BT-Drucksache 17/9892

zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke, Sibylle Pfeiffer, Peter Altmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Joachim Günther (Plauen), Dr. Christiane Ratjen-Damerau, Helga Daub, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP - Drucksache 17/9423 - Entwicklung durch Wachstum - Der Beitrag der deutschen Wirtschaft zum Erreichen der Millenniumsziele

Vom 11. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9892
17. Wahlperiode 11. 06. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke, Sibylle Pfeiffer, Peter Altmaier,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Joachim Günther (Plauen), Dr. Christiane
Ratjen-Damerau, Helga Daub, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 17/9423 –

Entwicklung durch Wachstum – Der Beitrag der deutschen Wirtschaft zum
Erreichen der Millenniumsziele

A. Problem

Ein freier und fairer Welthandel führt zu mehr Wachstum unud Wohlstand für
alle Beteiligten und trägt auch in Entwicklungsländern mit zur Erreichung der
Millenniumsentwicklungsziele (MDG) bei. Im Zuge der Globalisierung wen-
den sich deutsche exportorientierte Unternehmen zunehmend gerade Entwick-
lungsländern zu. Durch ihre Investitionen werden dort Arbeitsplätze geschaf-
fen, mehr Güter und Dienstleistungen erzeugt und verteilt sowie ein zusätz-
liches Steuereinkommen generiert. Darauf aufbauend kann ein handlungs-
fähiges Staatswesen entstehen und eine nachhaltige Armutsbekämpfung
erfolgen. Darüber hinaus können deutsche Unternehmen als Multiplikatoren für
die Werte und Ideen einer sozialen Marktwirtschaft dienen, können sich für die
Verbesserung von Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards einsetzen und einen
Transfer von Wissen, Technologie und Erfahrung ermöglichen.

Dieses Engagement zu fördern, dazu sind bereits einige erfolgreich arbeitende
Initiativen auf den Weg gebracht worden: Ein Ressortkreis auf Staatssekretärs-
ebene, eine Servicestelle für die Wirtschaft beim Bundesministerium für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die Förderung grenz-
überschreitender Direktinvestitionen (FDI), die Verbesserung von Rahmen-
bedingungen (u. a. Steuer- und Finanzverwaltung), der Ausbau von Studenten-
austauschprogrammen und die Stärkung der beruflichen Bildung in den
Partnerländern.

B. Lösung

Annahme des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Drucksache 17/9892 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

C. Alternativen

Ablehnung des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9892

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/9423 anzunehmen.

Berlin, den 23. Mai 2012

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dagmar G. Wöhrl
Vorsitzende

Jürgen Klimke
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Joachim Günther (Plauen)
Berichterstatter

Heike Hänsel
Berichterstatterin

Ute Koczy
Berichterstatterin

Drucksache 17/9892 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Jürgen Klimke, Dr. Sascha Raabe, Joachim Günther
(Plauen), Heike Hänsel und Ute Koczy

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/9423 in seiner 178. Sitzung am 10. Mai 2012 beraten und
an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung zur federführenden Beratung und an den Haus-
haltsausschuss und den Ausschuss für Wirtschaft und Tech-
nologie zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Antrag wird gefordert, dass die Bundesregierung
das Instrumentarium für die Nutzung entwicklungsorientier-
ter privater Wirtschaftstätigkeit ausweitet. Dazu sollen die
Haushaltsmittel „Entwicklungspartnerschaft mit der Wirt-
schaft“ zielgerichtet wirtschaftsnahen Organisationen zur
Verfügung gestellt und das Unternehmerengagement öffent-
lich gewürdigt werden.

