BT-Drucksache 18/10388

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/9200, 18/9202, 18/9805, 18/9824, 18/9825, 18/9826 - Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2017 (Haushaltsgesetz 2017) hier: Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts

Vom 21. November 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10388
18. Wahlperiode 21.11.2016
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Kathrin Vogler, Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, Christine
Buchholz, Sevim Dağdelen, Dr. Diether Dehm, Annette Groth, Heike Hänsel,
Inge Höger, Andrej Hunko, Katrin Kunert, Stefan Liebich, Niema Movassat,
Dr. Alexander S. Neu, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/9200, 18/9202, 18/9805, 18/9824, 18/9825, 18/9826 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2017
(Haushaltsgesetz 2017)

hier: Einzelplan 05

Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Während der Etat des Bundesverteidigungsministeriums im Haushaltsplanent-
wurf 2017 um 2,3 Mrd. Euro auf 36,6 Mrd. Euro aufwachsen soll, fristen Instrumente
der zivilen Krisenprävention und Konfliktbearbeitung weiterhin ein Nischendasein. In
dem vorliegenden Entwurf für den Haushalt 2017 wird kein Interesse daran deutlich,
zivile Instrumente zu stärken und als echte Alternative zu militärischen und polizeili-
chen Maßnahmen auszubauen.
Anfang des nächsten Jahres will die Bundesregierung den Aktionsplan „Zivile Krisen-
prävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“ durch ein neues Leitlinien-
Dokument „Leitlinien zum Krisenengagement“ ersetzen. Mit Blick auf den derzeitigen
Diskussionsstand und die von der Bundesregierung fixierten Bezugspunkte für die
Leitlinien, muss davon ausgegangen werden, dass die zivile Konfliktbearbeitung noch
stärker als bisher in militärisch dominierte vernetzte Strategien eingebettet werden soll.
Mit dem „Vernetzten Ansatz“ wird die Zivile Krisenprävention und Konfliktbearbei-
tung zu einem Instrument unter vielen herabgestuft und mit militärischen und polizei-
lichen Maßnahmen abgestimmt. Damit beerdigt die Bundesregierung zivile Ansätze

Drucksache 18/10388 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
der Prävention und Bearbeitung von Konflikten, die vor Jahren in der Friedensbewe-
gung entwickelt wurden und inzwischen auch international zunehmend Anerkennung
finden.
Die Vermischung von zivilen und militärischen Maßnahmen tritt auch auf der Ebene
der Europäischen Union immer deutlicher auf: Zuletzt drängte die Bundesregierung –
ungeachtet der Bedenken von Juristinnen und Juristen – darauf, das EU-Instrument für
Stabilität und Frieden vermehrt für die Ausrüstung von Militärs in Drittstaaten zu nut-
zen, um eine Ertüchtigungsinitiative zu finanzieren, wie sie die Bundesregierung im
Bundeshaushalt (Einzelplan 60) bereits verankert hat. Unter dem Stichwort Stabilisie-
rung werden zivile, entwicklungspolitische und militärische Instrumente in einen Topf
geworfen und zu einer Gesamtstrategie, die militärisch dominiert ist, zusammenge-
rührt.
Der mit dem „PeaceLab2016“ eröffnete Konsultationsprozess täuscht eine Partizipa-
tion der Zivilgesellschaft nur vor. Der Zeitplan ist zu straff für eine tiefer gehende
Debatte, eine tatsächliche Mitbestimmung über die Inhalte des Leitliniendokuments ist
nicht vorgesehen.
In der bisherigen Debatte über die neuen Leitlinien spielt konfliktverschärfende Politik
auf anderen Handlungsfeldern, wie in der Handels- oder Finanzpolitik, ebenso eine
untergeordnete Rolle wie die eigene Rolle in kriegerischen Konflikten wie etwa in
Afghanistan. Eine kritische Aufarbeitung des eigenen Beitrags zur Gewalteskalation
durch die bisherige interventionistische Politik und durch Waffenexporte in Krisenre-
gionen sollte allerdings am Anfang eines Leitlinien-Prozesses stehen.
Statt einer weiteren Militarisierung muss die deutsche Außenpolitik konsequent auf
Gewaltfreiheit in den internationalen Beziehungen ausgerichtet werden. Das muss sich
in der Aufstellung des Haushalts für 2017 und die folgenden Jahre ebenso niederschla-
gen wie in der Entwicklung von Leitlinien, die die Unabhängigkeit ziviler Politik si-
chern und ihre Instrumente als Alternative zu militärischem Handeln weiterentwi-
ckeln.
Der Deutsche Bundestag begrüßt die Resolution zum Recht auf Frieden
(A/HRC/RES/32/28), welche am 1. Juli 2016 von dem Menschenrechtsrat der Verein-
ten Nationen angenommen wurde, und bedauert, dass die Bundesregierung gegen die
Deklaration gestimmt hat. Frieden ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Ver-
wirklichung der Menschenrechte und die umfassende menschliche Entwicklung.
Frieden geht über die Abwesenheit von bewaffneten Konflikten hinaus und bedeutet
die Beseitigung aller Arten von Gewalt, ob direkte, politische, strukturelle, wirtschaft-
liche oder kulturelle Gewalt sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor (posi-
tive Dimension des Rechts auf Frieden, nach der Santiago Deklaration zum Menschen-
recht auf Frieden (2010)). Dies wiederum setzt voraus, dass die wirtschaftlichen, sozi-
alen und kulturellen Bedürfnisse aller Menschen erfüllt sind, dass alle Menschenrechte
eingehalten und die angeborene Würde aller Menschen als oberstes Ziel staatlichen
Handelns akzeptiert wird (Artikel 1 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte). Staa-
ten und Regierungen müssen darauf verpflichtet werden, Konflikte ausschließlich mit
politischen Mitteln zu lösen, um das Recht in Frieden zu leben für alle zu verwirkli-
chen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

