BT-Drucksache 17/9862

Ziviler und wirtschaftlicher Aufbau im Sudan und Südsudan

Vom 30. Mai 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9862
17. Wahlperiode 30. 05. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Niema Movassat, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Sevim Dag˘delen, Annette Groth, Heike Hänsel, Andrej Hunko, Stefan Liebich,
Paul Schäfer (Köln), Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Ziviler und wirtschaftlicher Aufbau im Sudan und Südsudan

Nach Jahrzehnten des sudanesischen Bürgerkriegs setzte mit dem Comprehen-
sive Peace Agreement (CPA) 2005 zwischen der sudanesischen Regierung und
der Sudan People’s Liberation Army (SPLA) eine – auch international befür-
wortete – Politik der zunehmenden Loslösung des südlichen Teils vom Sudan
ein. Die Abspaltung vom Nordteil des Sudans, erwirkt durch das Referendum im
Januar 2011, wurde international gefeiert und als Chance für einen langfristigen
Frieden begriffen. Damit wurde ein Weg der vermeintlichen Konfliktlösung
massiv befördert, dem man sonst eher reserviert gegenüber steht. Die Etablie-
rung des Südsudans als eigenständiger Staat ist seither massiv von internationa-
ler Hilfe sowie von der militärischen Durchsetzung mittels der UN-Militär-
missionen UNMISS (Resolution 1996 vom 8. Juli 2011) und UNIFSA für die
umstrittene Region Abyei (Resolution 1990 vom 27. Juni 2011) abhängig. Die
Hungerkrise am Horn von Afrika 2011 hat die ohnehin schwierigen Lebens-
bedingungen der Menschen in Südsudan und Sudan zusätzlich verschärft. Vor
dem Hintergrund vieler noch immer ungeklärter Fragen, wie die nach der Staats-
bürgerschaft, der Verteilung der Ölressourcen, den Öldurchleitungskosten, dem
Grenzverlauf und der Verteilung der Schuldenlast haben sich die gewaltsamen
Konfrontationen zwischen beiden Staaten seit November 2011 zugespitzt und
gipfelten zuletzt in der südsudanesischen Besetzung des sudanesischen Ölfeldes
von Heglig im April 2012 und darauffolgenden Luftangriffen der sudanesischen
Armee (Sudanese Armed Forces – SAF) auf die besetzten Gebiete. Die mili-
tärischen Auseinandersetzungen spielen sich vor allem in den Grenzregionen
Südkordofan, Blue Nile und Unity ab. Der weiterhin umstrittene Status der
Region Abyei stellt einen zusätzlichen Konfliktherd dar. Mit der UN-Resolution
des Sicherheitsrates vom 2. Mai 2012 werden die Kampfhandlungen in beiden
Staaten verurteilt und beide Seiten zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf-
gefordert. Neben der Zerstörung von Infrastruktur hat sich die schwierige huma-
nitäre Situation in der Grenzregion weiter verschärft und zu neuen Flüchtlings-
bewegungen nach Süden geführt.

Neben dem zwischenstaatlichen Konflikt stellt die repressive Innenpolitik bei-
der Regierungen ein großes Problem dar. Politisch vom Westen isoliert regiert
der Sudan in der Grenzregion sowie in Khartum mit Hilfe von Notstandsgeset-

zen. Oppositionelle Kräfte finden praktisch kaum Gehör und dringen so auch
nicht in internationale Medien. Amnesty International zufolge wurden in Sudan
seit Mai 2011 15 Zeitungen geschlossen und acht Journalisten verhaftet. Auch
aus Südsudan sind Einschränkungen der Pressefreiheit bekannt: dem Vorsitzen-
den des südsudanesischen Journalistenverbandes (UJOSS) Oliver Modi zufolge
sind Journalisten immer wieder Schikanen ausgesetzt, die bis zu Hausarrest und
Verhaftungen reichen.

