BT-Drucksache 18/10010

Der Konflikt in der Ukraine und die Bilanz der Speziellen Beobachtungsmission unter dem OSZE-Vorsitz Deutschlands 2016

Vom 12. Oktober 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10010
18. Wahlperiode 12.10.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Kunert, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Annette Groth, Inge Höger, Andrej Hunko, Michael Leutert, Stefan Liebich,
Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Der Konflikt in der Ukraine und die Bilanz der Speziellen Beobachtungsmission
unter dem OSZE-Vorsitz Deutschlands 2016

Die Bundesrepublik Deutschland hat für die Dauer dieses Kalenderjahres den
Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
übernommen. Der deutsche Vorsitz fällt in eine Zeit, in der auch als Folge des
bewaffneten Konflikts in der Ukraine die Sicherheitsordnung in Europa nach dem
Ende des Kalten Kriegs tief zerrüttet ist.
Die OSZE führt bereits seit März 2014 eine zivile Special Monitoring Mission
(SMM) in der Ukraine durch. Ihr Einsatzgebiet erstreckt sich über die gesamte
Ukraine mit ausgewählten regionalen Schwerpunkten. Durch die Präsenz von
OSZE-Beobachtungsteams sollen Spannungen in der Bevölkerung verringert und
durch objektive Lageberichte die Sicherheitslage stabilisiert werden. Hinzu
kommt seit Herbst 2014 die Überprüfung der Waffenstillstandsabkommen bzw.
der modifizierten Minsker Vereinbarungen vom 12. Februar 2015 (Minsk II) als
Lösungsrahmen für den bewaffneten Konflikt zwischen der ukrainischen Zent-
ralregierung und den aufständischen Gebieten in der Ostukraine.
In der Vergangenheit haben die Konfliktparteien wiederholt gegen die militäri-
schen Bestimmungen der Minsker Vereinbarungen verstoßen und sich oft
schwere Gefechte geliefert. Die Intensität der Kampfhandlungen blieb dennoch
insgesamt deutlich unter dem Niveau der Kämpfe vor dem Beschluss Minsk II.
Außer einer fragilen Waffenruhe sind jedoch kaum Fortschritte bei der Umset-
zung zu verzeichnen. Es ist bislang nicht gelungen, die bewaffneten Kräfte beider
Konfliktparteien entlang der Frontlinie räumlich zu entflechten und die vorgese-
hene beiderseitige entmilitarisierte Sicherheitszone einzurichten. Ebenso blockie-
ren die Konfliktparteien die Umsetzung des politischen Teils der Minsker Ver-
einbarungen. Auf Seiten der Ukraine betrifft dies vor allem die Schaffung von
gesetzlichen Grundlagen für die politische Dezentralisierung des Landes, einen
Selbstverwaltungsstatus für die abtrünnigen Donbass-Regionen im Rahmen der
ukrainischen Verfassung sowie eine Amnestieregelung für ehemalige Aufständi-
sche bzw. Kriegsteilnehmer. Die politische Führung in den sogenannten „Volks-
republiken Donezk und Luhansk“ ist wiederum dazu verpflichtet, Lokalwahlen
in den von ihnen kontrollierten Gebieten nach ukrainischem Recht durchzuführen
(vgl. www.osce.org/ru/cio/140221?download=true, Download v. 22. September
2016).
Die Statusfrage hat sich bei allen ethno-territorialen Konflikten im OSZE-Raum
als der am schwierigsten zu lösende Punkt erwiesen. Während die Führungen der
weitgehend isolierten De-facto-Separationsgebiete (Donbass, Bergkarabach, Ab-

