BT-Drucksache 18/10367

Elektromagnetische Verträglichkeit

Vom 16. November 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10367
18. Wahlperiode 16.11.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ralph Lenkert, Caren Lay, Karin Binder, Eva Bulling-Schröter,
Susanna Karawanskij, Kerstin Kassner, Sabine Leidig, Dr. Kirsten Tackmann,
Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

Elektromagnetische Verträglichkeit

Die elektromagnetische Verträglichkeit beschreibt die Eigenschaft eines techni-
schen Gerätes, andere technische Geräte nicht durch elektrische oder elektromag-
netische Emissionen zu stören und selbst von anderen Geräten nicht gestört zu
werden.
Elektromagnetische Störungen sind nicht für den bestimmungsgemäßen Betrieb
eines Gerätes (allgemein Betriebsmittel genannt) erforderlich. Gäbe es außer
Funkanlagen mit ihren erwünschten Nutzaussendungen keine elektrotechnischen
Betriebsmittel, so würden atmosphärische Störungen und kosmisches Rauschen
allein den Pegel der zu erwartenden elektromagnetischen Störungen unserer
elektromagnetischen Umgebung bestimmen. Insbesondere Funkempfangsgeräte
müssen deshalb nach Maßgabe der grundlegenden Anforderungen an die elektro-
magnetische Verträglichkeit unter Anwendung allgemein anerkannter Regeln der
Technik so entworfen und gefertigt sein, dass sie gegen die bei bestimmungsge-
mäßem Betrieb zu erwartenden elektromagnetischen Störungen hinreichend un-
empfindlich sind, um ohne unzumutbare Beeinträchtigungen bestimmungsgemäß
arbeiten zu können (vgl. § 4 des Gesetzes über die elektromagnetische Verträg-
lichkeit von Betriebsmitteln).
Menschengemachte elektromagnetische Störungen übersteigen je nach Besied-
lungsdichte immer mehr den Pegel der zu erwartenden elektromagnetischen Stö-
rungen. Obwohl die zu erwartenden elektromagnetischen Störungen über die har-
monisierten Normen auf der Grundlage der Empfehlungen der Internationalen
Fernmeldeunion (ITU-Recommendation P.372) bekannt sind, hat der Gesetzge-
ber mit der Novellierung des Gesetzes über die elektromagnetische Verträglich-
keit von Betriebsmitteln (EMVG) im Herbst 2016 ungeachtet der Erfahrungen
mit den Befugnissen der Bundesnetzagentur (BNetzA) im EMVG 2008 festge-
legt, dass bei der BNetzA auch zukünftig weiter bei Meldungen über Auswirkun-
gen von elektromagnetischen Störungen auf den Funkempfang, Maßnahmen le-
diglich zu ergreifen sind, wenn Funkdienste mit Sicherheitsaufgaben, ganze Te-
lekommunikationsnetze, Leib und Leben oder hohe Sachwerte betroffen sind.
Der Runde Tisch Amateurfunk (RTA) hat im Rahmen der parlamentarischen Be-
ratung des Gesetzentwurfes mehrere Stellungnahmen an den Ausschuss für Wirt-
schaft und Energie des Deutschen Bundestages übersandt, in denen er auf zuneh-
mende Probleme hinsichtlich der Nutzbarkeit der Frequenzen, die dem Amateur-
funkdienst zugewiesen sind, aufmerksam machte und für deren Lösung er im
Rahmen der Gesetzgebung warb. Die beschriebenen Probleme beziehen sich bei-
spielsweise auf Pegelüberschreitungen der zu erwartenden elektromagnetischen
Störungen um bis zum 1 000-fachen (30 dB).

Drucksache 18/10367 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Als Beispiele elektromagnetisch unzulänglich auf den Markt gebrachter Geräte
seien hier genannt: Vorschaltgeräte von LED-Leuchten, Schaltnetzteile, Plas-
mafernseher, Geräte zur Kommunikation über Stromleitungen (Power Line Com-
munication – PLC), Energiesparlampen.
Laut RTA kommt es seit Jahren durch die zunehmende Verbreitung unvollständig
bestückter Baugruppen zu einer Überschreitung der zu erwartenden elektromag-
netischen Störungen, die sowohl den weltweiten Kurzwellenrundfunkempfang an
der Quelle, als auch insbesondere den weltweiten Kurzwellenamateurfunk in be-
stimmten Bereichen und zu bestimmten Zeiten erheblich beeinträchtigen, wenn
nicht gar verunmöglichen.
Die Richtlinie 2014/30/EU ist deshalb unter Berücksichtigung des Erwägungs-
grundes 4 für den EU-Markt ganz besonders zu dem Zweck geschaffen worden,
solche Probleme im Gesetzgebungsverfahren der EU-Mitgliedstaaten auszu-
schließen. Dort heißt es:
„Die Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass Funkdienstnetze, einschließlich
Rundfunkempfang und Amateurfunkdienst, die gemäß der Vollzugsordnung für
den Funkdienst der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) betrieben werden,
Stromversorgungs- und Telekommunikationsnetze sowie die an diese Netze an-
geschlossene Geräte gegen elektromagnetische Störungen geschützt werden.“