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Zur Durchsetzung ihres Gewaltmonopols setzt die südsudanesische Regierung
hauptsächlich auf die Entmilitarisierung von Milizen und wird hierbei von
UNMISS unterstützt. Aus der Region Jonglei in Südsudan sind Menschen-
rechtsverletzungen während der seit 1. Mai 2012 obligatorischen gewaltsamen
Entwaffnungen dokumentiert. Damit wächst die Kritik an diesen Maßnahmen
stark und untergräbt die Legitimität der sich gerade erst etablierenden Regie-
rung. Wegen anhaltender Konflikte zwischen unterschiedlichen Gemeinschaf-
ten, chronischer Nahrungsmittelknappheit und andauernder Vertreibungen wird
eine Zunahme von Gewalt prognostiziert.

Die politisch-wirtschaftliche Strategie beider Staaten besteht vor allem in um-
fassenden Infrastrukturprojekten wie dem Merowe-Staudammbau im Norden
Sudans, dem Lamu corridor (Lamu Port South Sudan Ehtiopia Transport Corri-
dor, LAPSSET) oder der Juba-Gulu Eisenbahnverbindung. Der Südsudan
möchte mittelfristig die Abhängigkeit von sudanesischen Öldurchleitungen
reduzieren – was zusätzliches Konfliktpotential in den Beziehungen zwischen
beiden Staaten birgt.

Neben der Förderung von bestimmten Infrastrukturprojekten versprechen sich
beide Staaten von großflächigen ausländischen Agrarinvestitionen eine schnel-
lere ökonomische Entwicklung. In Südsudan sind insgesamt bereits 5,15 Mil-
lionen Hektar Land an ausländische Investoren verpachtet, was rund 8 Prozent
der Landfläche entspricht. Allein rund 1,6 Millionen Hektar entfallen auf die
Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und 1 Millionen Hektar auf Investoren
aus den USA. In Sudan sind es bereits 3,5 Millionen Hektar, wovon Investi-
tionen aus den VAE mit 1,8 Million Hektar den größten Anteil ausmachen.
Ägypten unterhält sowohl staatliche als auch private Investitionen in beiden
Staaten und pachtet Land in einem Umfang von insgesamt 670 000 Hektar.

Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der EU und die
Bundesregierung legen den Fokus ihrer sicherheitspolitischen Zusammenarbeit
auf eine Stärkung der „African Peace and Security Architecture“ (APSA), in der
die Afrikanische Union (AU) und die ostafrikanische „Intergovernmental Au-
thority on Development“ (IGAD) die politische Führungsrolle beanspruchen.
Europäische Staaten sind gegenwärtig militärisch im Rahmen der zwei UN-Mis-
sionen UNAMID und UNMISS in beiden Staaten präsent. Das seit 2004 ver-
hängte Embargo für Waffen-, Munitions- und militärische Ausrüstungslieferun-
gen durch die GSVP gegenüber dem Sudan (und seit Juli 2011 auch gegenüber
Südsudan) wurde im November 2011 mit der „Unterstützung für die Reform des
Sicherheitssektors in Südsudan“ einseitig aufgeweicht. Bestehen blieben aber
die umfangreichen politischen und wirtschaftlichen Sanktionen gegenüber
Sudan, obwohl der sudanesischen Regierung schon im Frühjahr 2011 eine
Lockerung der Sanktionen und eine Wiederaufnahme der politischen und wirt-
schaftlichen Beziehungen in Aussicht gestellt wurde.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung den jüngst eskalierten Konflikt zwischen
Sudan und Südsudan?

a) Inwiefern sieht sie sich in der aktuellen Lage in der Position, auf eine
friedliche Konfliktlösung hinzuwirken?

b) Wie verhält sich die Bundesregierung zu der Kritik, die erhoffte „Frie-
densdividende“ des CPA und der Abspaltung des Südsudan offensichtlich
falsch eingeschätzt und zu wenig auf tatsächliche konfliktlösende Rege-
lungen und die Klärung aller strittigen Fragen im Vorfeld der Unabhängig-
keit des Südsudan gedrungen zu haben?

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2. Wie positioniert sich die Bundesregierung zu der Auffassung, dass die
Sanktionen westlicher Staaten einschließlich der EU gegenüber dem Sudan
konfliktverschärfend wirken?