Drucksache 18/10010 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
chasien, Südossetien, Transnistrien, Nordzypern, Kosovo sowie in den 90er Jah-
ren auch Tschetschenien) danach trachten bzw. trachteten, ihren erreichten Status
quo zu bewahren bzw. möglichst zu legalisieren, streben bzw. strebten die Füh-
rungen der De-jure-Staaten (Ukraine, Aserbaidschan, Georgien, Moldau, Zypern,
Serbien, Russische Föderation) dessen Änderung an, um ihre nationale Souverä-
nität und territoriale Integrität wiederherzustellen.
Jenseits der Statusfrage ließen und lassen sich mit den Instrumenten ziviler Kon-
fliktbearbeitung jedoch häufig wichtige Teilerfolge erzielen und vor allem die
Entstehung von neuen Eskalationsdynamiken verhindern. Die SMM stellt daher
nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller ein unverzichtbares Instru-
ment dar, um die Konfliktlösung wirksam zu unterstützen bzw. zu überprüfen, ob
und inwieweit die Konfliktparteien die Minsk-II-Vereinbarungen implementie-
ren. Die Fraktion DIE LINKE. stellt deshalb in regelmäßigen Zeitabständen
Kleine Anfragen an die Bundesregierung zur Bilanz der SMM-Tätigkeit (vgl.
Bundestagsdrucksachen 18/3770, 18/6175).
Im zurückliegenden Befragungszeitraum hat sich der Konflikt durch die intensi-
ven Rüstungsanstrengungen der Ukraine und die Professionalisierung der ukrai-
nischen Streitkräfte weiter militarisiert. Die Gesamtstärke der ukrainischen Streit-
kräfte hat sich seit Beginn des Konflikts auf mindestens 280 000 Armeeangehö-
rige nahezu verdoppelt (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 18a auf Bun-
destagsdrucksache 18/6543). Bis auf den „Rechten Sektor“ wurden zwischenzeit-
lich alle paramilitärischen Formationen in die geschaffene ukrainische National-
garde integriert (vgl. www.zeit.de/2015/33/rechter-sektor-ukraine-privatarmee/
seite-2, Download v. 22. September 2016). Die paramilitärischen Formationen in
den abtrünnigen Donbass-Regionen erhalten nach Angaben der Bundesregierung
personelle, materielle und finanzielle Unterstützung aus Russland und sollen laut
ukrainischen Angaben über rund 33 000 prorussische Kämpfer und 9 000 regu-
läre russische Soldaten verfügen (vgl. Antwort zu Frage 18c auf Bundestagsdruck-
sache 18/6543).
Die Bundesregierung hat die Konfliktbewältigung in der Ukraine zu einem ihrer
prioritären Arbeitsvorhaben für den diesjährigen OSZE-Vorsitz Deutschlands er-
klärt. Hierfür sollen die Bereitstellung von Personal für die SMM, der innerukra-
inische Dialog durch Projekte von ODIHR (Büro für Demokratische Institutionen
und Menschenrechte) und des OSZE-Projektkoordinators sowie Aktivitäten zur
Minen- und Kampfmittelräumung gefördert werden (vgl. Auswärtiges Amt (Hrsg.):
„Dialog erneuern, Vertrauen aufbauen, Sicherheit wieder herstellen“, Schwerpunkte
des deutschen OSZE-Vorsitzes 2016, www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/
contentblob/723184/publicationFile/212400/160104-DEU-Programm.pdf, S. 3,
Download v. 22. September 2016).
Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, und sein
französischer Amtskollege, Jean-Marc Ayrault, haben sich bei ihren jüngsten
Gesprächen mit der ukrainischen Regierung am 14./15. September 2016 für eine
sofortige Waffenruhe eingesetzt, die die prorussischen Aufständischen zuvor an-
geboten hatten (vgl. www.sueddeutsche.de/politik/ukraine-warum-der-ukraine-
das-ja-zum-waffenstillstand-so-schwer-faellt-1.3163817, Download v. 22. Sep-
tember 2016). Angesichts dessen besteht zumindest die Aussicht, dass sich das
Umfeld für die weitere Implementierung der Minsker Vereinbarungen möglich-
erweise verbessern könnte.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10010
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele OSZE-Beobachterinnen und OSZE-Beobachter nehmen nach

Kenntnis der Bundesregierung aktuell an der SMM in den folgenden Ein-
satzgebieten teil:
a) Kiew und Kharkiv,
b) Iwano-Frankiwsk, Lwiw und Tscherniwizi,
c) Dnipropetrowsk, Donezk und Luhansk,
d) Odessa und Cherson und
e) den sonstigen Einsatzstandorten?

2. Wie viele OSZE-Beobachterinnen und OSZE-Beobachter aus Deutschland
nehmen nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell an der SMM in den fol-
genden Einsatzgebieten teil:
a) Kiew und Kharkiv,
b) Iwano-Frankiwsk, Lwiw und Tscherniwizi,
c) Dnipropetrowsk, Donezk und Luhansk,
d) Odessa und Cherson und
e) den sonstigen Einsatzstandorten?