Bei der Vorbereitung von Regierungskonsultationen und
Regierungsverhandlungen sollen die deutschen Auslands-
handelskammern und Repräsentanzen der deutschen Wirt-
schaft mit einbezogen werden; bei der Erstellung von sektor-
spezifischen Konzepten des BMZ soll auf die Erfahrungen
der deutschen Wirtschaft zurückgegriffen werden. Ferner
soll der Personalaustausch zwischen dem Auswärtigen Amt,
dem BMZ und dem Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie mit der Wirtschaft intensiviert werden.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, zu prüfen, ob und
wie das Förderinstrument „Private Public Partnership“
(PPP) ausgebaut werden kann. Dabei stehen insbesondere
der kommende Bedarf, die Orientierung der Förderkonditio-
nen an für Unternehmen gut nachvollziehbaren „Anwen-
dungsfällen“ und die unterschiedliche Attraktivität der PPP-
Zielländer auf dem Prüfstand. Es geht auch um Manage-
ment- und Betreibermodelle bei Vorhaben der Entwick-
lungszusammenarbeit im Infrastruktur- und Gesundheitsbe-
reich durch zeitlich befristete Unterstützungsmaßnahmen
(z. B. Finanzierung von Machbarkeitsstudien) und eine
finanzielle Absicherung für die ersten Betriebsjahre. Ferner
soll eine Ergänzung der PPP-Aktivitäten im Finanzbereich
und auf dem Versicherungsmarkt erreicht werden.

Schließlich soll der Bedarf für die Wiederauflage eines
BMZ-Messebeteiligungsprogramms für kleine und mittlere
Unternehmen aus Entwicklungs- und Transformationslän-
dern geprüft werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage 17/9423 in seiner
90. Sitzung und der Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie hat die Vorlage 17/9423 in seiner 69. Sitzung
am 23. Mai 2012 beraten.

Die Ausschüsse empfehlen mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den
Antrag anzunehmen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat die Vorlage in seiner 62. Sitzung am
23. Mai 2012 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN den Antrag anzunehmen.

Die Fraktion der CDU/CSU unterstreicht die Bedeutung
der Privatwirtschaft, ohne dessen Finanzkraft keines der
globalen Ziele in der Entwicklungspolitik zu erreichen
wäre. Im MDG 8 würde ausdrücklich die Notwendigkeit de-
finiert, die Privatwirtschaft anzuerkennen und zu fördern.
Dieser Bereich sei in den letzten Jahren aber sträflich ver-
nachlässigt worden. Auch viele Reviews hätten darauf hin-
gewiesen, dass die Potentiale der Privatwirtschaft für die
Entwicklungspolitik nicht ausreichend aktiviert worden
seien. Die Bundesregierung habe hingegen von Beginn an
diesen Bereich zu einem Schwerpunktthema gemacht und
eine Reihe von Initiativen gestartet. Darauf baue der vorlie-
gende Antrag auf und zeige Wege auf, wie man die Chancen
gerade auch für den deutschen Mittelstand in der Entwick-
lungszusammenarbeit nutzen könne. Es gehe beispielsweise
darum, dass der Dialog mit den Kammern verstärkt, die
Kompetenzen der BMZ-Mitarbeiter auf diesem Feld erwei-
tert, die PPP-Instrumente und Verbandspartnerschaften der
SEQUA gGmbH ausgebaut würden. Man wolle vor allem
die Firmen aus dem Mittelstand einbeziehen; darum fordere
man eine Verbesserung der Marktinformationsprogramme.

Die Fraktion der SPD begrüßt grundsätzlich die Forde-
rung, dass auch die Privatwirtschaft einen positiven Beitrag
zur Entwicklungszusammenarbeit leisten solle. Die Bezu-
schussung von PPPs habe man zu Regierungszeiten selbst
eingeführt, allerdings unter der Bedingung, dass diese Part-
nerschaften auch tatsächlich entwicklungsförderlich seien.
Auch was die Forderung nach Wachstum angehe, gebe es
keinen Dissens, aber man selbst fordere im Unterschied zu
den Antragstellern ein breitenwirksames, inklusives Wachs-
tum. Es gehe nicht einfach nur darum, dass die Privatwirt-
schaft Arbeitsplätze schaffe, es müssten gute, gerechte Ar-
beitsplätze sein, mit fairen Löhnen zu sozial guten Bedin-
gungen. Dazu müssten zumindest die Kernarbeitsnormen
der International Labour Organization geltend gemacht wer-
den. Nur dann sei Wachstum auch soziales Wachstum. Da-
von sei im vorliegenden Antrag aber nicht die Rede. Statt-
dessen sei irreführend die Rede von der Vorbildfunktion der
deutschen Privatwirtschaft, die sich weltweit für die Verbes-
serung von Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards einsetze.
Es gebe leider genügend Beispiele, wo deutsche Unterneh-
men ihre soziale Verantwortung nicht wahrnehmen würden.
Der Antrag stehe für Neoliberalismus, ziele auf Außenwirt-
schaftsförderung und habe darum mit Entwicklungszusam-
menarbeit nichts zu tun.