3. Welche Auswirkungen haben die bestehenden Sanktionen auf die sudanesi-
sche Bevölkerung?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die wachsenden sozialen Proteste gegen
die sudanesische Regierung, und inwiefern sieht sie die Proteste in Zusam-
menhang mit der verschlechterten wirtschaftlichen Situation in Sudan?

5. Welche Lösungen zur Verteilung der Schuldenlast von Sudan und Südsudan
favorisiert die Bundesregierung, vor allem im Hinblick auf den möglichen
Verzicht eigener Forderungen?

6. Worin bestand/besteht die konkrete Aufgabe der Sudan Task Force der
Bundesregierung, und wie belegt die Bundesregierung deren behaupteten
„beispielhaften Erfolg“, wie in den ressortübergreifenden „Leitlinien der
Bundesregierung zur Politik gegenüber fragilen Staaten“ seitens der Bun-
desregierung geschehen?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Wirkung der UNMISS insgesamt
und konkret die deutsche Beteiligung an der UN-Mission in Südsudan?

8. Welche konkreten Aufgaben erfüllen die gegenwärtig 13 Bundeswehrsolda-
ten, die unter UNMISS im Einsatz sind?

9. Sind UNMISS-Truppen direkt oder indirekt an militärischen Aktivitäten der
südsudanesischen Armee SPLA beteiligt, etwa an Patrouillen oder Entwaff-
nung (bitte einzelne Aktivitäten, Ort und Umfang der Durchführung ange-
ben)?

10. In welchem Stadium befinden sich die Verhandlungen zwischen Sudan und
Südsudan über die weiterhin umstrittene Region Abyei, welche kurz-, mit-
tel- und langfristigen Perspektiven sieht die Bundesregierung für diesen
Verhandlungsprozess?

11. Welche Aufgaben hat Äthiopien im Rahmen der UN-Interims-Sicherheits-
truppe für Abyei (UNISFA) übernommen, und wie sehen die Erfolgsaus-
sichten ihrer Mission aus Sicht der Bundesregierung hinsichtlich einer fried-
lichen Entwicklung der Region aus?

12. Welche konkreten Ergebnisse konnten durch den Prozess des 2010 gegrün-
deten „Sudan – South Sudan Consultative Forum“ (SSSCF) und konkret in
der letzten Sitzung vom 29. März 2012 in Addis Abbeba bisher erzielt wer-
den?

Inwiefern und in welchem Umfang beteiligt sich die Bundesregierung an
dem SSSCF, und welche Ziele verfolgt sie durch ihre Teilnahme?

13. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse des Multi-Donor-Trust-
Fund für den Südsudan (MDTF-S), dessen Maßnahmen im Juni 2012 been-
det werden?

Liegen hierzu Evaluierungsergebnisse vor?

a) Wie positioniert sich die Bundesregierung zu Aussagen, die den hohen
bürokratischen Aufwand und die schlechte Ausschüttungspraxis des
Fonds kritisieren?

b) Ist ein Nachfolge-Finanzierungsinstrument geplant?

Wenn ja, inwiefern wird sich die Bundesregierung an diesem beteiligen?

14. Inwiefern hat sich die Bundesregierung an der „International Engagement

Conference“ für Südsudan in Washington (14. bis 15. Dezember 2011) be-

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teiligt, bzw. welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den Ergebnis-
sen dieser Konferenz?

15. Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten zum Aufbau einer gemeinsamen
Sicherheitsarchitektur zwischen Sudan und Südsudan?

Wenn ja, wie kann/soll diese erreicht werden?

16. Ist die Bundesregierung gegenwärtig neben dem Programm der Deutschen
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH zur „Stär-
kung der Funktionsfähigkeit der Polizei im Südsudan“ an der Sicherheits-
sektor-Reform in Südsudan beteiligt?

a) Wenn ja, mit welchen konkreten Programmen, Maßnahmen und/oder
welcher Ausrüstungshilfe?

b) Wie bewertet die Bundesregierung die bisherigen Ergebnisse des GIZ-
Programms zum Ende der noch laufenden Programmphase und anderer
etwaiger Maßnahmen?