− die Mittel für Instrumente der zivilen Krisenprävention und Konfliktbearbeitung
kurzfristig deutlich zu erhöhen: Die Unterstützung von internationalen Maßnah-
men auf den Gebieten Krisenprävention, Friedenserhaltung und Konfliktbewälti-
gung (Titel 0501 687 34) soll auf 400 Mio. Euro, der Zivile Friedensdienst (Ti-
tel 2302 687 72) auf 85 Mio. Euro erhöht, ein eigenständiger Titel zur Förderung
der Menschenrechte mit 100 Mio. Euro eingerichtet werden;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10388
− eine breit angelegte politische und gesellschaftliche Debatte über die Umsetzung

des Leitbilds Frieden, wie es in der Präambel des Grundgesetzes gefordert wird,
zu initiieren. In dieser Debatte soll eine Strategie zur Stärkung der zivilen, nicht-
militärischen Konfliktbearbeitung und Friedensförderung entwickelt werden, in
der konkrete und überprüfbare Schritte zum Ausbau der entsprechenden Instru-
mente festgelegt werden. Nichtstaatliche Organisationen der Friedens- und Ent-
wicklungsarbeit sind an diesem Diskussionsprozess gleichberechtigt zu beteili-
gen;

− dem Bundestag weiterhin jährlich über die Fortentwicklung der Instrumente der
zivilen Krisenprävention und Konfliktbearbeitung Bericht zu erstatten;

− das Ertüchtigungsinstrument im Einzelplan 60 aufzulösen und auch im Rahmen
der Ausstattungshilfe keine militärische Ertüchtigung von Partnern in Krisenre-
gionen vorzunehmen;

− sicherzustellen, dass aus dem Stabilisierungsinstrument der EU keine militäri-
schen Maßnahmen, keine Waffenlieferungen oder Militärberatungen finanziert
werden;

− sich dafür einzusetzen, dass die Finanzierung der Afrikanischen Friedensfazilität
aus dem Europäischen Entwicklungsfonds beendet wird und die Mittel wieder
ausschließlich für die Entwicklungszusammenarbeit verwendet werden;

− eine Initiative für einen Europäischen und einen Afrikanischen Zivilen Friedens-
dienst zu ergreifen;

− eine Kooperationsgesellschaft aus zivilgesellschaftlichen und öffentlichen Orga-
nisationen mit dem Namen „Willy-Brandt-Korps für internationale Katastrophen-
hilfe“ zu schaffen, deren Aufgabe der Aufbau und Unterhalt eines humanitären
Fachkräftepools und eines Logistikzentrums sowie technischer Hilfsmittel ist;

− für ein „Willy-Brandt-Korps für internationale Katastrophenhilfe“ durch Konver-
sionsmaßnahmen Transportflugzeuge und -hubschrauber sowie Schiffe, mobile
Brücken und Krankenhäuser, Geländefahrzeuge und Lastwagen, schweres Räum-
gerät, mobile Unterkünfte sowie alle weiteren benötigten technischen Hilfsmittel
aus dem Bestand der Bundeswehr umzurüsten und, wo dies nicht möglich ist,
solche anzuschaffen;

− die Deklaration zum Recht auf Frieden unverzüglich umzusetzen und dabei der
positiven Dimension des Rechts auf Frieden, wie in der Santiago Deklaration zum
Menschenrecht auf Frieden (2010) ausgeführt, Geltung zu verschaffen;

− ihre Handelspolitik auf konfliktverschärfende Wirkungen hin zu evaluieren und
sich in der EU gegen den Abschluss weiterer Freihandelsabkommen auszuspre-
chen;

− Konflikte ausschließlich mit politischen und zivilen Mitteln zu lösen, um das
Recht, in Frieden zu leben, für alle Menschen zu verwirklichen.

Berlin, den 21. November 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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