BT-Drucksache 17/9882

Einsatz der Bundespolizei gegen die "Blockupy"-Demonstration in Frankfurt am Main im Mai 2012

Vom 6. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9882
17. Wahlperiode 06. 06. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Herbert Behrens, Nicole Gohlke,
Dr. Lukrezia Jochimsen, Sabine Leidig, Jens Petermann, Halina Wawzyniak
und der Fraktion DIE LINKE.

Einsatz der Bundespolizei gegen die „Blockupy“-Demonstration
in Frankfurt am Main im Mai 2012

Rund 30 000 Menschen haben sich am 19. Mai 2012 in Frankfurt am Main an
antikapitalistischen Protesten gegen die Verarmungspolitik in Europa beteiligt.
Die Behörden hatten im Vorfeld versucht, die Proteste zu unterbinden, von etli-
chen angemeldeten Veranstaltungen durften nur wenige stattfinden. Bei diesen,
darunter die erwähnte Großdemonstration, zeigte sich, dass die Warnungen der
Behörden vor angeblicher Gewaltbereitschaft der Demonstranten in keiner
Weise der Realität entsprochen haben. Nach Einschätzung zahlreicher Beteilig-
ter dienten die Verbote sowie die Warnungen vor gewalttätigen Ausschreitungen
vor allem der Einschüchterung und Diffamierung, weil die Proteste von denje-
nigen, die die politische Macht verwalten, nicht gewollt sind.

Dementsprechend waren nach Presseberichten 5 000 Polizisten aufgeboten, die
die Frankfurter Innenstadt quasi abriegelten. Aus Sicht der Fragesteller wurde
mit den Veranstaltungsverboten und dem Polizeiaufgebot in gewisser Weise
symbolisiert, dass im Kapitalismus demokratische Werte spätestens dann einge-
schränkt werden, wenn das Profitprinzip und die daraus folgende Verarmung
großer Teile der Bevölkerung angeprangert werden.

Die Bundespolizei hat sich am Polizeieinsatz am 19. Mai 2012 beteiligt, sowohl
innerhalb ihres „originären“ Zuständigkeitsbereiches, also der Bahnanlagen, als
auch zur Verstärkung der übrigen Polizeieinheiten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Bundespolizisten waren im Zeitraum 15. bis 20. Mai 2012 anläss-
lich der „Blockupy“-Proteste im Einsatz?

a) Wie viele davon im bahnpolizeilichen Aufgabenbereich (bitte angeben,
wie viele zusätzliche Kräfte eingesetzt worden sind)?

b) Wie viele davon zur Unterstützung der hessischen Polizei?
2. Welche Unterstützungsanforderungen hatte die hessische Einsatzleitung ge-
nau an die Bundespolizei gerichtet, und inwiefern (Umfang von Personal und
Gerät) ist diesen Anforderungen nachgekommen worden?

3. Wo genau waren am 19. Mai 2012 Kräfte der Bundespolizei eingesetzt (bitte
Bahnhöfe, Straßenabschnitte usw. zeitlich aufgegliedert möglichst genau an-
geben)?

Drucksache 17/9882 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Hat die Bundespolizei Wasserwerfer eingesetzt bzw. der hessischen Polizei
zur Verfügung gestellt, und wenn ja, wie viele, und aus welchen dieser Was-
serwerfer wurde Wasser abgegeben (bitte Ort, Zeit und Anlass angeben),
und war dem Wasser Reizmittel beigemischt?

5. Haben Bundespolizisten Reizmittelsprühgeräte eingesetzt, und wenn ja,

a) in wie vielen Fällen;

b) gegen wie viele Personen, an welchen Orten, zu welcher Zeit, und aus
welchem Anlass?

c) Sind Bundespolizisten durch den Einsatz von Reizmitteln verletzt wor-
den, und wenn ja, wie viele?

d) Sind Demonstranten durch den Einsatz von Reizmitteln verletzt worden,
und wenn ja, wie viele?