3. In welchem Umfang sind nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell Be-
obachterinnen und Beobachter mit militärischer Expertise in die Arbeit der
zivilen SMM einbezogen?

4. Welche aktuelle Position vertritt nach Kenntnis der Bundesregierung die uk-
rainische Regierung bezüglich einer möglichen Ergänzung der zivilen SMM
um bewaffnetes Personal bzw. Polizeikräfte, und mit welchem Ergebnis hat
hierüber ggf. bereits ein Verständigungsprozess innerhalb der OSZE bzw.
innerhalb der trilateralen Kontaktgruppe zwischen der Ukraine, Russland
und der OSZE oder auch im Rahmen des „Normandie-Formats“ (Ukraine,
Russland, Frankreich, Deutschland) stattgefunden (bitte erläutern)?

5. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bislang im Zusam-
menhang mit der angekündigten „Sekundierung von Personal an die SMM“
als Schwerpunktvorhaben für den diesjährigen OSZE-Vorsitz Deutschlands
im Bereich der Konfliktbearbeitung in der Ukraine ergriffen (vgl. Auswärti-
ges Amt (Hrsg.): „Dialog erneuern, Vertrauen aufbauen, Sicherheit wieder
herstellen“, Schwerpunkte des deutschen OSZE-Vorsitzes 2016, www.
auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/723184/publicationFile/212400/
160104-DEU-Programm.pdf, S. 3, Download v. 23. September 2016), und
inwieweit hält die Bundesregierung derzeit eine weitere Anhebung der Man-
datsobergrenze auf wie viele OSZE-Beobachterinnen und OSZE-Beobachter
für erforderlich, damit die SMM ihrem Untersuchungsauftrag vollumfäng-
lich nachkommen kann?

6. In wie vielen Fällen wurden die zivilen OSZE-Beobachterinnen und OSZE-
Beobachter der SMM von wem nach Kenntnis der Bundesregierung im bis-
herigen Zeitraum des diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands an der
Ausübung ihrer Mandatstätigkeit oder am Zugang zu ihren Einsatzstandorten
gehindert, in ihrer Bewegungsfreiheit innerhalb des Einsatzgebietes einge-
schränkt oder in Kampfhandlungen der Konfliktparteien verwickelt bzw. von
bewaffneten Kräften unter Beschuss genommen (bitte detailliert erläutern)?

Drucksache 18/10010 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
7. Wie viele Aufklärungsdrohnen werden nach Kenntnis der Bundesregierung
derzeit in welchen Einsatzgebieten der SMM eingesetzt, in wie vielen Fällen
wurden die Aufklärungsdrohnen ggf. von wem angegriffen, und welche we-
sentlichen Erkenntnisse konnten durch ihren Einsatz gewonnen werden (bitte
erläutern)?

8. Wie viele Überprüfungs- und Inspektionsbesuche wurden darüber hinaus
nach Kenntnis der Bundesregierung bislang während des diesjährigen
OSZE-Vorsitzes Deutschlands nach dem Wiener Dokument über vertrauens-
und sicherheitsbildende Maßnahmen (VSBM) insgesamt auf dem Hoheits-
gebiet der Ukraine durchgeführt, und mit wie vielen Teilnehmern hat sich
die Bundesrepublik Deutschland daran beteiligt?

9. Worin bestanden nach Kenntnis der Bundesregierung die wesentlichen Un-
tersuchungsschwerpunkte der in der Ukraine bislang während des diesjähri-
gen OSZE-Vorsitzes Deutschlands durchgeführten VSBM nach dem Wiener
Dokument, an denen ggf. auch deutsche Teilnehmer beteiligt waren, und
welche konkreten Ergebnisse konnten dabei gewonnen werden (bitte erläu-
tern)?

10. Über welche konventionellen Waffensysteme verfügen nach Kenntnis der
Bundesregierung gegenwärtig die regulären Streitkräfte der Ukraine, und
wie sieht ihre aktuelle Truppenstärke aus (bitte nach jeweiligen Teilstreit-
kräften auflisten)?

