BT-Drucksache 17/9915

zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/8868 - zu der Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Manuel Sarrazin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksachen 17/5536, 17/7131 - Zur Situation von Roma in der Europäischen Union und in den (potentiellen) EU-Beitrittskandidatenstaaten

Vom 12. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9915
17. Wahlperiode 12. 06. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17. Ausschuss)

zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln),
Tom Koenigs, Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/8868 –

zu der Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Manuel Sarrazin,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 17/5536, 17/7131 –

Zur Situation von Roma in der Europäischen Union und in den (potentiellen)
EU- Beitrittskandidatenstaaten

A. Problem

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert in ihrem Entschließungsan-
trag die Bundesregierung auf, ihre Ankündigung umzusetzen und eine natio-
nale Roma-Strategie auszuarbeiten und dadurch sowie durch besondere auf
Sinti und Roma (deutscher sowie nichtdeutscher Staatsangehörigkeit) zuge-
schnittene Integrationsmaßnahmen die Situation der Sinti und Roma in
Deutschland zu verbessern. Gemeinsam mit den Ländern soll sie im Rahmen
dieser Integrationsmaßnahmen den Schwerpunkt auf die Verbesserung der Bil-
dungssituation der Sinti und Roma in Deutschland richten, um zu verhindern,
dass die soziale Benachteiligung vererbt wird und sich über Generationen ver-
festigt.

B. Lösung
Ablehnung des Entschließungsantrags mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Keine.

Drucksache 17/9915 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Keiner.

F. Weitere Kosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9915

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Entschließungsantrag auf Drucksache 17/8868 abzulehnen.

Berlin, den 23. Mai 2012

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Tom Koenigs
Vorsitzender

Erika Steinbach
Berichterstatterin

Angelika Graf (Rosenheim)
Berichterstatterin

Annette Groth
Berichterstatterin

Pascal Kober
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

gend hat den Entschließungsantrag auf Drucksache 17/8868 sei ebenfalls klar. Nur darauf ziele der Antrag ab. Hier
werde nicht geeifert, sondern es gehe um die Verbesserung
in seiner 67. Sitzung am 23. Mai 2012 beraten und emp-

fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ablehnung.

der Bildungssituation. Es gehe um eine nationale Roma-
Strategie, eine Sache, die von der Europäischen Kommis-
sion gefordert worden sei. Es gehe um wissenschaftliche
Studien – auch zum Antiziganismus, der eine Realität sei.
Drucksache 17/9915 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Erika Steinbach, Angelika Graf (Rosenheim),
Annette Groth, Pascal Kober und Volker Beck (Köln)

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Entschließungsantrag auf
Drucksache 17/8868 in seiner 166. Sitzung am 9. März
2012 beraten und an den Ausschuss für Menschenrechte
und humanitäre Hilfe zur federführenden Beratung und an
den Innenausschuss, den Rechtsausschuss, den Ausschuss
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss
für Gesundheit und an den Ausschuss für Bildung, For-
schung und Technikfolgenabschätzung zur Mitberatung
überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert in ihrem
Entschließungsantrag die Bundesregierung auf, ihre Ankün-
digung umzusetzen und eine nationale Roma-Strategie aus-
zuarbeiten und dadurch, sowie durch besondere auf Sinti
und Roma (deutscher sowie nichtdeutscher Staatsange-
hörigkeit) zugeschnittene Integrationsmaßnahmen, die Situ-
ation der Sinti und Roma in Deutschland zu verbessern. Ge-
meinsam mit den Ländern soll sie im Rahmen dieser Inte-
grationsmaßnahmen den Schwerpunkt auf die Verbesserung
der Bildungssituation der Sinti und Roma in Deutschland
richten, um zu verhindern, dass die soziale Benachteiligung
vererbt wird und sich über Generationen verfestigt.

Ferner soll die Bundesregierung Erkenntnisse über gegen
Sinti und Roma gerichtete Fremdenfeindlichkeit (Antiziga-
nismus) gewinnen und im Rahmen dessen auch erforschen,
warum Opfer von Antiziganismus sich bislang nicht an die
Antidiskriminierungsstelle des Bundes gewandt haben.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Innenausschuss hat den Entschließungsantrag auf
Drucksache 17/8868 in seiner 72. Sitzung am 25. April
2012 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frakti-
onen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Ablehnung.

