf, die Absetzung der brasilianischen Präsidentin
Dilma Rousseff im September 2016 zu missbilligen. Zwar sei das Verfahren formal regelgerecht, aber offensicht-
lich politisch motiviert gewesen, und es habe gegen demokratische und rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen.
Dieser Vorgang sei eine schwere Belastung für den lateinamerikanischen Integrationsprozess. Die Arbeiterpartei
von Dilma Rousseff habe im letzten Jahrzehnt mit Sozialprogrammen mehr als 40 Millionen Brasilianerinnen und
Brasilianer aus der Armut geholt. Die Übergangsregierung von Präsident Michel Temer fühle sich an das Wahl-
programm der gewählten Regierung nicht gebunden; sie wolle vielmehr soziale Errungenschaften abbauen, ob-
wohl sie dazu nicht durch Wahlen legitimiert sei. Geplant sei unter anderem, mit einem umfassenden Privatisie-
rungsprogramm ausländische Investoren ins Land zu holen und brasilianisches Agrarland an ausländische Kon-
zerne zu verkaufen. Neben Einschränkungen bei Arbeitnehmerrechten, Mindestlohn sowie Rentenalter solle auch
die verfassungsmäßige Verpflichtung aufgehoben werden, 18 Prozent der Steuergelder in Bildung und 15 Prozent
in Gesundheit zu investieren.

Die Bundesregierung solle darauf hinwirken, dass die EU den undemokratischen Machtwechsel nicht dazu nutze,
das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten nun beschleunigt voranzutreiben. Die freihandelskritische
und antineoliberale Position der Arbeiterpartei sei in den letzten Präsidentschaftswahlen klar bestätigt worden,
während sich die neoliberale Wirtschaftspolitik der Regierung Temer noch keinem Wählervotum gestellt habe.

Auch in anderen Mercosur-Mitgliedstaaten sowie weiteren lateinamerikanischen Ländern haben sich schwerwie-
gende Veränderungen vollzogen und Krisen zugespitzt, so die Antragsteller. In Venezuela stünden sich Regierung
und Opposition unversöhnlich gegenüber. In Argentinien sei der demokratische Übergang von einer rechten zu
einer linken Regierung von einer Zuspitzung sozialer Konflikte begleitet. In Kolumbien könne sich die Situation
nach Ablehnung des Friedensabkommens durch eine Volksabstimmung wieder krisenhaft zuspitzen.

Die Antragsteller fordern die Bundesregierung dazu auf, gegenüber der neuen brasilianischen Regierung ihre
Missbilligung über die Absetzung von Präsidentin Rousseff zum Ausdruck zu bringen, darauf zu drängen, dass
das Volk über den künftigen politischen Kurs befragt wird, etwa durch baldige Neuwahlen vor 2018, in den wirt-
schaftlichen Beziehungen zu den Mercosur-Staaten nicht auf Liberalisierung und Privatisierung, sondern auf in-
klusive wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu setzen, den Verhandlungsprozess über ein Freihandelsabkom-
men folgerichtig bis nach Neuwahlen in Brasilien auszusetzen sowie auf jede Einmischung in die inneren Ange-
legenheiten Venezuelas zu verzichten.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat den Antrag auf Drucksache 18/10013 in seiner 96. Sitzung am
30. November 2016 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ableh-
nung.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10546
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat den Antrag auf Drucksache 18/10013 in seiner
74. Sitzung am 30. November 2016 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN die Ablehnung.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat den Antrag auf Drucksache
18/10013 in seiner 71. Sitzung am 30. November 2016 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat den Antrag auf Drucksache 18/10013 in
seiner 75. Sitzung am 30. November 2016 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache 18/10013 in seiner 83. Sitzung am 30. November
2016 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.
Berlin, den 30. November 2016

Dr. Andreas Nick
Berichterstatter

Niels Annen
Berichterstatter

Stefan Liebich
Berichterstatter

Omid Nouripour
Berichterstatter

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