11. Über wie viele Angehörige und welche Bewaffnung verfügt aktuell nach
Kenntnis der Bundesregierung die 2014 wieder geschaffene Nationalgarde,
die formal dem ukrainischen Innenministerium unterstellt ist, und in wel-
chem Umfang sind nach Kenntnis der Bundesregierung ggf. die Angehörigen
von früheren paramilitärischen Freiwilligenbataillonen nach ihrer Integration
in die ukrainische Nationalgarde weiterhin an militärischen Kampfhandlun-
gen mit den prorussischen aufständischen Gruppen in der Ostukraine betei-
ligt gewesen (bitte erläutern)?

12. In welchem Umfang erhalten nach Kenntnis der Bundesregierung die Ange-
hörigen der ukrainischen Nationalgarde eine militärische Ausbildung bzw.
militärisches Training durch die ukrainischen Streitkräfte (vgl. www.faz.net/
aktuell/politik/ausland/europa/krise-in-der-ukraine-vaterlandsverteidiger-
gesucht-12852828.html, Download v. 26. September.2016)?

13. In welchem Umfang und mit welchen konkreten Maßnahmen wurden nach
Kenntnis der Bundesregierung die ukrainischen Streitkräfte seit dem Beginn
des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine bzw. ggf. auch die ukrainische
Nationalgarde im Rahmen der militärischen Ausbildungshilfe (MAH) von
Deutschland unterstützt (bitte unter Angabe der hierfür verausgabten Kosten
erläutern)?

14. In welchem Umfang haben die Vereinigten Staaten von Amerika nach Kenntnis
der Bundesregierung – ggf. auch aus nachrichtendienstlichen Quellen – bis-
lang während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands Waffensys-
teme an die Ukraine geliefert und/oder militärische Ausbildungshilfe für die
ukrainischen Streitkräfte bzw. die ukrainische Nationalgarde geleistet (vgl.
Antwort zu Frage 20 auf Bundestagsdrucksache 18/6543, www.tagesanzeiger.
ch/ausland/europa/usmilitaer-bildet-kiews-spezialkraefte-aus/story/28636215,
Download v. 26. September 2016; bitte nach Stückzahl und Waffensystem
auflisten)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10010
15. In welchem Umfang haben nach Kenntnis der Bundesregierung – ggf. auch
aus nachrichtendienstlichen Quellen – welche anderen NATO-Mitglieder
bislang seit Beginn des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine Waffensys-
teme an die Ukraine geliefert und/oder militärische Ausbildungshilfe für die
ukrainischen Streitkräfte bzw. die ukrainische Nationalgarde geleistet (bitte
pro Jahr, nach NATO-Mitglied, Stückzahl und Waffensystem auflisten)?

16. In welchem Umfang haben nach Kenntnis der Bundesregierung – ggf. auch
aus nachrichtendienstlichen Quellen – welche Nichtmitgliedstaaten der NATO
bislang seit Beginn des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine Waffensys-
teme an die Ukraine geliefert und/oder militärische Ausbildungshilfe für die
ukrainischen Streitkräfte bzw. die ukrainische Nationalgarde geleistet (bitte
pro Jahr, nach Staat, Stückzahl und Waffensystem auflisten)?

17. Über wie viele Kämpfer und welche Bewaffnung verfügt aktuell nach Kennt-
nis der Bundesregierung der bislang nicht in die ukrainische Nationalgarde
integrierte „Rechte Sektor“, und welche aktuellen Erkenntnisse hat die Bun-
desregierung über den mutmaßlichen Einsatz von ausländischen Söldnern,
die auf Seite des „Rechten Sektors“ die prorussischen aufständischen Grup-
pen in der Ostukraine mit bekämpfen (vgl. www.nzz.ch/international/europa/
die-nationalistischen-kinder-der-revolution-ld.3678, Download v. 26. Sep-
tember 2016; bitte erläutern)?

18. Über wie viele Kämpfer und welche konventionellen Waffensysteme verfü-
gen aktuell nach Kenntnis der Bundesregierung die prorussischen paramili-
tärischen Gruppen in den abtrünnigen Donbass-Regionen, und in welchem
Umfang sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit auch reguläre Sol-
daten der russischen Streitkräfte ggf. unter den Hoheitszeichen der sogenann-
ten „Volksrepubliken Donezk und Luhansk“ bzw. unter fehlendem Hoheits-
zeichen daran beteiligt (vgl. Antwort zu Frage 24 auf Bundestagsdrucksache
18/6543)?