Der Rechtsausschuss hat den Entschließungsantrag auf
Drucksache 17/8868 in seiner 85. Sitzung am 23. Mai 2012
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ab-
lehnung.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat den Entschließungsantrag auf Druck-
sache 17/8868 in seiner 74. Sitzung am 23. Mai 2012 bera-
ten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ab-
lehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat den Entschließungsantrag auf Drucksache 17/8868
in seiner 62. Sitzung am 23. Mai 2012 beraten und emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ablehnung.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erläuterte,
man habe eine Große Anfrage an die Bundesregierung ge-
stellt und auf die Antwort der Bundesregierung darauf be-
ziehe sich der Entschließungsantrag. In dem Antrag werde
insbesondere eine nationale Strategie zur Integration der
Roma gefordert – wie es die europäische Rahmenstrategie
auch vorsehe. National gebe es diese leider von Seiten der
Regierung nicht. Begründet werde es damit, dass die Roma
und Sinti mit deutscher Staatsangehörigkeit bestens inte-
griert seien. Es gebe allerdings keine ausreichenden An-
haltspunkte für diese These. Es gebe keine Zahlen zu den
Punkten, die die Kommission hervorhebe: Bildung, Arbeit,
Wohnung und Gesundheit. Es sei aber notwendig, solche
Daten zu erheben und nicht nur pauschal zu sagen, die Inte-
gration gebe es schon. Es gebe genügend Vorfälle, die Maß-
nahmen erforderlich machten. Deshalb sei dieser Antrag
richtig und wichtig. Und man würde sich über Unterstüt-
zung freuen.

Befragungen von Bürgern zum Beispiel zeigten deutlich,
dass es ein Akzeptanzproblem gebe. Auch wenn es kein Be-
fragungskriterium bei den statistischen Erhebungen gebe, so
gebe es sehr wohl Befragungen, wissenschaftliche Untersu-
chungen über z. B. die Bildungssituation der Roma und
Sinti in Deutschland. So habe Dr. Daniel Strauss eine Befra-
gung gemacht bei einer repräsentativen Anzahl von Roma
in Deutschland mit einem erschreckenden Ergebnis im Be-
reich der Bildung. Dass es unter anderem Gegenstand einer
Roma-Strategie sein müsse, sich der Bildungsfrage anzu-
nehmen, sei eigentlich offensichtlich, wenn man einen so
eklatanten Missstand sehe. Und dass man wissenschaftlich
auch über Antiziganismus arbeiten könne, ohne in die
nächste Volksbefragung noch ein Kriterium einzubeziehen,
Das Votum des Ausschusses für Gesundheit lag zum Zeit-
punkt der Beratung nicht vor.

Bei einer – schon etwas älteren Befragung – sei gefragt wor-
den, wen man gerne und wen man nicht gerne als Nachbarn

und Roma, sondern auch bei anderen gesellschaftlichen Tei-
len, aber eine solche Befragung, eine solche Erhebung
würde einem vielleicht mit Blick auf das Ergebnis gar nicht
so gut gefallen. Das sollte einem auch bewusst sein. Man
müsse sich auch bewusst machen, dass einem alle Möglich-
keiten offenstünden, man aber in dieser Gesellschaft auch
mittun müsse, um diese Möglichkeiten zu nutzen, insbeson-
dere die Eltern, damit sie ihren Kindern die Zukunft nicht
verschließen würden.

Die Fraktion der SPD legte dar, sie werde dem Antrag zu-
stimmen. Man habe dies auch schon in einer ganzen Reihe
von Redebeiträgen, Presseerklärungen, eigenen Anträgen
und dergleichen genau in die gleiche Richtung dokumentiert.
Man sehe die Situation ähnlich wie die Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN. Es sei dringend notwendig, im Bereich
Forschung und Statistik etwas zu tun. Das Thema Bildungs-,
Arbeitsmarkt-, Gesundheits- und Wohnraumsituation sei
sehr bedenklich, das heiße, man brauche valide Zahlen über
die in Deutschland lebenden Sinti und Roma. Wegen der pre-
kären Situation von Sinti und Roma, die vielleicht keine deut-
sche Staatsbürgerschaft hätten, aber dennoch bei uns lebten,
brauche man eine nationale Strategie.