Liegen bereits Evaluierungen vor?

c) Ist vorgesehen, das Programm „Stärkung der Funktionsfähigkeit der
Polizei im Südsudan“ über 2012 hinaus zu verlängern?

d) Wenn ja, werden Ziele, Maßnahmen, entsendetes Personal, Ausrüstung
etc. angepasst werden?

Wenn ja, inwiefern?

e) Wann genau laufen die Programme, wie beispielsweise das genannte
GIZ-Projekt aus, und plant die Bundesregierung Anschlussprogramme?

Wenn ja, in welchen Bereichen, und mit welchen Inhalten?

f) Nach welchen Kriterien werden die auszubildenden Polizisten ausge-
sucht, wird vor allem darauf geachtet, dass sie unterschiedlichen ethni-
schen Gruppen angehören und geprüft, ob sie volljährig sind?

Wenn ja, mittels welcher Verfahren wird dies in einem Land ohne voll-
ständigem Geburtenregister geprüft?

17. In welchen Sektoren wurden und werden gegenwärtig Projekte der Ent-
wicklungszusammenarbeit, der humanitären Hilfe und der Entwicklungs-
orientierten Not- und Übergangshilfe (ENÜH) mit welchen Finanzvolumina
und von welcher Durchführungsorganisation in Sudan und Südsudan durch-
geführt (bitte über die letzten zehn Jahre seit 2002 auflisten)?

a) Welche Bilanz lässt sich hinsichtlich der bisher durchgeführten Maßnah-
men ziehen, wo gibt es positive Ergebnisse, wo eher Rückschritte, und
wo liegen Herausforderungen für die Zukunft?

b) An welchen Entwaffnungs-, Demobilisierungs- und Reintegrationsmaß-
nahmen (DDR) beteiligen sich deutsche Durchführungsorganisationen in
welchem Umfang?

c) Waren deutsche Durchführungsorganisationen an der „Water Policy of
Southern Sudan“ beteiligt, und wenn ja, inwiefern, und in welchem Um-
fang?

d) Sind deutsche Durchführungsorganisationen an der Implementierung
des Land Acts von 2009 der „Southern Sudan Land Commission“
(SSLC) beteiligt?

e) Welchen Umfang nehmen Maßnahmen der zivilen Konfliktbearbeitung
ein, und in welchen Programmen, Projekten spielen diese eine Rolle?
Wenn ja, inwiefern?

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f) Sind derzeit Friedensfachkräfte im Rahmen des Zivilen Friedensdienstes
(ZFD) im Sudan und Südsudan im Einsatz?

Wenn ja, in welchen Programmen, Projekten und Gebieten, und über
welche Entsendeorganisation?

g) Ist geplant, die Zahl der eingesetzten Friedensfachkräfte und die Pro-
gramme im Bereich der zivilen Konfliktbearbeitung zu erhöhen?

Wenn ja, um wie viele, in und über welchen Zeitraum, und in welchen
Programmen, Projekten und Gebieten?

h) Unterstützt die Bundesregierung sudanesische und südsudanesische
Nichtregierungsorganisationen, die im Bereich der zivilen Konfliktbear-
beitung tätig sind, und wenn ja, welche Organisationen und Projekte wer-
den in welchem Umfang und mit welcher Laufzeit unterstützt, und wenn
nein, wieso nicht?

18. Inwiefern beteiligt sich die Bundesregierung an der am 12. Dezember 2011
vorgestellten „EU Single Country“-Strategie für den Südsudan, die die
übergeordneten Ziele „state building“ und „peace building“ definiert?

a) Wie sind die deutschen Maßnahmen in diese Strategie eingebettet?

b) Hat die Bundesregierung vorgesehen, als Beitrag zur Verwirklichung des
Ziels des „peace buildings“ neben anderen Maßnahmen auch Fachkräfte
des ZFD einzusetzen?