19. In welchem Umfang hat nach Kenntnis der Bundesregierung – ggf. auch aus
nachrichtendienstlichen Quellen – die Russische Föderation bislang während
des diesjährige OSZE-Vorsitzes Deutschlands Waffensysteme in die abtrün-
nigen Donbass-Regionen geliefert bzw. militärische Ausbildungshilfe für
dortige aufständische paramilitärische Gruppen geleistet (vgl. Antwort zu
Frage 23 auf Bundestagsdrucksache 18/6543; bitte nach Stückzahl und Waf-
fensystem auflisten)?

20. In welchem Umfang hat nach Kenntnis der Bundesregierung – ggf. auch aus
nachrichtendienstlichen Quellen – die Russische Föderation aktuell an ihrer
Westgrenze zur Ukraine militärische Truppenverbände konzentriert und
schwere Waffensysteme disloziert (bitte nach Truppenstärke und Stückzahl
je Waffensystem auflisten)?

21. Welche Kenntnisse – ggf. auch aus nachrichtendienstlichen Quellen – hat die
Bundesregierung über die Förderung des Aufbaus von quasistaatlichen
Strukturen und eines professionellen Sicherheitsapparats in den sogenannten
„Volksrepubliken Donezk und Luhansk“ durch hochrangige Vertreter bzw.
Behörden des international nicht anerkannten De-facto-Regimes in
Transnistrien, insbesondere durch den von 1992 bis 2012 amtierenden De-
facto-Minister für „Staatssicherheit“, Wladimir Antjufejew (vgl. Sabine
Fischer (Hrsg.): „Nicht eingefroren! Die ungelösten Konflikte um Transnis-
trien, Abchasien, Südossetien und Berg-Karabach im Lichte der Krise um
die Ukraine“, Stiftung für Wissenschaft und Politik, Berlin, Juli 2016, S. 39;
bitte erläutern)?

Drucksache 18/10010 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
22. Wie viele militärische Gefangene (Kombattanten) und ggf. auch Zivilperso-
nen (Nichtkombattanten) werden aktuell von wem nach Kenntnis der Bun-
desregierung immer noch gesetzeswidrig festgehalten, und wie viele Gefan-
gene haben die Konfliktparteien ggf. bislang während des diesjährigen
OSZE-Vorsitzes Deutschlands untereinander ausgetauscht?

23. Welche Kenntnisse – ggf. auch aus nachrichtendienstlichen Quellen – hat die
Bundesregierung über mutmaßliche Geheimgefängnisse des ukrainischen Si-
cherheitsdienstes SBU in Kharkiv, Isjum, Kramatorsk und Mariupol, in de-
nen Beschuldigte ohne offizielle Anklage und ohne offizielles Verfahren in-
haftiert sein sollen (vgl. www.neues-deutschland.de/artikel/1025563.es-war-
eine-schlimme-zeit.html, Download v. 26. September 2016; bitte erläutern)?

24. In welchem Umfang haben die Konfliktparteien nach Kenntnis der Bundes-
regierung seit der Übernahme des OSZE-Vorsitzes durch Deutschland bei
ihren militärischen Kampfhandlungen weiterhin gegen die Genfer Konven-
tionen des humanitären Völkerrechts, insbesondere in Bezug auf den Schutz
der Zivilbevölkerung, den Beschuss von Wohngebieten und die Zerstörung
von zivilen Infrastrukturen (Wasserversorgung, Krankenhäuser, Schulen
etc.), verstoßen, und wie hat die Bundesregierung im Rahmen des OSZE-
Vorsitzes Deutschlands hierauf reagiert (vgl. Antwort zu Frage 27 auf Bun-
destagsdrucksache 18/6543; bitte erläutern)?

25. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den mutmaßlichen Einsatz
von schweren Artilleriesystemen durch die ukrainischen Streitkräfte im
Zeitraum seit der Übernahme des OSZE-Vorsitzes Deutschlands, die laut
den Minsk-II-Vereinbarungen von der Front abgezogen werden sollten, und
an welchen Abschnitten der Frontlinie kamen diese schweren Artillerie-
systeme zum Einsatz (www.neues-deutschland.de/artikel/1023313.ukraine-
militaerparade-zur-unabhaengigkeit.html, Download v. 26. September 2016)?