6. Welchen Ersatzbedarf an Pfefferspray oder anderen Reizmitteln hat die
Bundespolizei nach dem Einsatz angemeldet (bitte nach Anzahl der Kartu-
schen/Flaschen und deren Größe differenzieren)?

7. Haben Bundespolizisten Videoaufnahmen von Demonstrantinnen und De-
monstranten angefertigt, und wenn ja, an welchen Orten, zu welchen Zeiten,
auf welcher Rechtsgrundlage, aus welchem Grund, und sind diese Aufnah-
men mittlerweile gelöscht?

8. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bei den Einsätzen Drohnen
verwendet, und wenn ja, von wem, wie viele, zu welchem Zweck, wie
lange, über welchem Gebiet?

9. Wie viele Bundespolizisten waren am Einsatz beteiligt, als am 18. Mai 2012
Polizeieinheiten aus mehreren Bundesländern nach Presseberichten meh-
rere Hundert Menschen eingekesselt, 500 Menschen festgenommen und
zahlreiche Platzverweise erteilt haben, welche nach Eilanträgen vom zu-
ständigen Gericht als rechtswidrig bezeichnet wurden?

Zu welchem Zeitpunkt ist der Bundespolizei mitgeteilt worden, dass diese
Platzverweise ausgesprochen werden sollen?

10. Wie ist der Einsatz der Bundespolizei konkret geregelt worden?

a) Welche Gremien und Stäbe sind eingerichtet worden, in denen die Bun-
despolizei vertreten war (bitte Anzahl der Vertreter, die Gesamtzusam-
mensetzung der Gremien sowie die jeweiligen Aufgaben nennen)?

b) Inwiefern ist die Bundespolizei in die jeweilige Einsatzstrategie und
- taktik eingeweiht worden, bzw. inwiefern hat sie diese mitgestaltet?

c) Welches Einsatzkonzept hat die Bundespolizei verfolgt?

11. Welche Kosten waren mit dem Einsatz der Bundespolizei verbunden, und
werden die Kosten für den Einsatz zur Unterstützung der hessischen Polizei
in voller Höhe dem Land Hessen in Rechnung gestellt?

12. Wie gestaltete sich der Einsatz im originären Zuständigkeitsbereich?

a) Welche Bahnhöfe (inklusive S-Bahnhöfe) sind von der Bundespolizei
ganz oder teilweise geschlossen worden, und aus welchen Gründen?

b) Nach welchen Kriterien wurde Personen der Zugang gewährt bzw. ver-
weigert?

c) Wie viele Platzverweise wurden von der Bundespolizei ausgesprochen,
und aus welchen Gründen?

d) Wie viele Personen wurden von der Bundespolizei festgenommen oder

sonst der Freiheitsentziehungen ausgesetzt (z. B. durch Kessel), aus wel-
chen Gründen, und für wie lange?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9882

13. Ist der Bundesregierung bekannt, ob es in Zusammenhang mit den
„Blockupy“-Protesten Funkzellenabfragen gegeben hat, und wenn ja, in
welchem Zeitraum, in welchem Gebiet, und wie viele Mobilfunkgeräte
wurden dabei registriert?

14. Haben Behörden oder Einrichtungen des Bundes im Vorfeld der Proteste
zur polizeilichen Gefahreneinschätzung beigetragen (bitte gegebenenfalls
inhaltlich ausführen), und wenn ja, inwiefern haben sie dabei zu den Ein-
schränkungen des Versammlungsrechtes beigetragen?

15. Hat es in Zusammenhang mit den „Blockupy“-Protesten bzw. dem polizei-
lichen Einsatzgeschehen Amtshilfeersuchen an den Bund gegeben (bitte ge-
gebenenfalls angeben, wer die Ersuchen wann, an welche Bundesbehörde
gestellt hat, worum es dabei ging, und in welchem Umfang den Ersuchen
stattgegeben wurde)?

Berlin, den 6. Juni 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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