Wenn ja, in welchem Umfang?

Wenn nein, warum nicht?

19. Welche Informationen liegen der Bundesregierung bezüglich der Situation
in Südsudan von Flüchtlingen, Binnenvertriebenen, umgesiedelten Men-
schen und „heimkehrenden“ Südsudanesen vor, und welche Maßnahmen
unterstützt die Bundesregierung in diesem Bereich über welche Durchfüh-
rungsorganisation?

a) Wie viele südsudanesische Staatsbürger halten sich noch in Sudan auf,
und werden diese alle in den Südsudan übersiedeln müssen?

b) Was ist der Bundesregierung über das Schicksal der ab dem 15. Mai 2012
begonnenen Evakuierung von etwa 12 000 Südsudanesen aus dem Sudan
bekannt?

20. Liegen der Bundesregierung Informationen über die Situation von im
Südsudan lebenden sudanesischen Staatsbürgern vor, sind der Bundesregie-
rung Fälle von Ausweisungen von Sudanesen durch die südsudanesische
Regierung bekannt, und wenn ja, was ist der Bundesregierung über ihr
Schicksal bekannt?

21. Mit welchen konkreten Aktivitäten, außerhalb der humanitären Hilfe für die
Region Darfur, sucht die Bundesregierung den Dialog und die Zusammen-
arbeit mit dem Sudan?

22. Welche Schritte und Maßnahmen sieht die Bundesregierung vor, um den
Konflikt zwischen Sudan und Südsudan zu entschärfen und den Dialog zwi-
schen beiden Staaten, um eine friedliche Beilegung der noch ungelösten
strittigen Punkte zu erzielen?

23. Inwiefern stützt die Bundesregierung im EU-Ministerrat die Haltung, dem
Sudan weiterhin keine Mittel aus dem 10. Europäischen Entwicklungsfonds
(EEF) zur Verfügung zu stellen, solange der Sudan das Cotonou-Abkommen
nicht ratifiziert hat?

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24. Wie lange lassen sich Maßnahmen im Sudan zur Unterstützung der Zivil-
bevölkerung noch über den 9. EEF und das Europäische Amt für humanitäre
Hilfe (European Commission’s humanitarian aid department – ECHO)
finanzieren, und welches Szenario ist für die Zeit vorgesehen, wenn diese
Gelder erschöpft sein werden?

25. Führt die Bundesregierung gegenwärtig entwicklungspolitische Projekte in
Sudan – gemäß dem eigenen Anspruch, insbesondere den Dialog mit dem
Sudan und die zivilgesellschaftliche Entwicklung im Land zu befördern
(siehe Antwort der Bundesregierung zu Frage 5 der Kleinen Anfrage „Stra-
tegie der Europäischen Union zum Horn von Afrika“ auf Bundestagsdruck-
sache 17/8278) – durch, und wenn ja, um welche Projekte handelt es sich
dabei?

Wenn nein, wie sehen die Planungen der Bundesregierung für eine Wieder-
aufnahme der Entwicklungszusammenarbeit aus, welche Bedingungen
müssen aus Sicht der Bundesregierung erfüllt sein, und in welchen Sektoren
und Regionen würde die Entwicklungszusammenarbeit wieder aufgenom-
men werden?

26. Setzt die Bundesregierung derzeit Fachkräfte des ZFD in Sudan ein?

Wenn ja, in welchen Projekten?

Wenn nein, warum nicht?

27. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Entstehung, Rolle und
Teilhaber der Stiftung „New Sudan Foundation“ (www.new-sudan-founda-
tion.com/)?

a) An welchen Projekten und Maßnahmen ist die New Sudan Foundation
beteiligt?

b) Beteiligt sich die Bundesregierung in irgendeiner Weise an der New
Sudan Foundation?

c) Welche deutschen Unternehmen sind an der New Sudan Foundation be-
teiligt?

d) Wie bewertet die Bundesregierung die Investitionen und Aktivitäten
dieser Stiftung unter entwicklungspolitischen und menschenrechtlichen
Gesichtspunkten?