26. An welchen Abschnitten der Frontlinie ist es nach Kenntnis der Bundesre-
gierung gemäß den Minsk-II-Vereinbarungen bislang gelungen, die bewaff-
neten Kräfte beider Konfliktparteien räumlich zu entflechten und die schwe-
ren Waffensysteme abzuziehen?

27. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine in der Trilateralen
Kontaktgruppe vor kurzem erzielte Verständigung, eine Truppenentflech-
tung der Konfliktparteien an drei Pilotstandorten der Kontaktlinie durchzu-
führen, und welche Vereinbarungen wurden hierzu im Hinblick auf mögliche
Überprüfungsmechanismen durch Beobachter der SMM getroffen (bitte er-
läutern)?

28. In welchem Umfang und in welchen Regionen konnten nach Kenntnis der
Bundesregierung seit der Übernahme des OSZE-Vorsitzes durch Deutsch-
land in dem Konfliktgebiet humanitäre Minenräumungen fortgeführt wer-
den, und welche eigenen Aktivitäten hat die Bundesregierung bislang unter-
nommen, um die in ihrem Arbeitsprogramm für den diesjährigen OSZE-Vor-
sitz angekündigte weitere Minen- und Kampfmittelräumung zu fördern (vgl.
vgl. Antwort zu Frage 28 auf Bundestagsdrucksache 18/6543, Auswärtiges
Amt (Hrsg.): „Dialog erneuern, Vertrauen aufbauen, Sicherheit wieder
herstellen“, Schwerpunkte des deutschen OSZE-Vorsitzes 2016, www.
auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/723184/publicationFile/212400/
160104-DEU-Programm.pdf, S. 3, Download v. 26. September 2016)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/10010
29. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die wirtschaftliche und so-
ziale Situation der Zivilbevölkerung in den abtrünnigen Donbass-Regionen
im zurückliegenden Befragungszeitraum (seit November 2015) entwickelt,
insbesondere im Hinblick auf
a) die Versorgung mit bewohnbaren und bezahlbaren Unterkünften,
b) die Versorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser,
c) den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und sanitärer Infrastruktur,
d) den Zugang zu Sozialleistungen bzw. Existenz sichernden Mindestein-

kommen,
e) den Zugang zu Bildungsmöglichkeiten, Berufsausbildungsmöglichkeiten

und die Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen?
30. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der aus dem Kon-

fliktgebiet in die Russische Föderation geflohenen Zivilistinnen und Zivilis-
ten sowie ihre wirtschaftliche und soziale Situation im zurückliegenden Be-
fragungszeitraum (seit November 2015) entwickelt, insbesondere im Hin-
blick auf
a) den Zugang zu einem legalen Aufenthaltstitel bzw. die Anerkennung als

Flüchtling,
b) die Versorgung mit bewohnbaren und bezahlbaren Unterkünften,
c) die Versorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser,
d) den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und sanitärer Infrastruktur,
e) den Zugang zu Sozialleistungen bzw. Existenz sichernden Mindestein-

kommen,
f) den Zugang zu Bildungsmöglichkeiten, Berufsausbildungsmöglichkeiten

und die Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen?
31. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der aus dem Kon-

fliktgebiet in andere Landesteile der Ukraine geflohenen Zivilistinnen und
Zivilisten sowie ihre wirtschaftliche und soziale Situation im zurückliegen-
den Befragungszeitraum (seit November 2015) entwickelt, insbesondere im
Hinblick auf
a) die Registrierung bzw. Anerkennung als Binnenflüchtling,
b) die Versorgung mit bewohnbaren und bezahlbaren Unterkünften,
c) die Versorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser,
d) den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und sanitärer Infrastruktur,
e) den Zugang zu Sozialleistungen bzw. Existenz sichernden Mindestein-

kommen,
f) den Zugang zu Bildungsmöglichkeiten, Berufsausbildungsmöglichkeiten

und die Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen?
32. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der aus dem Kon-

fliktgebiet in die Nachbarrepublik Polen geflohenen Zivilistinnen und Zivi-
listen sowie ihre wirtschaftliche und soziale Situation im zurückliegenden
Befragungszeitraum (seit November 2015) entwickelt, insbesondere im Hin-
blick auf
a) den Zugang zu einem legalen Aufenthaltstitel bzw. die Anerkennung als

