BT-Drucksache 17/9864

Nutzung biometrischer und genetischer Daten im elektronischen Personalausweis

Vom 4. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9864
17. Wahlperiode 04. 06. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Agnes Alpers, Jens Petermann, Dr. Petra Sitte,
Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Nutzung biometrischer und genetischer Daten im elektronischen Personalausweis

Seit dem 1. November 2010 gibt es den neuen elektronischen Personalausweis
(nPA), mit dem sichere elektronische Identitäten (eID) im Internet abgebildet
werden sollen. Vom nPA waren nach Angaben der Bundesdruckerei Ende 2011
rund 10 Millionen Exemplare im Umlauf. Nach Angaben des Bundesministe-
riums des Innern seien etwa bei einem Drittel dieser Ausweise auf Wunsch des
Inhabers die eID-Funktionen eingeschaltet – eine Speicherung dieser Informa-
tion sei allerdings untersagt. In einer Pressemitteilung vom 31. Oktober 2011 be-
zeichnete der Bundesminister des Innern Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU) den
nPA als „weltweit das fälschungssicherste und modernste Ausweisdokument“.
Laut dem Bundesminister des Innern erhöht der nPA „die Sicherheit der Bürge-
rinnen und Bürger im Internet“. Die Infrastruktur Deutschlands für elektroni-
sche Identitäten erfülle „die hohen nationalen und europäischen Anforderungen
an Sicherheit und Datenschutz“. In einem Medienbericht von „heise.de“ (1. No-
vember 2011) zum einjährigen Jubiläum des elektronischen Personalausweises
heißt es:

,Wissenschaftler sind dabei, die nächste Ausweis-Generation auszutüfteln. Die
aufgebrachte Chip-Technik soll erheblich erweitert werden. So soll die Zahl der
Sensoren und Aktuatoren erhöht werden, damit die „multimodale Biometrie“
den Ausweis noch enger mit seinem Inhaber verknüpft. Wie Ullrich Hamann,
Chef der Bundesdruckerei in Berlin ausführte, sind mehrere Anwendungen in
der Erprobung, darunter ein bereits auf der CeBIT präsentiertes Volumen-Holo-
gramm, dass eine „Kamerafahrt“ um den Kopf des Ausweisinhabers anzeigt. Zu-
sätzlich kann ein Fingerabdrucksensor auf der Karte angebracht werden, damit
der Ausweis selbst entscheiden kann, ob er vom rechtmäßigen Inhaber benutzt
wird. Auch soll eine biometrische Aufzeichnung der Unterschrift eingebaut
werden, die Druckstärke und Schreibschwünge misst, damit die Unterschrift
wirklich fälschungssicher wird.‘ (www.heise.de/newsticker/meldung/Ein-Jahr-
neuer-Personalausweis-die-Bilanz-1369360.html).

Nach dem Bericht werde bereits ein DNA-Sensor in der Ausführung als Micro-
TAS-Chip (micro total analysis-System) mit subkutaner Probeentnahme erprobt.
Unter Verweis auf Polizeiwünsche erläuterte der Chef der Bundesdruckerei, dass
die Speicherung und DNA-Überprüfung im hoheitlichen Teil des nächsten

„neuen“ Personalausweises die Rasterfahndung und Vorbereitung einer DNA-
Reihenuntersuchung entscheidend erleichtern könnte (vgl. ebenda).

Drucksache 17/9864 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Worin genau sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit und den Bedarf
für eine Aufrüstung des Personalausweises im Sinne der Vorbemerkung der
Bundesregierung?

2. Welche Forschungsprojekte wurden ganz oder teilweise aus welchem Etat
der Bundesregierung in welcher Höhe gefördert oder bezahlt (bitte die Pro-
jekte mit Zielsetzung/Aufgabenstellung und Kooperationspartnern auflis-
ten)?

3. Wie viele gefälschte und wie viele verfälschte Personalausweise wurden bei
welchen Gelegenheiten und mit welchen rechtlichen Folgen für den Nutzer
seit Einführung des neuen Personalausweises im Jahre 2010 festgestellt
(bitte nach Art des Ausweises, Monat, Fälschung, Verfälschung, Ort, Um-
stand der Feststellung und rechtlichen Folgen aufschlüsseln)?

4. Wie viele neue elektronische Personalausweise sind bislang ausgegeben,
und wie viele Standard- und Komfortlesegeräte sind bislang verkauft wor-
den (bitte nach Modell und Hersteller aufschlüsseln)?

5. Sind der Bundesregierung Probleme bei der Auslieferung und der Benut-
zung/Anwendung der Lesegeräte bekannt geworden, und wenn ja, welche
sind dies?

6. Welche Behörden welcher Staaten sind derzeit in der Lage, Ausweise der
neuen Generation, also biometrische Personalausweise und Reisepässe, tat-
sächlich zu lesen?