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung der in der

Vorbemerkung der Fragesteller geschilderten Probleme hinsichtlich der all-
gemeinen Nutzbarkeit der elektromagnetischen Umgebung für den Funk-
empfang?

2. Wie viele Störungsmeldungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung in
den vergangenen Jahren bei der Bundesnetzagentur eingegangen, und woher
kamen diese Meldungen (bitte nach Jahren und Bundesländern aufschlüsseln
mit Beginn im Jahr 2000)?

3. Wie vielen dieser Störungsmeldungen ist die Bundesnetzagentur nach
Kenntnis der Bundesregierung nachgegangen?

4. Wie vielen dieser Störungsmeldungen konnte mithilfe der Bundesnetzagen-
tur für einen bestimmungsgemäßen Funkempfang abgeholfen werden?

5. Wie viele der seit dem Jahr 2000 eingegangenen Störungsmeldungen bezo-
gen sich auf eine Störung der Kurzwelle?

6. In wie vielen Fällen hat der Hersteller oder Betreiber einer elektromagneti-
schen Störungsquelle die Zusammenarbeit mit der BNetzA verweigert?

7. Wie viele Standorte betreibt die BNetzA in Deutschland zur Vorortuntersu-
chung eingegangener Störungsmeldungen?

Wo befinden sich diese Standorte?
Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hält die BNetzA hierfür vor?

8. Wurden in der Vergangenheit derartige Standorte geschlossen oder verlegt?
Wenn ja, welche (Standorte), und wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
betraf dies?

9. Wie gestaltet sich nach Kenntnis der Bundesregierung eine Konformitätsbe-
wertung nach bisherigem §7 EMVG konkret?

10. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung bei einer Konformitätsbewer-
tung eines Gerätes konkret dessen Auswirkung auf die Qualität bestimmter
Funkfrequenzbänder ermittelt und geprüft?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10367

11. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung sichergestellt, dass Gerä-

techargen, die nach Durchlaufen der Konformitätsbewertung nach §7 EMVG
eines Modells eine CE-Kennzeichnung besitzen, auch nach (produktionsbe-
dingter) technischer Variierung einzelner Gerätebauteile weiterhin den An-
forderungen des EMVG genügen?

12. Wie oft wurden seit dem Jahr 2000 Eigenerklärungen zu Produkten, die nicht
oder nicht vollständig über harmonisierte Normen in Verkehr gebracht wor-
den sind, durch die BNetzA auf Übereinstimmung mit den grundlegenden
Anforderungen geprüft?

13. Bei wie vielen Geräten zeigte sich eine Abweichung gegenüber den grund-
legenden Anforderungen als Ergebnis einer solchen Prüfung?

14. Wie viele Funkamateure in Deutschland haben nach Kenntnis der Bundesre-
gierung eine Betriebserlaubnis für eine Amateurfunkstelle?

15. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem Amateurfunkdienst für
die Zukunft des Technologiestandorts Deutschland bei, z. B. zum Einstieg in
informations- und telekommunikationstechnische und wissenschaftliche Be-
rufe?

16. Wie entwickelte sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der ge-
meldeten Amateurfunkstellen in Deutschland seit dem Jahr 2000 (bitte nach
Jahren aufschlüsseln)?

17. Inwieweit berücksichtigt die Bundesregierung bei der Planung zur Bewälti-
gung von Katastrophen- und Krisenlagen den Amateurfunkdienst als Kom-
munikationsdienst, und welchen Stellenwert nimmt er ein?

18. Wie lange ist nach Kenntnis der Bundesregierung im Falle eines bundeswei-
ten Blackouts für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
(BOS) die Kommunikation mittels BOS-Funk flächendeckend gewährleis-
tet?

19. Wie lange ist nach Kenntnis der Bundesregierung im Falle eines bundeswei-
ten Blackouts der Amateurfunkdienst in der Lage, flächendeckend Notfunk
abzuwickeln, falls der BOS-Funk versagt?

20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich elektromagneti-
scher Störung durch Hochspannungsleitungen einschließlich DB-Fahrleitun-
gen und zugehöriger Schaltanlagen?

Berlin, den 16. November 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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