BT-Drucksache 17/9986

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 17/9340, 17/9954 - Entwurf eines Gesetzes zur Begleitung der Reform der Bundeswehr (Bundeswehrreform-Begleitgesetz - BwRefBeglG)

Vom 12. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9986
17. Wahlperiode 12. 06. 2012

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Rainer Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Bernhard Brinkmann
(Hildesheim), Dr. h. c. Gernot Erler, Petra Ernstberger, Karin Evers-Meyer,
Iris Gleicke, Michael Groschek, Dr. h. c. Susanne Kastner, Lars Klingbeil,
Fritz Rudolf Körper, Ute Kumpf, Ullrich Meßmer, Thomas Oppermann,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/9340, 17/9954 –

Entwurf eines Gesetzes zur Begleitung der Reform der Bundeswehr
(Bundeswehrreform-Begleitgesetz – BwRefBeglG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die neuerliche Neuausrichtung der Bundeswehr zielt nach den Erklärungen der
Bundesregierung neben einer deutlichen Verringerung des militärischen und
zivilen Personals auf eine grundlegende Umstrukturierung des Personalkörpers
hin zu einer stärkeren Einsatzausrichtung und Effizienzsteigerung ab. Mit dem
Bundeswehrreform-Begleitgesetz sollen die rechtlichen Voraussetzungen für
die notwendige Personalanpassung geschaffen werden.

Die gesetzlichen Regelungen sind jedoch unzureichend, für die Betroffenen
wenig attraktiv und zu wenig an den Erfordernissen des Arbeitsmarktes aus-
gerichtet. Es ist zudem fraglich, ob das nicht mehr benötigte Personal bereit ist,
unter diesen Bedingungen die Bundeswehr freiwillig zu verlassen.

Die Belastungen durch die Neuausrichtung sind für die Angehörigen der Bun-
deswehr, ob Soldat oder ziviler Mitarbeiter, sehr hoch. Sie werden mit gravie-
renden Veränderungen konfrontiert. Nur motiviertes Personal ist bereit, diesen
schwierigen Umgestaltungsprozess mitzugehen. Umso wichtiger ist es, den
Dienst in der Bundeswehr so attraktiv wie möglich zu gestalten. Hier bleiben die
Regelungen im Bundeswehrreform-Begleitgesetz ebenfalls hinter den Erwar-
tungen zurück.

Es werden keine Anreize zur Nachwuchsgewinnung geschaffen, die der demo-

grafischen Entwicklung Rechnung tragen. Dringend notwendige Entscheidungen
zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden nicht getroffen. Besoldungs-
rechtliche Anpassungen für die niedrigen Gehalts- und Besoldungsgruppen wer-
den nicht vorgenommen.

Viele bisher eingeleitete Reformschritte sind fachlich nicht begründet. So wurde
unter dem Zwang der Haushaltskonsolidierung die Wehrpflicht überhastet aus-
gesetzt. Das angekündigte Konzept zur Stärkung und Harmonisierung der Frei-

Drucksache 17/9986 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
willigendienste ist bis heute nicht realisiert. Die festgelegten Umfangszahlen
beim Zivilpersonal entsprechen nicht dem Bedarf einer leistungsfähigen auf-
gaben- und einsatzorientierten Bundeswehr. Um die willkürlich festgesetzte
Umfangsgröße von 55 000 Zivilbeschäftigten erreichen zu können, sollen die
Personalabrechnung und das Travelmanagement an andere Ressorts ausgelagert
werden. Die Inspekteure der Teilstreitkräfte werden aus dem Bundesministe-
rium in den nachgeordneten Bereich verschoben. Standortentscheidungen sind
nicht immer transparent und nachvollziehbar getroffen worden.

Eine Einbindung des Personals der Bundeswehr in die Entscheidungsprozesse
der Neuausrichtung erfolgt nicht. Die Stimmung bei den Angehörigen der Bun-
deswehr, ob Soldatinnen und Soldaten oder Zivilbeschäftigte, ist angespannt
und schlecht. Es bedarf einer dringenden Nachsteuerung in der neuen Struktur,
damit die Bundeswehr zukünftig ein attraktiver Arbeitgeber sein kann.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. Maßnahmen zu treffen, die den Soldatinnen und Soldaten auf Zeit die wert-
mäßige Mitnahme der während des Wehrdienstes erdienten Versorgungsan-
wartschaften ermöglicht;

2. unverzüglich ein Attraktivitätsprogramm auf den Weg zu bringen, das vor allem
den Dienst in den Streitkräften betrifft. Hierzu zählen folgende Maßnahmen:

– Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Möglich-
keiten der Teilzeitbeschäftigung, Telearbeit und flächendeckenden Kinder-
betreuung;

– Erstellen eines Personalstärkemodells, das auch den Abbau des Förde-
rungs- und Verwendungsstaus beseitigt und einen planbaren Verwen-
dungsaufbau ermöglicht;

– Einrichtung von Pendlerwohnungen an allen Standorten der Bundeswehr;

– verbindlich geregelte Arbeitszeit für alle Beschäftigten der Bundeswehr
und Regelungen zum angemessenen Ausgleich von mehrgeleistetem
Dienst und Überstunden;

– dauerhaft geregelte Wahlmöglichkeit zwischen Trennungsgeld und Um-
zugskostenvergütung;

3. ein tragfähiges Konzept zur Nachwuchsgewinnung zu entwickeln, das der
demographischen Entwicklung Rechnung trägt;

4. ein ganzheitliches Konzept zur Stärkung der Freiwilligendienste unter Ein-
bindung der beteiligten Ressorts vorzulegen und mit den Ländern, Kommu-
nen und Städten abzustimmen. In dieses Konzept sind auch Regelungen zur
Steigerung der Attraktivität aufzunehmen;

5. die Innere Führung durch Schaffung von Vertrauenspersonenausschüssen auf
Kommandoebene zu stärken;

6. den Personalumfang für Zivilpersonal auf 63 000 zu erhöhen und auf die
Auslagerung der Personalabrechnung und des Travelmanagements aus dem
Bundesministerium der Verteidigung in andere Ressorts zu verzichten;

7. die technischen und gewerblichen Ausbildungsplätze auf einem hohem
Niveau beizubehalten.

Berlin, den 12. Juni 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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