28. Sind der Bundesregierung im Sudan und Südsudan Fälle von großflächigen
Agrarinvestitionen durch ausländische Investoren bekannt, speziell deut-
scher oder europäischer Investoren, und wenn ja, bitte nach Finanzvolu-
mina, Flächengröße, Region und Landfläche sowie der geplanten Landnut-
zung auflisten?

Wenn nein, beobachtet die Bundesregierung Initiativen für zukünftige
Agrarinvestitionen?

29. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung für die Umsetzung der „Freiwilli-
gen Leitlinien zur verantwortungsvollen Verwaltung von Boden- und Land-
nutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern“ im Sudan und Südsudan im
Hinblick auf staatliche und privatwirtschaftliche Investitionen – insbeson-
dere deutscher und europäischer Akteure – ein?

30. Wie bewertet die Bundesregierung den Merowe-Staudammbau im Norden
des Sudans, an dem auch das deutsche Unternehmen L. I. beteiligt ist und
das die Umsiedlungen von schätzungsweise 40 000 Menschen erzwungen
hat (vgl. Jahresbericht 2011 des European Center for Constitutional and
Human Rights e. V.), ohne dass dem eine Anwendung des free prior and in-

formed consent vorausgegangen ist?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/9862

31. Ist der Bundesregierung bekannt, welche deutschen und europäischen Un-
ternehmen an der Umsetzung des regionalen Großprojektes des Lamu cor-
ridors beteiligt sind?

a) Wenn ja, welche Unternehmen sind an diesem Vorhaben beteiligt und in
welchem Umfang?

Bestehen Wirtschaftskonsortien, joint ventures oder dergleichen?

Wenn ja, welche?

b) Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen, die der Bau des
Lamu corridors und die damit angestrebte größere wirtschaftliche Unab-
hängigkeit des Südsudan vom Sudan, unter den Gesichtspunkten der Sta-
bilität und Sicherheit in der Region und speziell hinsichtlich des sicher-
heitspolitisch angespannten Verhältnisses zwischen Sudan und Südsudan
und den wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die der Sudan ohnehin schon
durch den Verlust des Großteils der Ölfelder zu verkraften hat?

c) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den jeweiligen In-
vestitionen dieser Unternehmen unter entwicklungspolitischen Gesichts-
punkten?

d) Findet zwischen dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung (BMZ) und diesen Unternehmen eine Kom-
munikation oder Abstimmung bezüglich der entwicklungspolitischen
Konsequenzen solcher Investitionen statt?

e) Wenn ja, inwiefern nimmt die Bundesregierung im Rahmen ihrer extra-
territorialen Staatenpflichten auf Unternehmen Einfluss, bzw. hält sie
dazu an, soziale und ökologische Verantwortung wahrzunehmen?

f) Wenn nicht, warum nicht?

32. Welche der genannten Unternehmen erhalten staatliche Subventionen oder
Bürgschaften (beispielsweise Hermesbürgschaften) oder Bürgschaften pri-
vater deutscher oder europäischer Träger, wie Finanzinstitutionen (bitte
konkrete Investitionsprojekte auflisten)?

a) Um welche Form der Außenwirtschaftsförderung handelt es sich jeweils,
und mit welchem Investitionsumfang (bitte nach Unternehmen, Land,
Projekt auflisten)?

b) Zu welchen Bedingungen erhalten die Unternehmen jeweils die Förde-
rung?

c) Findet zwischen BMZ und diesen Unternehmen eine Kommunikation
oder Abstimmung bezüglich der entwicklungspolitischen Konsequenzen
ihrer Investitionen statt?

33. Inwiefern setzt die GIZ bei der Umsetzung ihrer Maßnahmen in den Berei-
chen Wasserversorgung und Sanitäranlagen, Bildung und Gesundheit auf
Öffentlich-Private Partnerschaften?

Wenn ja, wer sind diese privaten Träger (bitte unter Angabe der Beteili-
gungsart, Finanzvolumina, Eigentumsstrukturen etc. auflisten)?

Berlin, den 30. Mai 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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