Flüchtling,
b) die Versorgung mit bewohnbaren und bezahlbaren Unterkünften,
c) die Versorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser,

Drucksache 18/10010 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
d) den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und sanitärer Infrastruktur,
e) den Zugang zu Sozialleistungen bzw. Existenz sichernden Mindestein-

kommen,
f) den Zugang zu Bildungsmöglichkeiten, Berufsausbildungsmöglichkeiten

und die Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen?
33. Welche aktuellen Umsetzungsfortschritte gibt es nach Kenntnis der Bundes-

regierung beim Minsker Maßnahmenpaket in Bezug auf die volle Wieder-
aufnahme von sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Uk-
raine und den abtrünnigen Donbass-Regionen, und in welchen Bereichen
wird ggf. die weitere Umsetzung von welcher Konfliktpartei blockiert oder
erschwert (vgl. Antwort zu Frage 42 auf Bundestagsdrucksache 18/6543;
bitte erläutern)?

34. Welche Kenntnisse konnte die Bundesregierung aus der bisherigen Tätigkeit
der SMM bzw. von ODIHR über die aktuelle Situation der Roma-Minder-
heit, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche geschlechtsspezifische Be-
nachteiligung von Roma-Frauen, in der Ukraine gewinnen (bitte erläutern)?

35. In welcher Weise und mit welchem Ergebnis hat die Bundesregierung den
diesjährigen OSZE-Vorsitz Deutschlands bislang dazu genutzt, um der von
ODIHR erhobenen Forderung nach Implementierung des „Aktionsplans zur
Verbesserung der Lage der Roma und Sinti im OSZE-Gebiet“ in Bezug auf
die Ukraine Nachdruck zu verleihen (vgl. Office for Democratic Institutions
and Human Rights (Hrsg.): „Situation Assessment Report on Roma in Ukra-
ine and the Impact oft he Current Crisis“, Warsaw, August 2014; bitte erläu-
tern)?

36. Welche Kenntnisse konnte die Bundesregierung aus der bisherigen Tätigkeit
der SMM bzw. von ODIHR über die aktuelle Situation von religiösen und
anderen ethnischen Minderheiten in der Ukraine gewinnen, wobei die Frage-
steller in Bezug auf Letztere die Selbstzuordnung von sozialen Menschen-
gruppen anhand gemeinsamer Identitätsmerkmale verstehen und das Ab-
stammungsprinzip wegen seines unwissenschaftlichen bzw. völkischen Cha-
rakters ablehnen (bitte erläutern)?

37. Welche Kenntnisse konnte die Bundesregierung aus der bisherigen Tätigkeit
der SMM bzw. von ODIHR über die aktuelle Situation von weiteren gesell-
schaftlichen Minderheiten, wie insbesondere von LGBT (Lesbian, Gay, Bi-
sexual and Transgender) in der Ukraine gewinnen (bitte erläutern)?

38. Welche Kenntnisse konnte die Bundesregierung aus der bisherigen Tätigkeit
der SMM bzw. von ODIHR über die aktuelle Situation von ethnischen, reli-
giösen und anderen gesellschaftlichen Minderheiten (z. B. LGBT) in den so-
genannten „Volksrepubliken Donezk und Luhansk“ gewinnen (bitte erläu-
tern)?

39. Welche aktuellen Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob bzw. in
welchem Umfang die mit der Unterstützung des Außenministers Dr. Frank-
Walter Steinmeier ausgehandelte Waffenruhe seit ihrem Inkrafttreten am
15. September 2016 von den Konfliktparteien tatsächlich eingehalten wird,
und an welchen Abschnitten der Frontlinie ist dies ggf. bislang nicht der Fall
(bitte erläutern)?

40. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die prorussischen Auf-
ständischen aus den abtrünnigen Donbass-Regionen die Waffenruhe im Vor-
feld der ukrainischen Seite einseitig angeboten haben, und durch wen hat die
Bundesregierung zu welchem Zeitpunkt Kenntnis über das Angebot der ein-
seitigen Waffenruhe erlangt (bitte erläutern)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/10010
41. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über zivilgesellschaftliche Ba-
sisbewegungen und Initiativen in der Ukraine, den abtrünnigen Donbass-Re-
gionen und der Russischen Föderation, die für die friedliche Lösung des Uk-
raine-Konflikts und den Gedanken der Völkerverständigung eintreten, und
welche diesbezüglichen Projekte werden im Bereich der zivilen Krisenprä-
vention und zivilen Konfliktbearbeitung von der Bundesregierung aktuell ge-
fördert bzw. sind aktuell beantragt (bitte nach Projekt/Initiative, Laufzeit und
Fördervolumen auflisten)?

42. Welche Projekte werden darüber hinaus nach Kenntnis der Bundesregierung
in Bezug auf die Ukraine von der Europäischen Union zum Beispiel im Rah-
men der Europäischen Nachbarschaftspolitik/Östlichen Partnerschaft aktuell
gefördert bzw. sind aktuell beantragt, um den innerukrainischen Dialog und
die zivile Konfliktbearbeitung innerhalb der ukrainischen Gesellschaft zu un-
terstützen (bitte nach Projekt/Initiative, Laufzeit und Fördervolumen auflis-
ten)?

43. Mit welchen aktuellen Projekten wird nach Kenntnis der Bundesregierung
der innerukrainische Dialog durch ODIHR bzw. durch den für die Ukraine
zuständigen OSZE-Projektkoordinator gefördert, und welche weiteren Pro-
jekte sind ggf. bereits beantragt (bitte nach Projekt/Initiative, Laufzeit und
Fördervolumen auflisten)?

44. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand bei der In-
kraftsetzung des vom ukrainischen Parlament (Werchowna Rada) bereits be-
schlossenen Amnestiegesetzes, für welchen Personenkreis soll die Amnes-
tieregelung gelten, und welcher Personenkreis soll ggf. davon ausgeschlos-
sen bleiben (vgl. Antwort zu Frage 40 auf Bundestagsdrucksache 18/6543;
bitte erläutern)?

45. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand bei der Um-
setzung des politischen Teils der Minsker Vereinbarungen in Bezug auf ei-
nen verfassungsmäßig garantierten Selbstverwaltungsstatus für die abtrünni-
gen Donbass-Regionen innerhalb der territorialen Integrität der Ukraine so-
wie bei der politischen Dezentralisierung des Landes, und welche Initiativen
hat die Bundesregierung bislang während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes
Deutschlands ergriffen, um die einvernehmliche Lösung der Statusfrage in
den Verhandlungen der Arbeitsgruppen der Trilateralen Kontaktgruppe der
Ukraine, Russlands und der OSZE zu unterstützen, an der auch Vertreter der
sogenannten „Volksrepubliken Donezk und Luhansk“ beteiligt sind (vgl.
Antworten zu den Fragen 36, 37 auf Bundestagsdrucksache 18/6543; bitte
erläutern)?

46. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand bei der Durch-
führung von Lokalwahlen in den derzeit nicht von der ukrainischen Regie-
rung kontrollierten Gebieten gemäß dem Lokalwahlgesetz vom 14. Juli
2015, und welche Initiativen hat die Bundesregierung bislang während des
diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands ergriffen, um die im politischen
Teil der Minsker Vereinbarungen festgelegte Durchführung von Lokalwah-
len nach ukrainischem Recht in den abtrünnigen Donbass-Regionen in den
Verhandlungen der Arbeitsgruppe Politik der Trilateralen Kontaktgruppe der
Ukraine, Russlands und der OSZE zu unterstützen, an der auch Vertreter der
sogenannten „Volksrepubliken Donezk und Luhansk“ beteiligt sind (vgl.
Antwort zu Frage 41 auf Bundestagsdrucksache 18/6543; bitte erläutern)?

Drucksache 18/10010 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
47. Welche weiteren Initiativen zur Konfliktbewältigung in der Ukraine sind von
der Bundesregierung in der verbleibenden Zeit des diesjährigen OSZE-Vor-
sitzes Deutschlands noch zu erwarten (bitte erläutern)?

Berlin, den 11. Oktober 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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