Die Fraktion der FDP schließt sich den Ausführungen der
Fraktion der CDU/CSU an. Der Antrag sei darüber hinaus

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/9892

auch als Würdigung der geleisteten Arbeit der Bundesregie-
rung zu verstehen, die seit 2009 mit Nachdruck die Privat-
wirtschaft in die Entwicklungszusammenarbeit einbeziehe.
Ohne privatwirtschaftliches Engagement könnten sich die
Entwicklungsländer nicht nachhaltig entwickeln. Im Unter-
schied zum chinesischen Engagement in Afrika beispiels-
weise würden gerade kleine und mittlere private Unterneh-
men garantieren, dass es nicht um kurzfristige Rendite, son-
dern um eine kontinuierliche Zusammenarbeit zu beidersei-
tigem Nutzen gehe.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisiert, dass dieser Antrag die
Fortsetzung der Politik seit 2009 sei und die Bundesregie-
rung voll auf die Wirtschaft als Entwicklungspartner setze.
Das Problem daran sei, dass es sich hierbei nicht mehr um
Entwicklungszusammenarbeit handle, sondern um Außen-
wirtschaftsförderung. Wenn man wie im Antrag auf Wirt-
schaftswachstum setze, bedeute das noch nicht, dass auch
die lokale Bevölkerung davon profitiere. Das gelinge nur,
wenn man wirtschaftliches Wachstum mit sozialer Gerech-
tigkeit verbinde. Es sei unstrittig, dass privatwirtschaftliche
Unternehmen vor allem Profitmaximierung anstrebten. In-
sofern würden Unternehmen kaum in Staaten investieren,
die fragil seien oder eine schlechte Infrastruktur hätten.
Auch bei den PPPs machten Investitionen in Bereichen der
Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung wie Bildung, Ge-
sundheit und Wasser nur 15 Prozent am Gesamtaufkommen
aus. Das PPP-Programm der Bundesregierung schließe ab-
surderweise gerade die lokale Wirtschaft in den Entwick-
lungsländern aus. Es gebe viele Beispiele wie Thyssen-
Krupp in Brasilien, die zeigten, dass das Engagement der
Privatwirtschaft das Gegenteil von Entwicklungsförderung
bewirke.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schließt sich
der Kritik der Fraktion DIE LINKE. an der naiven An-
nahme an, Wirtschaftswachstum bewirke automatisch Ar-
mutsminderung. Das sei eine entwicklungspolitisch längst
überholte Position. Zudem sei der Wachstumsbegriff frag-
lich, da nicht gesagt werde, in welche Richtung das Wachs-
tum gehen solle. Im Antrag fehlten klare Aussagen zu den
Themen Good Governance, Korruption, Rechtsstaatlichkeit,
Geschlechtergerechtigkeit, Klimarelevanz. Darüber hinaus
deute das bisherige Engagement der Privatwirtschaft in eine
andere Richtung. Deutsche Unternehmen würden eher in
Schwellenländern investieren und nicht in jenen Ländern,
die die eigentlichen entwicklungspolitischen Bedarfe hät-
ten.

Berlin, den 23. Mai 2012

Jürgen Klimke
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Joachim Günther (Plauen)
Berichterstatter

Heike Hänsel
Berichterstatterin

Ute Koczy
Berichterstatterin

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