den, Aufgabe der Länder, nicht des Bundes. Die Bundesre-
gierung verfolge den Ansatz, dass Schwierigkeiten von
Minderheiten und Zugewanderten allgemein angegangen
würden und nicht nach ethnischer Zugehörigkeit unterschie-
den werde. Fördermaßnahmen stünden allen offen. Die
Bundesregierung unterstütze zum Beispiel in der Antidiskri-
minierungsstelle des Bundes den Zentralrat der Sinti und
Roma und sei unterstützend bei der Förderung des Doku-
mentations- und Kulturzentrums deutscher Sinti und Roma
in Heidelberg tätig. Sie tue also im nationalen Bereich
schon sehr viel, ganz konkret in der Zusammenarbeit mit
den Sinti und Roma. Darüberhinaus sei das Engagement
sehr stark im europäischen Ausland, wo die Situation sehr
zu wünschen übrig lasse und sehr kritikfähig sei. Dort sei
Hilfe nötig und da engagiere man sich auch, gerade im
westlichen Balkan mit Mitteln in Höhe von 3,66 Mio. Euro.
Als Regierungskoalitionen, als Bundesregierung und als
Gesellschaft insgesamt werde man der Verantwortung die-
ser Personengruppe gegenüber mehr als gerecht.

Die Fraktion DIE LINKE. betonte, der Antrag gehe zwar
in manchen Teilen nicht weit genug, aber man werde den-
noch zustimmen.

Berlin, den 23. Mai 2012

Erika Steinbach
Berichterstatterin

Angelika Graf (Rosenheim)
Berichterstatterin

Annette Groth
Berichterstatterin

Pascal Kober
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/9915

hätte. Die entsprechenden Personengruppen sollten ange-
kreuzt werden. Nur sieben Prozent der Deutschen hätten
nicht gerne Juden als Nachbarn, aber 64 Prozent hätten
nicht gerne „Zigeuner“ als Nachbarn. Das könne man nicht
negieren. Das seien klare Phänomene des Antiziganismus
und dem nicht nachzugehen, sei bei so einer anerkannten
europäischen Minderheit sehr leichtsinnig.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, wenn in allen Län-
dern der EU die Roma so gut integriert wären wie in
Deutschland, gebe es wesentlich weniger Probleme. Man
teile die Auffassung der Bundesregierung. Die Antragsteller
hätten die Bildungssituation von Roma-Kindern angespro-
chen. Alle wüssten, dass Deutschland ein Land sei, in dem
Schulpflicht herrsche. Wenn dennoch die Eltern ihre Kinder
häufig nicht dazu brächten, in die Schule zu gehen oder sie
gar daran hinderten, dann liege das nicht an Deutschland,
sondern dann habe das mit der Verantwortung der Men-
schen selbst zu tun. Das gebe es zwar nicht nur bei den Sinti

Die Fraktion der FDP erklärte, sie werde den Antrag ab-
lehnen. Es finde sich darin die interessante Aussage, dass
die ethnische Zugehörigkeit kein statistisches Erhebungskri-
terium sei und dann werde dies kommentiert und gedeutet,
dass dieses Nichtwissen nur dem Bestreiten der offensichtli-
chen Missstände diene. Die Bundesregierung habe es aber
nicht nötig, irgendwelche Missstände zu kaschieren, indem
sie sich solcher Methoden bediene, wie sie hier unterstellt
würden. Es sei zumindest nachvollziehbar, dass in ganz be-
stimmten Bereichen des Statistikwesens nicht auf ethnische
Zugehörigkeiten abgehoben werde. Es leugne ja niemand,
dass es Vorurteile und Antiziganismus in Deutschland gebe.
In dem Antrag werde aber der Regierung unterstellt, dass
dieses Nichtwissen über statistische Erhebungen über die
ethnische Zugehörigkeit der Bestreitung offensichtlicher
Missstände diene. Dies müsse man weit von der Bundesre-
gierung weisen und könne schon deshalb nicht zustimmen.
Zudem seien Dinge, die im Bildungsbereich gefordert wür-

x

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