7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Fälschungen und Verfäl-
schungen von vergleichbaren Ausweispapieren in anderen Staaten?

Biometrische Daten

8. Welche Pläne oder Konzeptionen hat die Bundesregierung für die „nächste
Ausweisgeneration“ des elektronischen Personalausweises sowie des Rei-
sepasses?

9. Welche multimodalen oder andere Biometriedaten sind zur Aufnahme in
den Personalausweis in Zukunft vorgesehen?

10. Welche Anwendungen zur Aufnahme welcher biometrischer Daten sind mit
welchem Ziel in der Erprobung, und wer führt diese Erprobungen auf wel-
che Weise durch?

11. Soll die Aufnahme aller weiteren biometrischen Merkmale in Personalaus-
weis oder Reisepass verpflichtend werden?

Wenn nein, welche sollen auf jeden Fall verpflichtend werden?

12. Sind die biometrischen Daten für das automatisierte Abrufverfahren für die
Übermittlung von im Personalausweisregister gespeicherten Daten vorge-
sehen?

13. Was geschieht, wenn die geplanten, im „heise“-Artikel beschriebenen
Sensoren auf dem Ausweis nicht mehr funktionstüchtig sind?

Soll dann der Ausweis weiterhin gültig bleiben?

14. Wie soll gewährleistet werden, dass nur die Finger des Ausweisinhabers
vom Sensor erkannt werden, wie werden Fingerabdruckfälschungen er-
kannt, und welche Art der Lebenderkennung wird eingesetzt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9864

Genetische Daten

15. Wo und durch welche Behörde sollen in und für die zukünftigen Ausweis-
papiere DNA-Proben abgenommen werden?

16. Welche und wie viele STR-Systeme (genetischer Fingerabdruck) sollen zur
Identifikation herangezogen werden?

17. Soll die Abgabe einer DNA-Probe obligatorisch sein, und wer soll sie in
welcher Form abnehmen?

18. Wo werden diese genetischen Daten zukünftig gespeichert, und auf welche
Weise wird eine unabhängige Kontrolle der Speicherung genetischer Daten
sichergestellt?

19. Wie soll wer sicherstellen, dass keine zusätzlichen Informationen zu der
Person generiert werden?

20. Wer soll Zugriff auf die DNA-Daten während des Herstellungsprozesses
haben?

21. Wird der automatisierte, anlass- und verdachtsunabhängige Abgleich mit
der DNA-Analysedatei des Bundeskriminalamtes (BKA) nach Erstellung
des DNA-Profils zulässig sein?

22. Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen und zu welchen Zwecken soll
ein solcher Abgleich mit der DNA-Analysedatei des BKA zukünftig erlaubt
sein?

23. Wer soll im Rahmen von Fahndungen Zugriff auf die DNA-Daten bekom-
men?

24. Welche Informationen hat die Bundesregierung über das US-amerikanische
„next generation identification system“, das seit Anfang 2011 vom dortigen
Federal Bureau of Investigation (FBI) angefordert und betrieben werden
soll?

25. Wie soll der Zugang zu den DNA-Daten auf dem Personalausweis bei zivil-
rechtlichen Angelegenheiten, zum Beispiel zwischen Arbeitgebern oder
Vermietern und ihren Arbeitnehmern bzw. Mietern, geregelt werden?

26. Sind genetische Daten für das automatisierte Abrufverfahren für die Über-
mittlung von im Personalausweisregister gespeicherten Daten vorgesehen?

Allgemeine Fragen zum elektronischen Personalausweis

27. Welche Kosten sind mit der Aufnahme neuer elektronischer Daten in den
Personalausweis vermutlich verbunden (bitte einzeln aufschlüsseln)?

28. Welche Auswirkungen auf die genauen Bearbeitungszeiten auf dem Melde-
amt und bei der Bundesdruckerei sind für die Ausweise der nächsten Gene-
ration abzusehen?

29. Welche Firmen und Behörden sind in welche Planungen zur Aufnahme wel-
cher neuen Merkmale in den Personalausweis einbezogen (bitte einzeln auf-
schlüsseln)?

30. Welche Zahlen liegen der Bundesregierung zur Häufigkeit des Online-
zugriffes auf biometrische Daten durch die Polizei- und Ordnungsbehörden
vor?

31. Gibt es bereits Studien zur Aufnahme neuer biometrischer und DNA-Daten
in den Ausweis, und wenn ja, welche sind das?

Drucksache 17/9864 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
32. Plant die Bundesregierung Studien zur Sicherheit und Benutzerfreundlich-
keit des elektronischen Personalausweises, wenn neue Merkmale aufge-
nommen werden?

Wenn ja, welche Fragestellungen werden darin erforscht?

Berlin, den 4. Juni 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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